Auslandsösterreicher-Weltbund - Austria-madrid.org
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Schwerpunkt-Thema<br />
© Welleschick, Popie, Gerhard Anzinger<br />
Ärzten, Pflegern und Co. machte er sämtliche<br />
Anforderungen an das zu planende<br />
Bauwerk aus, weshalb in weiterer Folge<br />
u. a. ein eigenes Arztzimmer, Toiletten und<br />
Notausgänge, aber auch Kirchenstühle<br />
ohne scharfe Kanten, um die Verletzungsgefahr<br />
zu minimieren, eingeplant wurden.<br />
Am 8. Oktober 1907 wurde das Bauwerk<br />
von Erzherzog Franz Ferdinand, der gemeinhin<br />
nicht als Freund des Jugendstils<br />
galt und mit Wagner im Vorfeld gestalterische<br />
Konflikte austrug, eröffnet – wobei<br />
der Architekt im Zuge der Eröffnungsrede<br />
nicht einmal Erwähnung fand. Die „Neue<br />
Freie Presse“ hingegen schrieb an diesem<br />
Tag: „Und ist es nicht eine hübsche Ironie<br />
des Schicksals, dass so ziemlich das<br />
erste vernünftige sezessionistische Gebäude<br />
großen Stils in Wien für die Irrsinnigen<br />
gebaut worden ist?“<br />
Das Werk des „Doktors“<br />
Ein extrem buntes und fröhliches Gotteshaus<br />
ist die von Friedensreich Hundertwasser<br />
umgestaltete „Sankt Barbara Kirche“<br />
im steirischen Bärnbach. Die Pfarrkirche<br />
wurde im Jahr 1948 bis 1950 nach<br />
„Die gerade Linie ist<br />
gottlos und unmoralisch.“<br />
Friedensreich Hundertwasser<br />
den Plänen von Architekt Karl Lebwohl als<br />
Nachkriegskirche in einem strengen Stil<br />
erbaut und knapp 40 Jahre später von<br />
Hundertwasser adaptiert. „Die gerade<br />
Linie ist gottlos und unmoralisch“, war<br />
eine Maxime des Künstlers, der er auch<br />
bei der Gestaltung der „Sankt Barbara<br />
Kirche“ treu geblieben ist. Denn mit der<br />
Adaption der Kirche setzte der selbsternannte<br />
Architekturdoktor einen massiven<br />
Kontrapunkt zum ursprünglichen Stil. Die<br />
Adaption manifestierte sich durch kunstvolle<br />
Keramikmosaike, farbig abgesetzte<br />
Putzflächen, ein bunt gestaltetes Ziegeldach<br />
mit vergoldeten Kuppeln sowie einen<br />
ebenso goldenen Zwiebelturm.<br />
Weniger Architektur-Doktor, sondern wohl<br />
mehr bedeutendster Sakralarchitekt seiner<br />
Zeit sowie Begründer der monumentalen<br />
Moderne war Clemens Holzmeister.<br />
Auch an der Innenausstattung seiner Kirche „Am Steinhof“ wirkte Otto Wagner mit.<br />
Dessen Œuvre, das über 650 Objekte umfasst<br />
– darunter natürlich auch unzählige<br />
Profanbauten wie das Festspielhaus in<br />
Salzburg oder das Funkhaus in der Wiener<br />
Argentinierstraße –, war geprägt von<br />
Facettenreichtum. Im Sakralbau war Holzmeister<br />
stets auf der Suche nach neuen<br />
Raumlösungen, die die Gläubigen stärker<br />
integrieren sollten. Holzmeister erschuf<br />
z. B. die Kirchen Mariahilf in Bre genz, St.<br />
Ge<strong>org</strong> in Innsbruck, Krim in Wien-Döbling,<br />
St. Erhard in Wien-Mauer, die Christkönigskirche<br />
in Gloggnitz und viele, viele<br />
mehr.<br />
In den Nachkriegsjahren traten im Sakralbau<br />
neben alten Meistern plötzlich auch<br />
einige junge Baumeister mit Projekten<br />
hervor. Ganz besonders in den 60er und<br />
frühen 70er Jahren führte der Diskurs zu<br />
den Richtlinien des Zweiten Vatikanums<br />
zu experimentelleren Lösungen und Bauten.<br />
Unter anderem auch zu der von Fritz<br />
Wotruba, der an sich Bildhauer war, entworfenen<br />
Kirche „Zur heiligen Dreifaltigkeit“<br />
in Wien Mauer. Bis zur Realisierung<br />
des ungewöhnlichen Bauwerks war es<br />
jedoch ein sprichwörtlich steiniger Weg,<br />
da zahlreiche einflussreiche Persönlichkeiten<br />
gegen den „Stanahaufen“ Wotrubas<br />
wetterten. Der imposante Bau besteht<br />
aus über 150 riesigen Betonblöcken, die<br />
verschieden groß und waagrecht, senkrecht<br />
und sogar schräg gestellt sind, aber<br />
nur auf den ersten Blick Chaos, Zerrissenheit<br />
und Pluralismus repräsentieren. Denn<br />
Wotruba betrachtete seine Kirche als<br />
„Skulptur, in der Landschaft, Architektur<br />
und Stadt zu einem Ganzen werden“. Eine<br />
Betrachtung, die perfekt zur Heiligen Dreifaltigkeit<br />
passte. Leider starb Fritz Wotruba<br />
bereits am 28. August 1975, weshalb<br />
er die vollendete Umsetzung seiner Pläne<br />
nicht mehr erleben durfte. Die Kirche wurde<br />
Ende 1976 geweiht.<br />
❍<br />
Die „Kreuzbichlkapelle“ im Liesertal (links) und die Martinskirche am Linzer Römerberg.<br />
ROTWEISSROT<br />
www.weltbund.at<br />
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