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Vierter Newsletter der Union progressiver Juden in Deutschland

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<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Liebe Freunde,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>terreligiösen Schule wurde Schülern <strong>der</strong> dritten Klasse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

übergreifenden E<strong>in</strong>heit des Religionsunterrichtes die Aufgabe gestellt<br />

nach Beispielen für die Bedeutung von Licht <strong>in</strong> drei Religionen zu suchen<br />

und diese auszuführen. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die aus den verschiedensten Län<strong>der</strong>n<br />

und religiösen Traditionen stammten, berieten mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, berichteten,<br />

wie <strong>in</strong> ihren Familien Festtage begangen werden, recherchierten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bibliothek und im Internet und präsentierten schließlich ihre Ergebnisse.<br />

Die drei ausgewählten Religionen waren das Christentum, das <strong>Juden</strong>tum<br />

und <strong>der</strong> H<strong>in</strong>duismus und die Feste Weihnachten, Chanukka und Diwali.<br />

Leitartikel, Sonja Guentner<br />

Aktuelles<br />

arzenu <strong>Deutschland</strong>, Mitglie<strong>der</strong>versammlung und Vorstandswahlen,<br />

Irith Michelsohn<br />

Religion<br />

Wie br<strong>in</strong>ge ich K<strong>in</strong><strong>der</strong>n die jüdische Religion näher?<br />

Alisa Fuhlbrügge<br />

Unbekanntes über e<strong>in</strong>en Feiertag – Chanukka und Purim,<br />

Deborah Tal-Rüttger<br />

Das Leben nach dem Tod? Landesrabb<strong>in</strong>er Dr. Walter Rothschild<br />

Die Schüler hatten gründlich gearbeitet. Ihnen war aufgefallen, dass die<br />

Feste alle <strong>in</strong> <strong>der</strong> kalten und dunklen Jahreszeit und kalendarisch nahe<br />

bei e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> liegen und als Erklärung für diese Geme<strong>in</strong>samkeit gaben sie<br />

(zur Verblüffung ihrer Lehrer) den historischen Anfang aller drei Traditionen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Nordhalbkugel an. Die Symbolik von Wärme und Licht war<br />

ihnen <strong>in</strong> diesem jahreszeitlichen Zusammenhang unmittelbar zugänglich.<br />

Genauso verhielt es sich natürlich mit <strong>der</strong> Bedeutung von gutem (und<br />

süßem) Essen, von speziellen Gegenständen für die religiösen Riten wie<br />

auch den Schmuck des Hauses, von Festgrüßen - und Glückwünschen<br />

(auch <strong>in</strong> Karten) und natürlich von Geschenken.<br />

Interessanterweise konnten nur die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die selbst <strong>in</strong> religiösen Familien<br />

lebten, die <strong>in</strong>haltlichen Kontexte entwickeln. E<strong>in</strong>em jüdischen K<strong>in</strong>d<br />

fiel dabei als Parallele auf, dass während <strong>der</strong> Adventszeit genau wie <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Chanukkawoche das Licht nicht auf e<strong>in</strong>mal da ist, son<strong>der</strong>n langsam<br />

zunimmt. E<strong>in</strong> christliches K<strong>in</strong>d erhielt viel Zustimmung, als es davon<br />

berichtete, dass <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Familie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weihnachtszeit viel als sonst im<br />

Jahr mehr zusammen gespielt, gelesen und musiziert wird.<br />

Beson<strong>der</strong>s bee<strong>in</strong>druckend an dieser E<strong>in</strong>heit war die Fähigkeit <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

zunächst von den Ähnlichkeiten auszugehen. Sie nahmen die Unterschiede<br />

durchaus wahr und konnten sie auch beschreiben, aber ihr geme<strong>in</strong>sames<br />

Lernen führte sie zu e<strong>in</strong>er Suche nach Geme<strong>in</strong>samkeiten und<br />

e<strong>in</strong>em verb<strong>in</strong>dendem Verständnis, das sie mit Offenheit und Neugier<br />

und vor allem mit viel Respekt vore<strong>in</strong>an<strong>der</strong> entwickelten.<br />

Hebräisch<br />

Ivrit für Neugierige, Deborah Tal-Rüttger<br />

Ivrit für Je<strong>der</strong>mann, Deborah Tal-Rüttger<br />

Aus den Geme<strong>in</strong>den<br />

10-jähriges Bestehen <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong><br />

Jüdischen Geme<strong>in</strong>de Elmshorn, Alisa Fuhlbrügge<br />

Sipurim-Lebensgeschichten <strong>der</strong> Jüdischen Geme<strong>in</strong>de Elmshorn,<br />

Alisa Fuhlbrügge<br />

„Dürfen sie das?“ Reform im <strong>Juden</strong>tum, Vortrag von Deborah<br />

Tal-Rüttger <strong>in</strong> Bielefeld<br />

Beth Shalom er<strong>in</strong>nerte an Reichspogromnacht <strong>in</strong> München<br />

Jugendabteilung <strong>der</strong> UpJ<br />

Madrichim- und Blumensem<strong>in</strong>ar <strong>in</strong> Hannover, Konstant<strong>in</strong> Seidler<br />

Ankündigung W<strong>in</strong>termachane vom 22.12. – 29.12.2013<br />

<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen, Stephanie Bartneck<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>seite<br />

Bil<strong>der</strong>rätsel, Bea Ehrlich<br />

Term<strong>in</strong>e<br />

Konferenz <strong>der</strong> Europäischen <strong>Union</strong> des progressiven <strong>Juden</strong>tums<br />

Jahrestagung <strong>der</strong> <strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Seit dieser Zeit b<strong>in</strong> ich, das nur am Rande, überzeugt davon, dass alle<br />

Verantwortlichen für Lehrpläne Schüler daran mitschreiben lassen sollten.<br />

Vor allem aber habe ich <strong>in</strong> diesen acht- und neunjährigen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

1


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

die Unvore<strong>in</strong>genommenheit und Selbstverständlichkeit im Umgang<br />

mit Diversität gesehen, die alle Menschen entwickeln und kultivieren<br />

müssen, die <strong>in</strong> pluralistischen Kontexten leben und arbeiten. Es hat<br />

Hoffnung und Mut gemacht mitzuerleben, wie e<strong>in</strong>fach das se<strong>in</strong> kann.<br />

Sie werden sich, wenn Sie bis hierher gelesen haben, so langsam fragen,<br />

was das mit <strong>der</strong> Chanukka-Ausgabe des UpJ-<strong>Newsletter</strong>s zu tun haben<br />

könnte. Die Punkt ist folgen<strong>der</strong>: diese K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben uns gezeigt, dass<br />

selbstverständlicher Umgang mit Vielfalt weniger o<strong>der</strong> jedenfalls nicht<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e moralische Grundhaltung ist, son<strong>der</strong>n vielmehr das<br />

