komplett - FRIEDENSBLITZ Copy + Daten
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Berichte<br />
und<br />
Dokumente<br />
Fünf Stunden Angst<br />
oder<br />
Am Freitag wird abgerechnet<br />
Drama in 3 Akten<br />
KONKURSE3 Zeitschrift für Hamburgisches Outlaw-Sourcing<br />
nachhaltig, offensiv innovativ, standortbewußt<br />
Umweltschutzgruppe Physik/Geowissenschaften e.V. Förderkreis »Rettet die Elbe« e.V. Nummer 3 Dezember 1998<br />
Die jüngste Behörde Hamburgs, die Umweltbehörde,<br />
wird 20 Jahre alt. Wieder ziehen die Umweltschutzgruppe<br />
Physik/Geowissenschaften und der Förderkreis »Rettet die<br />
Elbe« Bilanz. Nunmehr vier Senatoren haben sich im Amt<br />
abgelöst - geändert hat sich wenig. Waren es zunächst<br />
einige große Skandale wie Boehringer, die Affi und der<br />
Müllberg Georgswerder, so folgten Altlastensanierung<br />
und die vielen kleinen Umweltsauereien, die hilflose Beamte<br />
in den Büros der Umweltbehörde mal blass und<br />
mal rot anlaufen lassen. Zum Schluss aber wurde alles<br />
per Knopfdruck zum Guten gewendet und technisch perfekt<br />
geregelt. Seit es politisch grün im Amt zugeht, hat<br />
sich auch nichts verändert.<br />
Ort: Eine Behörde im Osten Hamburgs<br />
Zimmer mit zwei Schreibtischen, einander<br />
zugewandt, jeweils rechts Stapel<br />
mit Aktenmappen, grüne Gummimatte,<br />
Schwenkarmtelefon, Stempelroulett,<br />
Maskottchen, Kaffeebecher,<br />
Krümel.<br />
Fenster mit Blick auf Bäume, Kaktus,<br />
Usambaraveilchen, im Hintergrund<br />
Schornsteine.<br />
An den Wänden Schränke mit Aktenordnern,<br />
Mineralölkalender, kleiner<br />
Garderobenhaken, Waschbecken<br />
Personen:<br />
Heinz, Sachbearbeiter,zuständig<br />
für Annahme<br />
und Auftragsbearbeitung,<br />
Mahnwesen.<br />
Liesbett, Sachbearbeiterin,zuständig<br />
für das<br />
behördeninterne<br />
Such- und Ablagewesen.<br />
Montag, 8:05<br />
Moin, Liesbett!<br />
Guten Morgen,<br />
Heinz!<br />
Na, wie war<br />
das Wochenende?<br />
Oh, sehr schön. Mein Schwager<br />
kam mit Familie. Wir sind zur<br />
Billerhuder Insel rüber, da haben<br />
wir ein Häuschen. Grillwurst,<br />
Klönschnack, gemütlicher Abend,<br />
Du weißt.<br />
Ach ihm geht es gar nicht gut, er<br />
hat was mit der Hüfte und die<br />
Ärzte sagen ......<br />
Montag, 10:30<br />
..... ja, es ist schon ein Kreuz mit<br />
diesen Ärzten, sag ich Dir.<br />
Was liegt eigentlich heute an?<br />
Hier liegt ein Briefumschlag.<br />
Oh!<br />
Was steht drauf?<br />
An die Umweltbehörde.<br />
Dr. F. V. aus H. (49) hat sich eine eigene Maracujasaft-Anlage installiert.<br />
„Im Zuge der Globalisierung ist Maracujasaft die einzig wirksame Maßnahme<br />
vor irrationalen Ängsten und Ökochondrie“, sagte er ohne Rot zu<br />
werden.<br />
Das sind wir! - Mach auf. ("ritsch")<br />
Ist ein Brief drin.<br />
(Fortsetzung auf Seite 10)<br />
Anfrage gemäß der EU-Informa-<br />
Wie vor zehn und vor fünf Jahren kommt unsere Bilanz<br />
zu einem für die Behörde vernichtenden Ergebnis: „Konkurse“<br />
beschreibt nach unserer Ansicht immer noch am besten,<br />
wie in Hamburg statt Umweltschutz nur Umweltverwaltung<br />
stattfindet. Mit etlichen Beiträgen wollen wir<br />
auch diesmal unsere Bilanz untermauern. Daß wir bei<br />
dem zum Teil grotesken Verhalten nicht immer ernst bleiben<br />
können, versteht sich dabei von selbst.<br />
Wir waren schon da, als an eine Umweltbehörde noch<br />
niemand gedacht hat. Wie vor zehn und vor fünf Jahren<br />
kündigen wir an: Wir werden ihnen weiter auf die Finger<br />
und in die Akten sehen...<br />
Wenn die Behörde erzählt...<br />
...über Fischreichtum und Wasserqualität in der Elbe<br />
Immer wieder geistert die Nachricht<br />
vom angeblichen Wiederaufleben der<br />
Unterelbfischerei durch die großdeutsche<br />
Medienlandschaft . Es sei mit<br />
der Wasserqualität der Elbe seit dem<br />
Ende der DDR so drastisch bergauf<br />
gegangen, daß das Geschäft der Fischer<br />
wieder richtig hoffnungsvoll sei,<br />
sogar dicke Zander werden wieder<br />
reichhaltig aus dem Fluß geholt.<br />
Legende? Zweckoptimismus? Wiedervereinigungs<br />
- Gedöhns („die Oberlieger<br />
waren an allem schuld...“)?<br />
Meldungen dieser Art sind nun nicht<br />
unbedingt abhängig vom Zustand der<br />
Elbe, und schon gar<br />
nicht dürfen sie als<br />
zufällig angesehen<br />
werden. Der Sommerloch-Senator<br />
Fritz Vahrenholt bereitete<br />
solche Themen<br />
von langer<br />
Hand vor. So hatte<br />
er beispielsweise im<br />
Frühjahr 1994 seine<br />
Mitarbeiter ausdrücklich<br />
gebeten,<br />
sich Gedanken darüber<br />
zu machen, wie<br />
das Thema „Qualitätsverbesserung<br />
und die Rückkehr<br />
von Fischen“ von<br />
der Umweltbehörde<br />
noch im Sommer<br />
1994 besetzt werden<br />
könne. Irgendwer in der Behörde<br />
muß dann wohl in der Zentrale der<br />
Nachrichtenagentur dpa einen oder<br />
eine gekannt haben. Und, schwups,<br />
füllen Jubelmeldungen wie die von<br />
den vielen dicken Zandern und vom<br />
zurückgekehrten Artenreichtum bundesweit<br />
die Schlagzeilen.<br />
Allerdings können die dicken Zander<br />
und der angebliche Artenreichtum<br />
kaum anzeigen, ob die Elbe nun saniert<br />
ist oder sich Fischbestand und<br />
Fischfang weiter positiv entwickeln.<br />
Die Zander-Bestände in der Elbe sind<br />
allgemeinen Schwankungen unter-<br />
(Fortsetzung auf Seite 2)<br />
Inhalt<br />
Fünf Stunden Angst 1<br />
Wenn die Behörde erzählt 1<br />
Meilensteine 3, 16<br />
Sprachlasten 3<br />
Als Tiger gestartet 4<br />
Maracujasaft und Ökochonder 6<br />
Die Zukunft eines Lochs 8<br />
Umweltbehörde zahlt Löhne nicht 12<br />
Kleinanzeigen 13<br />
Ahnengalerie Hamb. Umw.-senatoren 14<br />
Umweltbeamte pinkeln im Zwielicht 15<br />
Faul, Dreist und Geldgierig 16<br />
Der unabgeschlossene Fotoroman 19<br />
Kurz und uninteressant 15, 20<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Umweltschutzgruppe<br />
Physik/Geowissenschaften e.V.<br />
Nernstweg 22, 22765 Hamburg<br />
Tel: 040-390 47 57<br />
Spendenkonto:<br />
Postbank Hamburg, 421230-206, BLZ 20010020<br />
email: geos@friedensblitz.hamburg.com<br />
WWW: http://friedensblitz.hamburg.com/geos.html<br />
Förderkreis »Rettet-die-Elbe« e.V.<br />
Nernstweg 22, 22765 Hamburg<br />
Tel. 040-39 30 01<br />
Spendenkonto:<br />
Volksbank Kehdingen, 4485700, BLZ20069786<br />
email: RettetElbe@aol.com<br />
WWW: http://members.aol.com/rettetelbe/rde_home.html<br />
Twe Mark<br />
Veer Euro
Seite 2 Politik Konkurse 3<br />
worfen. Anfang der achtziger Jahre<br />
hatte dieser einen höheren Bestand<br />
als 1994. Der Senator, beseelt<br />
von dem Gedanken zum erstenmal<br />
in seinem Leben Zander<br />
aus der Elbe zu essen, lud zum<br />
Schmause.<br />
Seit in den Jahren 1980/81 bei einer<br />
umfangreichen Untersuchung<br />
festgestellt wurde, daß die Belastung<br />
mit Quecksilber und Hexa-<br />
Altenwerder einst ...<br />
chlorcyclohexan in Elbaalen und<br />
Brassen die Grenzwerte des Lebensmittelrechts<br />
zum Teil um ein<br />
Mehrfaches überschreiten, wurde<br />
bisher keine Entwarnung gegeben.<br />
Jüngste Untersuchungen bestätigen,<br />
daß die Elbfische auch heute noch<br />
erheblich mit Schadstoffen belastet<br />
sind.<br />
Im Süß- und Brackwasserbereich<br />
der Unterelbe leben etwa 28 Fischarten.<br />
Allerdings muß der mit 90<br />
Prozent schon hohe Stintanteil als<br />
alarmierend gelten. Viele Fischbestände<br />
sind deutlich kleiner geworden.<br />
Die Ursache für die Gefährdung<br />
von Fischarten und des zahlenmäßigen<br />
Bestandes sind sowohl<br />
Schadstoffe als auch die Einengung<br />
der Lebensräume durch Elbausbau,<br />
Eindeichungen, Absperrungen von<br />
Nebenflüssen, Vernichtung von<br />
Flachwasserzonen und Laichplätzen.<br />
Die Elbe wird von der Stadt<br />
Hamburg als industrielle Transportstraße<br />
für Schiffe und Abwässer<br />
genutzt und ist dadurch als Lebensraum<br />
für viele Fischarten ungeeignet<br />
geworden. Das System Elbe ist<br />
aus dem Gleichgewicht geraten,<br />
denn trotz der seit 1989 verbesserten<br />
Sauerstoffgehalte ist die Flunder<br />
selten geblieben, tausendmal<br />
seltener als der Stint.<br />
...über verschollene Fischarten<br />
Daß z.B. die Fischarten Stör, Maifisch<br />
und Zährte unter Naturwis-<br />
senschaftlern in der Elbe als ausgestorben<br />
gelten, stört die Umweltbehörde<br />
nicht. Auf einem Plakat<br />
dieser Behörde wird die Bevölkerung<br />
darüber informiert, daß diese<br />
Fische „zur Zeit verschollen“ sind.<br />
... über Elbvertiefung<br />
Mitverantwortlich für den Zustand<br />
der Elbe ist ohne Zweifel die Um-<br />
weltbehörde. Mit ihrer Zustimmung<br />
zur weiteren Vertiefung der Elbe auf<br />
16 m folgt sie ergeben der Wirtschaftsbehörde<br />
und Hafenwirtschaft<br />
und nimmt so die weitere Verschlechterung<br />
des Flußsystems<br />
Elbe billigend hin.<br />
... über Hafenerweiterung<br />
und „Öffnung der<br />
Alten Süderelbe“<br />
Ihre Hafenwirtschaftsfreundlichkeit<br />
hat die Umweltbehörde<br />
auch in der<br />
Frage der Hafenerweiterung<br />
in Altenwerder bewiesen.<br />
Im Zuge der geplanten<br />
Hafenerweiterung<br />
in Altenwerder ist Senator<br />
Vahrenholt auf die Idee<br />
gekommen, die Zerstörung<br />
von Altenwerder -<br />
eines einmaligen Gebietes<br />
in der Niederelberegion -<br />
durch die „Öffnung“ der<br />
Alten Süderelbe zu ersetzen.<br />
Zuerst war von einer dreiseitigen<br />
„Öffnung“ (Mühlenberger Loch,<br />
Finkenwerder Vorhafen, Köhlbrand)<br />
die Rede. Seine Senatskollegen<br />
haben ihm aber diese Variante<br />
aus Kostengründen ausgeredet.<br />
Dann war nur noch eine zweiseitige<br />
„Öffnung“ (Mühlenberger<br />
Loch, Finkenwerder Vorhafen) vorgesehen.<br />
Als eine Öffnung im herkömmlichen<br />
Sinne kann diese Maßnahme aller-<br />
... und jetzt.<br />
dings nicht bezeichnet werden. Sie<br />
bestünde lediglich in Form zweier<br />
Betonröhren, die unter der Airbus-<br />
Landebahn und in den Finkenwerder<br />
Vorhafen getrieben werden.<br />
Durch diese Maßnahme sollte ein<br />
neues hochwertiges Biotop in und<br />
an der Alten Süderelbe entstehen.<br />
Daß die Alte Süderelbe bereits ein<br />
solches ist und zum Teil unter Naturschutz<br />
steht und nur durch ein anderes<br />
Biotop überprägt<br />
werden soll, ist den Planern<br />
dabei entgangen. Die<br />
Flächenbilanz ergab folgendes<br />
Bild: Biotopfläche<br />
Altenwerder (242 ha),<br />
Alte Süderelbe (227 ha).<br />
Nach der Zerstörung Altenwerders<br />
verbleibt nur<br />
noch die Hälfte („geöffnete“<br />
Alte Süderelbe) der<br />
Biotopfläche im Süderelberaum.<br />
Vahrenholt bezeichnete<br />
diese Lösung<br />
als „Jahrhundertwerk“.<br />
Presseerklärung vom<br />
27.8.1996:<br />
„Diejenigen, die versuchen<br />
die Hafenerweiterung<br />
in Altenwerder zu<br />
verhindern, muß ich<br />
daran erinnern, daß die<br />
Entscheidung für die Inanspruchnahme<br />
Altenwerders bereits<br />
vor Jahren gefallen ist. Die<br />
Öffnung der Alten Süderelbe zur<br />
Verbesserung des Naturschutzes<br />
ohne das Projekt „Altenwerder“<br />
war nicht im Angebot.“<br />
Es scheint ihm entgangen zu sein,<br />
daß er mit seinem Vorschlag erst<br />
die Hafenerweiterung planfähig gemacht<br />
und damit Altenwerder den<br />
Todesstoß versetzt hat.<br />
Seit der erfolgreichen Planierung<br />
Altenwerders ist es um andere<br />
Ausgleichs- und/oder Ersatzmaßnahmen<br />
still geworden.<br />
... über das Bad in der Elbe<br />
Seit Anfang der achtziger Jahre, als<br />
das Thema Elbverschmutzung noch<br />
einen breiten Raum in der Öffentlichkeit<br />
einnahm, wurden immer<br />
wieder von den Umweltsenatoren<br />
Versprechungen gemacht, nach denen<br />
es in einigen Jahren wieder<br />
möglich sein sollte, in Elbe und Alster<br />
zu baden. Bei solchen Erklärungen<br />
ist es bisher geblieben. Weder<br />
Elbe noch Alster „laden zum<br />
