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Das Swiss Experiment und die Zukunft der Vorhersage von alpinen ...

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40 Forum für Wissen 2007<br />

Raum mit <strong>der</strong> dritten Potenz ansteigt,<br />

son<strong>der</strong>n dazu auch noch ein exponentieller<br />

Anstieg <strong>der</strong> nötigen Zeitschritte<br />

einhergeht. Zum an<strong>der</strong>en ist es neben<br />

<strong>die</strong>sen reinen Rechenproblemen auch<br />

noch nötig, <strong>die</strong> Prozesse auf <strong>die</strong>ser feinen<br />

Skala besser abzubilden. Dadurch<br />

nimmt <strong>die</strong> Komplexität <strong>der</strong> Modelle<br />

sehr schnell zu. Weitere Schwierigkeiten<br />

treten auf, weil teilweise <strong>die</strong> Prozesse<br />

noch nicht gut genug verstanden<br />

sind. Ein typisches Beispiel ist <strong>der</strong> Austausch<br />

<strong>von</strong> Wasserdampf zwischen<br />

Boden <strong>und</strong> Atmosphäre. Dieser Austausch<br />

ist sehr <strong>von</strong> Bodenfeuchte,<br />

Vegetation <strong>und</strong> Schneebedeckung abhängig.<br />

Diese drei Parameter können<br />

im Mittel bei einer grobauflösenden<br />

Betrachtung auch grob parametrisiert<br />

werden, erfor<strong>der</strong>n aber eine sehr<br />

detaillierte Beschreibung, wenn das<br />

Modellergebnis auch in einer hohen<br />

Auflösung erhalten werden soll. <strong>Das</strong><br />

Gleiche gilt für <strong>die</strong> Prozesse <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagsbildung<br />

in den Wolken.<br />

Kompliziert wird <strong>die</strong> Angelegenheit<br />

schliesslich noch dadurch, dass auch<br />

<strong>die</strong> Numerik <strong>der</strong> existierenden Modelle<br />

nicht geeignet ist, <strong>die</strong> Prozesse z. B.<br />

in steilem Gelände mit einer hohen<br />

Auflösung richtig abzubilden. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

darf bei den üblichen, geländefolgenden<br />

Koordinaten das Geländemodell<br />

keine Hänge steiler als ca.<br />

40 ° aufweisen, weil sonst <strong>die</strong> Windberechnung<br />

instabil wird. Im Alpenraum<br />

kommen ab einer Gitterpunktsauflösung<br />

<strong>von</strong> etwa 100 m bereits häufig<br />

steilere Hänge vor.<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle kommt jetzt als Teil<br />

<strong>der</strong> angestrebten Verfeinerung <strong>der</strong><br />

Auflösung eine weitere Technik ins<br />

Spiel: Die Modellvorhersagen können<br />

verbessert werden, indem <strong>die</strong> Berechnung<br />

nicht nur für den <strong>Vorhersage</strong>zeitraum<br />

durchgeführt wird, son<strong>der</strong>n in einer<br />

Initialisierungs- <strong>und</strong> Nachrechenphase<br />

möglichst viele Messdaten<br />

«assimiliert» werden. <strong>Das</strong> Modell wird<br />

dadurch gezwungen, <strong>die</strong> Wirklichkeit,<br />

wie sie durch <strong>die</strong> Messdaten repräsentiert<br />

wird, möglichst gut nachzubilden,<br />

bevor dann mit den Randbedingungen<br />

eines grösserskaligen Modells <strong>die</strong> eigentliche<br />

Prognose berechnet wird.<br />

Diese Assimilation ist ein weiteres intensives<br />

Forschungsfeld <strong>und</strong> wird sehr<br />

hoch aufgelöste Simulationen mit einer<br />

hohen Qualität ermöglichen. Die gängige<br />

Methode, um Rand- <strong>und</strong> Anfangsbedingungen<br />

für lokale <strong>und</strong> hochaufgelöste<br />

Simulationen zu schaffen, ist,<br />

ausgehend <strong>von</strong> einem Modell für <strong>die</strong><br />

ganze Erdkugel, schrittweise auf feinere<br />

Auflösungen <strong>und</strong> kleinere Gebiete<br />

zu gehen. Die Messungen, <strong>die</strong> in das<br />

Modell einfliessen, haben somit zwei<br />

Funktionen: Zum einen können sie<br />

mögliche Fehler in <strong>der</strong> grobskaligen<br />

Modellkette korrigieren <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en<br />

können sie <strong>die</strong> feinskalige Struktur<br />

liefern, <strong>die</strong> in <strong>der</strong> gröberen Auflösung<br />

nicht enthalten ist.<br />

2.2 <strong>Vorhersage</strong>n <strong>der</strong> Ereignisse <strong>und</strong><br />

Warnung<br />

Die <strong>Vorhersage</strong> <strong>von</strong> Hochwasserereignissen<br />

ist ein Kerngeschäft <strong>der</strong> Hydrologie<br />

<strong>und</strong> wird operationell in vielen<br />

Län<strong>der</strong>n für <strong>die</strong> grossen Flussläufe betrieben.<br />