Ergebnis von Erfahrung und Begegnung, von Kennenlernen und Wissen<br />

übere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Vor wenigen Wochen<br />

konnte ich dann erleben,<br />

wie <strong>in</strong> New Yorker<br />

Supermärkten die<br />

ersten Son<strong>der</strong>stände<br />

mit Weihnachtssachen<br />

aufgebaut wurden:<br />

Kerzen, Servietten,<br />

Lebkuchen und an<strong>der</strong>e<br />

Süßigkeiten, Geschenkpapier<br />

und -aufkleber,<br />

kurzum allerlei<br />

Nützliches und allerlei<br />

Krimskrams, fast alles<br />

<strong>in</strong> Rot- und Grüntönen.<br />

Nur e<strong>in</strong>en Tag später<br />

zog <strong>der</strong> Drogeriemarkt<br />

auf <strong>der</strong> Straßenseite<br />

gegenüber nach: es<br />

tauchte noch so e<strong>in</strong><br />

großer Pappstän<strong>der</strong> auf,<br />

eher <strong>in</strong> Blau-, Weiß- und<br />

Glitzertönen gehalten, mit<br />

all den D<strong>in</strong>gen, die wir an<br />

Chanukka so lieben: Leuchter<br />

mit den passenden Kerzen <strong>in</strong> allen<br />

Größen und Ausführungen, Dreidels,<br />

Chanukkageld, Geschenktütchen,<br />

Grußkarten (sogar so richtig lustige) und jede<br />

Menge an<strong>der</strong>er Kle<strong>in</strong>igkeiten, z. B. Babylätzchen, die mit<br />

Chanukkamotiven bestickt waren.<br />

Da fielen mir die K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus dem Reliunterricht wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>,<br />

denn viele Kunden, von denen die allermeisten sicherlich<br />

ke<strong>in</strong>e <strong>Juden</strong> waren, guckten auch diesen Stän<strong>der</strong><br />

an auf <strong>der</strong> Suche nach Überraschungen o<strong>der</strong><br />

Geschenkchen für Arbeitskollegen o<strong>der</strong> Freunde.<br />

beschriebene Ebene des Alltags nur e<strong>in</strong>e oberflächliche ist im Vergleich<br />

zu den religiösen Inhalten, aber es ist gleichzeitig auch die, <strong>in</strong> <strong>der</strong> wir<br />

unseren nichtjüdischen Kollegen und Freunden, unserer Umwelt begegnen<br />

und ich möchte Sie alle herzlich e<strong>in</strong>laden, <strong>in</strong> <strong>der</strong> jetzt beg<strong>in</strong>nenden<br />

Chanukkazeit das Licht unserer Freude zu teilen und mitzuteilen. Stellen<br />

Sie die Chanukkaleuchter, wie die Tradition es vorsieht, so auf, dass auch<br />

an<strong>der</strong>e das Licht sehen und sich daran erfreuen können. Br<strong>in</strong>gen Sie<br />

vielleicht e<strong>in</strong>e große Ladung Sufganiot mit an den Arbeitsplatz und laden<br />

Sie die Kollegen zu e<strong>in</strong>em Chanukkakaffeetr<strong>in</strong>ken e<strong>in</strong>. Und vielleicht<br />

erklären Ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> ihren nichtjüdischen Freunden bei e<strong>in</strong>er Dreidelparty,<br />

wie das Spiel richtig geht?<br />

Bestimmt haben Sie noch<br />

viel schönere Ideen<br />

und ich hoffe, dass<br />

wir alle e<strong>in</strong> wenig von<br />

<strong>der</strong> Offenheit und <strong>der</strong><br />

Selbstverständlichkeit<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus dem Religionsunterricht<br />

selbst<br />

zurückgew<strong>in</strong>nen und<br />

sie als Licht <strong>in</strong> die Welt<br />

um uns herum br<strong>in</strong>gen<br />

können.<br />

Ich wünsche Ihnen<br />

allen Chag Chanukka<br />

Sameach!<br />

Sonja Guentner<br />

Vorsitzende <strong>der</strong> <strong>Union</strong><br />

<strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong><br />

PS E<strong>in</strong>en wichtigen H<strong>in</strong>weis<br />

<strong>in</strong> ganz an<strong>der</strong>er Sache hätte<br />

ich noch: Die Anmeldung für<br />

die EUPJ Tagung <strong>in</strong> Dresden im<br />

April 2014 ist jetzt eröffnet. Uns<br />

erwartet dort e<strong>in</strong>e hervorragende<br />

Möglichkeit mit Freunden aus unseren<br />

Partnergeme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> ganz Europa, den<br />

USA und Israel zusammen zu treffen, und das alles<br />

im wun<strong>der</strong>schönen Dresden. Verpassen Sie diese Gelegenheit<br />

nicht! Weitere Infos f<strong>in</strong>den Sie auf <strong>der</strong> letzten Seite <strong>in</strong> diesem<br />

<strong>Newsletter</strong>.<br />

Ich gebe gern zu, und unsere Rabb<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen und<br />

Rabb<strong>in</strong>er mögen es mir nachsehen, dass die hier<br />

2


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

AKTUELLES | RELIGION<br />

arzenu <strong>Deutschland</strong> lädt e<strong>in</strong> zur<br />

Ordentlichen Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

mit Vorstandswahlen am<br />

Sonntag, 02. Februar 2014, 15.00 Uhr<br />

Liebe Mitglie<strong>der</strong> von „arzenu <strong>Deutschland</strong> e.V.“,<br />

<strong>der</strong> kommissarische Vorstand des Vere<strong>in</strong>s,<br />

<strong>der</strong> Vorstand <strong>der</strong> <strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> lädt für Sonntag, den 02. Februar<br />

2014 um 15.00 Uhr <strong>in</strong> die Räume <strong>der</strong> Liberalen<br />

Jüdischen Geme<strong>in</strong>de Hannover, Fuhsestraße 6,<br />

30419 Hannover zur ordentlichen Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

mit Vorstandswahlen e<strong>in</strong>.<br />

Wir bitten Euch um Eure Vorschläge für geeignete<br />

KandidatInnen, die sich für e<strong>in</strong>e konstruktive<br />

und erfolgreiche arzenu–Arbeit e<strong>in</strong>setzen<br />

werden und können.<br />

Wahlberechtigt s<strong>in</strong>d alle Mitglie<strong>der</strong>, die ihre<br />

Mitgliedsbeiträge bis e<strong>in</strong>schließlich für das Jahr<br />

2013 entrichtet haben.<br />

Es ist außerordentlich wichtig, dass arzenu<br />

<strong>Deutschland</strong>, die progressive zionistische Bewegung,<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> und vor allen D<strong>in</strong>gen<br />

<strong>in</strong> unseren Mitgliedsgeme<strong>in</strong>den wahrgenommen<br />

wird. So können wir Israel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diaspora<br />

unterstützen!<br />

Irith Michelsohn<br />

Wie br<strong>in</strong>ge ich K<strong>in</strong><strong>der</strong>n die jüdische<br />

Religion näher?<br />

E<strong>in</strong>ige Pr<strong>in</strong>zipien<br />

Es gibt Monate, da werde ich zweimal <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Woche gefragt, ob ich K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, oft auch Jugendlichen<br />

etwas über die jüdische Religion erzählen<br />

kann. Ich tue das gern und bitte die Gruppen<br />

dann <strong>in</strong> unser Geme<strong>in</strong>dezentrum (falls es nicht<br />

mehr als dreißig s<strong>in</strong>d). Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> kommen aus<br />

den städtischen Schulen und Gymnasien aus<br />

Elmshorn, Barmstedt, Glückstadt und Itzehoe.<br />

Oft s<strong>in</strong>d es auch Gruppen aus evangelischen<br />

o<strong>der</strong> katholischen Geme<strong>in</strong>den. Fast alle kommen<br />

mit wachen und <strong>in</strong>teressierten Augen und bleiben<br />

ca. 2½ Stunden. Wie aber diese Zeit s<strong>in</strong>nvoll<br />

nutzen? Über die langen Jahre, die ich diese<br />

Arbeit schon mache, haben sich e<strong>in</strong>ige Pr<strong>in</strong>zipien<br />

herausgebildet, die zu beachten sich lohnt:<br />

• Gib nie e<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en Überblick über das<br />

