Legamus!
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Alles in einem Buch!<br />
Das Lesebuch enthält antike Texte ebenso wie solche aus<br />
Mittelalter und Neuzeit, die unverzichtbaren Klassiker<br />
ebenso wie Vergnügliches für zwischendurch.<br />
Die Auswahl deckt die Lehrpläne aller Bundesländer ab.<br />
Die Kapitel sind chronologisch angeordnet. Die Lernenden<br />
erhalten einen klar strukturierten Überblick über die<br />
lateinische Literaturgeschichte, unterstützt durch ansprechende<br />
und altersgemäße Informationstexte.<br />
Ein praktisches Verweissystem ermöglicht Ihnen Flexibilität<br />
bei der Zusammenstellung von Lektüresequenzen und<br />
hilft den Lernenden, ein vernetztes Wissen aufzubauen.<br />
Zu jeder Epoche und jedem Autor wird<br />
eine informative Einführung geboten.<br />
Zentrale Elemente des Grundwissens<br />
sind farbig hervorgehoben.<br />
4<br />
12<br />
Die römische Republik<br />
Caesar: De bello Gallico<br />
Gaius Iulius Caesar wurde<br />
am 13. Juli 100 v. Chr.<br />
in Rom als Angehöriger<br />
eines alten Patriziergeschlechts<br />
geboren. Er<br />
war als Politiker, Feldherr<br />
und Schriftsteller<br />
eine der be deutendsten<br />
Persönlichkei ten seiner<br />
Zeit.<br />
■ Caesar. Kalksteinbüste aus<br />
Tusculum (1. Jh. v. Chr.; heute<br />
in Turin; das einzige wohl noch<br />
zu Lebzeiten entstandene Porträt,<br />
das erhalten ist)<br />
Seine Gegner planten, ihm nach seiner Rückkehr<br />
wegen Amtsmissbrauchs den Prozess zu machen.<br />
Diesem Risiko wollte sich Caesar nicht aussetzen:<br />
Er überschritt im Jahr 49 v. Chr. mit seinen Truppen<br />
den Fluss Rubicon, der die südliche Grenze<br />
der Provinz Gallia Cisalpina markierte, und zog<br />
gegen Rom. Ein mehrjähriger Bürgerkrieg brach<br />
aus (49 – 45 v. Chr.), aus dem Caesar schließlich als<br />
Sieger hervorging. Er wurde zum Diktator auf Lebenszeit<br />
ernannt und war jetzt unumschränkter<br />
Herrscher in Rom.<br />
Damit war die republikanische Verfassung des<br />
Staates de facto außer Kraft gesetzt. Die republikanisch<br />
gesinnten Senatoren wollten das nicht<br />
hinnehmen: An den Iden des März (15. März)<br />
44 v. Chr. � el Caesar einem Attentat von Verschwörern<br />
unter Führung von Brutus und Cassius<br />
zum Opfer.<br />
Caesar als Staatsmann<br />
Die Commentarii de bello Gallico<br />
Caesar hat sowohl den Bürgerkrieg als auch die<br />
Mit Anfang 30 begann Caesar seine politische Kar- Eroberung Galliens in literarischen Werken beriere.<br />
Er durchlief rasch den cursus honorum und schrieben. Sein Hauptwerk sind die sieben Bü-<br />
schloss sich im Jahr 60 v. Chr. mit Pompeius, dem cher umfassenden Commentarii de bello Gallico<br />
erfolgreichsten Feldherrn seiner Zeit, und Crassus, (BG). Jedes Buch berichtet von den Ereignissen<br />
einem der reichsten Männer Roms, zum 1. Trium- eines Kriegsjahres (annalistisches Prinzip), das<br />
virat, einer inof� ziellen politischen „Interessenge- Werk endet also im Jahr 52 v. Chr. Das achte Buch<br />
meinschaft“, zusammen. In den folgenden Jahren<br />