Es existieren aber keine operationellen<br />

<strong>Vorhersage</strong>n für <strong>die</strong> Flussoberläufe,<br />

also für <strong>die</strong> kleinen Einzugsgebiete<br />

in den Alpen o<strong>der</strong> Voralpen.<br />

Eine nennenswerte Ausnahme ist das<br />

Pilotprojekt mit dem PREVAH <strong>Vorhersage</strong>system<br />

im Glarnerland, das<br />

auch in <strong>die</strong>sem Beitrag diskutiert wird<br />

(ZAPPA <strong>und</strong> VOGT 2007; ZAPPA et al.<br />

2006). Keine <strong>Vorhersage</strong>n existieren<br />

für Murgänge, Hangrutschungen o<strong>der</strong><br />

Steinschläge. Für Lawinen wird <strong>die</strong><br />

Gefahrenstufe für den nächsten Tag<br />

prognostiziert (RHYNER 2007), wobei<br />

bei <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Schneedecke eine<br />

erste Unterstützung durch ein operationelles<br />

Modell stattfindet (LEHNING<br />

et al. 1999), das allerdings noch nicht<br />

eine eigentliche Prognose, basierend<br />

auf <strong>der</strong> Wettermodellprognose, berechnet.<br />

Ein entscheiden<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> für fehlende<br />

Modelle ist, dass <strong>die</strong> Auslösungsprozesse<br />

für alle spontanen Massenbewegungen,<br />

<strong>die</strong> durch Nie<strong>der</strong>schlag<br />

ausgelöst werden, noch nicht verstanden<br />

sind (STÄHLI <strong>und</strong> BARTELT 2007).<br />

Somit ist <strong>der</strong> Weg zu modellbasierten<br />

deterministischen <strong>Vorhersage</strong>n noch<br />

weit. Es werden grosse Anstrengungen<br />

unternommen, um <strong>die</strong>se Situation zu<br />

verbessern. So gibt es im Rahmen des<br />

Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit<br />

<strong>und</strong> Umwelt (CCES) insgesamt<br />

drei Grossprojekte, <strong>die</strong> das Prozesswissen<br />

verbessern wollen, um so den<br />

Gr<strong>und</strong>stein für eine <strong>Vorhersage</strong> zu liefern.<br />

<strong>Das</strong> Projekt TRAMM behandelt<br />

<strong>die</strong> Auslösung <strong>von</strong> Hanginstabilitäten<br />

<strong>und</strong> Murgängen (TRAMM: http://<br />

www.cces.ethz.ch/projects/tramm).<br />

APUNCH betrachtet <strong>die</strong> ganze Kette<br />

vom Nie<strong>der</strong>schlag hin zu Überschwemmungen,<br />

Sedimenttransport <strong>und</strong><br />

Dammbrüchen. COGEAR erforscht<br />

<strong>die</strong> Vorläuferzeichen <strong>von</strong> Erdbeben.<br />

Auch wenn noch keine eigentliche<br />

<strong>Vorhersage</strong>n existieren, werden bereits<br />

(zu) häufig Warnungen herausgegeben<br />

(HEGG 2007). Wie in <strong>der</strong> Lawinenwarnung<br />

praktiziert, kann eine Einschätzung<br />

<strong>der</strong> Gefahr durch einen Experten<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> aktuellen Situation<br />

zusammen mit <strong>der</strong> Wettervorhersage<br />

erfolgen (RHYNER 2007). Es hat sich<br />

gezeigt, dass ein gutes Informationssystem<br />

(BRÜNDL et al. 2004), das solche<br />

Warnungen zusammen mit den aktuellen<br />

Messdaten <strong>und</strong> den bereits getroffenen<br />

Massnahmen zugänglich macht,<br />

in <strong>der</strong> Bewältigung <strong>von</strong> aussergewöhnlichen<br />

Ereignissen <strong>von</strong> grosser Hilfe<br />

sein kann <strong>und</strong> zwar unabhängig da<strong>von</strong>,<br />

ob eine deterministische Prognose des<br />

Ereignisses vorliegt (ZAPPA et al. 2006)<br />

o<strong>der</strong> nicht (ROMANG et al. 2007).<br />

2.3 Sensortechnik,<br />

Datenverarbeitung <strong>und</strong><br />

Datenverwertung<br />

Bei vielen wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

ist es nötig, meteorologische<br />

Messungen durchzuführen. Beispiele<br />

sind in <strong>der</strong> Hydrologie, Glaziologie,<br />

Ökologie <strong>und</strong> natürlich Meteorologie<br />

<strong>und</strong> Klimatologie zu finden. Oft wird –<br />

insbeson<strong>der</strong>e bei Installationen in den<br />

Bergen – dabei bestehendes Fachwissen<br />

über geeignete Messgeräte <strong>und</strong><br />

Mechanik zu wenig genutzt. Dazu<br />

kommt, dass oft <strong>die</strong> Daten nach dem<br />

Projekt de facto verloren gehen, weil<br />

<strong>die</strong> Information über <strong>die</strong> Art des <strong>Experiment</strong>s<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Art <strong>der</strong> Messung nicht<br />

mehr verfügbar sind. So müssen viele<br />

<strong>Experiment</strong>e unnötig dupliziert werden.<br />

Gleichzeitig sind <strong>die</strong> Fortschritte in<br />

Sensortechnik <strong>und</strong> Datenverarbeitung<br />

rasant. Drahtlose Sensornetzwerke<br />

(CULLER et al. 2004) <strong>und</strong> Fortschritte in<br />

<strong>der</strong> Technik <strong>der</strong> Messsensoren, erlauben<br />

es, Umweltparameter mit sehr viel<br />

grösserer räumlicher <strong>und</strong> zeitlicher<br />

Auflösung zu messen. Dabei machen<br />

auch <strong>die</strong> Fernerk<strong>und</strong>ungsmethoden<br />

Fortschritte, so dass auch <strong>von</strong> <strong>die</strong>ser

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