<strong>Juden</strong>tum (übrigens auch nicht über die Geme<strong>in</strong>de),<br />

son<strong>der</strong>n entscheide dich für e<strong>in</strong> begrenztes<br />

Thema.<br />

• Nutze die wun<strong>der</strong>baren Möglichkeiten <strong>der</strong><br />

Viels<strong>in</strong>nigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> jüdischen Religion: Hören<br />

(Lie<strong>der</strong>, Musik), Schmecken (z. B. Matzen o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Pessach-Speisen), Riechen (Hawdala-<br />

Gewürze) und Sehen (Schabbatleuchter und<br />

– kerzen).<br />

• Überlege die Höhepunkte (bei uns ist es<br />

oft - wenn auch nicht immer - das Betrachten<br />

des Sefer-Thora). Neunjährige können über e<strong>in</strong>e<br />

halbe Stunde um den Tisch herumstehen und die<br />

Rolle betrachten, übrigens auch verkehrt herum.<br />

Gib aber nie de<strong>in</strong>e Bücher fort, du bekommst sie<br />

freiwillig nicht wie<strong>der</strong>.<br />

• Versuche nie, die begleitenden Erwachsenen<br />

mit e<strong>in</strong>em Kaffee <strong>in</strong> das nächste Café wegzulocken.<br />

Sie wollen bleiben und auch lernen.<br />

• Bereite dich darauf vor, dass <strong>der</strong> Poste<strong>in</strong>gang<br />

de<strong>in</strong>es Mailsystems <strong>in</strong> den Tagen nach dem Unterricht<br />

voller Fragen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> ist. Ich staune,<br />

wie souverän schon neun- o<strong>der</strong> zehnjährige<br />

Schüler mit diesem Medium umgehen.<br />

• Sättige e<strong>in</strong> Thema ab, lass es reifen. Weite<br />

eher de<strong>in</strong>en Unterrichtsgegenstand aus als dass<br />

du e<strong>in</strong> weiteres Thema beg<strong>in</strong>nst.<br />

• Unterschätze nicht die Fasz<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> hebräischen<br />

Sprache und Schrift. Alle K<strong>in</strong><strong>der</strong> wollten<br />

bisher e<strong>in</strong> Stück aus dem Sefer-Thora vorgelesen<br />

haben und viele fragten, ob sie nicht e<strong>in</strong>ige<br />

hebräische Buchstaben lernen könnten.<br />

3<br />

• Vermeide es, frontal auf die K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>zureden,<br />

son<strong>der</strong>n gib ihnen e<strong>in</strong>en Arbeitsanlass, an<br />

dem sie tätig werden können. Wir machen oft<br />

Chawruta-Lernen (<strong>in</strong> diesem Fall Gruppenarbeit<br />

zu zweit).<br />

• Biete die Möglichkeit zu fragen: niemand<br />

glaubt, wie viel Fragen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> zum <strong>Juden</strong>tum<br />

haben, obgleich sie es überhaupt nicht kennen.<br />

• Nutze die Siegergeschichten <strong>der</strong> jüdischen<br />

Geschichte. K<strong>in</strong><strong>der</strong> lieben die Esther- und die<br />

Makkabäergeschichte, weil sie ohneh<strong>in</strong> Siegergestalten<br />

mögen. Das bietet auch die Möglichkeit,<br />

das Verfolgungsschicksal <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> bei dieser<br />

ersten E<strong>in</strong>führung nicht <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund zu<br />

stellen.<br />

• Integriere die Stätten de<strong>in</strong>er Stadt, die an<br />

<strong>Juden</strong> er<strong>in</strong>nern, <strong>in</strong> Elmshorn z. B. den historischen<br />

Friedhof, die Stolperste<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> das Stelenfeld<br />

auf dem ehemaligen Synagogenvorplatz.<br />

• Beziehe den Bewegungsdrang <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

de<strong>in</strong> Konzept e<strong>in</strong>. Dies ist gut mit dem vorherigen<br />

Punkt zu verb<strong>in</strong>den.<br />

• Bereite de<strong>in</strong>e Medien gut vor. Es nutzt nichts,<br />

wenn du nur Arbeitsblätter für die Hälfte <strong>der</strong><br />

Gruppe hast o<strong>der</strong> vier Matzen für dreißig K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />

• Biete Möglichkeiten <strong>der</strong> Reflektion und Aneignung<br />

durch Berichte, Zeichnungen, bildhafte<br />

Darstellungen etc.<br />

Da ich die meisten <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendgruppen<br />

nur e<strong>in</strong>mal sehe, hoffe ich, dass ich mit<br />

me<strong>in</strong>em Unterricht e<strong>in</strong>en nachhaltigern E<strong>in</strong>druck<br />

h<strong>in</strong>terlasse. Falls jemand, <strong>der</strong> dieselbe Arbeit<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Geme<strong>in</strong>den macht, Anregungen <strong>in</strong><br />

Bezug auf Medien, Vorlagen o<strong>der</strong> methodisches-<br />

Vorgehen hat, b<strong>in</strong> ich sehr <strong>in</strong>teressiert und unter<br />

me<strong>in</strong>er Mailadresse o<strong>der</strong> Telefonnummer zu<br />

erreichen.<br />

Alisa Fuhlbrügge<br />

Jüdische Geme<strong>in</strong>de Elmshorn


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

RELIGION<br />

UNBEKANNTES ÜBER EINEN FEIERTAG<br />

CHANUKKA<br />

UND PURIM<br />

Chanukka<br />

Purim<br />

Zeit <strong>der</strong> Entstehung<br />

Mitte des 2. Jh.<br />

Zwischen 486 und322 v.d.Zeitr.<br />

Kanon<br />

Apokryphen,<br />

Makkabäerbücher<br />

Im 3. Teil <strong>der</strong> Hebräischen Bibel,<br />

Ketuwim<br />

Obwohl geschichtlich betrachtet Purim älter als<br />

Chanukka ist, wurde Chanukka gleich als e<strong>in</strong><br />

jüdisches Fest festgelegt, während Purim e<strong>in</strong>e<br />

lange Zeit nicht überall anerkannt war.<br />

Das Traktat Ta’anit, das kurze Zeit nach <strong>der</strong><br />

Zerstörung des 2. Tempels geschrieben wurde,<br />

erwähnt die Estherrolle mit ke<strong>in</strong>em Wort. Im<br />

Traktat Ta’anit wird <strong>der</strong> 13. Adar nicht als Esther<br />

- Fastentag genannt, son<strong>der</strong>n als Nikanor - Tag<br />

zur Er<strong>in</strong>nerung an den Sieg Judas Makkabäus<br />

über den syrischen Feldherrn; e<strong>in</strong> Tag, an dem<br />

man nicht fasten darf. Wahrsche<strong>in</strong>lich galt Purim<br />

<strong>in</strong> Erez Israel bis zur Zerstörung des 2. Tempels<br />

noch nicht als Fest, weil die Esthergeschichte als<br />

e<strong>in</strong>e lokale Geschichte für die <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> Persien<br />

angesehen wurde.<br />

Der Babylonische Talmud (Traktat Megila 14a):<br />

„Wenn man von <strong>der</strong> Sklaverei <strong>in</strong> die Freiheit<br />

kommt, sagt man Hallel, so erst Recht, wenn<br />

man vom Tode gerettet wurde (das Purimwun<strong>der</strong>).<br />

Aber man sagt ke<strong>in</strong> Hallel für e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>,<br />

das im Ausland stattfand. Rabba sagte: Es steht<br />

geschrieben: ‚Preiset die Knechte Gotte’ (Psalm<br />

135,6) und nicht die ‚Knechte Achaschwerosch’.<br />

4<br />

Sie s<strong>in</strong>d auch nach dem Wun<strong>der</strong> die Knechte<br />

von Achaschwerosch geblieben.“ Das Chanukwun<strong>der</strong><br />

geschah im Jerusalemer Tempel. Die<br />

<strong>Juden</strong> <strong>in</strong> Erez Israel haben e<strong>in</strong>e partielle politische<br />