Bade...“. Selbst wenn eines Tages<br />
die Gewässerbelastung so reduziert<br />
sein sollte, daß eine gesundheitliche<br />
Gefährdung nicht mehr zu erwarten<br />
ist, werden immer noch andere<br />
Gefahren lauern. Durch den ständigen<br />
Ausbau der Elbe zum Schiffskanal<br />
hat sich die Wasserströmung<br />
derart erhöht, daß sich selbst gute<br />
Schwimmer in der Strömung nicht<br />
halten können. Hinzu kommt noch<br />
der von den vorbeifahrenden Schiffen<br />
erzeugte Wellenschlag, der zusätzlich<br />
einen starken Sog verursacht.<br />
... über Vorschläge für Maßnahmen<br />
zur Verbesserung der<br />
gewässerökologischen Situation<br />
im Hafen<br />
Zuerst muß Mensch wissen, was<br />
der Hamburger Hafen ist: „Der Hafen<br />
ist nicht nur ein Schaufenster<br />
des Wirtschaftsraumes Hamburg,<br />
sondern er ist auch das Aushängeschild<br />
für die Lebensqualität in<br />
unserer Stadt an der Elbe“ und<br />
„daß Hafenbecken mehr sind als<br />
bloße Transportwege für Schiffe:<br />
In den Hafenbecken steckt Leben!“<br />
1 .<br />
Um dieses Leben zu erhalten und<br />
gar zu verbessern, wurden in einem<br />
ersten Schritt umfangreiche Maßnahmen<br />
entwickelt. So wären z.B.<br />
ausgehängte Weihnachtsbäume
Konkurse3 Politik Seite 3<br />
Laichplätze für Plötzen und Barsche.<br />
Allerdings müßte diese Maßnahme<br />
jedes Jahr wiederholt werden.<br />
Wir sehen darin kein Problem,<br />
Weihnachten findet jedes Jahr statt<br />
und gleichzeitig wird die Entsorgung<br />
der Weihnachtsbäume gelöst. Die<br />
ökolologisierung des Hafens bietet<br />
auch noch andere Vorteile. „Naturnahe<br />
Bereiche im Hafen können<br />
für die Hafenplaner als positive<br />
Vorzeigeobjekte für das Miteinander<br />
von Natur und Wirtschaft<br />
genutzt werden. Sie können Anlaufpunkt<br />
für Hafenrundfahrten<br />
und Staatsbesuche sein“.<br />
Im zweiten Schritt wurden nun<br />
Renaturierungsmaßnahmen untersucht<br />
und gefunden.<br />
Die praktische Umsetzung der gewässerökologischenGestaltungsmaßnahmen<br />
soll im Guanofleet erfolgen.<br />
Nie gehört? Wir helfen gerne:<br />
Das Guanofleet befindet sich am<br />
Südufer der Norderelbe, gegenüber<br />
den Landungsbrücken. Es ist<br />
eine ca. 100 m lange und 50 m breite<br />
Fläche.<br />
Nun kann die Umweltbehörde nicht<br />
einfach losbuddeln und ökologisieren.<br />
Die Gestaltung und die technische<br />
Ausführung müssen erst untersucht<br />
werden. Die ersten hundert-<br />
„Meilensteine“<br />
aus 20 Jahren Hamburger<br />
Ist es ein kalkuliertes Spiel mit der<br />
Vergeßlichkeit der Bevölkerung,<br />
wenn eine stolz angekündigte,<br />
„nachhaltige“ Ausgleichsmaßnahme<br />
für ein Industrieprojekt nach nur<br />
wenigen Jahren von einer weiteren<br />
Industrieansiedlung „überprägt“ wird<br />
(Huckepackbahnhof Moorfleet)?<br />
Mit dem Zeitraffer-Blick einer<br />
Chronologie betrachtet, erscheinen<br />
derartige Dinge über Jahre geplant,<br />
bewußt medienmanipuliert und<br />
gesteuert zu sein. Erstmal eine Öko-<br />
Pressekampagne machen, wenn es<br />
geht mit Knopfdruck vom Herrn<br />
Senator. Und später, wenn genügend<br />
Ausgleichs-Gras darüber gewachsen<br />
ist, mähen, planieren, betonieren und<br />
heimlich was draufbauen. Ist ein<br />
Thema in der Öffentlichkeit genügend<br />
durchgekaut worden, kann man<br />
bereits kurz danach zum<br />
zerstörerischen Alltagsgeschäft<br />
übergehen.<br />
Alles bösartige Unterstellung? Mag<br />
sein, dann aber heißt das, daß<br />
irgendwer im vorliegenden Fall seine<br />
Arbeit nicht gemacht hat. Hatten die<br />
Umweltpolitik<br />
Im neuen Nationalpark Hamburger Hafen<br />
beteiligten Genehmiger alle<br />
vergessen, daß hier eine<br />
Ausgleichsmaßnahme betroffen war<br />
? (Okay, vielleicht hat ja auch der<br />
Sachbearbeiter gewechselt oder B45<br />
und K34 haben aneinander vorbei<br />
gearbeitet oder die Akte war nicht<br />
zu finden. Aber davon mal<br />
abgesehen.)<br />
Allen bedauernswerten BehördenmitarbeiterInnen,<br />
die von solch einer<br />
schlichten, Voltax-resistenten<br />
Vergeßlichkeit geplagt sind, ist diese<br />
Chronologie der Hamburger<br />
Umweltpolitik gewidmet. Sie besteht<br />
im Wesentlichen aus<br />
Zeitungsüberschriften, Zitaten und<br />
Ereignissen, die in unser Pressearchiv<br />
eingegangen sind. Einige<br />
herausragende Fälle werden unter<br />
dem Motto „Meilensteine“ in<br />
kleinen Kästchen auf den nächsten<br />
Seiten aufbereitet, um sich besonders<br />
tief im Gedächtnis der verehrten<br />
Leserschaft einzuprägen<br />
(Rrrrratsch). Die Chronik der<br />
Ereignisse finden Sie auf Seite 16.<br />
Bitte melde Dich!<br />
Gesucht werden die Elbfische<br />
Stör Acipenser sturio L., Zährte<br />
Vimba vimba (L.)<br />
Unter Experten gelten sie in der Elbe<br />
als ausgestorben. Nach neuesten Erkenntnissen<br />
der Umweltbehörde<br />
Hamburg sind sie aber zur Zeit nur<br />
verschollen. Hinweise über den Aufenthaltsort<br />
der verschollenen Fische<br />
bitte an:<br />
Umweltbehörde Hamburg<br />
Förderkreis »Rettet die Elbe« e.V.<br />
Amt für Gewässerschutz<br />
Nernstweg 22, 22765 Hamburg,<br />
Tel.: 040/393001<br />
Als Belohnung erhält der Finder eine<br />
Fahrt durch die Wunderwelt des<br />
Hafens.<br />
1 Vorschläge für Maßnahmen zur Verbesserung<br />
der gewässerökologischen<br />
Situation im Hafen, FHH-<br />
Umweltbehörde,Mai 1995<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpoli-<br />
Unfall bei tik Stoltzenberg<br />
1979 Ein verwahrlostes Gelände in Eidelstedt voll mit<br />
Sprengstoff, Nervengiften, Munition, Nebeltöpfen,<br />
Tränengas. Das Zeug liegt teils offen herum, teils ist es<br />
verbuddelt, der Zaun ist gespickt mit Löchern. Jedes Jahr<br />
gibt es mindestens einen Feuerwehreinsatz. Der Betreiber<br />
- ein wahnsinniger Chemiker. Die Zustände auf dem<br />
Gelände sind den Behörden seit vielen Jahren<br />
wohlbekannt. Aber selbst die Umweltbehörde unternimmt<br />
nichts, weil Onkel Bundeswehr (bester Stoltzenberg-Kunde) sonst vielleicht<br />
schimpfen könnte. Im September dann die Katastrophe: ein kleiner Junge, der mit<br />
Chemikalien vom Gelände gespielt hat, kommt dadurch ums Leben. Erst nach dem<br />
Unfall wird bekannt, wie leichtsinnig die Behörden hier mit der schon lange drohenden<br />
Gefahr umgegangen sind.<br />
Sprachlasten<br />
Bereits mehrfach (Wasser in Hamburg 3, Konkurse 2, Klärschlamm in<br />
Hamburg) haben wir Beispiele aus der Mottenkiste des erfahrenen<br />
Politikers dokumentiert: Mit blumigen, nichtssagenden Worten den Leser<br />
, Zuhörer oder Wähler einlullen und das Gegenteil meinen. Waren<br />
es anfangs noch einfache, noch naive Wortschöpfungen, so sind in den<br />
90’er Jahren raffinierte Kreationen aus gestylten Sprachlabors hinzugekommen.<br />
Gern geben wir hier einige neue Modeworte wieder und<br />
fügen die Übersetzungen bei.<br />
Wer es auswendig kann wird Umweltsenator.<br />
Ausschöpfung wirtschaftlicher<br />
Potentiale<br />
Natur platt walzen, um eine Fabrik<br />
drauf zu stellen.<br />
CO 2 neutrale thermische Verwertung<br />
Es kommt genau soviel CO 2 heraus wie<br />
früher - nicht mehr - nicht weniger<br />
tausend Mark sind weg. Die gesamte<br />
Umgestaltung für diese kleine<br />
Fläche wird dann dem Steuerzahler<br />
noch einmal ca. DM 400.000<br />
kosten.<br />
Und was haben wir davon, einen<br />
„ökologischen Stützpunkt“ ohne<br />
Wert, der nur für Staatsbesuche geeignet<br />
ist.<br />
Design for Environment<br />
Plastik-Welt<br />
Effizienzrevolution<br />
Klappt nicht<br />
(Fortsetzung auf Seite 9)
Seite 4 Modernes Leben Konkurse 3<br />
Als Tiger gestartet - als Bettvorleger gelandet<br />
Am 14.3. 1982 schließen sich in<br />
Hamburg AL (Alternative Liste,<br />
hervorgegangen aus der Bunten<br />
Liste) und Grüne zur GAL zusammen.<br />
Es sollte Schluss sein mit<br />
dem üblichen Politikablauf. Es<br />
sollte ein neuer Stil ins Parlament<br />
einziehen. Die GAL sollte den<br />
Interessen der Basis, also Initiativen<br />
und Verbände, im Parlament<br />
Gehör verschaffen, um so dringend<br />
erforderliche Veränderungen,<br />
insbesondere im<br />
Umweltschutz, zu erzwingen.<br />
Hinzu kam die Feststellung,<br />
Macht müsse besser<br />
kontrolliert werden, so<br />
daß innerhalb der GAL neue<br />
Instrumente der Politik entwickelt<br />
und angewandt wurden:<br />
Trennung von Amt<br />
und Mandat, Rotationsprinzip<br />
und ähnliches. Es<br />
sollten also Inhalte und<br />
nicht Personen im Mittelpunkt<br />
des Handels stehen.<br />
16 Jahre später sitzen 3<br />
GALierInnen im Senat, einer<br />
davon zuständig für die<br />
Umwelt. Was ist nun aus<br />
den Forderungen und Verfahren<br />
von einst geworden?<br />
Eine kurze Bilanz anhand<br />
der Themen “Atomkraft”<br />
und “Altenwerder” zeigt,<br />
daß der Titel dieser “Konkurse”<br />
auch dieser Entwicklung gerecht<br />
wird.<br />
1982: Mit festen Positionen an<br />
den öffentlichen Tisch<br />
Wie der Zufall es wollte, ergab sich<br />
bei der Bürgerschaftswahl 1982 eine<br />
rechnerische Mehrheit für Rot-Grün.<br />
Die Alternativen dazu waren Neuwahlen<br />
oder eine große Koalition.<br />
SPD-Bürgermeister von Dohnany<br />
begann Gespräche mit der GAL.<br />
Was der SPD zunächst überhaupt<br />
nicht in die geheimen Pläne passte,<br />
war die GAL-Forderung nach Öffentlichkeit<br />
bei den Verhandlungen.<br />
Alle sollten sehen, wie die Gespräche<br />
abliefen und wie mögliche Kompromisse<br />
zustande kämen oder warum<br />
nicht. Als nächstes mussten die<br />
Sozialdemokraten, unterstützt von<br />
ihren Experten aus den Behörden,<br />
Mitglieder von Stadtteilgruppen oder<br />
Umweltinitiativen als Experten auf<br />
Seiten der GAL treffen, die mit eben<br />
diesen Behörden-Experten schärfste<br />
Auseinandersetzungen führten.<br />
Neben den Verhandlungsmodalitäten<br />
war es bei den Inhalten ebenfalls die<br />
GAL, welche die Themen setzte: ”Erweiterung<br />
des Hamburger Hafens,<br />
Eine kurze Geschichte der Hamburger Grünen auf dem Weg zur Macht<br />
Energieversorgung, Sozialpolitik,<br />
Frauen, Wohnen, Demokratie und<br />
Recht, Frieden” 1 . Alles Themen,<br />
wegen derer die GAL in die Bürgerschaft<br />
gewählt worden war. Es machte<br />
aus Sicht der damaligen GAL-<br />
UnterhändlerInnen nur Sinn den<br />
SPD-Senat zu unterstützen, wenn<br />
dieser seine Politik veränderte, d.h.<br />
wenn grüne Forderungen tatsächlich<br />
umgesetzt werden könnten. Dazu ge-<br />
hörte u.a. der Verzicht auf die Hafenerweiterung<br />
in Altenwerder und der<br />
sofortige Ausstieg aus der Atomkraft.<br />
Es finden diverse Verhandlungsrunden<br />
statt, alle geprägt von einem<br />
sturen Festhalten der SPD an ihrem alten<br />
Kurs des ”weiter so!”.<br />
Die „Zeit“ beschreibt das Ende der<br />
Verhandlungen so:<br />
”Die Mitgliederversammlung der<br />
GAL gibt eine Erklärung ab, die<br />
das Ende der Gespräche einläutet:<br />
‚Die SPD wird von der GAL keine<br />
Zustimmung zu einem Haushalt erhalten,<br />
der z.B. Sparpolitik festschreibt,<br />
an der Hafenerweiterung<br />
festhält und keine wirksamen Beschäftigungimpulse<br />
enthält.”<br />
Kurz darauf gibt es Neuwahlen zur<br />
Bürgerschaft, aus denen die SPD<br />
wieder als alleinige Regierungspartei<br />
hervorgeht.<br />
Bemerkenswert an diesen Verhandlungen<br />
waren neben der Tatsache,<br />
dass sie überhaupt stattfanden, Stil<br />
und Herangehensweise der GAL. Es<br />
wurden vor den Verhandlungen Positionen<br />
bestimmt, die es umzusetzen<br />
Boehringer zu alten Tagen: Dioxin-Direktberieselung der Vier- und Marschlanden<br />
galt. Eine Regierungsbeteiligung sollte<br />
nur dann eingegangen werden,<br />
wenn dies zur Durchsetzung entscheidender<br />
Punkte auf GAL-Seite beigetragen<br />
hätte. In der Opposition<br />
konnte mensch wenigstens die Verantwortlichen<br />
für den Stillstand benennen.<br />
In einer Koalition des Stillstandes<br />