dominierten die drei Männer die Politik in Rom.<br />
Infolge ihrer Verabredungen wurde Caesar im<br />
stammt von Hirtius, einem Of� zier Caesars.<br />
Jahr 59 v. Chr. Konsul. Während seiner Amtszeit<br />
machte er sich durch seine Politik und seine autoritäre<br />
Amtsführung viele Senatoren zu erbitterten<br />
Feinden.<br />
Nach seinem Amtsjahr begab sich Caesar als Prokonsul<br />
in die nördlichen Provinzen Illyrien und<br />
Gallien (Gallia Cisalpina und Gallia Narbonensis;<br />
s. Karte S. 15). Von dort aus eroberte er in den<br />
Jahren 58 – 51 v. Chr. ganz Gallien bis zum Rhein.<br />
Damit stärkte er seine Position entscheidend: Er<br />
war nun einer der großen Feldherrn Roms und<br />
verfügte zudem über ein schlagkräftiges Heer, das<br />
ihm treu ergeben war.<br />
Caesars Gegner in Rom beobachteten diese Entwicklung<br />
mit Misstrauen: Als Prokonsul war er mit<br />
der Verwaltung und dem Schutz seiner Provinzen<br />
beauftragt, sein Mandat beinhaltete nicht die Erlaubnis<br />
zum Führen eines Erobe rungs krieges.<br />
Gegen Ende seiner Amtszeit hatte sich die Lage<br />
in Rom sehr zu Caesars Ungunsten entwickelt.<br />
Commentarii de bello Gallico:<br />
i Inhaltsübersicht<br />
Caesar unterbindet einen Auswanderungsversuch<br />
der Helvetier und drängt in Gallien eingefallene Germanen<br />
zurück (58 v. Chr.; Buch 1). Er unterwirft weitere<br />
gallische Stämme im Norden (57 v. Chr.; Buch 2)<br />
und an der Westküste (56 v. Chr.; Buch 3). Im vierten<br />
Jahr hat Caesar es wieder mit Germanen zu tun.<br />
Nachdem er sie besiegt hat, überquert er selbst kurz<br />
den Rhein. Im Spätsommer setzt er nach Britannien<br />
über (55 v. Chr.; Buch 4). Es folgen eine zweite<br />
Britannienexpedition und Aufstände in Gallien,<br />
die Caesar niederschlagen kann (54 v. Chr.; Buch 5).<br />
Auch im sechsten Jahr kommt es zu Zusammenstößen<br />
mit Germanen. In Exkursen berichtet Caesar<br />
auch vom Leben der Gallier und Germanen (53 v. Chr.;<br />
Buch 6). Das siebte Jahr bringt die Entscheidung: In<br />
der Schlacht bei Alesia besiegt Caesar den Arvernerfürst<br />
Vercingetorix (52 v. Chr.; Buch 7).<br />
➝ Catull über Caesar: S. 65<br />
➝ Sueton über Caesar: S. 134 – 141<br />
➝ Sallust über Caesar: S. 70 – 73<br />
➝ Velleius Paterculus über Caesar: S. 92 – 95<br />
Der Infokasten bietet<br />
weiterführende Hinweise.<br />
06-37_Lesebuch_Latein_9.indd 12 21.12.2011 11:06:18 Uhr<br />
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3<br />
6<br />
9<br />
12<br />
15<br />
18<br />
56 Die römische Republik<br />
c. 3 Der Tod des Vogels<br />
Lugete, o Veneres Cupidinesque,<br />
et quantum est hominum venustiorum:<br />
Passer mortuus est meae puellae,<br />
passer, deliciae meae puellae,<br />
quem plus illa oculis suis amabat.<br />
Nam mellitus erat suamque norat<br />
ipsam tam bene quam puella matrem,<br />
nec sese a gremio illius movebat,<br />
sed circumsiliens modo huc modo illuc<br />
ad solam dominam usque pipiabat.<br />
Qui nunc it per iter tenebricosum<br />