Unabhängigkeit errungen, die etwa 250 Jahre<br />

dauerte.<br />

Warum also betonen die Rabb<strong>in</strong>en die Heiligkeit<br />

des Buches Esther? Gerade weil die Estherrolle<br />

noch zur Zeit <strong>der</strong> Amorärer (220- 500) nicht fest<br />

verankert <strong>in</strong> <strong>der</strong> jüdischen Tradition war. Der<br />

Jerusalemer Talmud (Traktat Megila 1,7) erzählt<br />

von e<strong>in</strong>em Briefwechsel zwischen Esther und<br />

Mordechai e<strong>in</strong>erseits und den Rabb<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>erseits.<br />

Esther und Mordechai fragen die Rabb<strong>in</strong>en,<br />

ob sie die beiden Purimnächte anerkennen<br />

wollen. Die Rabb<strong>in</strong>en antworten: „Haben wir<br />

nicht genügend Plagen, dass ihr uns die Plage<br />

Hamman dazu geben wollt?“ Es g<strong>in</strong>gen noch<br />

e<strong>in</strong>ige Briefe h<strong>in</strong> und her bis das Buch Esther<br />

doch angenommen wurde. Auch die Tanna’im<br />

(bis etwa das Jahr 220) standen <strong>der</strong> Estherrolle<br />

skeptisch gegenüber.<br />

Traktat Megila 7a: „Rabbi Jehuda sagte im Namen<br />

Schmu’els: ‚Esther verunre<strong>in</strong>igt die Hände<br />

nicht’. 1 “Die Diskussion zwischen e<strong>in</strong>igen Rabb<strong>in</strong>en<br />

endete mit <strong>der</strong> Feststellung, dass die Bücher<br />

Esther, das Lied <strong>der</strong> Lie<strong>der</strong> und Ruth doch heilige<br />

Bücher s<strong>in</strong>d und daher die Hände verunre<strong>in</strong>igen,<br />

wenn man sie berührt. Die Schriften aus <strong>der</strong> Zeit<br />

vor den Amoräen kannten Purim nicht. Schim’on<br />

Ben Sira, <strong>der</strong> im Jahr 180 e<strong>in</strong> Buch (Mischlej Ben<br />

Sira) geschrieben hat, <strong>in</strong> dem er die wichtigen<br />

Persönlichkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> jüdischen Geschichte lobt,<br />

erwähnt we<strong>der</strong> Esther noch Mordechai noch<br />

das Buch Esther. Das erste Makkabäerbuch aus<br />

dem Jahr 104 v.d.Z. kennt Purim nicht und im<br />

zweiten Makkabäerbuch aus dem Jahr 40 v.d.Z.<br />

wird nur festgestellt, dass Nikanor-Tag e<strong>in</strong>en Tag<br />

vor Mordechai-Tag ist. Es ist dort ke<strong>in</strong>e Rede von<br />

Purim, Esther o<strong>der</strong> das Buch Esther.Und doch<br />

zeigt die Diskussion <strong>der</strong> späteren Generationen,<br />

dass sich die <strong>Juden</strong> noch lange schwer damit getan<br />

haben, das Buch Esther als Teil des biblischen<br />

Kanons anzunehmen.<br />

Deborah Tal-Rüttger<br />

1<br />

Heilige Bücher verunre<strong>in</strong>igen die Hände, wenn<br />

man sie anfasst.


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

RELIGION<br />

DAS LEBEN NACH DEN TOD?<br />

Ich arbeite zur Zeit, zusammen mit an<strong>der</strong>en, an<br />

e<strong>in</strong>em neuen Gebetbuch für Beerdigungen und<br />

an<strong>der</strong>e ‚Friedhofs- und Trauergelegenheiten‘. Die<br />

Arbeit ist kompliziert, weil nicht je<strong>der</strong> das gleiche<br />

glaubt. Und hier möchte ich nur e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Fragen<br />

schnell und kurz beschreiben.<br />

Nach Flavius Josephus (<strong>der</strong> im ersten christlichen<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t lebte und schrieb) glaubten<br />

die Pharisäer an e<strong>in</strong> Leben nach dem Tod, die<br />

Sadduzäer dagegen nicht. Beide Gruppen waren<br />

jüdisch! Das ist aber wirklich e<strong>in</strong> sehr wichtiger<br />

Unterschied.<br />

Wie wir wissen, s<strong>in</strong>d die Sadduzäer untergegangen<br />

(ob total, o<strong>der</strong> ob sie doch weiter existierten,<br />

können nur sie beantworten) und das rabb<strong>in</strong>ische<br />

<strong>Juden</strong>tum, basierend auf den Pharisäern,<br />

entwickelte sich weiter. Und deswegen haben<br />

wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Amidah, zweiter Absatz, Gott als<br />

‚Mechajeh haMejtim‘ mehrmals beschrieben –<br />

<strong>der</strong> Gott, <strong>der</strong> die Toten wie<strong>der</strong> belebt. Im ‚Jigdal‘<br />

s<strong>in</strong>gen wir auch ‚Mejtim mechajeh El b‘row<br />

Chasdo.‘ - Die Toten wird Gott wie<strong>der</strong> zum<br />

Leben erwecken, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en grosser Liebe.‘<br />

In <strong>der</strong> Bibel wird nicht viel darüber gesagt.<br />

Enosch (Gen. 5:24) und Eliahu<br />

‚sterben nicht‘ (II Könige 2:11)<br />

son<strong>der</strong>n gehen lebendig<br />

irgendwoh<strong>in</strong> weiter.<br />

Abraham wurde ‚zu<br />

se<strong>in</strong>en Vorfahren<br />

gesammelt‘<br />

(Gen. 25:8), sowie Mose stirbt (Deut. 34:5), es<br />

wird von ‚Scheol‘ gesprochen (Numeri 16:433,<br />

Psalm 6:6 usw.) und König Schaul ruft die Seele<br />

von Samuel <strong>in</strong> ‚Ejn-Dor‘ (I Samuel 28:12 ff.).<br />

Nichtdestotrotz ist es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mischnah und später<br />

im Talmud (siehe u.a Sanhedr<strong>in</strong> 90b und 91a)<br />

selbstverständlich, dass die Seele lweiterebt, vom<br />

Körper (o<strong>der</strong> Leichnam) getrennt.<br />

Es gibt e<strong>in</strong> ‚Olam haBa‘, e<strong>in</strong>e kommende Welt,<br />

und alle, die es verdient haben, kommen <strong>in</strong><br />

dieses Olam haBa h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Wir haben unterschiedliche<br />

Konzepte – ob es e<strong>in</strong> ‚Geh<strong>in</strong>nom‘ sei für<br />

die Bösen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> ‚Gan Eden‘ für die Gerechten<br />

