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Text zur Präsentation - Mecklenburger Waldglasmuseum e.V.

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<strong>Text</strong> zum Vortrag „Dunkle Seiten des Glases“<br />

am 09. November 2013<br />

Folie 2<br />

So hat Fontane auf seiner Wanderung durch die Mark Brandenburg das Glas gelobt.<br />

„Nützlicher als Gold“.<br />

Und doch gab und gibt es auch andere Seiten des Glases, mit denen wir uns heute<br />

beschäftigen wollen: Der Einsatz von Glas zu Kriegszwecken.<br />

Das hat gerade heute auch noch einen anderen wörtlichen bzw. übertragenen Bezug<br />

hinsichtlich der dunklen Seiten des Glases: Heute vor 75 Jahren war die<br />

Reichskristallnacht- auch ein ganz dunkles Kapitel in unserer Geschichte.<br />

Unser Fahrplan für heute<br />

1. Etwas zu Granaten und Grenadieren- 17./18.Jh.<br />

2. Glasgranaten- 16./ 17. Jh.<br />

3. Glaseinsatz zu Kriegszwecken im 20. Jh.<br />

Folie 3<br />

Einen Großteil dieser schwarzen Seiten machen Glas- Handgranaten aus.<br />

Die Granaten möglichst weit in die Reihen des Gegners zu werfen, war Aufgaben<br />

besonders ausgesuchter kräftiger Soldaten, die Grenadiere genannt wurden<br />

(anfangs auch Granatiere).<br />

Hier haben wir eine solche Darstellung. Allerdings ist das Grün hier hinein gezaubert<br />

worden, um deutlich zu machen, dass es auch Granaten aus Waldglas gab.<br />

Hier auch schon interessant: Die hochgebogenen Seiten der Kopfbedeckung.<br />

Warum, das dürfte Jedem einleuchten.<br />

Wer ausholt beim Werfen, wirft sich sonst gleich den Hut mit vom Kopf.<br />

Nach Fleming (sie haben dazu ein Literaturverzeichnis) tauchen die Grenadiere in<br />

Mitteleuropa ab Mitte des 17. Jahrhunderts auf, weil zu dieser Zeit in den<br />

„Regularien“ – also Dienstvorschriften von Maria Theresia (also Österreich) die<br />

Bewegungsabläufe gezeichnet und beschrieben sind.<br />

Folie 4<br />

Als Erstes ein kurzer Exkurs durch die Geschichte der Handgranaten insgesamt<br />

Hier die Darstellung eines Handgranatenwerfers im 17. Jahrhundert.<br />

Was fällt als Erstes auf?- Keine hochgebogene Hutkrempe!<br />

Fleischer schreibt dazu: „Beachte die kugelförmige Handgranate mit dem<br />

Brennzeitzünder (Lunte) in der linken Hand des Werfers.“<br />

Auf der linken Darstellung ist das im Schnitt dargestellt.<br />

Ein paar zusammenfassende Ausführungen <strong>zur</strong> Geschichte der Granaten (noch nicht<br />

Glasgranaten) von Fleischer:<br />

Erste Informationen <strong>zur</strong> Verwendung von Handgranaten kommen aus Italien, wo<br />

bereits 1427 mit Schwarzpulver gefüllte Tonkugeln und Tonflaschen als Kampfmittel<br />

bekannt waren.<br />

Die türkische Armee verbrauchte 1683 während der Belagerung vor Wien nicht<br />

weniger als 805.000 Handgranaten (Fragezeichen: Glashandgranaten).<br />

Neben den Handgranaten aus Ton gab es solche aus Eisenguß. Das österreichische<br />

Heer verwendete in der Mitte des 18. Jh. Handgranaten aus Glas.<br />

Gezündet wurden die Handgranaten mittels Zündschnur, was nicht nur wegen der<br />

Witterung schlecht zu berechnen war.


Warum Fragezeichen bei den Türken: Handgranaten sind vor allem<br />

Verteidigungswaffen. Ich zeige das noch am Beispiel von Freiburg i.B.<br />

Folie 5<br />

Ansonsten erkennt man Grenadiere an dem spitzen Hut, weil der Dreispitz würde<br />

beim Werfen stört.<br />

Rosenthal stellt deshalb in der „Enzyklopädie der Kriegskunst“ fest, dass das die<br />

Ursache gewesen sein soll, weshalb im Jahr 1804 die Handgranaten fast überall aus<br />

der Bewaffnung verschwunden waren. Aber das ist wohl sehr zweifelhaft, ob das am<br />

Dreispitz lag.<br />

Während des Russisch- Japanischen Krieges 1904- 1905 verwendeten Russen und<br />

Japaner bei den Kämpfen um Port Arthur (Stadtteil einer chinesischen Hafenstadt)<br />

selbsthergestellte Handgranaten, weil Feuerwaffen wegen der Feuchtigkeit versagten<br />

(6,5 kg Sprenggranaten von Gebirgskanonen, versehen mit Zündverzögerung, die<br />

beim Aufschlag scharf gemacht wurde, wurden in die japanischen Stellungen<br />

geworfen).<br />

Danach gab es wieder Versuche <strong>zur</strong> Herstellung von Handgranaten. Bekannt ist ein<br />

fehlgeschlagener Versuch einer Hamburger Firma aus dem Jahr 1907.<br />

1913 meldete der Engländer Marten Hale Paket eine Splitterhandgranate zum Patent<br />

an.<br />

Aber <strong>zur</strong>ück zum Ausgangspunkt:<br />

Links: Preußischer Grenadier vor 1726. Beachte: Handgranate, leuchtendes Grün<br />

Rechts: Preußischer Grenadier um 1715<br />

Lunte links und Granate rechts<br />

Folie 6<br />

Bis zum Stellungskampf im ersten Weltkrieg (also ab 1914) waren Handgranaten im<br />

