Ausgabe 2011-1 - St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH
Ausgabe 2011-1 - St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH
Ausgabe 2011-1 - St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Respekt<br />
Respekt<br />
Sprechspiel erzählt das Schicksal der Heiligen Barbara<br />
Aufführung in Rotthausen war ein Höhepunkt zum Abschluss des Jubiläumsjahres<br />
Die Kirche ist dunkel, Feuerschalen werfen ein flackerndes Licht in den sakralen Raum, vor dem Altar antike Säulen und eine Leinwand,<br />
die ein byzantinisches Wohnhaus zeigt. Aus dem „Off“ erklingen die <strong>St</strong>imme eines Erzählers und szenische Dialoge. Die<br />
Zuhörer in den Kirchenbänken hören die Lebensgeschichte der Heiligen Barbara. Es ist der Freitagabend vor dem 1. Advent. In der<br />
Kirche <strong>St</strong>. Barbara in Rotthausen endet das Jubiläumsjahr zum 50jährigen Bestehen der Kirche mit einem Sprechspiel, das an die<br />
Namenspatronin erinnert.<br />
Ein Jahr lang haben Männer und Frauen<br />
geprobt. „Ursprünglich sollte es ein<br />
Theaterstück werden“, erklärt<br />
Werner Backhaus, der die Rolle<br />
des Dioskuros, Barbaras<br />
Vater, übernommen hat.<br />
Doch schon bei den ersten<br />
Zusammenkünften wurde<br />
klar, dass ein solches <strong>St</strong>ück<br />
mit teilweise sehr langen<br />
Monologen und Dialogen<br />
von den Laienschaupielern<br />
nicht zu leisten ist. Das<br />
Ensemble entschied sich<br />
für ein Hörspiel, in dem die<br />
Dialoge mit Manuskript gesprochen<br />
werden. Die Akteure<br />
stehen für das Publikum zunächst<br />
unsichtbar auf der Orgelempore.<br />
Lediglich die Schlussszenen werden<br />
schauspielerisch im Altarraum<br />
dargestellt.<br />
Pastor Georg Späh, der das <strong>St</strong>ück<br />
geschrieben hatte, überarbeitete<br />
das Manuskript. „Ich konnte<br />
mir nicht vorstellen, wie man in einer<br />
Kirche ein Hörspiel macht“, berichtet<br />
Backhaus von seinen Zweifeln. „Der<br />
Reiz aber war, zu sehen, wie so etwas<br />
ohne Bühne Hand und Fuß bekommt“,<br />
ergänzt Markus Wilms, der den Pindaros,<br />
Barbaras Lehrer, gibt. „Dabei ist<br />
die Darstellung beim Hörspiel durchaus<br />
schwieriger, weil es keine Gesten<br />
gibt“, betont Helmut Bialas alias<br />
Glaukos, ein Denunziant. „Ich habe mich<br />
dabei ertappt, dass ich beim Vortragen<br />
trotzdem Handbewegungen gemacht<br />
habe“, schmunzelt Werner Backhaus.<br />
Das Experiment gelang. Davon zeugte<br />
der lang anhaltende Applaus am Ende<br />
des Abends. Die bislang einzige Aufführung<br />
war vorläufiger Abschluss eines<br />
Projekts. „Mich hat es – ganz unabhängig<br />
von dem Thema – gereizt, mich mit<br />
einer großen Gruppe projektartig auf<br />
den Weg zu begeben und zu schauen,<br />
wohin wir kommen“, erklärt Pastor<br />
Späh seine Motivation. „Es war eine<br />
wichtige positive Erfahrung, dass zwanzig<br />
Leute über ein Jahr dabei geblieben<br />
sind und neue Dinge an sich entdeckt<br />
haben.“ Markus Wilms ist zufrieden,<br />
mit „einfachen Mitteln eine tolle Erfahrung<br />
gemacht“ zu haben. „Und<br />