– aber immerh<strong>in</strong>: Der letzte Atemzug heißt, dass<br />

nur das Leben hier auf Erden vorbei ist, nicht das<br />

Leben überhaupt.<br />

‚Mechajeh naMejtim‘ wird also sehr vage<br />

beschrieben und gehalten. Wir wollen nicht zu<br />

spezifisch werden, wir wollen ke<strong>in</strong>en Stadtplan<br />

vom Jenseits veröffentlichen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Fahrplan<br />

für irgende<strong>in</strong>e Fähre über den Strom. Wir glauben<br />

e<strong>in</strong>fach,<br />

dass es ‚etwas‘ gibt<br />

– irgende<strong>in</strong>e Zukunft - und<br />

das soll,<br />

das muss<br />

genug se<strong>in</strong>.<br />

Es gibt aber Stimmen die sagen: „Ich glaube<br />

nicht an e<strong>in</strong> Leben nach den Tod“ und verlangen<br />

stattdessen den Wortlaut „Mechajeh naKol“ -<br />

<strong>der</strong> allen Leben gibt.“ Persönlich sehe ich hier<br />

e<strong>in</strong>en gravierenden Unterschied. Dass alles, was<br />

lebt, lebt - ke<strong>in</strong>e Frage. Sowohl Menschen als<br />

auch Tiere, Fische, Insekten, Bakterien und mehr.<br />

‚Mechajeh haKol‘ heißt aber, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart,<br />

nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft. ‚Es lebt‘, aber nicht ‚es wird<br />

weiter leben.‘ Und daher plädiere ich für den traditionellen<br />

Wortlaut, zum<strong>in</strong>dest als Hauptversion.<br />

Ich denke, bei e<strong>in</strong>er Beerdigung geht es nicht<br />

darum, Abschied zu nehmen, son<strong>der</strong>n die Hoffnung<br />

auf e<strong>in</strong> Wie<strong>der</strong>sehen zu formulieren.<br />

Natürlich reden wir hier von Glauben, nicht von<br />

Wissen und sicher nicht von Wissenschaft. Wir<br />

reden nicht von ‚Beweisen‘ und auch nicht von<br />

‚Spukgeschichten‘. Wir reden von Hoffnung und<br />

Trost. Und wer sich darüber äußern möchte ist<br />

gern e<strong>in</strong>geladen, entwe<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Leserbrief an<br />

unseren Rundbrief zu schreiben, o<strong>der</strong> an e<strong>in</strong>em<br />

Dialog/Diskussion während unserer Jahrestagung<br />

teilzunehmen.<br />

Die Arbeit geht weiter.....<br />

Schalom,<br />

Landesrabb<strong>in</strong>er Dr. Walter Rothschild.<br />

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<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

HEBRÄISCH<br />

Ivrit für Neugierige<br />

In unserer Tradition haben Namen immer e<strong>in</strong>e<br />

Bedeutung. Betrachten wir die Namen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Estherrolle genauer.<br />

Esther hatte zwei Namen: Hadassah הֲ‏ דַסָ‏ ה und<br />

‏.אֶ‏ סְ‏ תֵ‏ ר Esther<br />

Hadassa הֲ‏ דַסָ‏ ה ist ihr hebräischer Name. Er<br />

kommt von ‚Hadass’ הֲ‏ דַסָ‏ , die Myrthe. Traktat<br />

Megilla 13b: „Sie hieß Hadassa wie die<br />

Gerechten, die auch Hadassim, Myrthen hießen.<br />

Secharia 1,11 ‚Und sie antworteten dem Engel<br />

des Ewigen, <strong>der</strong> zwischen den Myrthen hielt.’ „<br />

Esther סְ‏ תֵ‏ ר ‏:אֶ‏ Der Name ist babylonischen<br />

Ursprungs, vielleicht von Ischtar, die Gött<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Erotik und <strong>der</strong> Liebe. Darauf spielt <strong>der</strong> Talmud an<br />

<strong>in</strong> Megilla 15a: „Seit Erschaffung <strong>der</strong> Welt gab es<br />

vier beson<strong>der</strong>s schöne Frauen: Sara und Awigail,<br />

Rachaw und Esther.“<br />

‏,ס Im Hebräischen hat Esther die Wurzel samech<br />

taw ‏,ת resch ר von lehastir, verdecken, verstecken,<br />

unsichtbar machen. Esther versteckt ihre<br />

jüdische Identität. In Dewarim (Deuteronomium)<br />

31,18 steht geschrieben: „Ich (Gott) aber werde<br />

me<strong>in</strong> Antlitz verbergen“ – Haster astir panaj“.<br />

, ‏ׁש : sch<strong>in</strong> וׁשתי Die erste König<strong>in</strong> hieß Waschti<br />

taw ‏,ת he ה ist die Wurzel von lischtot – tr<strong>in</strong>ken.<br />

Ke<strong>in</strong> Kompliment für die arme König<strong>in</strong>!<br />

König Achaschwerosch אחׁשורֹוׁש Megilla 11a:<br />

Raw sagte: achiw schel rosch, <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong> des<br />

Führers. Achaschwerosch ist <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong> des<br />

bösen Newuchadnezar, <strong>der</strong> Führer hieß. So wie<br />

Newuchadnezar den ersten Tempel zerstörte, so<br />

verzögerte Achaschwerosch den Bau des zweiten<br />

Tempels: Esra 4,6: „Und unter <strong>der</strong> Regierung des<br />

Achaschwerosch, im Anfang se<strong>in</strong>er Regierung,<br />

schrieben sie e<strong>in</strong>e Anklage wi<strong>der</strong> die Bewohner<br />

Jehudahs und Jeruschalajims.“ Rabbi Jochanan<br />

sagte: Wer sich an ihn er<strong>in</strong>nert, sagt ach leroscho,<br />

Ach und Weh auf se<strong>in</strong>em Haupt. Rabbi Chan<strong>in</strong>a<br />

sagte: Alle s<strong>in</strong>d rasch<strong>in</strong>, verarmt, als er regierte.<br />

Hamán הָמָן Der Name ist nicht Hebräisch. Die<br />

Forscher s<strong>in</strong>d sich nicht e<strong>in</strong>ig, was <strong>der</strong> Name<br />

bedeutet. Es könnte <strong>der</strong> Elamitische Hauptgott<br />

HUMBAN geme<strong>in</strong>t se<strong>in</strong>. Im alten Persisch gibt<br />

es die Wörter HU MANA – <strong>der</strong> Träger des guten<br />

Geistes, o<strong>der</strong> HAMA MANA – <strong>der</strong>selben Me<strong>in</strong>ung<br />

se<strong>in</strong>. Das hilft uns nicht wirklich weiter. Im<br />

Koran wird e<strong>in</strong> Mann namens Hamán sechsmal<br />

erwähnt. Dort ist Hamán e<strong>in</strong> Freund Pharaos<br />

und e<strong>in</strong> Sün<strong>der</strong> zur Zeit Moses. Der Charakter<br />

des Hamáns im Koran passt eher zu unserem<br />

Hamán.<br />

Auch Mordechai מַָדרכי ist ke<strong>in</strong> hebräischer<br />

Name. Er kommt aus dem Babylonischen. Der<br />

Gott Marduk war e<strong>in</strong> sehr populärer Held. Die<br />

Weisen sahen das an<strong>der</strong>s. Der Name Mordechai<br />

sei e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation zweier aramäischer Wörter:<br />

mira מִירָה und dachja דָכְיה . Das s<strong>in</strong>d zwei Gewürze,<br />

die ihr Aroma nur bei <strong>der</strong> Verarbeitung,<br />

beim Zerreiben, entfalten. Die Weisen sagen,<br />

dasselbe geschieht mit Mordechai: er beg<strong>in</strong>nt<br />

bescheiden und endet <strong>in</strong> großer Ehre.<br />

Deborah Tal-Rüttger<br />

Ivrit für Je<strong>der</strong>mann<br />

פּ‏ ‏ּורים PURIM<br />

Der Buchstabe heißt<br />

entspricht<br />

Irvit<br />

Pe – Man kann es kaum erkennen, aber <strong>der</strong> Buchstabe hat<br />

e<strong>in</strong>en Punkt im Inneren.<br />

P<br />

‏ּפ<br />

Schuruk - Man kann es kaum erkennen, aber <strong>der</strong> Buchstabe<br />

hat e<strong>in</strong>en Punkt im Inneren.<br />

U<br />

‏ּו<br />

Resch<br />

R<br />

ר<br />

Jod o<strong>der</strong> Jud<br />

J o<strong>der</strong> I<br />

י<br />

Mem ssofit (Das kennen wir schon von schalom)<br />

ם M am Wortende<br />

In dem Wort PURIM wird <strong>der</strong> Buchstabe Jod<br />

o<strong>der</strong> Jud nur als e<strong>in</strong>e Hilfe für den Vokal ‚i’ ver-<br />