Grunde genommen dann bedeutungslos.<br />

Dann gab es plötzlich wieder eine große Nachfrage<br />

Und aus dem 1. Weltkrieg sind 23 verschiedene Modelle von Handgranaten,<br />

Handnebelgranaten oder Handgasbomben bekannt. An das Deutsche Heer wurden<br />

in dieser Zeit 300 Mio. Handgranaten geliefert (Fleischer).<br />

Glas ist dabei aber nicht bekannt.<br />

Wieder den Sprung <strong>zur</strong>ück:<br />

Rechts: Eine ca. 5,4 cm hohe Metallfigur eines englischen Grenadiers, der<br />

Goldstream Guards, während der Schlacht von Ramilles (Belgien) 1706, da ging es<br />

um die spanische Erbfolge.<br />

Eine Darstellung von Franco Corti<br />

In England wurden auch während des Bürgerkrieges (um 1640) viel Handgranaten<br />

verwendet (Felbenbauer).<br />

Links: Darstellung eines Grenadiers einer italienischen Gardekompanie (Guardie di<br />

Nostro Signore um 1703)<br />

Bei Beiden auffallend Grün und damit die Schlußfolgerung, dass es sich durchaus<br />

um Glashandgranaten handeln kann.<br />

Folie 7<br />

Links: Anhalt Dessauer Grenadier um 1680<br />

Rechts: Briefmarke Portugal aus dem Jahr 2000 zeigt einen portugiesischen<br />

Grenadier aus dem Jahr 1740


In beiden Fällen sieht man auch die typischen Glasspiegelungen auf den<br />

Handgranaten.<br />

Zedler beschreibt 1735 die Granate so:<br />

„Die Granate oder Grenade ist eine hohle Kugel aus Eisen, Metall oder Glas, welche<br />

inwendig mit Pulver gefüllet, und mit einer Brandröhre (die einen gehörigen<br />

Brandsatz in sich hat) versehen ist, welchen man mittels brennender Lunte<br />

anzuzünden und unter die Feinde zu werfen pflegt, da dann wann der Brannt- Satz<br />

ausgebrannt ist, solcher das in der Höhle der Kugel befindliche Pulver ergreifet, das<br />

selbe in Brannt setzt, und dadurch die Kugel in viele Stücke zersprenget, durch<br />

welche die umstehenden überaus beschädigt und blesieret werden.“<br />

Anmerkung: Die Luntentasche am Gurt war noch sehr lange ein Schmuckzeichen der<br />

Grenadiere.<br />

Folie 8<br />

Hier Österreichische Grenadiere. Ich erinnere an die Dienstvorschriften unter Maria<br />

Theresia:<br />

Aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts, Spitze Pelzhaube und Tasche mit<br />

Granatenabbildung<br />

Folie 9<br />

Und zum Schluß der älteren Historie sehen wir hier links noch mal zwei<br />

österreichische Grenadiere mit Handgranaten. Zumindest der Linke lässt mit den<br />

typischen Glanz auch wieder Glas vermuten<br />

Als Zusammenfassung zu Granaten aus Wikipedia:<br />

„Erste Belege für die Verwendung dieser Waffe datieren aus dem China der Song-<br />

Dynastie. Im Westen wurde sie zuerst nachweisbar während der englischen Glorious<br />

Revolution angewandt. Im amerikanischen Fort Ticonderoga wurden kugelförmige<br />

eiserne Handgranaten aus dem 18. Jahrhundert gefunden. Nach der Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts wurden im Krimkrieg und Amerikanischen Bürgerkrieg Handgranaten<br />

intensiv verwendet. Im Russisch-Japanischen Krieg 1904/05 kamen sie zum letzten<br />

Mal vor dem Ersten Weltkrieg in größerem Umfang zum Einsatz“.<br />

Schlußfolgerungen aus den bildlichen Darstellungen zu Glas- Granaten:<br />

(Glas-) Granaten scheinen im 17. und besonders im 18. Jahrhundert doch mehr<br />

verbreitet gewesen zu sein, als bisher angenommen bzw. mir bekannt.<br />

Preußen/ Deutschland, Italien, Türkei, England, Portugal, Österreich wurden hier<br />

schon erwähnt.<br />

Zur Türkei, zu England Italien und Portugal, die hier auch auftauchten, habe ich<br />

keine weiteren Informationen.<br />

Folie 10<br />

Die Verbreitung und Geschichte von Glas- Granaten wollen wir uns jetzt noch ein<br />

bisschen genauer ansehen.<br />

Zuerst aus unserer Region<br />

Links: Glashandgranaten aus der Festung Dömitz mit deutlichem Pfeifenabriss; in<br />

der Farbe fast schwarz;<br />

Granate unten rechts auf der linken Seite: Innen grünes Glas zu sehen!<br />

1864 vom Festungskommandanten Oberst Graf von Oeynhausen an Waffenhalle<br />

des Schweriner Schlosses übergeben. Oeynhausen war von 1856 bis 1865<br />

maßgeblich an der Sanierung der Dömitzer Festung beteiligt (zitiert nach Jahnke)<br />

Rechts: Glasgranate im Türkenkrieg 1683 von Verteidigern von Wien eingesetzt.


Heeresgeschichtliches Museum Wien: Faustgroße Kugeln aus dunkelgrünem Glas<br />

mit Hohlraum für Schwarzpulver und Lunte<br />

Folie 11<br />

Wann spielten Hand- Glasgranaten in Dömitz eine Rolle?<br />

Ein Blick in das Inventarium der Festung vom August 1773.<br />

Dort heißt es:<br />

„Eine Aufzählung über Medicin, eiserne Handgranaten, gläserne Handgranaten,<br />

Bleikugeln, Ladeschaufeln, Fahnen, Carteschen, uniformen…..“<br />

Weitere Inventare mit gleichen Angaben sind in den Jahren 1774, 1776, 1780, 1781-<br />

89 ent- und erhalten.<br />

Folie 12<br />

Hier etwas bisher nicht Beachtetes aus unserer Region:<br />

Eine Glashandgranate im Museum Schönberg.<br />

Lange Zeit ist sie als Fischerkugel gehandelt worden. Bis zu dem Zeitpunkt, als<br />

Volker Jahnke vom Freilichtmuseum Mueß sie zu sehen bekam.<br />

Auffällig die Ähnlichkeit zu den Dömitzer Kugeln. Keine Wulst an der Zünderöffnung.<br />

