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Herzog 01-05 - Herzogsägmühle

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<strong>Herzog</strong>sägmühle aktuell 2/2007 5<br />

Ein Ein herzliches<br />

herzliches<br />

Dankeschön<br />

Dankeschön<br />

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen unseren Freundinnen<br />

und Freunden für die Spenden, die uns seit der letzten<br />

Ausgabe von „<strong>Herzog</strong>sägmühle aktuell“<br />

im März 2007 erreicht haben:<br />

Geldspenden 39.918 EUR *)<br />

Wachsspenden 11.965 kg<br />

Briefmarken 1.253 kg<br />

*) Mit Ausnahme zweckgebundener Zuwendungen wurden sämtliche<br />

Geldspenden verwendet für das Projekt „Neubau einer Siebdruckerei“<br />

für Menschen mit Behinderung<br />

Bitte lassen Sie nicht nach<br />

in der Hilfe für uns.<br />

IMM - News<br />

FC Bayern Stars live zum Anfassen<br />

Von Wofram Göll<br />

Riesenfreude bei den rund 90 Bewohnern<br />

und Tagesgästen der Evangelischen<br />

Kinder- und Jugendhilfe Feldkirchen:<br />

„Toll, schau mal, ich hab ein Autogramm<br />

auf meinem T-Shirt!“ - „Und ich<br />

auf meinem Fußball!“<br />

Die FC-Bayern-Stars Philipp Lahm (23)<br />

und Owen Hargreaves (26) waren zu Besuch<br />

in ihrem Haus, sie saßen mit ihnen<br />

am Tisch, mitten in ihrem Festsaal. Die<br />

selben Stars, die sie sonst nur vom Fernsehen<br />

kennen, von Fußball-Übertragungen,<br />

Champions-League, Bundesliga,<br />

Welt- oder Europameisterschaften. Nur<br />

diesmal eben ganz nah.Erst mit halbstündiger<br />

Verspätung waren die Fußballer<br />

gekommen, das „Navi“ hatte sie zunächst<br />

in eine falsche Straße geschickt. Aber das<br />

machte den Feldkirchner Kindern und<br />

Jugendlichen nichts; sie waren froh, dass<br />

der Besuch überhaupt zustande kam<br />

und nicht wegen eines befürchteten<br />

Straftrainings nach dem Aus in der<br />

Champions League abgesagt werden<br />

musste. Grünes Licht vom Manager der<br />

beiden Spieler, dass der Besuch in Feld-<br />

kirchen tatsächlich stattfinden kann,<br />

hatte letztlich das Bankhaus Sal.<br />

Oppenheim erhalten, das auch die Initiative<br />

zu der Aktion ergriffen hatte.Als<br />

dann zunächst Owen Hargreaves auftauchte,<br />

war er in Windeseile umringt von<br />

Dutzenden Buben und Mädchen, die eifrig<br />

um Autogramme baten. Wenig später<br />

ging es Philipp Lahm ebenso, als er vor<br />

Owen Hargreaves und Philipp Lahm zu Besuch in der Tagesstätte der Evangelischen<br />

Kinder- und Jugendhilfe Feldkirchen Foto:wg<br />

dem Stammhaus in Feldkirchen auftauchte.<br />

Ein kurzes Gruppenbild mit den<br />

Kindern, während dessen die Stars ein<br />

paar Fußballtricks vorführten, dann ging<br />

es hinein in den Festsaal, wo die Kinder<br />

die beiden FC-Bayern-Spieler nach Herzenslust<br />

mit Fragen löcherten. Die Diskussion<br />

leitete der Fußballtrainer der<br />

Feldkirchner Gruppen, Alexander<br />

Dumberger. Und die zeigten sich keineswegs<br />

schüchtern, sondern legten sofort<br />

richtig los: „Warum habt Ihr gegen den AC<br />

Mailand verloren?“, überfiel der neunjährige<br />

Tim gleich Philipp Lahm. Dieser<br />

schluckte erstmal kurz und gab den Ball<br />

dann hintergründig lächelnd weiter:<br />

„Diese Frage sollte der Owen beantwor-<br />

Neubau einer Siebdruckerei als erweitertes Angebot von<br />

beschützten Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung<br />

Seit 1988 wird in <strong>Herzog</strong>sägmühle eine Siebdruckerei mit Schildermacherei<br />