פּ‏ ‏ּורים - Purim wendet. Man hört hier ke<strong>in</strong> ‚j’.<br />

‏ּפ – P<br />

פּ‏ ‏ּו – Pu<br />

פּ‏ ‏ּור – Pur<br />

פּ‏ ‏ּורי – Puri<br />

פּ‏ ‏ּורים – Purim<br />

6<br />

Was heißt „PURIM“?<br />

Purim ist die Pluralform von Pur. Pur bedeutet<br />

‚Los’. Im Buch Esther 4,7 steht geschrieben: „Im<br />

ersten Monat, das ist <strong>der</strong> Monat Nissan, im 12.<br />

Jahr des Königs Achaschwerosch warf man das<br />

Pur, das ist das Los, vor Haman, von Tag zu Tag<br />

und von Monat zu Monat, und das Pur (Los)<br />

fiel auf den 13. Tag des 12. Monats, das ist <strong>der</strong><br />

Monat Adar.“<br />

Mit dieser <strong>Newsletter</strong>ausgabe haben wir 14 hebräische<br />

Buchstaben gelernt. Gut, eigentlich s<strong>in</strong>d<br />

es nur 12, da bet und wet: schuruk und cholam<br />

malé jeweils als e<strong>in</strong> Buchstabe gelten. Trotzdem<br />

haben wir die Hälfte des hebräischen Aleph-Bet<br />

geschafft!<br />

Deborah Tal-Rüttger


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

AUS DEN GEMEINDEN<br />

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<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

AUS DEN GEMEINDEN<br />

ספורים Das Projekt<br />

Sipurim-Lebensgeschichten <strong>der</strong><br />

Jüdischen Geme<strong>in</strong>de Elmshorn<br />

Anfang des Jahres 5773/2013 haben wir <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Jüdischen Geme<strong>in</strong>de Elmshorn mit dem Projekt<br />

„Sipurim-Lebensgeschichten“ begonnen.<br />

Seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Elmshorn<br />

im November 2003 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen 10<br />

Jahre vergangen und wir Mitglie<strong>der</strong> kennen uns<br />

alle ziemlich genau. Tatsache ist aber auch, dass<br />

viele durch ihr zunehmendes Alter kranker und<br />

immobiler werden. Wir haben uns gefragt, wie<br />

die Lebensgeschichten dieser Menschen außer<br />

im ganz kle<strong>in</strong>en Familienkreis, den sie hier noch<br />

besitzen – manchmal s<strong>in</strong>d sie auch völlig auf sich<br />

alle<strong>in</strong> gestellt – <strong>der</strong> Nachwelt erhalten bleiben<br />

können. Deshalb haben wir begonnen, diese<br />

Lebensgeschichten aufzuschreiben.<br />

Das geht folgen<strong>der</strong>maßen vor sich: E<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>demitglied<br />

(<strong>der</strong> Interviewer) befragt e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es<br />

Geme<strong>in</strong>dmitglied zu se<strong>in</strong>em Lebenslauf, macht<br />

sich Notizen und schreibt die Geschichte später<br />

auf. Die Voraussetzung für den Interviewer ist,<br />

dass er e<strong>in</strong> gutes normales Verhältnis zu dem<br />

Interviewten hat und zuhören kann, ohne se<strong>in</strong><br />

Lebensschicksal mit dem des Gegenüber zu vermischen.<br />

Diese Methode <strong>der</strong> Befragung hat den<br />

Vorteil, dass sich die Menschen schneller öffnen<br />

und die Motive e<strong>in</strong>es Mo<strong>der</strong>ators, <strong>der</strong> von außen<br />

kommt (Provokation, eigene Agenda, Bewertungen<br />

etc.) weitgehend wegfallen. Voraussetzung<br />

ist neben dem bekannten Interviewer, dass den<br />

Gesprächspartnern ausreichend Ruhe, Raum und<br />

Zeit gegeben wird. Lei<strong>der</strong> haben wir den Zeitfaktor<br />

im Anfang unterschätzt, denn wir hatten<br />

uns als Zeitlimit Ende Oktober 2013 (10-jähriges<br />

Jubiläum <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dewie<strong>der</strong>gründung) gesetzt.<br />

Jetzt aber haben wir Zweifel, ob wir diesen<br />

Term<strong>in</strong> e<strong>in</strong>halten können, denn die Lebensgeschichten<br />

sollen übersetzt (vom Deutschen <strong>in</strong>s<br />

Russische und umgekehrt), redigiert und dann <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Buch/Heft jüdischen Menschen an<strong>der</strong>er<br />

Geme<strong>in</strong>den und <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Öffentlichkeit<br />

zugänglich gemacht werden.<br />

Er<strong>in</strong>nern und Bewahren gehört zu den jüdischen<br />

Tugenden und diese „narrativen Interviews“<br />

erfolgen mit <strong>der</strong> Intention: je<strong>der</strong> Mensch ist<br />

e<strong>in</strong>zig und se<strong>in</strong>e Lebensgeschichte sollte bewahrt<br />

werden. Deshalb haben wir auch den Zentralrat<br />

um Unterstützung und För<strong>der</strong>ung gebeten. Wer<br />

sich für diese Projekt <strong>in</strong>teressiert o<strong>der</strong> mitmachen<br />

möchte, kann sich unter Tel. 04121-482497<br />

(Russisch) o<strong>der</strong> 04121-93910 (Deutsch) melden.<br />

Alisa Fuhlbrügge<br />

Jüdische Geme<strong>in</strong>de Elmshorn<br />

„Dürfen sie das?“ Reform im <strong>Juden</strong>tum<br />

Deborah Tal-Rüttger, stellvertretende Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> <strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

sowie Vorsitzende und Vorbeter<strong>in</strong> <strong>der</strong> Jüdischen<br />

Liberalen Geme<strong>in</strong>de Emet weSchalom Nordhessen<br />

konnte den Besuchern ihres Vortrages und<br />

beim anschließenden Gespräch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jüdischen<br />

8<br />

Kultusgeme<strong>in</strong>de Bielefeld das gelebte progressive<br />

<strong>Juden</strong>tum näherbr<strong>in</strong>gen und dabei deutlich<br />

machen, dass das Reformjudentum <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ausübung<br />

jedem E<strong>in</strong>zelnen viel Wissen abverlangt,<br />

da die Voraussetzungen dafür die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

mit den Texten notwendig macht, aber<br />

auch die Frage nach e<strong>in</strong>em Leben im E<strong>in</strong>klang<br />

mit <strong>der</strong> Schöpfung „Tikkun Olam“ sowie auf das<br />

heutige relevante Leben erörtert.<br />

Irith Michelsohn


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

AUS DEN GEMEINDEN<br />

Alyth Youth S<strong>in</strong>gers <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

Publikum mit gesummt, nach Beendigung des<br />

Programms sagte e<strong>in</strong>e Bewohner<strong>in</strong> begeistert:<br />