Aber hier leuchtend grünes Glas, nicht wie die Dömitzer Granaten äußerlich<br />

schwarz, was bei den Dömitzern auch etwas mit Umwelteinflüssen oder Lagerung zu<br />

tun haben könnte.<br />

Der Originaleintrag im Alten Inventarverzeichnis sagt: „04.04.1914 geschenkt von<br />

Fräulein Eckmann.<br />

Glasgranate mit der Hand geworfen, Feldzug Baden 1848, vom Zollbeamten Tamms<br />

in Schönberg mitgebracht<br />

Das wäre jetzt etwas ganz Neues, wenn man daraus schlussfolgert, dass das heißen<br />

soll, dass 1848 die Granate noch eingesetzt wurde, also nicht nur im Festungs- oder<br />

Stellungskampf und dann auch noch Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

Durchgestrichen: Glas- Kugel angeblich als Geschoss gebraucht.<br />

Nicht zu erkennen am Riss, ob das mehrere Schichten sind. Dazu später!<br />

Folie 13<br />

Gehen wir in den Süden nach Freiburg und zeitlich etwas früher als in Dömitz:<br />

In Freiburg bei Grabungen am Fahrenbergplatz gefundene Glashandgranaten.<br />

Freiburg selbst stellt in Frage, ob es deutsche oder französische sind.<br />

Jenisch schreibt dazu:<br />

„Unsere Handgranaten aus der ersten Hälfte des 18. Jh. (vor 1740) können wohl den<br />

französischen Verteidigern Freiburgs zugeordnet werden, eine Verwendung als<br />

Waffen der habsburgischen Angreifer ist aber auch nicht klar auszuschließen.“<br />

Was fällt noch auf im Unterschied zu Mecklenburg. Eine Art Hals herausgezogen und<br />

abgeglättet.<br />

Folie 14<br />

Hier noch mal ein anderes Foto dazu<br />

1. Anmerkung:<br />

Auch hier erkennt man an den Bruchstücken nicht, ob es einen Schichtenaufbau gibt.<br />

2. Anmerkung als Frage:<br />

Wie kommt man zu dem Schluss, dass es eher französische Granaten sind??<br />

Hohe Festungsmauern von außen zu überwerfen ist eher unwahrscheinlich.


Folie 15<br />

Dieses Bild soll noch einmal deutlich machen, dass Angreifer auf die Festung wohl<br />

kaum Granaten verwendet haben.<br />

Gefahr der Selbstzerstörung viel zu hoch.<br />

Die Höhe der Mauern konnte ich nicht erkunden, aber die Wassergräben waren 25 m<br />

breit.<br />

Die Fundstelle ist hier rot markiert und dann kann man in Relation <strong>zur</strong> Grabenbreite<br />

ungefähr abschätzen, wie hoch die Mauer ist.<br />

Ich vermute, die Granaten wären ca. 20 m hochzuwerfen gewesen.<br />

Folie 16<br />

Noch weiter nach Süden und <strong>zur</strong>ück zu Maria Theresia: Das Zeughaus der Burg<br />

Forchtenstein- südlich von Wien<br />

Hier stehen 3 Kisten hintereinander:<br />

In der vorderen Kiste: Kartätschkugeln (Schrotkugeln) aus Waldglas zum<br />

Verschießen durch Kanonen (in geflochtene Weidenkörbe gefüllt).<br />

In der hinteren Kiste: Ca. 150 Glas- Granaten (siehe auch rechts im Auszug- sehr<br />

unterschiedliche Farben deuten auf unterschiedliche Chargen hin.<br />

Daneben gibt es dort auch Granaten aus Ton und Eisen in den anderen Kisten.<br />

Felbenbauer führt auf S. 194 an, dass es z.B. einen Nachweis gibt, dass 1719<br />

Glashütten in der Herrschaft Lockehaus ingesamt 131 Glas- Handgranaten nach<br />

Forchtenstein geliefert haben. Lockehaus liegt an der heutigen ungarischen Grenze,<br />

ca. 50 km östlich von Forchenstein.<br />

Davon 48 für 3 fl 84 den und 83 für 8 fl 64 den<br />

Was heißt das?- Ich habe keine Ahnung.<br />

Felberbauer gibt Forchensteiner Granaten von ca. 1640 bis 1760 an.<br />

Folie 17<br />

Leopold Toifl, der Direktor des Landeszeughauses Graz informiert dazu:<br />

„Das Zeughaus in Graz zählte im 16. und 17. Jahrhundert tausende von<br />

Handgranaten zu seinem Besitz. Allerdings waren die älteren Exemplare aus<br />

Keramik gefertigt. Sie wiesen eine geschwungene Gefäßform auf und waren mit<br />

einer Lunte versehen, die das in der Granate befindliche Pulver <strong>zur</strong> Entzündung<br />

brachte. Die offizielle Bezeichnung für solche Handgranaten lautete in der Steiermark<br />

„Sturmhäferl“. Handgranaten aus Glas sind im Grazer Zeughaus seit 1662<br />

nachweisbar. In den Inventaren von 1684, 1699 und 1714 tauchen sie in hohen<br />

Stückzahlen auf: 4.948 bzw. 7.261 und 4.521 Stück. Das Inventar von 1764 erwähnt<br />

nur noch „5 Pallen“ (also Ballen) ohne nähere Angaben zu Stückzahlen.<br />

Leider ist von diesen Handgranaten kein einziges Stück erhalten.<br />

Die Vermutung, dass es eine Verbindung zwischen Forchenstein, Graz und<br />

Lockenhaus gibt, liegt nicht so fern, denn Lockenhaus liegt dazwischen: Bis<br />

Forchenstein sind es ca. 45 km und nach Graz ca. 70 km<br />

Folie 18<br />

Ein Abstecher <strong>zur</strong>ück nach Deutschland:<br />

Schaumburg- lippische Handgranate von 1740 nach Felbenbauer<br />

Nach Original gezeichnet; Aufbewahrungsort ist mir nicht bekannt.<br />

Hier wieder ohne Hals, denn wir sind wieder im Norden.<br />

Eingeklebtes hölzernes Zwischenstück <strong>zur</strong> Aufnahme der Brandröhre<br />

Für Holz erscheint das sehr dünn, Metall??<br />

Unlogisch: abgebrochene Brandröhre??