betrieben. Jetzt steht der Ersatzbau der um das Jahr 1940 erbauten<br />

Holzbaracke an, in der zur Zeit auf engstem Raum acht Menschen<br />

mit Behinderung und vier Arbeitsanleitende beschäftigt sind, um<br />

alle Kundenaufträge zuverlässig auszuführen.<br />

Der Neubau ist dringend erforderlich, um eine zeitgemäße Absaugtechnik,<br />

zusätzliche Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung und<br />

die längst benötigten Lagerkapazitäten zu schaffen.<br />

Stiftungskapital gewachsen<br />

Die im Jahr 2000 gegründete FÖRDERSTIFTUNG HERZOGSÄGMÜHLE<br />

konnte in den vergangenen sechs Jahren dank mehr als 200 Zustiftungen<br />

ihr Grundkapital von 100.000 Euro auf 681.669 Euro nahezu versiebenfachen.<br />

Die Stiftertafel auf dem <strong>Herzog</strong>sägmühler Dorfplatz nennt mittlerweile<br />

neun Persönlichkeiten für Spenden über 10.000 Euro.<br />

Wann kommen Sie dazu?<br />

Ganz herzlichen Dank allen Spenderinnen und Spendern für Ihre<br />

Opferbereitschaft<br />

ten.“ Hargreaves wand sich mit einer längeren<br />

Antwort aus der Affäre, deren diplomatischer<br />

Kernsatz so lautete: „Man<br />

kann halt nicht immer gewinnen.“ Und am<br />

Sonntag gegen Leverkusen wollen die<br />

Bayern-Kicker es besser machen.Die<br />

neunjährige Selma wollte wissen, ob der<br />

FC Bayern noch Deutscher Meister werden<br />

kann. Philipp Lahm wiegte bedächtig<br />

den Kopf: „Sechs Punkte Rückstand<br />

und noch sechs Spieltage - das wird hart.“<br />

Als „ehrlich“ befand der zwölfjährige<br />

Diyar diese Antwort und freute sich: „Die<br />

lügen uns hier nicht an“, auch wenn<br />

Philipp Lahm auf die Frage von Dennis,<br />

warum Oliver Kahn denn so schlecht gespielt<br />

habe, doch etwas diplomatisch antwortete:<br />

„Fandest Du ihn schlecht? Ich<br />

finde, er ist recht fit und hält noch<br />

gut.“Fachsimpeln war das eine, die<br />

menschliche Seite das andere: So gaben<br />

die beiden jungen Spieler auf die an sich<br />

harmlose Frage: „Wie wird man eigentlich<br />

Fußballprofi?“ überraschende Einblicke<br />

in ihren Werdegang. Owen Hargreaves<br />

offenbarte seine geradezu protestantische<br />

Leistungsethik: „Mit etwas Talent<br />

und sehr viel Arbeit.“ Mit 16 Jahren verließ<br />

er in Kanada seine Familie und den<br />

Ausbildungsplatz, um in Deutschland<br />

sein großes Ziel zu erreichen, Fußballprofi<br />

zu werden: „Wenn Du etwas willst,<br />

musst Du es mit ganzer Kraft verfolgen,<br />

dann kannst Du es auch schaffen.“<br />

Philipp Lahm präsentierte sich in der<br />

Antwort auf dieselbe Frage eher als „Bub<br />

von nebenan“: „Ich hab in München-Gern<br />

im Verein Fußball gespielt, seit ich vier<br />

war.“ Mit elf hat ihn dann ein Talentsichter<br />

zur FC-Bayern-Jugend geholt. Die<br />

ersten zwei Profijahre verbrachte er in<br />

Stuttgart, bevor er wieder zu den Bayern<br />

zurückkam: „Der FC Bayern ist mein<br />

Traumclub.“Viele der Kinder und Jugendlichen<br />

waren auch an eher privaten<br />

Dingen interessiert: Ob die beiden<br />

denn Frauen und Kinder hätten, ob die<br />

beiden auch privat mal miteinander etwas<br />

unternähmen, ob es auch mal Zoff<br />

gebe? Auch hier stahlen sich die Fußballprofis<br />

nicht um die Antworten herum. „Er<br />

hat mich angelächelt. Mei, is der süß“,<br />

schwärmte eines der etwas älteren Mädchen<br />

bei der abschließenden Autogrammstunde<br />