wäre mensch aber vertraglich<br />
gebunden gewesen, diesen Still-<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Gift bei C.H. Boehringer<br />
1979 HCH-Funde in der Kuhmilch und im Gemüse der<br />
Boehringer-Nachbarn sowie Dioxine im Grundwasser<br />
geraten an die Öffentlichkeit. Die ersten Reaktionen der<br />
1980 Behörden: „Es besteht keine akute Gesundheitsgefahr“<br />
oder „Alles Panikmache“. Jahrelang beobachtete<br />
auffällige Krankheitsbilder bei Boehringer-Angestellten,<br />
unerklärliche Todesfälle von Vieh auf den<br />
Nachbarweiden und die Seveso-Dioxin-Katastrophe (1976) waren offenbar<br />
noch nicht Grund genug für die gerade aus dem Ei geschlüpfte Umweltbehörde,<br />
sich von selbst mit dem Schadstoff- und Gefährdungspotential dieser Firma zu<br />
beschäftigen. Nun angekündigte Sofortmaßnahmen lassen monatelang auf sich<br />
warten oder versanden gänzlich.<br />
stand mitzutragen.<br />
Zwischen den Jahren 1982 und 1993<br />
machen die Grünen bundesweit, also<br />
auch die GAL in Hamburg, einen<br />
langsamen aber stetigen Wechsel ihrer<br />
Politik durch. Exponenten des linken<br />
Flügels wie Ebermann, Trampert<br />
und Ditfurth kehren der Partei den<br />
Rücken. Die sogenannten ”Realos<br />
und Realas” sind bald unter sich. Dies<br />
sollte Folgen haben, auch für Stil und<br />
Inhalte der GAL-Politik.<br />
Nach Außen jedoch stellten sich die<br />
Grünen weiterhin als Reformpartei<br />
dar. Michael Pollman, heute Staatsrat<br />
in der Umweltbehörde, äußerte<br />
sich noch 1991 radikal gegen Hafenerweiterung<br />
und Elbvertiefung,<br />
denn: ”Hafenerweiterung<br />
und Elbvertiefung sind<br />
eine Kampfansage an jegliche<br />
ökologische Entwicklungsplanung<br />
der Region.<br />
Und so werden sich Initiativen<br />
wie Rettet die Elbe, Naturschutzverbände<br />
und Parteien<br />
wie die Grünen auch<br />
jetzt nicht kampflos geschlagen<br />
geben. Es darf nicht angehen,<br />
daß unwiederbringliche<br />
Naturressourcen weiterhin<br />
auf dem Altar einer Wirtschaftspolitik<br />
geopfert werden,<br />
die in ihrer Fixierung<br />
auf die Belange des Hafens<br />
auch rein ökonomisch betrachtet<br />
immer unsinniger<br />
wird”. 2<br />
(Anmerkung d. V.: Heute ist<br />
Altenwerder vernichtet, die Elbe wird<br />
tiefer gelegt und dies alles mit Zustimmung<br />
der GAL, dem Umweltsenator<br />
Porschke und seinem Staatsrat<br />
Pollmann.)<br />
1993: Gewollt hätte man schon,<br />
gesollt hat man nicht<br />
Aus den Bürgerschaftswahlen 1993<br />
geht die SPD zwar wieder als stärkste<br />
Fraktion hervor, allein regieren<br />
kann sie aber nicht. Für Bürgermeister<br />
Henning Voscherau stellt sich die<br />
Frage, ob mit der grauen Stattpartei<br />
oder der GAL verhandelt werden<br />
soll. Taktiker Voscherau wählt folgende<br />
Strategie: Verhandeln mit der<br />
GAL und diese quälen bis sie nicht<br />
mehr kann. Denn solche fast geklappten<br />
Verhandlungen stellen die<br />
Linken in der SPD ruhig und senken<br />
den Preis für die Rot-Graue Koalition.<br />
Die GAL ging in die Falle und<br />
verhandelte sich politisch fast um<br />
Kopf und Kragen, wie die bekanntgewordenen<br />
Papiere zeigen.<br />
Das GAL Angebot an die SPD entsprach<br />
weitgehend den Wahlforderungen<br />
und sah folgendes vor: 3 ”Angesichts<br />
des nicht hinnehmbaren Risikos<br />
der Kernenergie betreiben die<br />
Koalitionspartner im Rahmen der<br />
Hamburger Möglichkeiten den
Konkurse 3 Modernes Leben Seite 5<br />
schnellstmöglichen Ausstieg. Aufgrund<br />
der bestehenden Vertragslage<br />
vereinbaren die Koalitionspartner,<br />
die Kündigung des Vertrages<br />
Brunsbüttel im Jahre 1996 mit Wirkung<br />
1999 zu prüfen und zu betreiben.<br />
Wenn sich keine schnelleren<br />
Möglichkeiten der Stillegung finden<br />
lassen.”<br />
Beim Atom-Ausstieg stand die alte<br />
GAL-Position also auch nach den Verhandlungen<br />
noch fest. Dagegen war<br />
mensch bei Hafenerweiterung, Elbvertiefung<br />
der SPD-Positon sehr weit entgegengekommen.<br />
Hatte die<br />
GAL den Wählern und Wählerinnen<br />
zunächst noch versprochen:<br />
”Weniger ist mehr. Auf die<br />
Zerstörung Altenwerders<br />
und die Elbvertiefung muß<br />
endlich verzichtet werden.<br />
Hafenerweiterung und Elbvertiefung<br />
sind ökologisch<br />
nicht vertretbar und wirtschaftlich<br />
für den Hafen<br />
nicht notwendig. ... Der Hafen<br />
ist groß genug und Altenwerder<br />
ist zu schade für die<br />
Hafenerweiterung. Altenwerder,<br />
Moorburg und Francop<br />
müssen aus dem Hafenentwicklungsgebietherausgenommen<br />
werden.” 4<br />
So hat sich die GAL in diesen<br />
Fragen bei den Verhandlungen<br />
gar nicht durchsetzen wollen, denn Senatorenposten<br />
waren bereits wichtiger<br />
als Knackpunkte, und man einigte sich<br />
mit der SPD auf sogenannte Formelkompromisse<br />
in diesen Fragen. Was<br />
mehr oder weniger die Zustimmung zu<br />
diesen Großprojekten bedeutete:<br />
“Der Bedarf für die Hafenerweiterung<br />
in Altenwerder ist im Laufe des<br />
Planfeststellungsverfahrens vorbehaltlos<br />
zu prüfen. Die ggf. anstehenden<br />
rechtlichen Verfahren werden<br />
auf dem normalen Verfahrensweg einer<br />
Klärung zugeführt.” 5<br />
1997: Endlich an die Macht, koste<br />
es was es wolle<br />
Aus den Fehlern von 1993 wollten<br />
die Oberrealas Krista Sager und<br />
Wilfried Maier unbedingt lernen. Im<br />
Vorfeld der Wahl ´97 wurden alle<br />
GAL-Positionen, die nicht SPD-nahe<br />
waren, geräumt. Die SPD hätte sowas<br />
früher den Jusos als ”Sachzwang”<br />
verkauft. Die GAL handelte<br />
dagegen schon im vorauseilenden<br />
Gehorsam:<br />
“Statt auf Anti-Slogans auf Themen<br />
setzen‚die wir im Rahmen einer rotgrünen<br />
Koalition auch tatsächlich<br />
voranbringen können’, so GAL-<br />
Fraktions Chef und Sager-Intimus<br />
Wilfried Maier. Die GAL könne kein<br />
Interesse daran haben, die Themen<br />
Elbvertiefung und Hafenerweiterung<br />
ins Zentrum des Wahlkampfes<br />
zu stellen. Zur Begründung heißt es,<br />
daß die Grünen angesichts der Arbeitsmarktsituation<br />
ihr Kompetenzprofil<br />
in Wirtschaftsfragen schärfen<br />
müssten.” 6<br />
Ebenso wurde die ehemalige Basis aus<br />
Initiativen und Verbänden ausgeschaltet,<br />
denn mit ihren Forderungen wären<br />
sie ein Hindernis auf dem Weg zur<br />
Macht gewesen und hätten als Experten<br />
den eingeschlagenen Schmusekurs<br />
der GAL nur gestört. Das Rotations-<br />
prinzip als Instrument der Machtkontrolle<br />
hatte die GAL schon früher still<br />
beerdigt.<br />
Dennoch sollte für die AKWs bald<br />
das ‚Aus‘ kommen, würde die GAL<br />
endlich mitregieren: ”Energiewende<br />
– Raus aus dem Atom ... Wir fordern<br />
deshalb die sofortige Stillegung<br />
aller Atomanlagen.” 7<br />
Nach kurzen, geheimen Verhandlungen<br />
waren sich SPD und GAL einig.<br />
Wichtiger als die vereinbarten Ziele<br />
der Koalition waren für die GAL wie<br />
vier Jahre vorher die drei Senatorenposten,<br />
denn von den ursprünglichen<br />
GAL-Zielen (s.o.) war nichts übriggeblieben.<br />
Heute feiert der nunmehr grüne Umweltsenator<br />
das zwanzigjährige Jubiläum<br />
eines Amtes, zu dessen Fehlern<br />
durch Unterlassung er selber auch<br />
bereits seit einem Jahr beitragen darf.<br />
Ein Indirekteinleiterkataster, von seinen<br />
Vorgängern wiederholt folgenlos<br />
angekündigt, ist immer noch nicht fertig.<br />
Und das obwohl Porschke und<br />
die GAL dies in der Opposition immer<br />
wieder angemahnt und im Koalitionsvertrag<br />
sogar die zügige Fertigstellung<br />
verabredet hatten. Auch<br />
die Einleiter der Schwermetalle in das<br />
Klärwerk Stellinger Moor werden<br />
weiterhin nicht gesucht.<br />
Porschke darf sich denn auch als erster<br />
grüner Umweltsenator in dieser<br />
Republik rühmen, die teilweise Zerstörung<br />
des unter Schutz stehenden<br />
Mühlenberger Lochs für die DASA-<br />
Erweiterung mit eingeleitet zu haben.<br />
Er veranstaltet, wie sein SPD-Vorgänger,<br />
tolle Umwelttouren in das<br />
Mühlenberger Loch, verbringt vorbildhaft<br />
seinen Urlaub in Hamburg<br />
und gibt Tips zum Energiesparen.<br />
Fazit: Die Krallen sind weg, und der<br />
Bettvorleger verfilzt zunehmend!<br />
Besuch bei Haltermann, Boehringer, Affi & Co: Die Elise der Umweltschutzgruppe<br />
P.S. : Und was wurde nun aus dem<br />
Atomausstieg? Alle Atomkraftwerke<br />
der HEW laufen auf vollen Touren.<br />
Die aktuelle Vereinbarung mit der<br />
SPD lautet: ”Die zuständige Behörde<br />
wird zügig gutachterlich prüfen<br />
lassen, ob es wirtschaftlich vertretbar<br />
ist, bestehende Kernkraftwerke<br />
stillzulegen...” 8 Statt sofort 9 abzuschalten<br />
sollten also die AKW-<br />
Betreiber höflich gefragt werden, ob<br />
es denn nicht auch ohne<br />
ginge...Verschiedene Rot-Grüne<br />
Koalitionen in Bundesländern wie<br />
Hessen, Bremen oder Niedersachen<br />
und Nordrhein-Westfalen zeigten<br />
bereits die beschränkten Möglichkeiten<br />
für Umweltpolitik mit der SPD.<br />
Wenn die Entscheidung zwischen<br />
Mitregieren oder an grünen Prinzipi-<br />
1981<br />
en Festhalten fällig wurde, so hat auf<br />
grüner Seite bisher immer die Aussicht<br />
auf Posten und Pensionen gewonnen.<br />
Kein einziges Bundesland versuchte<br />
ernsthaft aus der Atomenergie auszusteigen.<br />
Mit dem Verweis auf Bonn<br />
und die Zuständigkeit von Herrn Töpfer<br />
und Frau Merkel (CDU) konnten<br />
alle Forderungen bequem und<br />
folgenlos weitergegeben werden. Die<br />
Rot-Grüne Bundesregierung wird nun<br />
die Laufzeit der AKWs nicht beschränken,<br />
sondern die Produktion<br />
von täglich neuem, strahlendem<br />
Atommüll an Ort und Stelle<br />
lagern und so weiterlaufen<br />
lassen. Die Konfrontation mit<br />
den AtomkraftgegnerInnen<br />
will mensch sich aber ersparen,<br />
so dass die Transporte<br />
von Castor-Behältern eingestellt<br />
werden sollen. Dies ist<br />
aber identisch mit den Interessen<br />
von HEW, RWE etc.<br />
Abgeschaltet werden dann<br />
alle paar Jahre ein altes<br />
AKW, das nach der Kosten-<br />
/Nutzenrechnung der Betreiber<br />
einfach nicht mehr kostendeckend<br />
repariert und<br />
gewartet werden kann. Dieser<br />
dann als ”Ausstieg” abgefeierte<br />
Weg wird ca. 30<br />
Jahre dauern. In der Zwischenzeit<br />
wird weiterhin auf<br />
Staatskosten an neuen<br />
Reaktortypen entwickelt, viel<br />
Geld in Kernfusion fliessen und auch<br />
sonst die Atomlobby finanziell ruhiggestellt<br />
werden. Ein sofortiger Ausstieg<br />
aus der Atomenergie ist mit diesen<br />
Grünen nicht mehr zu haben.<br />
1 Die Zeit, 3.12.1982<br />
2 Kantstein, November 1991<br />
3 GAL, ”Von Anfang an vermurkst - Ein<br />
Reader der GAL zu den gescheiterten<br />
Koalitionsverhandlungen, GAL Fraktion”,<br />
1993<br />
4 GAL, Wahlplattform, 1993<br />
5 GAL, ”Von Anfang an vermurkst - Ein<br />
Reader der GAL zu den gescheiterten<br />
Koalitionsverhandlungen, GAL Fraktion”,<br />
1993<br />
6 Taz, 7.10.96 ”Strategisch, taktisch, grün”<br />
7 GAL, Wahlprogramm 1997<br />
8 Koalitionsvertrag GAL/SPD, 1997<br />
9 sofort = im Augenblick (Der große Du-<br />
den, 1990)<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpoli-<br />
Besuch bei Haltermann, Boehringer, Affi und Co.<br />
Mit einem Kanu als „Meßtanker“ wird von unserer<br />
Umweltschutzgruppe erstmals ein umfassendes<br />
Meßprogramm im Hamburger Hafen durchgeführt, um<br />
festzustellen, wie Schwermetallgehalte im Schlick mit<br />
in der Nähe befindlichen Abwasserrohren im<br />
Zusammenhang stehen. Was die Umweltbehörde seit<br />
drei Jahren als nicht zu bewältigenden Meß- und Analyseaufwand vor sich<br />
herschiebt, wird von uns innerhalb eines halben Jahres (leider ohne Gage)<br />
erledigt. Die oft extrem hohen Werte geben einen guten Überblick darüber,<br />
welche Firma welchen Schadstoffingerabdruck im Hafen hinterläßt.