die Gemeinde hat etwas über die<br />
heilige Barbara erfahren.“<br />
Die einzelnen Szenen berichten<br />
vom Leben der Barbara, die in<br />
Nikomedien am Bosporus aufwuchs,<br />
wegen ihrer Schönheit von<br />
ihrem heidnischen Vater in einen<br />
Turm gesperrt wurde, später floh,<br />
wegen ihres christlichen Glaubens<br />
verraten, eingesperrt und gemartert,<br />
schließlich von ihrem Vater<br />
getötet wurde, der später vom Blitz<br />
erschlagen wird. Autor Georg Späh<br />
räumt ein, dass das Sprechspiel die Legende<br />
der Heiligen Barbara nicht eins<br />
zu eins nacherzählt. „Aber es war interessant,<br />
sich so intensiv mit Barbaras<br />
Leben auseinanderzusetzen“, betont<br />
Markus Wilms.<br />
Die Schlussszene in der<br />
Rotthausener Inszenierung<br />
spielt in der Kulisse<br />
zwischen den antiken Säulen<br />
vorn am Altar. Barbara,<br />
ihr Vater Dioskuros, der<br />
römische Proconsul und<br />
ein Centurio von der Wache<br />
werden zu sichtbaren<br />
Figuren in antiken Kostümen.<br />
Schauspiel statt gesprochenem<br />
Dialog, um<br />
die Bedeutung und Dramatik der Zerissenheit<br />
der Familie, die im Tod Barbaras<br />
und Unglück ihres Vaters ihren tragischen<br />
Höhepunkt findet, eindrucksvoll<br />
zu vermitteln.<br />
Für die beteiligten Schauspieler war es<br />
eine zusätzliche Herausforderung, die<br />
auch ‚handwerkliches Geschick’ erforderte.<br />
„Mitte des Jahres hatte ich die<br />
Sorge, dass die Mordszene<br />
lächerlich wird“, erinnert<br />
sich Werner Backhaus.<br />
„Ich wusste nicht,<br />
wohin ich mit dem Messer<br />
stechen sollte.“ Bei<br />
der Überlegung, in den<br />
Rücken zu stechen, habe<br />
seine Frau eingeworfen:<br />
„Wenn du in den Rücken<br />
stichst, stirbt sie nicht sofort.“<br />
Nach langem<br />
Beraten habe er sich<br />
letztlich für einen<br />
<strong>St</strong>ich in den vorderen<br />
Schulterbereich<br />
entschieden.<br />
Die Schlussszene: Dioskuros, gespielt von Werner Backhaus,<br />
tötet seine Tochter Barbara, dargestellt von Constanze Nöfer.<br />
Schauspielerei mit<br />
Liebe zum Detail, ein<br />
großer Aufwand für<br />
eine einzige Aufführung.<br />
„Der Tenor bei der Premierenfeier<br />
war allerdings,<br />
das <strong>St</strong>ück noch einmal<br />
zu zeigen“, berichtet<br />
Pastor Georg Späh. Auch<br />
aus der Gemeinde seien<br />
viele ermutigende<br />
<strong>St</strong>immen gekommen.<br />
Das Ensemble überlege<br />
nun, ob das <strong>St</strong>ück dazu modifiziert<br />
werden müsse und welchen zeitlichen<br />
Aufwand eine neuerliche Aufführung<br />
für alle Beteiligten bedeute. Es solle<br />
allerdings keine weitere Vorstellung in<br />
Rotthausen geben, „vielleicht in einer<br />
anderen Barbarakirche“.<br />
Einig sind sich die Beteiligten, dass das<br />
Sprechspiel einer der Höhepunkte im<br />
Jubiläumsjahr war. Für Werner Backhaus<br />
steht fest: „Das <strong>St</strong>ück war schon<br />
ein Knaller!“<br />
[rp]<br />
Für das Publikum über weite Teile<br />
unsichtbar, sprachen die Akteure die<br />
Dialoge von der Orgelempore.<br />
8 9