- wobei nicht ganz klar war,<br />

welchen der beiden sie nun meinte. Und<br />

Diyar sagte: „Wenn ich die im Fernsehen<br />

sehe, mit ihren Trikots und Stutzen, wirken<br />

sie so weit weg, unerreichbar. Aber<br />

in Natur sind die ja ganz normal.“ Als dann<br />

alle mit Autogrammen auf Karten, Tassen,<br />

Fußbällen und T-Shirts rundum versorgt<br />

waren, war ein rundum schöner<br />

Besuchsnachmittag perfekt.Jetzt müssen<br />

ihre Idole in der Arena nur noch gegen<br />

Leverkusen gewinnen. Aber das haben<br />

sie ja versprochen.<br />

Getroffen – gesprochen – notiert<br />

Menschen, Menschen, die die obdachlos obdachlos sind, sind, werden werden im im Gasthaus Gasthaus von von <strong>Herzog</strong>sägmühle<br />

<strong>Herzog</strong>sägmühle<br />

freundlichfreundlich aufgenommen. aufgenommen. Sie Sie bekommen bekommen ein ein Bett, Bett, regelmäßige regelmäßige MahlzeiMahlzeiten,<br />

en, k kkönnen<br />

k önnen baden baden und und ihr ihre ihr e W WWäsc<br />

W sc sche sc he w wwasc<br />

w sc schen. sc hen. Die Die Mit Mitarbeit<br />

Mit arbeit arbeitenden arbeit enden haben<br />

haben<br />

darüber darüber hinaus hinaus ein ein offenes offenes Ohr Ohr für für die die Sorgen Sorgen und und Probleme Probleme ihrer ihrer Gäste.<br />

Gäste.<br />

Axel Axel Rosenkranz Rosenkranz arbeitet arbeitet seit seit 16 16 Jahren Jahren im im Gasthaus. Gasthaus. Für Für die die Menschen,<br />

Menschen,<br />

die die hier hier R RRast<br />

R t mac machen, mac hen, hat hat er er viel viel V VVer<br />

VV<br />

er erständnis, er ändnis, denn denn er er lebt lebte lebt e selbs selbst selbs t zehn<br />

zehn<br />

Jahre Jahre lang lang auf auf der der Straße.<br />

Straße.<br />

Den Den Leserinnen Leserinnen und und Lesern Lesern von von <strong>Herzog</strong>sägmühle <strong>Herzog</strong>sägmühle <strong>Herzog</strong>sägmühle <strong>Herzog</strong>sägmühle <strong>Herzog</strong>sägmühle aktuell aktuell aktuell aktuell aktuell gibtgibt der der gege-<br />

lernte lernte Koch Koch (50) (50) einen einen Einblick Einblick in in seine seine Arbeit.<br />

Arbeit.<br />

Seit wann arbeiten Sie in <strong>Herzog</strong>sägmühle?<br />

Axel Axel Rosenkranz: Rosenkranz: Ende 1991 habe ich angefangen im Gasthaus von <strong>Herzog</strong>sägmühle<br />

zu arbeiten. Die ersten Monate auf Tagesstruktur, im April 1992 bekam ich einen Vertrag<br />

bei der i+s Pfaffenwinkel GmbH, seit 2004 bin ich direkt bei <strong>Herzog</strong>sägmühle angestellt.<br />

Sie stammen nicht aus Oberbayern – wie kamen Sie nach <strong>Herzog</strong>sägmühle?<br />

Axel Axel Rosenkranz: Rosenkranz: Ich habe selbst zehn Jahre auf der Straße gelebt und kannte das<br />

Gasthaus durch eigene Besuche. Irgendwann hatte ich dieses Leben satt und wollte<br />

versuchen, wieder Fuß zu fassen. Dank dem Vertrauen, das mir hier entgegen gebracht<br />

wurde, habe ich das auch geschafft.<br />

Wie sieht Ihre Arbeit heute im Gasthaus aus?<br />

Ax Axel Ax Axel<br />

el R RRosenkr<br />

R osenkr osenkranz:<br />

osenkr anz: Ich arbeite hauptsächlich am Wochenende und im Nachtdienst.<br />

Meine Hauptaufgabe ist es, die Leute aufzunehmen und Mahlzeiten auszugeben. Ich<br />

zeige ihnen, wo sie schlafen können und gebe frische Wäsche aus, wenn dies nötig ist.<br />

Natürlich stehe ich auch für Gespräche zur Verfügung. Die Leute haben viele Sorgen.<br />