„So etwas Schönes haben wir hier lange nicht<br />

erlebt- viele Lie<strong>der</strong> er<strong>in</strong>nerten mich an me<strong>in</strong>e<br />

Jugend <strong>in</strong> Israel.“<br />

Am nächsten Tag besuchte die Gruppe auf E<strong>in</strong>ladung<br />

unserer Synagogengeme<strong>in</strong>de das Jüdische<br />

Museum und wurde durch die Tour „Überleben<br />

durch Musik“ (Lebensgeschichte von Jazz- Musiker<br />

Coco Schumann) geführt. Am Abend fand<br />

e<strong>in</strong> weiteres Konzert des Chores statt, geme<strong>in</strong>schaftlich<br />

organisiert von <strong>der</strong> Ev. Kirchengeme<strong>in</strong>de<br />

Dahlem und unserer Synagogengeme<strong>in</strong>de<br />

Berl<strong>in</strong> Sukkat Schalom. Auch hier sehr lebendig<br />

von Simona Budd am Flügel begleitet, begeisterte<br />

<strong>der</strong> Chor mit se<strong>in</strong>em von Synagogalmusik bis<br />

Beatles- Songs bunt gemischten Repertoire. Nach<br />

anhaltendem Beifall und Bravo- Rufen des zahlreich<br />

erschienenen Publikums klang <strong>der</strong> Abend<br />

mit e<strong>in</strong>er Begegnung zwischen den Jugendlichen<br />

des Chores und denen unserer Geme<strong>in</strong>den aus.<br />

Unsere Empfehlung: Sollten die Alyth Youth<br />

S<strong>in</strong>gers e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Ihrer Nähe se<strong>in</strong>, lassen Sie sich<br />

diese Gelegenheit nicht entgehen- es lohnt sich!<br />

Staunende und skeptische Blicke <strong>der</strong> anwesenden<br />

Bewohner folgten dem Schwarm von<br />

20 Jugendlichen, <strong>der</strong> sich als Chor neben dem<br />

Klavier im Speisesaal des jüdischen Seniorenheims<br />

formierte. Für e<strong>in</strong>ige Tage von <strong>der</strong> North<br />

Western Reformsynagoge Alyth Gardens London<br />

auf Berl<strong>in</strong>- Besuch bot Chorleiter<strong>in</strong> Viv Bellos unentgeltliche<br />

Auftritte ihres Chores an. Bereits das<br />

erste Lied, enthusiastisch dirigiert und mitreißend<br />

vorgetragen, animierte die Senioren zu rhythmischem<br />

Klatschen. Später wurden Melodien im<br />

Überleben mit Musik<br />

Besuch des Rafel Roth Learn<strong>in</strong>g Centers und<br />

<strong>der</strong> Dauerausstellung. Dieses Angebot verb<strong>in</strong>det<br />

e<strong>in</strong>e Führung durch die Ausstellung zum Thema<br />

»Reaktionen deutscher <strong>Juden</strong> auf den Nationalsozialismus«<br />

mit e<strong>in</strong>em Besuch des Rafael Roth<br />

Learn<strong>in</strong>g Centers.<br />

Interaktiv und spannend wird hier die Geschichte<br />

des Jazzmusikers Coco Schumann erzählt, <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

jungen Jahren <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e rechtliche und soziale<br />

Ausgrenzung als Jude erlebt. 18-jährig wird<br />

er zunächst <strong>in</strong> das Ghetto Theresienstadt, dann<br />

<strong>in</strong> das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau<br />

deportiert, das er als Musiker für das Wachpersonal<br />

überlebt.<br />

Beth Shalom er<strong>in</strong>nerte an<br />

Reichspogromnacht<br />

Gedichte von Selma Meerbaum-Eis<strong>in</strong>ger, vorgetragen<br />

von Professor C. Bernd Sucher, sowie<br />

Melodien von Emanuel Kirschner, gesungen von<br />

Kantor Nikola David aus Augsburg, begleiteten<br />

den von Rabb<strong>in</strong>er Tom Kucera gestalteten und<br />

geleiteten Kabbalat Schabbat <strong>der</strong> Liberalen<br />

jüdischen Geme<strong>in</strong>de München Beth Shalom zum<br />

Gedenken an den 75. Jahrestag <strong>der</strong> „Reichspogromnacht“<br />

am 8. November 2013.<br />

Selma Meerbaum-Eis<strong>in</strong>ger aus Czernowitz, die<br />

ihre Gedichte auf Deutsch schrieb, starb 18-jährig<br />

1942 im Arbeitslager. Emanuel Kirschner war<br />

langjähriger Kantor <strong>der</strong> Münchner Geme<strong>in</strong>de;<br />

er starb 81-jährig kurz vor <strong>der</strong> „Reichspogromnacht“,<br />

nachdem er noch im Juni 1938 den<br />

9<br />

vom „Führer“ befohlenen Abriss <strong>der</strong> Münchner<br />

Hauptsynagoge erleben musste.<br />

An den Schrecken des Pogroms und die Folgen<br />

er<strong>in</strong>nerte auch <strong>der</strong> Deutsch-Französische Chor<br />

München unter Leitung von He<strong>in</strong>rich Bentemann<br />

und unter Mitwirkung des Chausson<br />

Streichquartetts mit e<strong>in</strong>em Konzert mit Werken<br />

jüdischer Komponisten, das unter Schirmherrschaft<br />

von Beth Shalom am 10. November im<br />

Jüdischen Museum München stattgefunden hat.<br />

Die E<strong>in</strong>nahmen aus <strong>der</strong> Veranstaltung, die mit<br />

Unterstützung des Jüdischen Museums und des<br />

Kulturreferats <strong>der</strong> Stadt München durchgeführt<br />

werden konnte, spendete <strong>der</strong> Chor Beth Shalom<br />

für den geplanten Bau e<strong>in</strong>er vom Stararchitekten<br />

Daniel Libesk<strong>in</strong>d entworfenen Synagoge.<br />

Bei dem Gottesdienst und beim Konzert er<strong>in</strong>nerte<br />

Jan Mühlste<strong>in</strong>, 1. Vorsitzen<strong>der</strong> von Beth<br />

Shalom, auch unter H<strong>in</strong>weis auf das Schicksal <strong>der</strong><br />

Familien se<strong>in</strong>er Eltern daran, dass auch nach <strong>der</strong><br />

Reichspogromnacht die Türen fast aller Staaten<br />

jüdischen Flüchtl<strong>in</strong>gen verschlossen blieben.<br />

„Jetzt ist es Europa, das se<strong>in</strong>e Grenzen für Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

sperrt. Das Erschütternde an <strong>der</strong> ‚Reichspogromnacht‘<br />

ist nicht nur die Brutalität <strong>der</strong><br />

Mordgesellen, son<strong>der</strong>n auch die Gleichgültigkeit<br />

<strong>der</strong> Zuschauer und die Passivität selbst <strong>der</strong>er, die<br />

ob <strong>der</strong> Gewalt ehrlich entsetzt waren. Auch wir<br />

sollten es angesichts des Sterbens vor Lampedusa<br />

nicht beim passiven Entsetzen belassen, son<strong>der</strong>n<br />

geme<strong>in</strong>sam überlegen, was wir als E<strong>in</strong>zelne und<br />

als Geme<strong>in</strong>schaft für e<strong>in</strong>e verstärkte Aufnahme<br />

von Flüchtl<strong>in</strong>gen tun können“, führte er aus.