Zur Brandröhre schreibt Flemming:<br />

„…vom festen Holz, das man nicht leichtlich spaltet, vom Drechsler gedreht, auch<br />

unten mit Bindfaden und Leinen wohl umwunden und dann mit Wercke und einem<br />

Kitte fest verluiret. Zum Kitte nimmt man drey pfund Wachs und fünf Pfund Telch, ist<br />

solches durcheinander geschmolzen und kalt geworden,…beschmiert damit die<br />

Brandröhre.“<br />

Achten sie auch auf den Glasmantel: Eine Schicht.<br />

Folie 19<br />

Zum Stichwort Glasmantel<br />

Ein interessanter Hinweis von Felberbauer zu einer Forchensteiner Granate:<br />

Er erkennt bei dieser Granate von Forchtenstein einen Schichtaufbau (2 Schichten).<br />

Man könnte vermuten, dass solch ein Schichtaufbau, wenn er denn bewusst gefertigt<br />

wird, die Splitterwirkung noch erhöht.<br />

Ich habe mir dazu die Böhrensche Granate angeschaut, die Schönberger und die<br />

Granaten aus Schwerin- Mueß.<br />

Die Böhrensche hat auch mehrere Risse im Glas, anhand derer man das hätte<br />

erkennen können. Erkannt habe ich es nicht.<br />

Auch bei nochmaliger Sicht auf alle Granaten in Mueß und Schönberg und auch<br />

Freiburg konnte ich keine Schichten erkennen.<br />

Damit kann ich die Vermutung von Felberbauer nicht bestätigen, dass der<br />

Schichtaufbau planmäßig gefertigt wurde.<br />

Folie 20<br />

Die Böhrensche Granate habe ich schon erwähnt.<br />

Hier (rechts) sieht man auch gut den Riss im Glass, ohne Schichten zu erkennen.<br />

Ich habe hier mal die Böhrensche Granate neben die Forchensteiner Granate<br />

gestellt.<br />

Die Ähnlichkleit beider Granaten ist nicht zu übersehen, zumal der Verkäufer<br />

angegeben hat, dass die Böhrensche Granate aus Österreich stammt.<br />

Zu einigen Vergleichsdaten dann später noch, aber ich kann jetzt schon sagen, dass<br />

relative Ähnlichkeit auch in den Maßen besteht.<br />

Folie 21<br />

Weil es Spaß macht, mal wieder ein regionaler Wechsel, aber leider ohne Bild. Auch<br />

in der Schweiz soll es Glashandgranaten gegeben habe.<br />

Ein Auszug aus dem Basler Zeughausinventar, zitiert nach:<br />

Gessler, Ed. A.: Die Baseler Zeughausinventare vom Ende des 16. Jahrhunderts bis<br />

zum Ende des 17. Jahrhunderts. ASA, Bd. 15, S. &7 ff. .<br />

alte isern Granaten- 4<br />

neuer Handgranaten- 793<br />

Das lässt den Schluss zu , dass es sich um Glas- Handgranaten handeln kann,<br />

zumal es im Baseler Nationalmuseum Glas- Handgranaten nach Information von<br />

Erika Hebeisen gibt.<br />

Ich hatte dort angefragt aber leider keine Rückantwort zu Maßen oder ggf. auch ein<br />

Bild bekommen.


Folie 22<br />

Hier haben wir Alle auf einen Blick<br />

Hier habe ich alle mir verfügbaren Maße zusammengestellt, einschließlich der<br />

Quelle: 7 unterschiedliche Fundorte, wenn wir Böhrens Österreich zuordnen (wobei<br />

Wandstärke und Zünderöffnung etwas abweichen)<br />

Was fällt dabei auf?<br />

• Gewicht differiert um 100% (Schweiz und Böhrens)<br />

• Wandstärke unterschiedlich, wobei offen bleibt, an welcher Stelle die<br />

Wandstärke gemessen wurde (1-3 cm)<br />

• Zündöffnung differiert auch um bis zu 100% (1,3- 2,8 cm)<br />

• Durchmesser relativ gleich (25% Abweichung)<br />

• Zünderöffnung: kurzer bis langer Hals und ohne Hals<br />

• Zeitangaben unvollständig bzw. unbekannt (1634- 1740)<br />

Unterschiedliche Eckdaten deuten auf unterschiedliche Produktionsorte und<br />

Hersteller hin.<br />

Die Zeitdauer der Hochzeit von Glasgranaten kann von Mitte des 17. bis Mitte des<br />

18. Jahrhunderts angenommen werden.<br />

Folie 23<br />

Hier die karthografische Zusammenstellung der nachweislichen Fundorte.<br />

Eine sehr breite Streuung.<br />

Es fällt schwer da, irgendwelche Zusammenhänge herzustellen, aber es ist ein klein<br />

bisschen was „Clusterung“ in drei Regionen zu erkennen.<br />

Zeitliche Zusammenhänge sehe ich nur in Österreich.<br />

Es bleibt auch die Frage, ob es autonome „Erfindungen“ waren oder wie das Wissen<br />

um die Herstellung „befördert“ wurde.<br />

Auch wenn man andere mögliche Orte hinzufügt, zu denen es Hinweise gibt, bleibt<br />

die Streuung so:<br />

Stettin<br />

Spandau<br />

Italien<br />

Türkei<br />

Portugal<br />

Wir haben 2 Verbreitungsfelder: Nord und Süd, dazwischen nichts.<br />

Folie 24<br />

Ein Sprung in die Gegenwart zum gleichen Thema und ein hoch interessantes<br />

Experiment:<br />

Auf dem Schießplatz Felixdorf in Österreich wurden nachgebildete<br />

Glashandgranaten hinsichtlich ihrer Sprengkraft in einem sogenannten Splittergarten<br />

getestet.<br />

Die Daten der Granaten sind hier zu sehen. Sie sind der historischen Vorlage<br />

angepasst.<br />

Die Granate wurde 1 m über der Erde gezündet in einem konzentrisch angeordneten<br />