Bei Interesse erkläre ich, was <strong>Herzog</strong>sägmühle für weitere Hilfe anbietet.<br />

Foto: sk<br />

Welchen Hintergrund haben die Menschen, die zu Ihnen ins Gasthaus kommen?<br />

Ax Axel Ax el R RRosenkr<br />

R osenkr osenkranz:<br />

osenkr anz: Der Personenkreis hat sich gewandelt. Früher haben bestimmt<br />

85 Prozent der Leute, die zu uns kamen, auf der Straße gelebt, sind von einer Herberge<br />

zur anderen gezogen. In den letzten Jahren habe ich beobachtet, dass viele Menschen,<br />

die ins Gasthaus kommen, zum Beispiel durch psychische Krankheit aus der Bahn<br />

geworfen worden sind oder auch durch Harz IV in Armut geraten sind. Sie haben ihre<br />

Wohnung verloren und wissen nicht weiter. Viele Menschen kennen sich einfach nicht<br />

aus, in dem Hilfesystem, andere schämen sich, Sozialhilfe zu beantragen.<br />

Kann jeder, der ins Gasthaus kommt, auch in <strong>Herzog</strong>sägmühle bleiben?<br />

Axel Axel Rosenkranz: Rosenkranz: Nicht jeder kann oder will bleiben. Bei denen, die bleiben wollen,<br />

scheitert es oft an einer Kostenübernahme des Bezirkes Oberbayern. Nur Menschen,<br />

die mindestens acht Wochen im Raum Oberbayern unterwegs waren, steht Hilfe<br />

zu. Im Moment wird es für Obdachlose immer schwieriger, die Hilfe zu bekommen, die<br />

sie brauchen, obwohl Hilfsorganisationen wie <strong>Herzog</strong>sägmühle Plätze für sie haben.<br />

Aber auch Menschen mit einer akuten psychischen Erkrankung oder einer Suchterkrankung<br />

können wir nicht sofort aufnehmen. Wir sind jedoch bemüht, für jeden<br />

einen geeigneten Platz zu finden – auch wenn es in einer anderen Einrichtung ist.<br />

Wie lange bleiben die Menschen im Gasthaus von <strong>Herzog</strong>sägmühle?<br />

Ax Axel Ax Axel<br />

el R RRosenkr<br />

R osenkr osenkranz:<br />

osenkr anz: Bis zu vier Wochen. Zum Glück ist es nicht mehr wie früher, wo<br />

wir die Leute nach ein paar Tagen weiter schicken mussten. Wenn einer krank ist,<br />

muss er zum Arzt. Eine Behandlung dauert oft länger als ein paar Tage. Andere versuchen<br />

wieder Fuß zu fassen, wollen aber nicht „stationär“ in <strong>Herzog</strong>sägmühle bleiben.<br />

In Zusammenarbeit mit den Beratungsstellen in Schongau versuchen wir dann, Wohnung<br />

und Arbeit für die Leute zu finden. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, bekommen<br />

Menschen, die in <strong>Herzog</strong>sägmühle bleiben wollen, recht schnell einen Platz.<br />

Warum gehen Menschen wieder auf die Straße zurück?<br />

Ax Axel Ax el R RRosenkr<br />

R osenkr osenkranz:<br />

osenkr anz: Wir haben viele „Stammkunden“, die schon seit langer Zeit auf<br />

der Straße leben. Viele können sich ein anderes Leben gar nicht mehr vorstellen. Viele<br />

unserer Gäste haben aber auch in einer Stadt Harz IV beantragt. Für Leute, die davon<br />

eine Wohnung, Kleidung und Lebensmittel bezahlen müssen, ist dies sehr wenig Geld.<br />

Für Menschen ohne festen Wohnsitz ist es jedoch viel. In jeder mittleren Stadt gibt es<br />

Herbergen – somit haben die Menschen genug Geld für ihr tägliches Leben.<br />

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?<br />

Ax Axel Ax Axel<br />

el R RRosenkr<br />

R osenkr osenkranz:<br />

osenkr anz: Persönlich wünsche ich mir Gesundheit, und dass ich hier noch<br />

lange arbeiten kann. Für unser Gasthaus wünsche ich, dass uns nicht noch mehr<br />

Knüppel zwischen die Füße geworfen werden, damit wir den Menschen weiterhin<br />

helfen können.<br />

Herr Rosenkranz, ich danke Ihnen für dieses offene Gespräch.<br />

Das Interview führte Sabine Keyser

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