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

JUGENDABTEILUNG DER UpJ<br />

Madrichim-Sem<strong>in</strong>ar <strong>in</strong> Hannover<br />

Am letzten Wochenende des Oktobers war es<br />

wie<strong>der</strong> so weit. Das Madrichim-Sem<strong>in</strong>ar fand<br />

<strong>in</strong> Hannover statt. Elf Jugendliche aus ganz<br />

<strong>Deutschland</strong> begannen <strong>in</strong> diesem Jahr ihre<br />

Ausbildung zum/r Madrich/Madricha. Zudem<br />

führten weitere acht Blumen ihre Ausbildung im<br />

zweiten Ausbildungsjahr fort. Verstärkt durch<br />

acht bereits aktive Madrichim hatte das Sem<strong>in</strong>ar<br />

27 Teilnehmer. E<strong>in</strong> für alle Beteiligten schönes<br />

Erlebnis.<br />

Dabei hatten wir kompetente Unterstützung<br />

durch professionelle Referenten.<br />

Das Sem<strong>in</strong>ar war e<strong>in</strong> voller Erfolg. Und das war<br />

vor allem den 27 ehrenamtlich aktiven Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen zu verdanken,<br />

die engagiert und mit Liebe zum <strong>Juden</strong>tum<br />

geme<strong>in</strong>sam lernten.<br />

Für Netzer. Für die <strong>Union</strong>. Aber vor allem für die<br />

Zukunft des <strong>Juden</strong>tums <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Für mehr<br />

Information können Sie je<strong>der</strong>zeit mit <strong>der</strong> Jugendabteilung<br />

<strong>der</strong> <strong>Union</strong> <strong>in</strong> Kontakt treten.<br />

Mit herzlichen Grüßen<br />

Stephanie Bartneck / Konstant<strong>in</strong> Seidler<br />

Neben <strong>der</strong> aktiven Mitgestaltung <strong>der</strong> Gottesdienste<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> liberalen jüdischen Geme<strong>in</strong>de<br />

Hannover, gab es auch e<strong>in</strong>iges zu lernen.<br />

Das eigenständige Erarbeiten e<strong>in</strong>er Peula,<br />

Organisation von Tagesabläufen, Grundlagen<br />

<strong>der</strong> Kommunikation, Methodik und Spiele und<br />

natürlich Inhalte zum <strong>Juden</strong>tum, um nur e<strong>in</strong>ige<br />

Inhalte zu nennen.<br />

W<strong>in</strong>termachane<br />

Das W<strong>in</strong>termachane, welches <strong>in</strong> diesem Jahr<br />

vom 22. Dezember bis zum 29. Dezember<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Toskana des Ostens <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe von<br />

Weimar und Erfurt stattf<strong>in</strong>det, ist bereits seit<br />

Anfang November ausgebucht.<br />

Mittlerweile besteht e<strong>in</strong>e Warteliste, die nach<br />

E<strong>in</strong>gang <strong>der</strong> Anmeldungen berücksichtigt wird,<br />

wenn jemand absagen sollte.<br />

Wir freuen uns über den regen Zuspruch, <strong>der</strong><br />

uns auch bestätigt, dass unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit e<strong>in</strong> wichtiges Fundament des<br />

liberalen <strong>Juden</strong>tums ist und sehr gerne wahrgenommen<br />

wird.<br />

Alle, die jetzt ke<strong>in</strong>en Platz bekommen haben,<br />

können sich jetzt bereits auf das Sommermachane<br />

im nächsten Jahr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit vom 04.<br />

August bis 17. August 2014 freuen.<br />

Wir wünschen Euch<br />

Chanukka Sameach<br />

Stephanie, Konstant<strong>in</strong> und die Madrichim<br />

10


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

KINDERSEITE | TERMINE<br />

Bil<strong>der</strong>rätsel zu Chanukka<br />

von Bea Ehrlich<br />

Hefezellen,<br />

aus denen <strong>der</strong> Sufganiot besteht.<br />

Holzzellen,<br />

aus denen <strong>der</strong> Dreidel besteht.<br />

Mess<strong>in</strong>gstruktur,<br />

aus <strong>der</strong> die obige Chanukkia besteht.<br />

Sufganiot<br />

Dreidel<br />

Chanukkia<br />

Ausstellung<br />

Jahrestagung UpJ<br />

Das Gött<strong>in</strong>ger Geme<strong>in</strong>demitglied Leia Sor<strong>in</strong>a<br />

ist Zeitzeug<strong>in</strong> <strong>der</strong> Len<strong>in</strong>gra<strong>der</strong> Blockade und<br />

hat e<strong>in</strong>e Ausstellung zur Er<strong>in</strong>nerung an die Opfer<br />

im belagerten Len<strong>in</strong>grad von 1941-1944<br />

organisiert:<br />

„Niemand ist vergessen und nichts ist vergessen“<br />

(Olga Fjedorovana Bergholz)<br />

Montag 20. Januar - Sonntag 2. Februar<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Alten Feuerwache, Am Ritterplan 4<br />

Öffnungszeiten:<br />

montags - freitags von 10.00 - 12.00 Uhr und<br />

von 15.00 - 18.00 Uhr<br />

sonntags von 11.00 -13.00 Uhr<br />

11<br />

Die Ausstellungseröffnung mit dem russischen<br />

Pianisten Igor Kirillov und Leia Sor<strong>in</strong>a f<strong>in</strong>det<br />

am Montag 20. Januar um 18.00 Uhr statt.<br />

nach 900 Tagen <strong>der</strong> Belagerung durch die<br />

deutsche Wehrmacht wurde Len<strong>in</strong>grad am 27.<br />

Januar 1944 befreit.<br />

Der 70. Jahrestag gibt Anlass, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

Opfer des Vernichtungskrieges, <strong>der</strong> sich unter<br />

dem Decknamen „Unternehmen Barbarossa“<br />

gegen die damalige Sowjetunion richtete, zu<br />

gedenken und sich dabei erneut mit <strong>der</strong> brutalen<br />

Strategie <strong>der</strong> systematischen Vernichtung<br />

von Menschen unter den Nationalsozialisten<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Die 20. Jahrestagung <strong>der</strong> <strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong><br />

<strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> f<strong>in</strong>det vom<br />

24. Juli – 27. Juli 2014 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>/Spandau statt.


<strong>Union</strong> <strong>progressiver</strong> <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> November 2013 | Kislew 5774<br />

EUPJ KONFERENZ 2014<br />

IN DRESDEN<br />

24.—27. 27. APRIL 2014<br />

GLAUBEN UND HANDELN<br />

Die EUPJ lädt Delegierte aus Europa und <strong>der</strong> ganzen Welt <strong>in</strong> das<br />

wun<strong>der</strong>volle Dresden e<strong>in</strong>, um geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong>spirierende<br />

Impulsvorträge, Workshops, Gottesdienste zu erleben und<br />

Freundschaften zu schließen o<strong>der</strong> aufzufrischen.<br />

Eröffnungsgala im historischen Kurlän<strong>der</strong> Palais<br />

Die Konferenz f<strong>in</strong>det im Hilton statt<br />

Workshops <strong>in</strong> Englisch, Deutsch und Russisch<br />

Gute Zimmerpreise im Hilton Dresden und an<strong>der</strong>en<br />

örtlichen Hotels<br />

Predigt von Gastrabb<strong>in</strong>er Richard<br />

Block, Präsident <strong>der</strong> Central Conference<br />

of American Rabbis<br />

Gottesdienst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dresdner Synagoge<br />

Verschiedene Exkursionen am<br />

Schabbatnachmittag und nach <strong>der</strong><br />

Konferenz<br />

Weitere Informationen unter www.eupj.org<br />

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