Kreis von Splitterfangwänden, die mit Packpapier verkleidet waren.<br />

Interessant ist zunächst, dass die Wirkung verpufft, wenn der Druck der Ladung<br />

durch die Öffnung relativ ungehindert entweichen kann (G4- Styropur).<br />

Hier interessant G2- mit Brandröhre:<br />

1 Splitter flog 65 m weit und traf 1 Auto<br />

Erkenntnisse:<br />

Hohe Splitteranzahl und weite Verteilung


Etliche Splitter tödlich bzw. schwerste Verwundungen<br />

Die Splitteranzahl übertraf die Splitter der gußeisernen Verteidigungshandgranaten<br />

aus dem 1. und 2. Weltkrieg!!!!!<br />

Folie 25<br />

Diesen letzten Vergleich noch einmal erweitert:<br />

Die Sprengwirkung ist vergleichbar mit der amerikanische Splitterhandgrante M 26<br />

(Vietnamkrieg) und der aktuellen schweizer Handgrante HG 85 (2000 Splitter).<br />

Billroth zitiert <strong>zur</strong> Splitterwirkung den Regimentswundarzt in Brandenburgischen<br />

Diensten Mathaeus Gottfried Purman. Der bestätigt indirekt diese Wirkungen und<br />

berichtet von besonders schweren Verletzungen durch gläserne Handgranaten, die<br />

er im pommerschen Krieg bei der Belagerung von Stettin (1678) beobachtete.<br />

Da wäre dann natürlich auch interessant, ob z.B. in Polen in der Gegenwart auch<br />

Glashandgranaten aufgetaucht sind. Ist mir dazu aber leider nichts bekannt.<br />

Folie 26<br />

Zum Abschluss dieser Zeitepoche noch einmal zu den türkischen Belagerern von<br />

Wien.<br />

Hier ein Kupferstich des Holländers Romain de Hooghe (1645- 1708)<br />

Rechts unten zwei Grenadiere ohne Schusswaffen<br />

Und: Eine Frau mit Schürze und ein älterer Mann bringen Granaten.<br />

Die Annahme, dass es sich dabei um Glas- Handgranaten handelt, liefert uns<br />

J.Scheiger, der ausführt, dass das bürgerliche Zeughaus 1683 2.681 gläserne<br />

Granaten und das kaiserliche Zeughaus über 80.000 Stück „beider Gattungen“<br />

ausgab.<br />

Hier sehen wir auch wieder die Problematik mit den Türken: Wie sollen die Türken<br />

Granaten über die Mauer geworfen haben? Ein Blick auf das Festungsvorfeld lässt<br />

da große Zweifel zu.<br />

Abschlussbemerkung zu dieser Epoche:<br />

Festungskriege haben Handgranaten befördert. Dann sind sie verschwunden und<br />

die Renaissance haben sie dann mit den Schützengräbenkämpfen im ersten<br />

Weltkrieg gehabt.<br />

Folie 27<br />

Und hier ist dieser große zeitliche Sprung.<br />

Viel in Erfahrung bringen konnte ich über die Rolle von Glas im 1. Weltkrieg nicht.<br />

Aber:<br />

Zumindest ein Beispiel habe ich bei Felberbauer gefunden<br />

Eine französische Gashandgranate etwa um 1914, die mit chemischen Kampfstoff<br />

gefüllt war.<br />

Folie 28<br />

Dann kommt gleich noch ein großer Sprung , denn vor allem im 2. Weltkrieg kamen<br />

die schwarzen Seiten des Glases wieder zum Vorschein.<br />

Hier das erste Beispiel:<br />

Der Blendkörper BK 2H. Diese Blendkörper wurden zwischen 1943 und 1945<br />

eingesetzt wurden.<br />

In dieser Zeit wurden davon über 5 Mio. Stück produziert.<br />

Sie sehen aus wir kleine ovale Glasflaschen, wiegen ungefähr 400 g , wovon 290 g<br />

Titanterchlorid/ Siliziumterchlorid sind.<br />

Und ihr Einsatz erfolgte gegen Panzer, wie hier zu sehen


Der Nebel sorgte für „Nichtsehen“ und Fahrbehinderung und Chlorverbindungen für<br />

Atemnot. Beides zwang zum Aussteigen.<br />

Was mit der Besatzung passierte, wenn sie ausstieg, muss ich hier sicher nicht<br />

erklären.<br />

Und: Man erbeutete funktionstüchtige/ kampfbereite Panzer<br />

Folie 29<br />

Der Transport erfolgte in solchen Behältern a 4 Stück.<br />

Hier gut zu erkennen die alte Form mit Weißblech (links vor dem Behälter) und zwei<br />

unterschiedliche Ausführungen mit Bakelit .<br />

Innen ein Reagenzglas mit Calciumchlorid.<br />

5 Mio. seit 1943 hergestellt!!- Hatte schon erwähnt.<br />

1943- also vier Jahre nach Beginn des Krieges:<br />

Ist das schon ein erster Hinweis auf den Hintergrund des Glaseinsatzes-<br />

Metallmangel!<br />

Hier sicher noch nicht, denn die Verbindung beider Flüssigkeiten brachte die<br />

Wirkung.<br />

Folie 30<br />

Ein zweites Beispiel:<br />

Noch im Februar 1945 gab es Versuche an der Infantrieschule Döberitz- Elsengrund<br />

mit der Brandhandgranate 4857<br />

Der Sinn: Anzünden brennbarer Gegenstände (z.B. Häuser oder KFZ) und<br />

Ausräuchern von Unterständen<br />

Die Versuche brachten schlechte Ergebnisse:<br />

Ungenügende Brandwirkung<br />

Viel Blindgänger<br />

Bruchgefahr wegen dünner Glaswand<br />

Folie 31<br />

Der Handwurfkörper Grünring 3 fällt in die Entwicklung, Erprobung und Fertigung<br />

chemischer Handgranaten.<br />

Gefüllt war der Handwurfkörper mit Lost. Lost auch bekannt als Gelbkreuzgas oder<br />

Senfgas, also ein chemischer Kampfstoff.<br />

Bekannt ist zum 2. Weltkrieg über Gasanwendung wenig.<br />

2013 gab es im Spiegel einen Artikel über Pläne <strong>zur</strong> Gasanwendung gegen<br />