Seite 6 Schlaglichter Konkurse 3<br />
Dr. Fritz Vahrenholt, von Kritikern<br />
liebevoll „Fritze“ genannt, war von<br />
1991 bis 1998 Umweltsenator in<br />
Hamburg und hat wie kaum ein anderer<br />
die Umweltpolitik der letzten<br />
10 Jahre geprägt. Sein Agieren bewirkte<br />
einen grundlegenden Sinneswandel<br />
in der öffentlichen<br />
Wahrnehmung der Umweltgefährdungen.<br />
Und um es gleich deutlich<br />
zu sagen: Wir meinen das keinesfalls<br />
positiv.<br />
Diese „Würdigung“ muß sich allerdings<br />
auf eine kleine Auswahl<br />
Vahrenholt’scher Selbstdarstellung<br />
beschränken, denn er liebte<br />
Knöpfchen-Drücken und Medienauftritte<br />
gar zu sehr. Eines der Resultate<br />
seiner Auftritte ist sicher: Die<br />
Ära Vahrenholt ist in die Medien<br />
eingegangen als eine Zeit der Lösung<br />
der wichtigsten Umweltprobleme<br />
mit Hilfe modernster Technologie,<br />
als Jahre, in denen alle wesentlichen<br />
Herde der Luft-, Bodenund<br />
Wasserverschmutzung in Hamburg<br />
unter Kontrolle gebracht wurden,<br />
als Periode der Aussöhnung<br />
zwischen Industrie, Chemie und<br />
Großtechnologie mit dem Umweltschutz.<br />
Seit Vahrenholt definieren<br />
Staat und Industrie wieder selber<br />
was sauber und umweltverträglich,<br />
und was schmutzig und für die Umwelt<br />
schädlich ist. Unabhängige<br />
Umweltschützer außerhalb der großen<br />
Verbände, so scheint es, sind<br />
überflüssig geworden.<br />
„Der Ökochonder als Leitbild“ lautet<br />
die Überschrift zu einem Essay<br />
von F. Vahrenholt im März 1996<br />
(1): „Wo Vertrauen zerbrochen ist<br />
und immer weniger Menschen die<br />
immer komplizierteren Zusammenhänge<br />
von Technik und Wissenschaft<br />
begreifen, ist irrationale<br />
Angst entstanden. Diese Angst<br />
ist eine wesentliche Ursache für<br />
den Widerstand in der deutschen<br />
Öffentlichkeit gegen Hochtechnologie.<br />
... Wir sind zur bloßen<br />
Risikovermeidungsgesellschaft<br />
geworden, der Ökochonder ist<br />
unser Leitbild. ... Die Welt steht<br />
vor unlösbar erscheinenden Bedrohungen.<br />
Sie steht aber auch<br />
vor epochalen Errungenschaften,<br />
und die Chemie ist ihr wichtigster<br />
Hoffnungsträger.“<br />
Zwanzig Jahre zuvor kamen von Vahrenholt<br />
noch ganz andere Töne. In<br />
dem 1978 erschienenen Buch „Seveso<br />
ist überall“ (2) ist unter der<br />
Überschrift „Der sogenannte chemische<br />
Fortschritt“ zu lesen: „Die neuen<br />
Seuchen sind chemischer Natur,<br />
sie heißen PCB, Lindan, Quecksilber<br />
und Cadmium. Chemische Gifte<br />
verseuchen die Umwelt, gefährden<br />
den Menschen auf heimtückische<br />
Art, denn viele Erkrankungen<br />
Maracujasaft und Ökochonder - Alpträume eines Umweltsenators<br />
kommen oft erst nach Jahren oder<br />
gar Jahrzehnten zum Ausbruch.“<br />
Einige Seiten weiter: „Und die chemische<br />
Verseuchung schreitet fort:<br />
In den Retorten wachsen Riesenmoleküle,<br />
Erbstränge vom Reißbrett,<br />
synthetisierte Lebensformen,<br />
die womöglich noch gefährlicher<br />
sind als PCBs, Cyankali oder<br />
TCDD. Harmlos scheinende Bakterien,<br />
von Biochemikern kreiert,<br />
könnten sich sehr schnell als Umweltzeitbombe<br />
entpuppen, sollten<br />
sie einmal aus den Laboratorien<br />
entwischen.“<br />
Böse Zungen behaupten zwar, Dr.<br />
Vahrenholt habe inhaltlich zu diesem<br />
Buch nicht allzu viel beigetragen,<br />
die wichtigsten Passagen<br />
stammten aus der Feder des Co-<br />
Autors Egmont Koch - doch lassen<br />
wir dies einmal dahingestellt.<br />
Was trieb nun diesen promovierten<br />
Chemiker, der nach einer Bilderbuchkarriere<br />
zunächst Staatsrat<br />
und dann Senator der Umweltbehörde<br />
in Hamburg wurde, zu derartigen<br />
Ausbrüchen wie in dem zuerst<br />
zitierten »Spiegel«-Artikel, die<br />
scheinbar so gar nichts mehr mit seinen<br />
Äußerungen von 1978 zu tun<br />
haben?<br />
Dazu müssen wir uns erinnern, in<br />
welcher Zeit „Seveso ist überall“<br />
entstand, einer Zeit, in der Umweltschutz<br />
ein wichtiges Thema wurde<br />
und viele Menschen sich aktiv engagierten.<br />
Diese Entwicklung führte<br />
in den folgenden Jahren in Ham-<br />
burg zu einer politischen Atmosphäre,<br />
die Vahrenholt 1983 im Buch<br />
„Die Lage der Nation“ (3) selber<br />
so darstellte: „Hamburger Verhältnisse<br />
- so wurden die Folgen des<br />
Wahlergebnisses vom Juni 1982<br />
genannt. Darüber hinaus ist der<br />
Begriff den einen zum Synonym<br />
für die angebliche Unregierbarkeit<br />
des Staates geworden, für die<br />
anderen bezeichnet er den Versuch,<br />
mit den Grünen neue Mehrheiten<br />
links von der CDU zu<br />
schaffen.“ Damals hatte die Grün-<br />
Alternative Liste bei den Hambur-<br />
ger Bürgerschaftswahlen im Juni einen<br />
Anteil von 7,7 % erreicht, die<br />
SPD hatte ihre absolute Mehrheit<br />
verloren und die CDU war stärkste<br />
Fraktion. Da das Volk falsch gewählt<br />
hatte gab es im Dezember<br />
eine erneute Wahl, bei der die Sozi-<br />
aldemokraten ihre absolute Mehrheit<br />
wieder gewannen. Erheblichen Anteil<br />
an diesen Vorgängen hatte das<br />
Thema Ökologie. Seit etwa 1975<br />
hatten Umweltschutzgruppen und<br />
Bürgerinitiativen reihenweise Umweltskandale<br />
und Gesundheitsbedrohungen,<br />
die Machenschaften einer<br />
von Umweltbewußtsein gänzlich<br />
ungetrübten Industrie sowie die Rolle<br />
desinteressierter und inkompetenter<br />
Genehmigungs- und Überwachungsbehörden<br />
aufgedeckt. In<br />
Hamburg wurden Namen wie Boehringer,<br />
Norddeutsche Affinerie, Georgswerder<br />
und die Elbverschmutzung<br />
zum Inbegriff für ungehemmte<br />
Umweltzerstörung. Genau diese Entwicklung<br />
zwang die Alt-Parteien,<br />
Ökologie in ihren programmatischen<br />
Wortschatz aufzunehmen. Auf den<br />
Druck der Umweltbewegung, der<br />
eine grüne Partei in die Parlamente<br />
einziehen ließ, reagierte die SPD in<br />
Hamburg auch mit personellen Konsequenzen.<br />
Im November 1984 wurde<br />
Vahrenholt Staatsrat bei der Umweltbehörde.<br />
Und sogleich verkündete<br />
er, warum er an die Elbe kam:<br />
„Auch mit Sozis kann man eine<br />
vernünftige Umweltpolitik machen“<br />
(4).<br />
An Beispielen läßt sich zeigen, wie<br />
Vahrenholt die Enttarnung „vom<br />
Öko-Paulus zum Öko-Saulus“ vollzogen<br />
hat (so ein Sprecher des Dualen<br />
Systems, zitiert in der »taz Hamburg«<br />
vom 8.7.96).<br />
Der Anlaß für das Buch „Seveso ist<br />
überall“ war der furchtbare Chemieunfall<br />
im italienischen Seveso, bei dem<br />
das freigesetzte Dioxin schlimme<br />
Schäden angerichtet hatte. Dioxin<br />
wurde zum Inbegriff der Gefährlichkeit<br />
und Unberechenbarkeit der<br />
Chlorchemie. Es war der endgültige<br />
Beweis dafür, daß solche Stoffe<br />
schon in kleinsten Mengen extrem gefährlich<br />
sein können. In Luft, Wasser,<br />
Boden, Pflanzen und Tieren, ja<br />
selbst in der menschlichen Muttermilch<br />
wurde dieses Ultragift nachgewiesen.<br />
Aber Vahrenholt wäre nicht<br />
Vahrenholt, wenn er nicht auch das<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Elbfischerei beendet<br />
1981 Mehr und mehr kranke Fische finden sich in den Netzen<br />
der Elbfischer. Doch es kommt noch schlimmer: 1981 wird<br />
den Elbfischern ein Merkblatt der Wirtschaftsbehörde<br />
1982<br />
zugestellt, das darauf hinweist, daß 90% der Aale aus der<br />
Elbe zu hohe Gehalte an chlorierten Kohlenwasserstoffen<br />
und 40% zu hohe Quecksilbergehalte hätten, und daß es<br />
laut Lebensmittelgesetz verboten sei, Fische mit zu hohen<br />
Schadstoffgehalten in den Handel zu bringen. Bei Verstößen drohen bis zu einem<br />
Jahr Freiheitsstrafe oder bis 50.000 DM Geldbuße. Der seit Jahrhunderten übliche<br />
freie Verkauf ist damit nicht mehr möglich, die traditionelle Elbfischerei erledigt. Von<br />
Seiten der Umweltbehörde gibt es nach wie vor keine durchgreifenden Maßnahmen<br />
gegen Gifteinleitungen in die Elbe.
Konkurse 3 Schlaglichter Seite 7<br />
Thema Dioxin technisch gelöst hätte.<br />
In einer 1995 veröffentlichten Dioxin-<br />
Bilanz für Hamburg (5) heißt es: „In<br />
jüngerer Zeit haben wir allerdings<br />
Fortschritte gemacht; moderne<br />
Abfallverbrennungsanlagen zum<br />
Beispiel holen jetzt Dioxine aus<br />
dem Kreislauf und zerstören sie,<br />
statt - wie früher - die Umwelt zusätzlich<br />
damit zu belasten“. So einfach<br />
ist das. In der Bilanz können wir<br />
dann sehen, welche wunderbaren Erfolge<br />
der damalige Umweltsenator mit<br />
seinen Anlagen schon erzielt hatte.<br />
Die gesamte Dioxinabgabe an die<br />
Luft aus den Quellgruppen Industrie<br />
und Gewerbe, Privathaushalte, Energieerzeugung<br />
sowie Verkehr soll<br />
1995 max. 1434 Milligramm * betragen<br />
haben, wogegen 2800 mg aus der<br />
Luft abgelagert wurden. Die<br />
Hälfte des Dioxins kommt<br />
demnach von außerhalb.<br />
Wenn aber ein Industriestandort<br />
wie Hamburg<br />
schon mehr Dioxin aus der<br />
Luft aufnimmt als er selbst<br />
abgibt, so ist es doch rätselhaft,<br />
warum überhaupt<br />
noch Dioxin in der Luft zu<br />
finden ist. Leider gibt die Bilanz<br />
keine Erklärung dafür,<br />
wo das ganze Gift eigentlich<br />
her kommt, wenn nicht<br />
aus Hamburg selbst. Aber<br />
um die Beantwortung solcher<br />
Fragen ging es nicht.<br />
Es geht darum, technische<br />
Lösungen als Allheilmittel zu<br />
verkaufen und mit scheinbar<br />
unantastbarem Zahlenmaterial<br />
die tatsächlichen Zusammenhänge<br />
zu verschleiern.<br />
So wird suggeriert, daß<br />
z. B. das Dioxin-Problem gelöst ist.<br />
Ein geradezu klassisches Beispiel<br />
dafür, wie sich Vahrenholts vollmundigen<br />
und medienwirksamen<br />
Ankündigungen in der Praxis in ihr<br />
Gegenteil verkehrten, ist das Thema<br />
Umweltinformation. Mit Gespür<br />
für das, was ankommt, prägte er<br />
1987 den Begriff „Glasnost in der<br />
Umweltpolitik“. „Schluß mit der<br />
Heimlichtuerei!“ titelte ein Artikel<br />
von ihm (6). „Gläserne Schornsteine“<br />
und „gläserne Abwasserrohre“<br />
wurden verkündet. Doch daß sich<br />
auch dahinter nur eine populistische<br />
Reaktion auf die immer wieder<br />
vorgebrachte Kritik an der Geheimniskrämerei<br />
der Umweltbehörde<br />
verbarg, konnten Umweltschützer<br />
feststellen, als sie Vahrenholt<br />
beim Wort nahmen (siehe Artikel<br />
„Faul, Dreist und Geldgierig“). Der<br />
vermeintliche Erfinder von „Glasnost<br />
in der Umweltpolitik“ handelte sich<br />
eine Klage vor dem Hamburgischen<br />
Verwaltungsgericht und Beschwer-<br />
* angegeben als internationale<br />
Toxizitätsäquivalente, I-TEQ/a<br />
den bei der EU-Kommission in<br />
Brüssel ein. Wie hatte Vahrenholt<br />
noch 1987 in dem Zeit-Artikel geschrieben:<br />
„Es ist die Rückkehr<br />
zur Politik des Maulkorbs und der<br />
Ignoranz, des Verharmlosens und<br />
unter-den-Teppich-Kehrens, die<br />
sich wieder breit macht“. Von ihm<br />
als Kritik an der damaligen Bonner<br />
Regierung gedacht, war es auch<br />
eine Vorankündigung seiner Informationspolitik<br />
gegenüber engagierten<br />
Umweltschützern.<br />
In welchem Interesse Vahrenholt als<br />
Senator dachte und handelte, kam im<br />
Juni des Jahres 1996 unverblümt zum<br />
Vorschein, als er den Haushaltsentwurf<br />
der Umweltbehörde für 1997<br />
vorstellte. Die Einsparungen bei den<br />
Posten für die Stadtreinigung kom-<br />
mentierte er folgendermaßen: „Als<br />
bitter empfinde ich jedoch, daß wir<br />
auch für die Sauberkeit der Stadt<br />
... eine Million Mark weniger ausgeben,<br />
als aufgrund der Preissteigerungen<br />
notwendig wäre. Wir<br />
werden jedoch alles versuchen,<br />
trotzdem für mehr Sauberkeit zu<br />
