Kurzfilm - Kommunales Kino Guckloch
Kurzfilm - Kommunales Kino Guckloch
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LEBENS:WELTEN | VL Di 15.11.11 | Donau Do 17.11.11 | Schulkino<br />
Belgien 2009<br />
Regie<br />
Felix van Groeningen<br />
Darsteller<br />
Kenneth Vanbaeden, Valentijn<br />
Dhaenens, Koen de Graeve, Wouter<br />
Hendrickx u.v.a.<br />
Dauer<br />
108 Min., Farbe<br />
FSK ab 12 Jahren<br />
Dienstag, 15.11.11, 10:15 Uhr<br />
Schulkino, guckloch VS-Villingen<br />
mit Filmgespräch<br />
Donnerstag, 17.11.11, 10:15 Uhr<br />
Schulkino, CINEMA Donaueschingen<br />
mit Filmgespräch<br />
Die Beschissenheit<br />
der Dinge<br />
Wenn der Onkel die eigene Flamme<br />
verführt: Felix van Groeningen<br />
erzählt komisch und traurig vom<br />
Erwachsenwerden unter Säufern.<br />
Man kann bestimmt eine behütetere<br />
Jugend haben als Gunther<br />
Strobbe: Mit seinem Vater und dessen<br />
drei Brüdern lebt der dreizehnjährige<br />
irgendwo in der belgischen<br />
Provinz bei seiner Großmutter, die<br />
es aufgegeben hat, ihre rauchenden<br />
und saufenden Sprösslinge zurechtzuweisen.<br />
Eigentlich ist so ziemlich<br />
alles daneben in Gunthers Kindheit<br />
– und diese Geschichte erzählt er<br />
als Rückblende. Eigentlich sind die<br />
Strobbes eine schrecklich nette Familie,<br />
die für jeden Unfug zu haben<br />
ist und noch bei Muttern leben – so<br />
jedenfalls sehen sie sich selbst; für<br />
ihre Nachbarn sind sie eine Heimsuchung,<br />
ein Haufen halbkrimineller<br />
Alkoholiker.<br />
Der mittlerweile erwachsen gewordene<br />
Gunther ist ein erfolgloser<br />
Schriftsteller, der sich davor fürchtet,<br />
so zu werden wie sein Vater<br />
Marcel – und doch wird er ihm<br />
immer ähnlicher. Seine Berufung<br />
zur Schriftstellerei kam im übrigen<br />
daher, dass er als Schüler besonders<br />
viele Strafarbeiten anfertigen musste…<br />
Mittlerweile hält er sich mit<br />
den klassischen Jobs über Wasser,<br />
nämlich als Callcenter – Telefonist,<br />
Minibar – Verkäufer im Zug, Pizzabote<br />
– und seine Jugend scheint<br />
mit genug Erfahrungen von roher<br />
Die Beschissenheit der Dinge<br />
Derbheit gefüllt zu sein, um mehrere<br />
dicke Romane zu füllen.<br />
Die Geschichte basiert auf dem<br />
belgischen Bestsellerroman von<br />
Dimitri Verhulst, der sich seine<br />
schwierige Jugend von der Seele<br />
schrieb. Regisseur Felix van Groeningen<br />
überträgt diesen literarischen<br />
Exxeß 1:1 auf die Leinwand,<br />
und so wird nichts ausgelassen<br />
vom Alltag dieser vier Subproleten,<br />
sei es das Nackt – Fahrradrennen<br />
oder das Kampftrinken – und auch<br />
so manch derber Spruch. Hauptsache,<br />
es endet in einem Exzeß. Sie<br />
kippen sich die Birne zu, steigen<br />
den Frauen nach und landen schon<br />
mal ohne Reue im Gefängnis. Und<br />
doch: das Ganze macht Spaß anzuschauen<br />
– bis man dann wieder<br />
von der Derbheit eingeholt wird<br />
und sich beinahe schämt für das,<br />
was auf der Leinwand recht deutlich<br />
gezeigt wird.<br />
Dieses Belgien der Plumpsklos,<br />
Krakeeler und Rohe-Wurst-Fresser<br />
„repräsentiert nur einen winzigen<br />
Teil der Bevölkerung“, beeilte<br />
sich der belgische Außenminister<br />
angesichts des Erfolgsfi lms zu erklären.<br />
Schon rein ästhetisch sind<br />
die Strobbes, die zu Beginn der<br />
achtziger im fi ktiven Provinzkaff<br />
Reetvergedeem (auf deutsch etwa<br />
„Arschverdammichhausen“) hausen,<br />
eine Herausforderung für<br />
die fl ämische Tourismusbehörde,<br />
schon alleine die Frisuren sind<br />
waffenscheinpfl ichtig. Die liebevoll<br />
gezeichneten Charaktere jedoch<br />
heben den Film über bloßen Unterschichten-Klamauk<br />
heraus – obwohl,<br />
und vielleicht gerade wieder<br />
typisch: der Film lief besonders gut<br />
im wallonischen Teil Belgiens…<br />
Die Beschissenheit der Dinge trägt<br />
schon im Titel vor sich her, dass im<br />
Leben der Protagonisten nicht alles<br />
zum besten bestellt ist. Van Groeningen<br />
gibt seinem Film durch den<br />
konsequenten Einsatz der Handkamera<br />
einen intimen und fast dokumentarischen<br />
Charakter.<br />
Die Bilder aus Gunthers Kindheit<br />
sind, wie verblassende Erinnerungen,<br />
oft in ausgewaschenen Farben<br />
gehalten, wie ausgeblichene<br />
Schnappschüsse. Das deutet aber<br />
schon an, dass man das dokumentarische<br />
nicht zu ernst nehmen<br />
darf, eher wird hier aus der Erinnerung<br />
erzählt und umgedeutet<br />
– oder vielleicht erfi ndet Gunther<br />
sein Leben auch neu, im Sinne einer<br />
Künstlerbiographie?<br />
Die Geschichte des Strobbe-Clans<br />
ist erheiternd und erschütternd zugleich.<br />
Großes <strong>Kino</strong> mit Tiefgang! <<br />
Zusammengestellt von<br />
Kilian Schmidt<br />
Quellen<br />
fi lmreporter.de, Derwesten.de,<br />
Critic.de, Verleihinfo