Leningrad.<br />

In dem Artikel war die Rede von 12.00 Tonnen Sarin/ Tabun und Lost Produktion in<br />

1941.<br />

Es gab Pläne <strong>zur</strong> Vernichtung Leningrads, wobei 1,35 Mio. Gelbkreuzgranaten<br />

eingesetzt werden sollten, die per Bahn dorthin geschafft werden sollten.<br />

Warum das (zum Glück) nicht passiert, bleibt unklar.<br />

Fakt ist aber, dass die Alliierten große Mengen erbeuteter deutscher Giftgasgranaten<br />

in der Ostsee versenkten, wo sie nach wie vor ticken.<br />

Folie 32<br />

Fleischer nennt die Glashandgranaten „Behelfshandgranaten“, die in den letzten<br />

Monaten des 2. Weltkrieges auftauchen.<br />

Sie wurden fast ausschließlich in Ostdeutschland gefunden, was er als wichtigen<br />

Hinweis für den Zeitpunkt der Fertigung und Auslieferung an die Truppen sieht<br />

(ostsächsische Glasindustrie).


Einige Modelle (wie hier z.B. mit Sollbruchstellen zum effektiveren Zerbersten) will<br />

ich noch zeigen.<br />

Folie 33<br />

Von links nach rechts:<br />

Eihandgranate aus Glas, waffelartig geprägt, 325 g, davon 123 g Sprengstoff,<br />

Brennzünder 39, entspricht dem vorherigen Bild<br />

Ähnlich wie links, aber zusätzlich mit Metallsplitter im Sprengstoff<br />

Handgranate aus hellem Glas mit geriffeltem Hals, gleicher Zünder, 350 g und 150 g<br />

Sprengstoff<br />

Wie 3, aber mit glattem Hals<br />

Eihandgranate aus grünem Glas, aufgeraut und Flaschenhals geriffelt, 345 g, davon<br />

145 g Sprengstoff, gleicher Zünder<br />

Betrachtet man Größe und Gewicht, kann man Schlussfolgerungen zu Glasdicke<br />

ziehen: Nr. 5 mit größter Glasdicke<br />

Folie 34<br />

Ein letztes Bild zu diesen Beispielen:<br />

Links und in der Mitte: Nr. 4 mit dem glatten Flaschenhals<br />

Rechts: Nr. 5 Grün mit aufgerautem Körper und geriffeltem Hals<br />

Fleischer schreibt zum Anlass der Herstellung von Glashandgranaten:<br />

„Durch die verschlechterte Rohstoff- und Arbeitskräftelage in der deutschen<br />

Rüstungsindustrie gewann zum Ende des Krieges die Handgranatenherstellung aus<br />

Ersatzstoffen (z.B. Nipolit oder Beton, Glas) an Bedeutung.“<br />

Die Vermutung, dass primärer Grund war, dass Glas im menschlichen Körper nicht<br />

(??) per Röntgenstrahlen sichtbar gemacht werden kann, taucht als Grund nicht auf.<br />

Ich habe im Netz mal recherchiert:<br />

Grünes Glas sieht man wegen der Metalloxide. Größere Glasteile (zumindest in der<br />

Gegenwart) sieht man auch. Kleinste Teilchen im Mikrobereich sind nicht oder kaum<br />

erkennbar.<br />

Folie 35<br />

Bewerten wollte ich in diesem Vortrag eigentlich nicht.<br />

Hier weiche ich davon aber mal ab.<br />

Warum mache ich das?<br />

Krieg in Mitteleuropa ist lange her: Bilder verblassen. Nachfolgende Generationen<br />

finden auch immer schwerer Verständnis dafür, dass Ältere, die das miterlebt haben,<br />

sagen: Nie wieder Krieg!<br />

Deshalb sind manchmal solche anschaulichen Sachen ja ganz gut. Über 8 Mio.<br />

Handgranaten in 4 Jahren! Auf jeden Einwohner von Mecklenburg- Vorpommern<br />

kommen 5 Granaten oder andersherum 10.000 Splitter.<br />

Fast 4 Mio. Handgranaten in einem Monat (11/1944) von der deutschen Wehrmacht<br />

eingesetzt.<br />

Was auch noch mal deutlich wird:<br />

Handgranaten werden vor allem im Abwehrkampf eingesetzt.<br />

Folie 36<br />

Brandflaschen<br />

Rechts:<br />

Eine Brandflasche, wie sie von deutschen Landsern gerne <strong>zur</strong> Panzerbekämpfung<br />

als Molotowcocktail selbst hergestellt und verwendet wurde. Die Brandflasche war


mit schwerem Brandöl gefüllt, dieses wurde mit einem Streichholz über die integrierte<br />

Lunte entzündet.<br />

1/3 Flammöl/ Motoröl oder Diesel und 2/3 Benzin<br />

Links:<br />

Eine extra als Brandflasche hergestellte Flasche<br />

Sturmstreichhölzer mit Bindfaden oder Klebeband in den Rillen festgemacht<br />

Zur Panzerbekämpfung auf das Heck geworfen, die Flüssigkeit fließt durch<br />

Motorlüftung in den Motor und setzt Panzer in Brandt<br />

Folie 37<br />

Die Glasmine 43, die ich hier auch ausgestellt habe.<br />

Verfeinerte Spürgräte, die auch Holzminen orten konnten, führten dazu, dass<br />

Glasminen/ Keramikminen entwickelt wurden.<br />

Glasmine 43 wurde ab April 44 an die Truppen ausgeliefert.<br />

Glastopf Durchmesser 145 mm, 80 mm hoch, unter Zwischenboden 0,2 kg<br />

Sprengkörper, darüber Zündvorrichtung, die von Deckel (Durchmesser 150 mm)<br />

abgedeckt ist und darüber dicker Glasdeckel mit Schereinrichtung, die bei 10 kg<br />

zerbrach und zündete<br />

Der metallene Hebelzünder SM4 war noch zu orten, daher dann Druckzünder SF4<br />

und chemischer Druckzünder (Glaszünder SF 14) eingesetzt.<br />

Sprödes Material ließ sich schlecht verlegen, daher blieben 9,7 Mio. Minen bei<br />