sorgen. Zum einen durch Aufklärung<br />
und Appelle ..., zum anderen<br />
dadurch, daß Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger<br />
in diesem Bereich<br />
geschaffen werden“. Die SPD<br />
Hamburg hatte auf ihrem Parteitag am<br />
25. August 1996 beschlossen, die<br />
Sozialhilfe um 25 % zu kürzen, wenn<br />
die Sozialhilfeempfänger Vahrenholt<br />
bei seiner Sauberkeit nicht unterstützen.<br />
Schließlich hatte er schon 1984<br />
verkündet: „Das ist doch inzwischen<br />
eine Binsenweisheit geworden, daß<br />
Umweltschutz in summa Arbeitsplätze<br />
schafft“ (4). Nur hatten wir<br />
das damals etwas anders verstanden.<br />
Zum krönenden Abschluß seiner<br />
Amtszeit als Hamburger Umweltsenator<br />
hat Vahrenholt noch einmal so<br />
richtig vom Leder gezogen und<br />
deutlich gemacht, wo heute die<br />
wahren Umweltprobleme und<br />
Gesundheitsbedrohungen zu suchen<br />
sind. Bei einem Interview im<br />
September 1997 (7) nannte er auf<br />
die Frage nach den Ursachen der<br />
starken Zunahme von Asthma und<br />
Allergieerkrankungen bei Kindern<br />
nicht Autoverkehr und Industrieschlote,<br />
Ozonbelastung und<br />
Elbverschmutzung - alles Probleme<br />
von gestern, die sich „verflüchtigen“<br />
- sondern konstatierte: „Heute<br />
kriegt ja schon ein zweijähriges<br />
Kind Maracujasaft und wird mediterraner<br />
oder tropischer Sonnenbestrahlung<br />
ausgesetzt. Man<br />
kann nicht sein eigenes Fehlverhalten<br />
auf die externen Schlote<br />
schieben. Die Luft ist in Hamburg<br />
Gläserne Schornsteine bei der thermischen Verwertungsanlage Borsigstraße<br />
jedenfalls so sauber, wie sie in der<br />
gesamten Geschichte der Bundesrepublik<br />
noch nie war“.<br />
Wer ist hier eigentlich der Ökochonder?<br />
Die Dioxinopfer nicht nur<br />
aus Seveso, die stark zunehmende<br />
Zahl von Menschen mit Atemwegserkrankungen<br />
und Neurodermitis,<br />
diejenigen, die sich beim Umgang mit<br />
Lösemitteln oder anderen gefährlichen<br />
Chemikalien die Gesundheit ruiniert<br />
haben oder gar die leukämiekranken<br />
Kinder in der Umgebung<br />
des Atomkraftwerkes Krümmel?<br />
Sind es die BürgerInnen, die das<br />
Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen<br />
wollen ohne tausende Mark dafür zu<br />
bezahlen? Sind es Menschen, die<br />
sich gegen sinnlose und umweltzerstörende<br />
Hafenerweiterungen oder<br />
immer neue Autobahnen wehren?<br />
Oder sind es diejenigen, die aufgrund<br />
der Erfahrungen z. B. mit Contergan,<br />
DDT und Holzschutzmitteln der<br />
Gentechnik und sonstigen „Segnungen“<br />
der modernen Industrie kritisch<br />
gegenüber stehen?<br />
Wir und viele andere Umweltschützer<br />
haben Vahrenholt bei seinem<br />
Ausscheiden als Umweltsenator<br />
nicht die kleinste Träne nachgeweint.<br />
Er hat mit seiner Art der Inszenierung<br />
von vermeintlichen Lösungen<br />
der Umweltprobleme, der<br />
Verharmlosung gefährlicher Technologien<br />
samt umwelt- und gesundheitsschädlicherChemieprodukte,<br />
der Huldigung<br />
teurer technischer Anlagen<br />
als Allheilmittel gegen<br />
Umweltschäden, besonders<br />
aber durch die zynische<br />
Vertauschung von<br />
Opfern und Verursachern<br />
der Umweltvergiftung viel<br />
Aufklärungsarbeit von<br />
Umweltschützern zunichte<br />
gemacht. Ex-Umweltsenator<br />
Vahrenholt hat einen<br />
entscheidenden Anteil<br />
daran, daß heute viele<br />
Leute meinen, Umweltschutz<br />
bestehe im wesentlichen<br />
aus Konsum (Auto<br />
mit Katalysator, Plastikmüll<br />
mit Grünem Punkt,<br />
Atomstrom für die Energiesparleuchten),<br />
die wesentlichenUmweltprobleme<br />
seien nunmehr gelöst<br />
und wer dennoch unter Umweltproblemen<br />
leidet, sei eigentlich selber<br />
schuld.<br />
(1) »Der Spiegel« Nr. 3 vom März 1996<br />
(2) Egmont R. Koch und F. Vahrenholt:<br />
Seveso ist überall - Die tödlichen Risiken<br />
der Chemie, Fischer Taschenbuch,<br />
Frankfurt 1980, Erstausgabe Köln 1978<br />
(3) Egmont R. Koch und F. Vahrenholt:<br />
Die Lage der Nation, Gruner u. Jahr-<br />
Verlag, Hamburg 1983<br />
(4) Interview in der »Hamburger Rundschau«<br />
vom 27.9.84<br />
(5) Umweltbehörde (1995): Dioxin-Bilanz<br />
für Hamburg, Hamburger Umweltberichte<br />
51/95<br />
(6) »Die Zeit« vom 15.5.87<br />
(7) »Die Welt« vom 2.9.1997<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Emissionssenkung per Taschenrechner<br />
1982 Firma X darf bisher 1 t/a Schwermetalle verblasen, laut<br />
Genehmigung. Macht sie aber nicht, hat sie nie gemacht<br />
und wird sie wohl auch nicht machen. Sie bläst wie eh<br />
und je ‘ne halbe Tonne pro Jahr in die Luft. Doch sie<br />
hat nicht mit Senator Curilla gerechnet (oh Schreck):<br />
der paßt die Genehmigungen jetzt nämlich an. Der<br />
bahnbrechende Sanierungserfolg: die rechnerische<br />
Schadstoffbelastung durch Hamburg’s Industrie geht drastisch zurück !!! Was<br />
bleibt, ist Schall und Rauch.
Seite 8 Schlaglichter Konkurse 3<br />
Die Zukunft eines Lochs<br />
Wieder einmal soll das Mühlenberger<br />
Loch zugeschüttet werden.<br />
Ein Vergleich mit der Zerstörung<br />
Altenwerders zeigt, daß die unselige<br />
Hamburger Umweltpolitik<br />
auch nach Wechsel auf dem Chefsessel<br />
kontinuierlich weitergeht.<br />
„Der Senat der FHH beabsichtigt,<br />
90 ha der Wasserfläche vor Blankenese<br />
zur Erweiterung der Flugwerft<br />
.... MBB zuzuschütten. Das<br />
entspricht 60 % der Fläche der<br />
Außenalster. .... die auf dem Gelände<br />
zu errichtenden hohen Hallen<br />
würden das Elbetal wie eine<br />
quer verlaufende Mauer abriegeln.<br />
Das über Deutschlands Grenzen<br />
hinweg bekannte Landschaftsbild<br />
Blankenese wird ... irreparabel zerstört,<br />
Finkenwerder wird dann von<br />
drei Seiten mit Industrie eingemauert<br />
sein, eines der letzten Flachwassergebiete<br />
der Elbe, wichtig für<br />
Wasservögel und die Selbstreinigungskraft<br />
des Flusses verloren<br />
und das größte Hamburger Naherholungsgebiet,<br />
zu dem auch der<br />
Süderelberaum und das Alte Land<br />
bis zur Este gehören, gefährdet<br />
sein.<br />
Es gilt diese Aufspülung zu verhindern.<br />
Nicht ein einziger Quadratmeter<br />
Flachwasser darf der total<br />
überlasteten Elbe verloren gehen,<br />
....“<br />
So hieß es in der Broschüre „Rettet<br />
die Elbe Nr. 3“ von 1980. Damals<br />
wurde nichts aus der Aufspülung.<br />
Aber nichts verkommt in den Schubladen<br />
unserer Planer, heute 1998, ist<br />
die Zerstörung des Mühlenberger<br />
Lochs erneut aktuell. Gegenüber dem<br />
Szenario von 1980 hat sich wenig<br />
geändert, außer daß jetzt mit 170 ha<br />
fast doppelt soviel Fläche zugeschüttet<br />
und überbaut werden sollen.<br />
Die Bedeutung des Mühlenberger<br />
Lochs für die Unterelbe<br />
Das Mühlenberger Loch ist das<br />
Hauptaufwuchsgebiet für Jungfische<br />
in der gesamten Tideelbe unterhalb<br />
Hamburgs. Verbesserungen, die es<br />
in den letzten Jahren hinsichtlich der<br />
Wasserqualität in der Unterelbe gegeben<br />
hat, würden durch den Verlust<br />
eines großen Teil dieses Laich- und<br />
Aufzuchtgebietes in ihren ökologischen<br />
Auswirkungen weitgehend wieder<br />
zunichte gemacht. Auch als Rastplatz<br />
und Nahrungsquelle für durchreisende<br />
Zugvögel ist das Mühlenberger<br />
Loch von unverzichtbarer überregionaler<br />
Bedeutung.<br />
Der A3XX<br />
Anlaß, die Zerstörung dieses ökolo-<br />
Sickerwsser vom Betriebsgelände der Norddeutschen Affinerie dringt aus den<br />
Spundwänden der Kaianlage mit tödlichen Arsen- oder Cadmiumgehalten<br />
gisch unverzichtbaren Areals jetzt<br />
endgültig in Angriff zu nehmen, ist die<br />
Bewerbung Hamburgs als Standort<br />
für den Bau des „Supervogels“<br />
A3XX, eines Flugzeugs für 500 bis<br />
700 Passagiere, das mit einer Länge<br />
von 77,4 Metern um etwa 7 Meter<br />
länger als der derzeit größte Boeing<br />
- Jumbo 747 - 400 wäre.<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Umweltschutz a la Affi<br />
1983 Der Norddeutschen Affinerie gelingt es, durch eine<br />
‘freiwillige’ Emissionsbeschränkung eine Umweltschutzauflage<br />
abzuwenden. Der Erfolg: eine vom betriebstechnischen<br />
Standpunkt aus längst überfällige<br />
Modernisierungsmaßnahme ( die erst in einigen Jahren<br />
abgeschlossen und als Nebeneffekt Emissionssenkungen<br />
mit sich bringen wird ) wird zur Hälfte vom Bund als<br />
Umweltschutzmaßnahme finanziert! Die Umweltbehörde hatte es über Jahre hinweg<br />
nicht geschafft, die veraltete SO2-Kontaktanlage stillzulegen. Die Affi nutzte dieses<br />
aus, um ihre Kapazitäten zu erhöhen.<br />
Bisher (November 1998) ist noch<br />
nicht entschieden, ob ,geschweige<br />
denn wo, dieses Flugzeug gebaut<br />
werden soll. Dennoch nahm die Airbus<br />
– Industrie schon einmal mögliche<br />
Produktionsstandorte in die<br />
Mangel.<br />
3 Standorte prostituieren sich mit reeller<br />
Erfolgsaussicht um die Produktion<br />
des A3XX: Toulouse wirft sein Gewicht<br />
als Hauptquartier in die Waagschale,<br />
Hamburg verweist auf die her-<br />
vorragende Qualifikation seiner Facharbeiter<br />
und Ingenieure sowie auf die<br />
Vorteile der Hafenstadt für den Schiffstransport<br />
größerer Flugzeugteile. Rostock<br />
macht für seinen Standort Laage<br />
ebenfalls die Hafennähe geltend und<br />
konnte vor der Bundestagswahl auf die<br />
Unterstützung von Kohl und Merkel<br />
zählen. Rostock hätte immerhin den<br />
Vorteil, daß mit dem ehemaligen Militärflughafen<br />
Laage ein erschlossenes<br />
Gelände zur Verfügung steht.<br />
Letztlich entscheiden wird die Höhe der<br />
Morgengabe für Airbus Industrie: Bis<br />
zum 31.8.1998 sollten die Standorte<br />
ein Finanzierungskonzept vorlegen;<br />
wohlgemerkt die konkurrierenden Regionen<br />
sollen gefälligst darlegen, wie<br />
sie einen Produktionsstandort der<br />
Airbus Industrie zu finanzieren gedenken!<br />
Den Herren in den Chefetagen<br />
erschienen die Angebote wohl noch<br />
unzureichend. Anfang September 1998<br />
wurde die Bewerbungsfrist auf unbe-<br />
stimmte Zeit verlängert: Aufforderung<br />
zu Nachbesserungen.<br />
Zeitdruck<br />
Nicht nur zur Finanzierung hat man<br />
sich in Hamburg Gedanken gemacht<br />
(s.u.), auch die Planung wurde zügig<br />
aufgenommen. Nota bene: Die Stadt<br />
Hamburg nimmt im Interesse der Airbus<br />
Industrie, hinter der u.a. der<br />
Daimler – Konzern steht, die Planung<br />
eines Vorhabens vor, auf das sich<br />
Airbus überhaupt noch nicht festgelegt<br />
hat.<br />
Bisher hat man ein ordentliches Tempo<br />
vorgelegt: Seit dem 26.10. 1998<br />
lagen die Planfeststellungsunterlagen<br />
aus und der Erörterungstermin steht<br />
schon fest: Der 22.2.1999. Planfeststellungsbehörde<br />
wurde das schlachterprobte<br />
Amt für Strom- und Hafenbau.<br />
Ansonsten wollte man mit behördeninternen<br />
Abstimmungsprozeduren<br />
keine Zeit verlieren und hat die Federführung<br />
an die Bodo - Fischer -<br />
Umweltberatung (BFUB) übergeben.<br />
Bodo Fischer, eine feste Größe im<br />
Hamburger SPD – Filz, wird seitens<br />
des Amtes für Strom und Hafenbau<br />
bestens mit Gutachteraufträgen versorgt.<br />
Wenn Airbus sich 1999 entscheidet,<br />
liegt der Planfeststellungsbeschluß<br />
wahrscheinlich schon längst<br />
vor, wohlversehen mit der sofortigen<br />
Vollziehbarkeit versteht sich.<br />
Bedarfsbegründung<br />
Jobs, Jobs, Jobs<br />
Das Tempo ist neu, bei der Bedarfsbegründung<br />
beginnen die Parallelen<br />
mit der Hafenerweiterung in Altenwerder.<br />
Hier wie da werden zunächst<br />
Tausende neuer Arbeitsplätze versprochen,<br />
hier wie da relativieren sich<br />
die rosigen Zukunftsprognosen, je<br />