illuc, unde negant redire quemquam.<br />
At vobis male sit, malae tenebrae<br />
Orci, quae omnia bella devoratis:<br />
Tam bellum mihi passerem abstulistis.<br />
O factum male! O miselle passer!<br />
Tua nunc opera meae puellae<br />
� endo turgiduli rubent ocelli.<br />
S Suche je ein Beispiel für den Genitiv des geteilten<br />
Ganzen (genitivus partitivus) und den Ablativ des Vergleichs<br />
(ablativus comparationis) heraus.<br />
Diminutivformen S Das Lateinische bildet Verkleinerungsformen<br />
sogar von Adjektiven; hier kommen die Diminutiva<br />
misellus, turgidulus und ocellus vor. Genau genommen<br />
sind zudem bellus und puella Diminutiva (auch<br />
wenn die nicht verkleinerte Form puera selten ist).<br />
Erkläre, welche Wirkung diese Formen in c. 3 auf den<br />
Leser haben. Versuche ihren Effekt in deiner Übersetzung<br />
nachzuahmen.<br />
■ Das Mosaik zeigt Venus mit Liebesgöttern.<br />
Erkläre, warum sich Venus und ihre Söhne besonders<br />
gut als Adressaten von Catulls Gedicht eignen.<br />
Im 1. Jahrhundert n. Chr. verfasste Plinius der Ältere<br />
klopädie des antiken naturwissenschaftlichen und kult<br />
der Vogelarten (Nat. hist. 10.107). Erläutere, vor welche<br />
genau bestimmen wollen:<br />
Die Tauben (columbae) und Turteltauben (turtures) wer<br />
ser), ser), der der eine eine ebenso ebenso stark stark ausgeprägte ausgeprägte Neigung Neigung zur zur Be Be<br />
ten, ten, dass dass die die Männchen Männchen länger länger als als ein ein Jahr Jahr leben. leben. Bewe Bewe<br />
keine keine schwarze schwarze Färbung Färbung ihres ihres Schnabels Schnabels zu zu sehen sehen ist, ist,<br />
haben haben eine eine etwas etwas längere längere Lebenszeit.<br />
Lebenszeit.<br />
Caesar 1<br />
➝ passer passer passer passer und columba columba columba columba bei Martial: S. 115<br />
➝➝<br />
AH: Funktionen des Ablativs: S. 48<br />
Mit seinem Titel stellt Caesar das Werk in eine be-<br />
Caesars Fortleben in der Sprache<br />
stimmte Gattungstradition. Commentarii (zu com- i<br />
minisci „sich erinnern“) waren von einem Augen- 38-73_Lesebuch_Latein_9.indd Caesars 56 Name wurde zum Bestandteil de<br />
Titels aller späteren römischen Herrscher und lebt<br />
zeugen verfasste, protokollartige Aufzeich nungen<br />
als „Kaiser“ und „Zar“ auch nach dem Ende des rö<br />
über historische Ereignisse. Sie konnten z. B. als<br />
mischen Reiches fort. Seit 44 v. Chr. ist der Juli, sei<br />
Materialsammlung für ein Geschichtswerk die-<br />
Geburtsmonat, nach ihm benannt. Auch Caesar zu<br />
nen. Caesar präsentiert seinen Text also nicht als<br />
geschriebene Aussprüche (vor allem veni, vidi, vic<br />
„Geschichtsschreibung“, sondern als Zusam men-<br />
und alea iacta est) werden noch immer zitiert.<br />
stellung von Fakten.<br />
Dies hat nicht zuletzt mit den politischen Absichten<br />
zu tun, die Caesar mit seinem Werk verfolgte. Es<br />
sollte die Römer sowohl von seinen militärischen Nachleben<br />
Leistungen als auch von der Not wendigkeit und<br />
Rechtmäßigkeit seiner Feldzüge überzeugen. Ein<br />