Kriegsende in den Beständen<br />

Produktion: 44- 9.887.000 Stück. 45- 1.125.000 Stück.<br />

Variante: Glasmine 43 (W) Glasgefäß auf größerer Bodenplatte befestigt: W steht für<br />

Wattenmeer- Verlegung im flachen Wasser (gegen Invasion vom Wasser aus)<br />

Glasminen wurden z.B. auch hergestellt in der Annahütte/ Großräschen<br />

Grob gesagt, Gegend von Cottbus.<br />

Es gibt auch aus dem 1. Weltkrieg einen Hinweis auf eine Flaschenmine 4921.<br />

Dazu konnte ich aber Nichts Genaueres finden.<br />

Folie 38<br />

Diese hier gezeigte Glasmine stammt aus Gifhorn, wo man 2009/ 2010 bei<br />

Bauarbeiten in der Braunschweiger Str. umfangreiche Funde <strong>zur</strong> Gifhorner Glashütte<br />

gemacht hat.<br />

Dazu gibt es auch den Hinweis, dass in der Eifel, insbesondere in der Nähe der<br />

Staumauer der Urfttalsperre noch umfangreiche Glasminenfelder aus dem 2.<br />

Weltkrieg existieren (Sperrgebiet).<br />

Was ich nicht weiter erkunden konnte, ist der Hinweis von Sedschneider, dass die<br />

Glasmine im Afrikafeldzug eingesetzt wurde. Leider konnte ich das Buch „Zeichen<br />

der Not“ auch nicht mehr bekommen. Mir persönlich erscheint der Hinweis vage, da<br />

der Afrikafeldzug von September 40- Mai 43 ging. Also lag er vor den gängigen<br />

Angaben <strong>zur</strong> Produktionszeit der Glasminen.<br />

Folie 39<br />

Eine französische Internetseite gibt neben Hebelzünder und Metallzwischenplatte<br />

auch Glaszünder und Glaszwischenplatte (Topfminenzünder 42) an. Damit wäre<br />

„gar kein“ Metall mehr in der Mine zum Orten.<br />

Ob das so richtig ist, lasse ich erst mal offen, zumal hier Gewinde am Zünder zu<br />

sehen sind, die irgendwie nicht zusammen passen.<br />

Wir kommen darauf noch einmal <strong>zur</strong>ück. Prägen Sie sich diese beiden Glasteile mal<br />

ein.


Folie 40<br />

Zwei Deckel aus Gifhorn, S. 187<br />

Zwei Dinge fallen auf:<br />

Farbloses Glas, aber auch ganz dunkles Glas<br />

Und auf dem dunklen Glas in der Mitte ein Viereck mit der Zahl 40<br />

Ich habe ja auch eine Glasmine mit ausgestellt und dazu zwei farblose Trittplatten.<br />

Eine der Platten weist in der Mitte ein groß geschriebenes „F“ auf.<br />

Die Bedeutung der Signierungen ist mir nicht bekannt.<br />

Wenn solche Platten mit anderen Signierungen auftauchen, wäre ich für einen<br />

Hinweis oder auch ein Bild dankbar. Vielleicht bringt das ja noch etwas Licht in die<br />

Signierung.<br />

Folie 41<br />

In 5 unterschiedlichen Quellen habe ich Angaben zu Glasminen gefunden und sie<br />

hier mal aufgelistet.<br />

Da die Herstellung ja schon industrialisiert war, erkennt man als Erstes<br />

unterschiedliche Herstellungsorte wegen der unterschiedlichen Maße.<br />

Gewicht variiert um 300 g<br />

der obere Durchmesser um 1 cm und der untere Durchmesser um gut 2 cm<br />

Die Wandstärke differiert um mehr als 100%, wobei man sehen muss, dass der<br />

obere Rand etwa doppelt so dick ist, wie darunter; der Messpunkt spielt dabei eine<br />

Rolle.<br />

Die Höhe weist Unterschiede von bis zu 4 cm auf.<br />

Auch die Druckdeckel sind unterschiedlich, wobei die Angabe von Segschneider<br />

unlogisch erscheint (Deckel größer als Topf).<br />

Folie 42<br />

Die Not hat es hervorgebracht oder man kann auch sagen, Gott sei Dank gab es<br />

dann auch friedliche Verwendungszwecke dieser Glaskörper.<br />

Hier als Glasblumentopf nach 1945 in der Lausitz.<br />

In der Gifhorner Ecke gibt es den Hinweis, dass die Glaskörper dann als Behälter für<br />

Schmierseife genutzt wurden.<br />

Ob sie nach 45 dafür auch noch produziert wurden, ist mir nicht bekannt.<br />

Folie 43<br />

Die Flaschen Eismine 42 (Jahrgang der Einführung) taucht in der Literatur auch als<br />

Finschen Eismine auf.<br />

Die Mine besteht aus einer dicken Glasflasche, ähnlich einer 1- Liter Milchflasche.<br />

Der Zünder mit dem Detonator ist aufgesetzt. Eine Aluminium Kopfschraube auf den<br />

oberen Teil der Flasche über dem Zünder, wobei der Schlagbolzen oberhalb der<br />

Kappe ist.<br />

Wenn an Stelle der Kopfschraube mit einer Dichtmasse abgedichtet wurde, gibt es<br />

eine Gummikappe <strong>zur</strong> vollständigen Abdichtung.<br />

Inhalt ist etwa 1 kg Donarit- Gelatine.<br />

Ursprünglich in gefrorenen Gewässern verlegt, um durch Sprengungen Hindernisse<br />

für den Feind zu schaffen.<br />

Die Minen wurden ca. 16 m auseinander verlegt und es reichte die Sprengung Einer,<br />

um eine Kettenreaktion auszulösen.<br />

Diese Glasflaschen- Mine wurde auch in der finnischen Armee während des 2.<br />

Weltkrieges eingesetzt und vielleicht auch danach. Vielleicht auch daher der Begriff