konkreter das Projekt wird. In Sachen<br />
Hafenerweiterung spricht niemand<br />
mehr von neuen Jobs. Der Superairbus<br />
soll nun, den bescheideneren<br />
Schätzungen zufolge, 4000 neue<br />
Arbeitsplätze bringen. Stadtentwicklungsenator<br />
Mirow rudert aber schon<br />
zurück : Am 2.9.1998 wollte er sich<br />
gegenüber dem Abendblatt nur noch<br />
auf die Sicherung bestehender Arbeitsplätze<br />
festlegen.<br />
Millionen, Millionen,<br />
Milliarden...<br />
Aber selbst wenn 4000 zusätzliche<br />
Arbeitsplätze geschaffen würden,<br />
käme der Standort Hamburg kaum<br />
auf seine Kosten: Allein für die Zuschüttung<br />
des Mühlenberger Lochs<br />
sollen zwischen 270 und 500 Millionen<br />
Mark ausgegeben werde. Dabei<br />
wird es nicht bleiben, insgesamt sind<br />
Zuwendungen in Höhe von 1,8 Milliarden<br />
Mark im Gespräch. Damit<br />
würde jeder Arbeitsplatz einmalig mit
Konkurse 3 Wirtschaft Seite 9<br />
rund 450.000 Mark subventioniert.<br />
Die Stadt Hamburg müßte sich das<br />
Geld leihen. Bei einem Zinssatz von<br />
6% würde sich der resultierende jährliche<br />
Zinsaufwand auf über106<br />
Millionen Mark belaufen. Das bedeutete<br />
pro Arbeitsplatz zusätzlich ein<br />
jährlicher Aufwand von über 26.000<br />
Mark. Fraglich ist, ob das Steueraufkommen<br />
aus den erhofften 4.000<br />
Arbeitsplätzen diesen jährlichen Aufwand<br />
überhaupt deckt.<br />
Vogelschutz für den Superairbus<br />
Niemand bestreitet ernsthaft die<br />
ökologische Bedeutung des Mühlenberger<br />
Lochs. Gleichwohl hat<br />
man seine effektive Unterschutzstellung<br />
bisher geflissentlich vermieden.<br />
Das könnte aber nun<br />
Ärger mit der<br />
EU bedeuten,<br />
da das Mühlenberger<br />
Loch die<br />
Kriterien der<br />
EU- Vogelschutzrichtlinie<br />
und der Fauna<br />
– Flora - Habitat<br />
– Richtlinie<br />
erfüllt, und<br />
somit in Brüssel<br />
als Schutzgebietangemeldet<br />
werden<br />
muß.<br />
Tatsächlich<br />
begaben sich<br />
Wirtschaftssenator<br />
Mirow<br />
(SPD) und<br />
Stadtentwicklungsenator<br />
Maier (GAL)<br />
im Januar 1998<br />
nach Brüssel,<br />
um das Mühlenberger<br />
Loch<br />
als Schutzgebiet<br />
nach der EU - Vogelschutzrichtlinie<br />
anzumelden. Wer<br />
hoffte, dieser Schritt könnte dem<br />
Schutz des Mühlenberger Lochs dienen,<br />
dem ließ Herr Mirow keine Illu-<br />
sionen: „Die Anmeldung als Vogelschutzgebiet<br />
ist auch die Grundlage<br />
für die Aufrechterhaltung der<br />
Bewerbung Hamburgs für den Bau<br />
des A3XX.“ [Hamburger Abendblatt<br />
28.1.1998]. Die „Unterschutzstellung“<br />
diente einzig als Rechtsgrundlage<br />
einer Ausnahmeregelung<br />
für die Airbus - Erweiterung<br />
ins Mühlenberger Loch. Solche<br />
Sonderregelungen erlauben für<br />
den Fall eines „überwiegenden<br />
und unabweisbaren Gemeinschaftsinteresses“<br />
Eingriffe in<br />
Gebiete, die eigentlich geschützt<br />
sind. Nochmals aufgemerkt: Die<br />
Interessen von Airbus Industrie<br />
und Daimler als Nutznießer des<br />
Vorhabens sind also zugleich<br />
überwiegende und unabweisbare<br />
Gemeinschaftsinteressen.<br />
Windenergie von der Mülldeponie Georgswerder<br />
Alternative Hafenrundfahrt<br />
Industrieeinleitungen, giftiger Hafenschlick,<br />
Elbvertiefung, Altenwerder,<br />
Hafenerweiterung, Arbeitsplätze,<br />
Behördenignoranz, Umweltpolitik.<br />
Willst’ mehr wissen?<br />
Ab April jeden Freitag 17 00 ab Anleger<br />
Vorsetzen/Baumwall Tel:39 30 01<br />
Farce<br />
Nach Brüssel durfte Umweltsenator<br />
Porschke nicht mitfahren, es blieb ihm<br />
nur noch der Auftritt als Hauptdarsteller<br />
in der nun folgenden Farce:<br />
Porschke machte sich als Standortalternative<br />
zum Mühlenberger Loch für<br />
die Vernichtung eines Naturschutzgebietes<br />
stark, das mit seinen<br />
wertvollen Brut- und Rastplätzen für<br />
seltene Vogelarten von vergleichbarer<br />
Bedeutung wie das Mühlenberger Loch<br />
ist, und mit diesem in einem engen<br />
Biotopverbund steht: Die Westerweiden.<br />
Sein Auftritt beginnt mit einem Kotau<br />
vor SPD - Dogmen. Im Abendblatt<br />
vom 29.5.1998 läßt er sich mit der<br />
Aussage zitieren, daß sich Hamburg<br />
wegen der Arbeitsplätze als Produktionsstandort<br />
für den A3XX bewerben<br />
müsse. Hier zeigt sich die Kontinuität<br />
der Umweltbehörde unter grüner Ägide:<br />
Nie verstand diese sich als „Umweltschutzbehörde“,<br />
nie als Sachwalterin<br />
ökologischer Belange in der Abwägung<br />
mit ökonomischen Begehrlichkeiten.<br />
Ihre grundsätzliche Zustimmung<br />
zu Projekten wie Hafenerweiterung,<br />
Elbvertiefung, 4. Elbtunnelröhre und<br />
Airbus Erweiterung stand und steht<br />
völlig außer Frage.<br />
Fast mit Stolz führt Porschke nun<br />
weiter aus, daß er mit seinem Vorschlag<br />
Deutschlands erster grüner<br />
Umweltressortchef wäre, der ein<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Dioxin auf Georgswerder<br />
1983 Dioxin in aller Munde: „Kein Dioxin auf der Deponie<br />
Georgswerder“, versichert Boehringer im April 1983.<br />
Im September ‘83 ist es dann doch im Sickerwasser.<br />
1984 Eine akute Gefährdung wird wie üblich ausgeschlossen.<br />
Auch das Grundwasser sei sicher. Nun ja, im Januar<br />
’84 ist auch das nicht mehr zu halten. Zudem wird bei<br />
der Sickerwasser-Entsorgung in der MVA Borsigstraße<br />
Dioxin mit der Flugasche rausgepustet. Auch dieses war ursprünglich dementiert<br />
worden, im übrigen auf einer Untersuchung basierend, die der Stadt kostenfrei<br />
von Boehringer zur Verfügung gestellt wurde. Mit Sanierungskosten von bis<br />
heute 240 Mio. DM, zu denen die Verursacher nur einen Bruchteil beisteuerten,<br />
wurde Georgswerder Hamburgs teuerster Berg.<br />
Naturschutzgebiet für ein Großprojekt<br />
opferte. Er begründete seinen<br />
Vorstoß u.a. damit, daß ein<br />
ökologischer Ausgleich für die<br />
Westerweiden leichter zu finden<br />
wäre, als für das Mühlenberger Loch.<br />
Die Fragwürdigkeit ökologischer<br />
Ausgleichsbemühungen wurde in<br />
frappierender Weise am Beispiel<br />
„Öffnung“ der Alten Süderelbe deutlich.<br />
Ausgleichsmaßnahmen<br />
Jetzt steht der „Ausgleich“ für die<br />
Zuschüttung des Mühlenberger Lochs<br />
auf der Tagesordnung. Fast glaubt<br />
man, Porschke hätte in die Schublade<br />
seines Vorgängers gegriffen: Wattflächen<br />
für Wasservögel sollen entstehen,<br />
indem man die ökologisch weitgehend<br />
intakte ElbinselHahnhöfersand<br />
teilweise unter<br />
Wasser setzt, wobei<br />
auch schon wieder<br />
von Sielen unter<br />
Deichen die<br />
Rede ist. (vergl.<br />
“Wenn die Behörde<br />
erzählt”)<br />
Sprachlasten<br />
(Fortsetzung)<br />
energetisches Recycling<br />
Müllverbrennung. Verwandlung von<br />
Müll in Schlacke und Abgase<br />
Entschleunigung<br />
Übergang zur normalen Behörden-<br />
Arbeitsgeschwindigkeit<br />
Fahrrinnenanpassung<br />
Ausbaggern der Elbe.<br />
Flexibilisierung<br />
Wenn es hier nicht klappt, dann drehen<br />
wir das Ding woanders<br />
(Fortsetzung auf Seite 12)<br />
Fazit<br />
Mit dem Einzug eines<br />
grünen Senators<br />
in die Umweltbehörde<br />
hat sich<br />
am Gewicht ökologischer<br />
Belange<br />
in der Politik Hamburgs<br />
nichts, aber<br />
auch gar nichts geändert.<br />
Nach wie<br />
vor steht sie in der<br />
Auseinandersetzung<br />
um kritische<br />
Großprojekte ausschließlich<br />
für fragwürdige<br />
Kosmetik.<br />
Wieder einmal stellt sich damit die<br />
Frage vom Nutzen grüner Regierungsbeteiligungen<br />
für Initiativen in<br />
Richtung auf eine ökologisch und sozial<br />
vertretbare Politik.
Seite 10 Feuilleton Konkurse 3<br />
Fünf Stunden Angst<br />
(Fortsetzung von Seite 1)<br />
tionsrichtlinie.<br />
Oh Scheiße, das macht Arbeit!<br />
Dann laß uns reinhauen. Wer ist<br />
Absender und worum geht’s?<br />
Absender ist die Umweltschutzgruppe<br />
Physik/Geowissenschaften<br />
- Oh Gottogottogott was für’n<br />
Name!<br />
Bei so langen Namen brauch ich<br />
ja für das Ausfüllen des internen<br />
Laufformulars schon eine halbe<br />
Stunde!<br />
Ja, fürchterlich. Mach es nach dem<br />
Essen, es ist ja schon Zwölf.<br />
Gut, Du hast recht.<br />
Zwischenvorhang (Lebensmitteldeko<br />
oder McDonald's Werbung).<br />
Montag, 14:10<br />
So, wieder ran an die Arbeit.<br />
Dann schreiben wir das mal alles<br />
auf (beginnt zu kritzeln).<br />
Montag, 14:50<br />
Was will diese komische Gruppe<br />
denn nun wissen? Die Genehmigungsakten<br />
der Norddeutschen<br />
Affinerie. Junge- das wird teuer!<br />
Liesbett, sieh doch mal nach, ob<br />
Du die Firma im Verzeichnis findest.<br />
Unter N glaub ich oder unter<br />
den Raffinerien.<br />
Raffinerien hab ich gerade hier, ich<br />
seh mal nach.<br />
Montag, 15:20<br />
Bei Raffinerien ist nichts, dann muß<br />
ich doch mal bei N nachblättern.<br />
Montag, 15:40<br />
Hoppla, Bingo! Hier steht was:<br />
Norddeutsche Affinerie. Soll ‘ne<br />
Firma auf der Peute sein. Sachbearbeiter<br />
ist W712. Da kannst Du<br />
morgen gleich mal rüber gehen.<br />
Gut, heute notieren wir schon mal<br />
im Berechnungsbogen volle 8<br />
Stunden Arbeit, höherer Dienst!<br />
Zwischenvorhang (schwarz - Mond,<br />
Sterne)<br />
Dienstag, 8:10<br />
Moin Liesbett!<br />
Guten Morgen Heinz!<br />
Weißt Du wer W712 ist?<br />
Das ist der kleine Dicke, Stefan glaub<br />
ich heißt er, der uns neulich auf der<br />
Betriebsfeier von seinem Urlaub auf<br />
Gran Canaria erzählte.<br />
Ach DER ist das. Wo fährst Du denn<br />
dieses Jahr hin? Margot und ich<br />
wollen auf die Seychellen - wir haben<br />
einen billigen Flug gefunden.<br />
Im Katalog steht, daß es dort<br />
traumhaft sein soll und .....<br />
Dienstag, 9:15<br />
So, jetzt mach ich uns einen Kaffee.<br />
Vorher geh ich mal zu diesem<br />
Stefan und bring ihm den<br />
Vorgang!<br />
Dienstag, 10:05<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Boehringer-Schließung<br />
1984<br />
Das Werk wird geschlossen. Nicht wegen<br />
Umweltverschmutzung, wie man denken könnte,<br />
denn dazu ist das bestehende Umweltrecht nicht<br />
ausreichend. Nach mühsamer Suche findet sich ein<br />
indirekter Weg: Boehringer muß einen Entsorgungsnachweis<br />
für dioxinhaltige Stoffe vorweisen, woraufhin<br />
die Einstellung des Betriebes bekanntgegeben wird. Die<br />
Firma, die viele Menschen, ihr eigenes Gelände, ihre Umgebung, zahlreiche<br />
Deponien und ein Wasserwerk auf dem Gewissen hat, reagiert zunächst mit<br />
Schadensersatzforderungen. Bald ist jedoch klar, daß sie sanieren muß. Es<br />
beginnen Verhandlungen mit der Stadt darüber, wie sich diese Sanierung auf<br />
ein erträgliches (billiges) Maß reduzieren läßt (s. Juni ’94).<br />
Bin wieder da. Stefan war nicht<br />
in seinem Büro. Da muß ich später<br />
noch mal vorbei. Ich geh auf<br />
dem Weg zur Kantine sowieso da<br />
entlang, dann klappt das schon.<br />
(setzt sich, der Kopf sackt langsam<br />
zur Seite und landet weich auf der<br />
Gummimatte)<br />
Intermezzo<br />
(Schäfchen huschen leichtfüßig und<br />
geräuschlos durch die Heide,eines<br />
bringt einen Brief)<br />
(Heinz findet sich zurück am Schreib-<br />
tisch, jetzt mit Bildschirm, Maus und<br />
Tastatur)<br />
Oh, ein Brief an die Behörde,<br />
mal sehn (rrritsch)<br />
Ah, EU-Anfrage, tipp ich gleich<br />
mal ein,<br />
(tippt) Norddeutsche Affinerie,<br />
Genehmigungsdaten, Indirekteinleiter<br />
...(Bing)... da ist es ja schon,<br />
... und KLICK (drückt auf die Maus)<br />
.. ist es gedruckt.<br />
Noch schnell die Versandadresse<br />
eingeben (tippt) - fertig.<br />
Kosten?, Na ja, eine Briefmarke,<br />
Umschlag, 153 Seiten mal<br />
13 Pfennig, zusammen 25 Mark.<br />
(schreckt hoch)<br />