sachlicher Bericht konnte am ehesten glaubhaft<br />
wirken.<br />
Hinter der nüchternen Form verbirgt sich freilich<br />
ein ausgefeilter literarischer Text. Caesars Zeitgenosse<br />
Cicero (s. S. 6 – 7), der das Werk in seiner<br />
Klarheit als vollendet betrachtete, beurteilte es so:<br />
„Aber wenn er wollte, dass andere Material zur<br />
Hand hätten, aus dem die schöpfen könnten, die<br />
ein Geschichtswerk schreiben wollten, hat er wohl<br />
nur den Stümpern einen Gefallen getan, die vorhaben,<br />
jenem Material ihren verkünstelten Stil einzubrennen.<br />
Vernünftige Menschen hat er dagegen<br />
vom Schreiben abgeschreckt.“<br />
Die Zuverlässigkeit von Caesars Bericht wurde<br />
häu� g diskutiert. Man tut sicher gut daran, ihm<br />
nicht in jedem Punkt vorbehaltlos zu vertrauen.<br />
Immerhin berichtet hier ein Feldherr über seine<br />
eigenen Taten, und tatsächlich lenkt Caesar seine<br />
Leser – also auch uns – geradezu strategisch durch<br />
seinen Text, um sie auf seine Seite zu ziehen.<br />
Caesars Ruhm gründet<br />
vor allem auf seinen<br />
politischen und militä<br />
rischen Taten, aber<br />
auch sein dramatischer<br />
Tod und seine Liebesbeziehung<br />
zu Kleopat ra,<br />
der Königin von Ägypten,<br />
regten die Phantasie<br />
der Nach welt an. Entsprechend<br />
vielfältig sind<br />
die Spuren, die Caesar in<br />
der europäischen Kultur<br />
hinterlassen hat. Sie reichen<br />
von der Literatur<br />
(William Shakespeares<br />
„Julius Caesar“, Bertolt<br />
Brechts „Die Geschäfte<br />
des Herrn Julius Caesar“)<br />
über bildende Kunst (s. die Beispiele a<br />
dieser Seite) bis zu Musik (Georg Friedrich Hä<br />
dels „Giulio Cesare“) und Film. Hinzu komm<br />
intensive Diskussionen durch Historiker, Staa<br />
i Caesars Porträt<br />
Die Abbildungen<br />
theoretiker und Politiker (Macchiavelli, Napol<br />
on), bei denen auch Caesars Schriften eine gro<br />
Rolle spielen. Während lange Zeit rückhaltlo<br />
auf diesen Seiten zeigen<br />
Bewunderung für Caesar dominierte, setzte si<br />
zeitgenössische Caesar-<br />
im 20. Jahrhundert eine kritischere Betrachtu<br />
porträts: rechts der sogenannte<br />
„Grüne Kopf“<br />
seiner Person durch.<br />
(1. Jh. v. Chr.; heute in<br />
Berlin), hier eine im Jahr<br />
44 v. Chr. geprägte Münze<br />
mit der Umschrift<br />
DICT(ATORI) PERPETUO.<br />
Beschreibe die Darstellungen. Arbeite Gemeinsamkeiten<br />
und Unterschiede heraus. Erkläre, wie Caesar<br />
jeweils auf den Betrachter wirkt.<br />
Informiert euch über die Bedeutung Ciceros.<br />
klärt, warum gerade sein lobendes Urteil über Caes<br />
Stil Gewicht hat.<br />
Informiert euch weiterhin über die im Abschnitt „Nac<br />
leben“ genannten Personen in einem Lexikon oder<br />
Internet. Stellt diese Schriftsteller, Komponisten u<br />
Politiker dann einander in Kurzreferaten von maxim<br />
drei Minuten vor.<br />
➝ Cicero: S. 6 – 7<br />
➝ Inschriften auf Münzen: S. 207 und S. 212<br />
➝ B. Brecht, „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“: S. 135<br />
06-37_Lesebuch_Latein_9.indd 13 21.12.201