„Finschen- Glasmine“<br />

Diese Flaschen sind erkennbar an dem Buchstaben „SA“ im Glas.<br />

Folie 44<br />

Später wurde die Mine auch <strong>zur</strong> Personenabwehr benutzt (Druckzünder) und in der<br />

Variante mit dem Betonmantel auch noch in der Sprengkraft verstärkt.<br />

Folie 45<br />

Hier sieht man, wie diese Minen transportiert wurden (Viererverpackung).<br />

Bisher habe ich nur von Glasmine 42 gesprochen. Es scheint in der Version 44 ein<br />

weiterentwickeltes Modell gegeben zu haben. Dazu habe ich aber keine weiteren<br />

Infos.<br />

So ähnlich erfolgte auch der Transport der Glasminen- in Holzkisten.<br />

Folie 46<br />

Noch ein Beispiel des Einsatzes von Glas für Zerstörungszwecke.<br />

Die Topfmine 4531 gab es ab 1944.<br />

Sie ist eine Panzermine von 9 kg Gewicht, davon 6 kg Sprengstoff.<br />

Bei einer Last ab 150 kg wurde sie gezündet (chemischer Zünder).<br />

Durchmesser ca. 34 cm und ca. 14 cm hoch.<br />

Die Besonderheiten (außer Glasverschraubungen) der Mine erkannt man auf<br />

diesem Bild aber nicht.<br />

Noch mal die Stichworte dazu: 9 kg Gesamtgewicht bei 6 kg Sprengstoff.<br />

Haben sie eine Vermutung <strong>zur</strong> Besonderheit?<br />

Folie 47<br />

Auch hier wird wohl noch nicht deutlich, was das Besondere ist. Da kommen wir<br />

gleich noch mal drauf <strong>zur</strong>ück.<br />

Zunächst: Sie erinnern sich an Folie 39? Was Sie sich einprägen sollten?<br />

Hier wird deutlich, dass die Vermutung der französischen Seite <strong>zur</strong> Glasmine 43<br />

falsch ist, denn der Zünder und die Glasplatte gehören <strong>zur</strong> Topfmine T 4531.<br />

Hier passt das auch mit dem Gewinde.<br />

Folie 48<br />

So, jetzt wollen wir die Besonderheit endlich auflösen.<br />

Wer lesen kann, ist jetzt im Vorteil (nämlich da steht Hartpappe):<br />

Die Mine ist völlig metallfrei. Der Minenkörper besteht aus einem Holzmehl/<br />

Teergemisch. Und damit ist diese Mine nicht ortbar.<br />

Folie 49<br />

Fast zum Schluss noch etwas zum Thema schwarzer Humor.<br />

Gott sei Dank hat der Einsatz von Glas zu Kriegszwecken nicht zu einer solchen<br />

Vernichtung unserer Erde geführt, wie hier beschrieben.<br />

Und nimmt man die gesamte Menschheitsgeschichte, dann ist das, was wir hier<br />

besprochen haben, nur ein kleiner Glassplitter.<br />

Hoffen wir vor allem, dass es auch in Zukunft nicht dazu kommt.<br />

Vor allem, dass es nicht dazu kommt, dass jemand künstlich und in böser Absicht<br />

versucht, solch eine Glasschicht über die Erde ziehen will.<br />

Hoffen wir, dass es bei Fontane bleibt:<br />

„Glas ist nützlicher als Gold.“


Folie 50<br />

Das, was ich Ihnen vorgetragen habe, war ein Puzzle und ohne Hilfe nicht<br />

umsetzbar.<br />

Ich möchte besonders bei den hier aufgeführten Kolleginnen und Kollegen<br />

bedanken, die mir geholfen haben bei der Vorbereitung dieses Beitrages.<br />

Es bleibt sicher Vieles offen in Bezug auf das Thema.<br />

Wenn sie irgendwann und irgendwo auf Hinweise stoßen, würde ich mich freuen,<br />

wenn sie mir in Bild und Schrift dazu Hinweise zukommen lassen. Wir werden das<br />

dann gern weiter verarbeiten und ergänzen.<br />

Folie 51<br />

Hier noch einmal die wichtigsten Literaturgrundlagen. Die Listen dazu liegen aus und<br />

in dem ausgelegten Ordner können sie auch gern noch einmal in die Literatur<br />

reinschauen.<br />

Folie 52<br />

Offen bleibt Einiges, das hatte ich schon erwähnt.<br />

Die Stichworte auf dieser Seite sind alle schon gefallen. Dazu gab es Hinweise zu<br />

alten Glas-Handgranaten, aber nichts Greifbares..<br />

Wenn sie dazu etwas finden, wenn sie dort irgendwann mal sind:<br />

Ich hatte dazu schon was gesagt.<br />

Folie 53<br />

Was bleibt noch vor dem Ende oder der abschließenden Diskussion:<br />

2015 werden wir 400 Jahre Waldglas in Langen Brütz haben.<br />

Dann soll hier wieder Waldglas hergestellt werden<br />

Nicht in böser Absicht, sondern die braungrüne Masse soll den Menschen Freude<br />

bereiten.<br />

Der Plan steht, die Arbeiten haben begonnen.<br />

Aber noch haben wir das Ganze nicht ganz ausfinanziert.<br />

Wenn sie Lust haben sich zu beteiligen,<br />

wenn sie jemanden Kennen der sich darüber freut,<br />

wenn sie ein Unternehmen kennen, das für seine Mitarbeiter Waldglasaktien<br />

erwerben möchten, um sie zu verschenken:<br />

Wir sind für jede 50 € sehr, sehr dankbar.<br />

Und wer sich beteiligt, bekommt dann sein ganz persönliches Waldglas.<br />

Siegfried Müller hat das schon gemacht: Vielen Dank für Deine Beteiligung.<br />

Folie 54<br />

Das war es jetzt.<br />

Vielen Dank!<br />

Und nun noch Zeit für Diskussion, Ergänzung oder auch Kritik.<br />

Schlussbemerkung:<br />

Die von mir als „Böhrensche Hangranate“ bezeichnete Granate hat den Besitzer<br />

gewechselt und gehört jetzt dem Munitionsgeschichte und –Technikmuseum e.V. in<br />

Burg Stargard/ Kreuzbruchhof.

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