Liesbett, ich hab geträumt die<br />
Ökospinner haben uns die Arbeitsplätze<br />
geraubt.<br />
Ort: Dieselbe Behörde im Osten<br />
Hamburgs, anderes Stockwerk, nahezu<br />
gleiches Zimmer.<br />
Personen:<br />
Heinz, immer noch Sachbearbeiter<br />
Stefan, Sachbearbeiter, zuständig für<br />
die Bestandsverwaltung, Firmen No<br />
bis Nz.<br />
Dienstag, 11:45<br />
Hallo Stefan!<br />
Hallo Heinz, na lang nicht gesehen.<br />
Kommst Du mit zum Essen?<br />
Ja, laß uns gehen.<br />
Zwischenvorhang (halb herunterge-<br />
lassene Würste, tote Hühner, Töpfe,<br />
Pfannen, Messer, Gabeln)<br />
Dienstag, 14:15<br />
Boäh, ich hab' immer noch den<br />
Sand von den Ökoklopsen zwischen<br />
den Zähnen.<br />
Du hättest eben auch lieber das<br />
Eisbein nehmen sollen.<br />
Hinterher ist man immer schlauer.<br />
Was hast Du denn nun für mich?<br />
Stefan, wir haben da einen Vorgang<br />
‘reinbekommen, EU-Anfrage...<br />
(Stefan lacht)<br />
Grins nicht so, betrifft eine Firma<br />
auf der Peute aus Deiner Zuständigkeit<br />
- zumindest nach Ak-
Konkurse 3 Feuilleton Seite 11<br />
tenlage. Hier, schau mal rein.<br />
Nöö, nöö, diese Firma hat jetzt<br />
Gertrud nebenan übernommen,<br />
ich hab zuviel zu tun.<br />
OK, dann geh ich mal rüber.<br />
Ort: Dieselbe Behörde im Osten<br />
Hamburgs, gleiches Stockwerk, zwei<br />
Zimmer weiter.<br />
Personen:<br />
Heinz, wie gehabt, Sachbearbeiter<br />
Gertrud, Sachbearbeiterin, zuständig<br />
für die Bestandsverwaltung, Firmen<br />
Qa bis Qr.<br />
Dienstag, 15:15<br />
Guten Tag, Gertrud!<br />
Oh, Moin Heinz! Was gibts, was<br />
liegt an?<br />
Ja hier, eine EU-Anfrage zu die...<br />
(Gertrud hält sich lachend die Hand<br />
vor den Mund)<br />
Jaa, jaa, jaa! ich weiß. Also zu<br />
einem Norddeutschen Affen oder<br />
so. Stefan sagt, das Zeugs hast Du.<br />
Ach so, Norddeutsche Affinerie, mal<br />
sehen. Oh Gott nein, ist ja schon halb<br />
Vier! Ich muß heut früher los. Ich<br />
mach’s morgen früh, ja?<br />
Gut, dann laß uns aber noch 6<br />
Stunden auf den EU-Anfragen-<br />
Berechnungsbogen dazusetzen.<br />
Klar doch!<br />
Zwischenvorhang (schwarz, Mond,<br />
Sterne, Wolken, Schäfchen)<br />
Mittwoch, 11:30<br />
(Heinz betritt das Zimmer)<br />
Ach ja, guten Morgen Heinz. Gut,<br />
daß Du nochmal vorbei kommst.<br />
Diese Firma muß tatsächlich bei<br />
mir im Regal stehen. Genehmigungsakten<br />
- wer will denn solch<br />
einen Unsinn lesen?<br />
Umweltschützer!<br />
Ach Gott diese Spinner. Die sollen<br />
uns doch unsere Arbeit tun lassen,<br />
stattdessen beschäftigen sie uns<br />
mit nutzlosem Kram - auf Kosten<br />
des Steuerzahlers! Wenn wir das<br />
alles kontrollieren sollten, was da<br />
in den Akten steht, hätten wir aber<br />
was zu tun! Und die Zettel sind<br />
auch so kompliziert geschrieben.<br />
Ich jedenfalls faß das Zeugs nicht<br />
an. Aber wenn die das haben wollen<br />
- Bitte sehr!.<br />
Laß uns nach dem Essen, da unten<br />
links mal suchen.<br />
Ja, sehr gut, ich glaub es gibt Sülze<br />
mit Remouladensoße, Bratkartoffeln,<br />
Waldmeisterpudding<br />
Lecker.<br />
Zwischenvorhang (Tischtuch mit<br />
Fettflecken, Rotweinringe).<br />
Mittwoch, 15:10<br />
(zwei Gestalten krabbeln auf Knien<br />
im hinteren Zimmerbereich vor einem<br />
Regal hin und her, Schweißtropfen,<br />
Kaffeemaschine blubbert)<br />
Heinz, ich habs! Norddeutsche<br />
Affinerie - Genehmigungen.<br />
Ein fast voller Ordner! Sind bestimmt<br />
einige hundert Blatt.<br />
Das gebe ich morgen in die<br />
Kopierstelle.<br />
Tschüß dann, bis morgen - Oh,<br />
schnell noch die Zeiten notieren, 7<br />
Stunden dazu.<br />
Vorhang (Pause)<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Der Arsenskandal<br />
1985<br />
Der Boden in Hamburg’s Osten ist hochbelastet mit<br />
Arsen. Ein Löffel Boden kann für Kinder bereits die<br />
tödliche Dosis enthalten. Als Hauptverursacher kommt<br />
nur die Affi in Frage, die früher bis zu 70 t/a Arsen über<br />
den Luftweg in den östlich der Schlote gelegenen<br />
Stadtteilen verteilt hat. Der eigentliche Skandal besteht<br />
darin, daß die Affi und die Umweltbehörde diese<br />
Ergebnisse vor der Öffentlichkeit zunächst verheimlichen, der Nachsatz „keine<br />
akute Gefahr“ wäre zu gewagt. Und schließlich ist es bei einer derart hohen<br />
Vorbelastung ein schwacher Trost, den BürgerInnen zu sagen, daß ja 1985 nur<br />
noch 4 t/a (Affi-Angabe) emittiert werden.<br />
Ort: Dieselbe Behörde im Osten<br />
Hamburgs, Seitenflügel, Erdgeschoß.<br />
Große Halle, Montagekräne an der<br />
Decke, große und kleine Fotokopierer,<br />
Schneidemaschinen, Papier<br />
auf Paletten.<br />
An den Wänden Plakate der Berufsgenossenschaft<br />
zur Unfallverhütung,<br />
"Paß auf, daß Du beim Kopieren<br />
nicht ausglitschst", Pinwand<br />
mit ÖTV-Hinweisen, am Wandhaken:<br />
Bildzeitung einseitig an einer<br />
Holzleiste aufgezogen.<br />
Register-Rollschrank, Stuhl, Großer<br />
Tisch, Lineale, ein Ordner.<br />
Personen:<br />
Fritz, Vorarbeiter, zentraler Kopierdienst.<br />
Alex, amtlicher Zuarbeiterdienst.<br />
14 Tage später, Donnerstag, 10:15<br />
(Fritz kramt in einem Fach des Rollschranks,<br />
findet einen Zettel) Nächster<br />
Auftrag.<br />
(Sieht sich um, blickt zum Ordner)<br />
Aha, ein dickes, dickes Buch, zum<br />
Aufklabben - (blättert) Viele, viele<br />
Zettel!<br />
Auftrag von W714 "Alles Kopieren,<br />
dann weiterleiten an G443a". Das<br />
ist was für Dich, Alex.<br />
(Alex , sitzt hinten im Raum, liest in<br />
der Zeitung) Ooh-ha Fritz, mußt Du<br />
mir aber erklären wie das geht!<br />
Also Alex, Du bist neu bei uns und<br />
sollst mich bald ablösen. Komm<br />
her und paß mal auf:<br />
(Alex kommt herüber)<br />
Das geht so:<br />
Aufklabben,<br />
Deckblatt nach vorn umlegen,<br />
Quietscheverschluß hochschieben<br />
(QUIEEK),<br />
Seite vorsichtig aus den beiden<br />
Nupsies heben,<br />
rüber zum Kopiergerät gehen,<br />
Gelbe Taste drücken,<br />
Deckel anheben,<br />
Zettel an die Markierung legen,<br />
Deckel runtermachen,<br />
Deckel noch mal hochmachen,<br />
kucken, ob noch alles da ist,<br />
Zettel wieder richtig hinlegen,<br />
Deckel wieder runtermachen,<br />
Auf Taste Nr. EINS drücken.<br />
Auf den dicken grünen Knopf<br />
drücken,<br />
waaarten.<br />
Deckel aufklabben,<br />
Zettel nehmen,<br />
rüber zum dicken Buch gehen,<br />
Zettel wieder über die beiden<br />
Nupsies schieben,<br />
Quietscheverschluß runterdrücken<br />
(QUIEEK),<br />
Deckblatt von vorn zurückklabben,<br />
Buch zumachen.<br />
Zum Kopierer gehen,<br />
doppelten Zettel nehmen,<br />
rüber zum Ablagetisch tragen,<br />
Zettel da hinlegen,<br />
Zum Schreibtisch gehen,<br />
Bleistift nehmen,<br />
Strich machen,<br />
Schluck Kaffee nehmen.<br />
(Alex mit Schweißperlen)<br />
Booaahh, ist das kompliziert.<br />
Schreib mir das mal auf. Nach dem<br />
Essen versuch ich’s mal.<br />
Zwischenvorhang (Jägermeisterreklame)<br />
Donnerstag, 15:45<br />
(Vorhang noch zu)<br />
(laute Maschinengeräusche, knitterndes<br />
Papier, Quieek,)<br />
Scheiße<br />
(Quieek, Maschinengeräusche)<br />
Scheiße,Scheiße, Scheiße.<br />
(umfallende Papierstapel, Quieek,<br />
Maschinengeräusche, Papierknittern,<br />
Quieek)<br />
(Stille, Pause)<br />
(Vorhang auf, Raum übersäät mit<br />
Knüllpapier, Ordner nur noch halb<br />
voll, Alex mit schwarzen Farbflecken,<br />
nasses T-Shirt).<br />
Puuh! Fritz, ich hab's geschafft, ich<br />
bin fertig.<br />
Das sind fünfzehn mal zehn und<br />
noch drei von diesen Strichen da!<br />
Allein zum Nachzählen hab ich<br />
schon eine Viertel Stunde gebraucht.<br />
Für die ganze Arbeit sind<br />
das über fünf Stunden - ist doch<br />
Waaahnsinn!<br />
Ich hab ja so'n Schiß gehabt, daß<br />
ich die gestellten Anforderungen<br />
an diese hohe Aufgabe nicht schaffe,<br />
aber jetzt bin ich doch froh und<br />
glaub', daß ich dieses Amt in Dei-
Seite 12 Feuilleton Konkurse 3<br />
nem Sinn auch noch die nächsten<br />
Jahre schaff'!<br />
Alle Achtung Alex! Ich glaube nun<br />
auch, daß Du den Job hier packst.<br />
Wir können ja immer einmal wieder<br />
telefonieren und ich schick Dir<br />
jedes Jahr einen neuen Tankstellenkalender.<br />
Nun räum zusammen und zurück<br />
mit dem Kram zu den Kollegen<br />
Vorhang (kurze Pause).<br />
Ort: Eine Behörde im Osten Hamburgs,<br />
Zimmer schon bekannt<br />
Personen:<br />
Heinz, Sachbearbeiter<br />
Liesbett, Sachbearbeiterin<br />
Freitag, 8:12<br />
Moin, Liesbett!<br />
Guten Morgen, Heinz! ...<br />
Freitag, 10:45<br />
So, die EU-Anfrage Sachen sind<br />
aus der Kopierstelle zurück.<br />
Da wollen wir mal die Rechnung<br />
machen.<br />
Acht und sechs und sieben macht,<br />
eh, zweiundzwanzig!<br />
Höherer Dienst kostet einen Hunderter<br />
pro Stunde, also, eh, eh,<br />
2200 Mark.<br />
Was kosten die Kollegen aus der<br />
Kopierstelle?<br />
Ich glaub 60 Mark.<br />
Na, sagen wir 59 Mark, klingt<br />
besser, mal fünf macht, eh, 295<br />
Mark fürs Kopieren.<br />
Und die Kopien selbst?<br />
Oh ja, die kosten eine Mark pro<br />
Seite. Also, eh, 153 Mark dazu.<br />
Was kommt raus?<br />
(klappert auf der Rechenmaschine)<br />
2648.- Mark.<br />
Da wird sich der Senator aber<br />
freuen. Geh gleich mal rüber und<br />
erzähls ihm.<br />
Au ja, mach ich.<br />
Vorhang<br />
Sprachlasten<br />
(Fortsetzung)<br />
Flexibles Gefahrenreaktionskonzept<br />
Je nach Unfall wird mal der eine dann<br />
die andere verarscht<br />
Ganzheitliches Umweltmanagement<br />
Im betrieblichen Management werden<br />
völlig nutzlose Produkte kreiert, die<br />
auch der durchgeistigte Lehrer im Grünen<br />
Laden kaufen kann.<br />
Umweltbehörde zahlt Löhne nicht! STREIK?<br />
Unternehmerwillkür nun auch in Hamburger Amtsstuben<br />
Abrechnungen und Lohnauszahlungen<br />
scheint die Umweltbehörde<br />
nicht zu interessieren.<br />
Nachdem wir mehrfach die Behörde<br />
besucht, auch brav beim Eintritt<br />
oder Austritt die dort aushängenden<br />
Zeitkarten gezogen und mit einem<br />
Stempelaufdruck „BING“ versehen<br />
hatten, reichten wir diese zum<br />
Jahresende 1993 zur Abrechnung<br />
ein. Doch eine Auszahlung unseres<br />
Lohnes ist bisher - nach nunmehr<br />
fünf 1 Jahren - nicht erfolgt. Das ist<br />
ein starkes Stück! Im Faksimile dokumentieren<br />
wir rechts unsere Ansprüche.<br />
1 Für die Verwaltung: Fünf ist soviel<br />
wie Finger an einer Hand sind!<br />
Geänderte Rahmenbedingungen<br />
Begründung, warum genau das Gegenteil<br />
von dem gemacht werden kann, was eigentlich<br />
versprochen wurde.<br />
Geringfügige temporäre Auswirkungen<br />
sind allenfalls während<br />
der Bauphase zu erwarten<br />
Schon beim Bau ist es in dieser Gegend<br />
nicht mehr auszuhalten, danach<br />
kommen nur noch Wahnsinnige mit<br />
Gasmaske, Ohrenschützer, Gummistiefel<br />
und Behörden-Nummernschildern<br />
An die<br />
Umweltbehörde<br />
- Amt für Grundsatz- und Verwaltungsangelegenheiten<br />
- Personalreferat<br />
Betr.: Bezüge 1993<br />
Unser Vorgang: UB-HH-ZK-93.12.GP¼¥<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen,<br />
Zum Abschluß des Haushaltsjahres 1993 reichen wir Ihnen unsere Zeitwertkarten zur Abrechnung ein.<br />
Wie den Karten zu entnehmen ist, haben unsere Experten Sie an 12 Terminen besuchen müssen, um der<br />
Behörde Entscheidungsmatritzen von zukunftsorientierter Bedeutung vorzulegen. (An dieser Stelle<br />
müssen wir die mangelhafte Drucktechnik Ihrer Zeitwertkartenstanzautomatik bemängeln: Viele<br />
Termine drucken übereinander und enthalten in keiner Weise Andeutungen zu der besonderen Relevanz<br />
unserer Besuche).<br />
Unsere namhaften Experten werden ungefähr nach BATIb besoldet. Insgesamt sind abzurechnen:<br />
- 12 Termine zu je 1-3 Stunden so ca. 30 Stunden<br />
- Vorbereitungszeit so ca. 2 Stunden<br />
- notwendige Erholungszeiten so ca. 90 Stunden<br />
Personalkosten sind folglich in Höhe von DM 5000.- angefallen.<br />
Darüberhinaus sind Sachmittel angefallen, die unsere Beschaffungsstelle mit hoher Priorität ressourceneffizient<br />
in unseren Haushalt integriert hat.<br />
Papier, Bleistifte, Anspitzer und Radiergummis sowie Sekundärliteratur sind in Höhe von ca. DM 617.81<br />
angefallen. Sollte etwas von den Sachmittel übrig bleiben, so werden wir die Chancen nutzen und einem<br />
Wunsch des Senators folgend, diese selbstverständlich der thermischen Verwertung zukommen lassen.<br />
Reisekosten sind schadstoffminimiert von unserem Umweltbeauftragten unter Schonung der Ressourcen<br />
und nach einer Technikfolgeabschätzung zu 12*2*3.60 DM = ca. DM 90.- berechnet worden.<br />
Im Zuge der von der UB geforderten Bürgerbeteiligung bitten wir diese Gelder (DM 5707.81) als<br />
Ausgleichsersatzmaßnahme auf unser Konto Nr. 421230-206, BLZ 20010020, PGiro Hamburg<br />
einzuzahlen.<br />
Auch wenn Sie unter subjektiven Kriterien in eine Akzeptanzkrise verfallen sollten, so seien Sie<br />
versichert, daß die rechnerisch ermittelte Zusatzbelastung des UB-Haushaltes lediglich im<br />
verantwortungsbewußten Maße umgelagert wird, die ökologischen Handlungsfelder dieser<br />
Umweltkommunikationsmaßnahmen jedoch zukunftsorientiert genutzt werden. Sie wissen so gut wie wir,<br />
daß diese Maßnahme zu einer langfristigen Sicherung des Pluralismus in der wissenschaftlich-technischen<br />
Gesellschaft führt und die Bevölkerung durch eine glaubwürdige Öffentlichkeitspolitik zu keinem<br />
Moment ernsthaft gefährdet wird.<br />
Wir appelieren folglich: Haben Sie Verantwortung für die Zukunft!<br />
Mit besten Wünschen<br />
Umweltschutzgruppe Physik-Geowissenschaften e.V.<br />
(Abteilung K “Kontrolle der Umweltbehörde”)<br />
Gestalterische Maßnahmen<br />
attraktivieren<br />
Der Weg durch die Spülflächen zur<br />
alten Kirche Altenwerders wird leicht<br />
geschwungen geführt und gestalterisch<br />
mit heimischen Akazien, Affenbrotbäumen<br />
und Gingkobäumen bepflanzt<br />
Globalisierung<br />
mit blumigen aufgeblähten Worten die<br />
ganze Welt, den Kosmos und den<br />
Urknall insbesondere mit einbeziehen<br />
Globalisierung der Märkte<br />
Alle Macht den Superkonzernen<br />
Hamburg wird folgenden Vorschlag<br />
in den Bundesrat einbringen<br />
Allerdings ist schon im Voraus klar,<br />
daß alle anderen Bundesländer in dieser<br />
Formulierung dagegen stimmen<br />
werden. - Und Hamburg darf es also<br />
auch nicht. „Wir würden ja, aber wir<br />
dürfen nicht.“<br />
implizite Finanzierungskosten der<br />
öffentlichen Hand<br />
Steuergelder<br />
Realsatire (Fortsetzung auf Seite 15)<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Schlickeggen<br />
1986<br />
Das Entsorgungsproblem in Hamburg verschärft sich,<br />
Deponieplatz gibt’s nicht mehr. Um die riesigen Mengen<br />
des „Wirtschaftsgutes“ Giftschlick, die nach dem<br />
Ausbaggern aus den Hafenbecken entsorgt werden<br />
müssen, zu reduzieren, wird in Hamburg das<br />
Schlickeggen eingeführt. Tonnenweise mitaufgewühlte<br />
Schadstoffe der Hamburger Industrie werden vom<br />
Strom über die Stadtgrenzen hinausbefördert und können in Zukunft Unterelbe<br />
und Nordsee vergiften. Damit hat Hamburg dann aber nichts mehr zu tun.<br />
P.S.: Dieses Verfahren, das 1991 eingestellt wurde, wird aktuell, 1998, wieder<br />
diskutiert.<br />
Hamburg, den<br />
29.12.1993
Konkurse 3 Flohmarkt Seite 13<br />
Stellenmarkt<br />
Computerspezialisten für Katasterarbeiten<br />
gesucht. 5 km Band für unsere<br />
Netzwerkverbindungen müssen<br />
verlegt werden. Vorkenntnisse: Keine.<br />
Q17<br />
Hamburger Großbetrieb bietet lukrative<br />
Nebentätigkeit ohne Mehrbelastung.<br />
Chiffre:Kohle<br />
Kopierpapiereinleger/in gesucht. Bezahlung<br />
A14 W714<br />
Bodyguard mit Interneterfahrung<br />
gesucht. Dr. F.V.<br />
<strong>Daten</strong>-Kryptologe/-in für anspruchsvolles<br />
Betätigungsfeld gesucht.<br />
Sielerfahrungen erwünscht. Bez. nach<br />
kByte. Abt. Indirekteinleiter<br />
Hilfskräfte für Aufforstung des Guanofleetes<br />
gesucht. Harter, aber sinnvoller Job.<br />
Bis 1000.-/Woche. W54<br />
Übersetzer/in für nachhaltig<br />
globalisierende Agenda oder<br />
Neusprache gesucht: Pressestelle<br />
Ski-Pisten-Konstrukteur-/in für<br />
Windrad-Slalomstrecke dringend<br />
gesucht.<br />
Amt für Schlick- und Hügelbau<br />
Alleinunterhalter für Eröffnungsfeier<br />
einer technischen Anlage gesucht.<br />
Voraussetzung: mehrjährige<br />
professionelle Erfahr. im<br />
„Gnöbb’sche-drüggen“. MVR<br />
Töff Töff<br />
roter Kadett zu verkaufen<br />
Anrufen: Energieabt.<br />
Grüner Porsche, TÜV seit 9/97 mit<br />
leichten Schäden (Lack ab, Rad ab)<br />
gegen Gebot (oder weniger)<br />
Chiffre: WARNIX<br />
Kontakt<br />
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen<br />
Nach Naturschutzgesetz sind für die<br />
dringend notwendige Hafenerweiterung<br />
auf Neßsand geeignete Ausgleichs-<br />
und Ersatzmaßnahmen<br />
durchzuführen. Die Umweltbehörde<br />
sucht am Naturschutz interessierte<br />
Computer-BesitzerInnen, die bereit<br />
sind, in ihrem PC ein virtuelles<br />
Tidekomplexsüßwasserbiotopwatt<br />
einrichten zu lassen. Die Bereitschaft,<br />
zusätzlich die äußerst seltene,<br />
speicherintensive Art Schierlings-<br />
Wachtelwasserkönig zu implementieren,<br />
wird mit Schwimmkampen,<br />
Pflanztaschen oder Tannenbäumen als<br />
Laichsubstrat für den Gartenteich<br />
belohnt. Kontakt: Amt für Gewässerund<br />
Bodenschutz CE<br />
Ökochonder gesucht<br />
Nach übereinstimmender Auffassung<br />
des amtierenden Umweltsenators<br />
sowie seines Vorgängers gibt es<br />
praktisch keine durch Chemikalien<br />
verursachten Umweltprobleme mehr.<br />
Zur Erstellung anschaulichen Info-<br />
Materials werden Ökochonder gesucht<br />
die sich einbilden, ihre Beschwerden<br />
hätten etwas mit Umweltvergiftung zu<br />
tun. BewerberInnen mit Asthma, Neurodermitis<br />
oder Multibler Chemikalien<br />
Sensitivität werden bevorzugt. Kontakt:<br />
Abt. für Öffentlichkeitsarbeit oder<br />
Umwelttelefon 34 35 36.<br />
Heiraten / Bekanntschaften<br />
einsamer Lichtschalter (2) sehnt sich<br />
nach Licht und Wärme: „Drück<br />
mich!“ Diskreter Kontakt auch in den<br />
Toilettenräumen.<br />
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in gesicherter Beamtenstellung, in<br />
drei Jahren pensionsberechtigt, von<br />
seiner Basis geschieden, sucht nachhaltige<br />
Beziehung zu Top-Managern<br />
aus Industrie mit Agenda. Globales<br />
Handeln wird vorausgesetzt. (S1)<br />
040/7880-3200<br />
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„Curillo & the sandmen“, z.B. „Es<br />
besteht keine Gefahr“, „Best of<br />
1978-1985“, u.a. K99<br />
Die Kleinanzeige<br />
„Liebe Kinder, das Krümmel-Monster<br />
erklärt Euch heute den Unterschied<br />
zwischen AN und AUS.“ Die zuletzt<br />
ausgestrahlten Folgen dieser Serie jetzt<br />
auch auf Video ! Chiffre: Pluto<br />
Abnahme von Sondermüll aller Art.<br />
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Unterkünfte mit Blick auf die Elbe.<br />
Ab Januar 2002.<br />
Jetzt schon anmelden! AW16<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpoli-<br />
Klärwerk tik Dradenau<br />
1988<br />
Das Klärwerk Köhlbrandhöft bekommt eine<br />
Stickstoffbehandlungsstufe und eine<br />
Phosphatentfernungsstufe. Bereits seit 9 Jahren<br />
verlangen die Abwassergesetze diese Stufen. Obwohl<br />
schon Anfang der 80er Jahre eine vollständige<br />
Stickstoffentfernung Stand der Technik ist, schafft<br />
Hamburg das nur zu 60%. Die angewendete<br />
Phosphatfällung ist ebenfalls eine Billiglösung, die zudem riesige Mengen<br />
Eisenschlamm produziert. Radio Hamburg meldet zur Eröffnung: „Der Leiter<br />
des Dradenauer Klärwerkes bestätigte gegenüber Radio Hamburg, daß die<br />
neue Anlage bereits veraltet sei.“<br />
Geselliges<br />
Unser lustiges Kaffeekränzchen „Deputation“<br />
sucht Teilnehmerinnen (keine<br />
Männer). Wir treffen uns ca. jeden<br />
Monat zu nettem Plausch mit<br />
hervorragender Aussicht auf Hamburg.<br />
Treffpunkt: Billstr. 84, 12. OG.<br />
Kontakt: Deputations-Geschäftsstelle<br />
040/7880-3253<br />
Get on the magic Barkasse!<br />
DJ Alexander and his crew erwarten<br />
Sie an Bord zu einer Fantasy-Ausflugsfahrt<br />
in das Alte Land.<br />
Kaffetrinken in Cranz (1 Stück Kuchen<br />
und 1 Tasse Kaffee im Preis<br />
enthalten).<br />
Auf der Rückfahrt durch das Mühlenberger<br />
Loch haben Sie die Möglichkeit<br />
zu unglaublich günstigen Preisen<br />
Heizdecken zu erwerben.<br />
Contact: DJ Alex in his office!<br />
Unterricht<br />
Fortbildungskursus<br />
Umweltrecht - Der Erfolgsaufstieg<br />
zum höheren Dienst.<br />
Kursus 1: Abwasserabgabengesetz,<br />
Teilseminar II: Funktionalität kommunaler<br />
WC-Spülungen, 6wöchiger<br />
Kurs mit praktischen Anwendungen.<br />
Kursus 2: Das Betriebsgeheimnis<br />
Grenzen der betrieblichen Überwachung.<br />
2 Wochen.<br />
Kursus 3: <strong>Daten</strong>schutz Light<br />
Themen: Was ist ein Datum und wie<br />
stelle ich es ein? 3wöchiges Intensivprogramm<br />
mit praktischen Anwendungen.<br />
Grundsatzabt.<br />
Gefunden/Verloren<br />
Ärmelschoner gefunden P209<br />
Anfang Oktober 1998 haben wir ein<br />
Teilloch in der Nähe von Finkenwerder<br />
verloren. Größe ca. 180 ha ohne<br />
Rand. Das Loch hat das gefährliche<br />
A3XX-Syndrom. Bitte nicht anfassen.<br />
Sachdienliche Hinweise bitte sofort an:<br />
Amt für Naturschutz und Landschaftspflege,<br />
Herr Tiedick 040/7880-3918<br />
Bitte melde Dich!<br />
Habe mein Handy in Altenwerder<br />
verloren. Wer kann verhindern, daß<br />
sieben Meter Sand draufgeschüttet<br />
werden ? Hilfe ! SE1<br />
Umweltdaten günstig abzugeben<br />
Zwei Aktenordner mit Abwassermeßwerten<br />
einer großen Kupferhütte<br />
im östlichen Stromspaltungsgebiet<br />
der Elbe, die vor drei Monaten vom<br />
Reinigungspersonal in der<br />
Besenkammer von Amt B gefunden<br />
wurden, konnten bis heute nicht<br />
zugeordnet werden. Abgabe an<br />
interessierte Bürger gegen<br />
Höchstgebot. Kontakt: Amt K<br />
Gesundheit<br />
Entspannen, Streß abbauen, Auftanken<br />
in anerkannter Anstalt in der<br />
Metropole Hamburg. Kurhaus,<br />
Billstr. 84, 20539 Hamburg.<br />
Kontakt: Grundsatzabteilung für anerkannten<br />
Streßabbau A2<br />
Zu Verschenken<br />
<strong>Daten</strong>bank abzugeben. Absolut einmalig<br />
altes System. Kaum benutzt -<br />
fast wie neu!<br />
W1150 040/7880-2481<br />
Buch-Restbestände für die eigene<br />
Bibliothek: Der kleine Chemikus,<br />
Mein Ego und ich, Who-is-Who<br />
90-98, Bildbände Elbe, Rathäuser,<br />
Feuer, Tanker. F.V.
Seite 14 Personalien Konkurse 3<br />
Wolfgang Curilla<br />
Wolfgang Curilla (1978 - 1986),<br />
der mit der Lupe Umweltprobleme<br />
suchen wollte. Als erster Umweltsenator<br />
Hamburgs begann seine<br />
Der Kartoffelmann<br />
Karriere mit so heiklen Fällen wie<br />
Boehringer und Georgswerder.<br />
Eingebettet in eine politisch lebendige<br />
Atmosphäre konnte<br />
die Umweltbewegung seinerzeit<br />
enormen Druck entfalten und<br />
erzwang so manche Fortschritte in<br />
der Umweltpolitik, die von der damals<br />
noch im umweltpolitischen Mittelalter<br />
befindlichen Hamburger Verwaltung<br />
nicht zu erwarten gewesen<br />
wären. Dummdreistes und borniertes<br />
Auftreten der „wissenden“ und<br />
„erfahrenen“ Fachleute gegenüber<br />
den „dummen“ und deswegen „emotional“<br />
und „unwissenschaftlich“ argumentierenden<br />
Bürgern waren an<br />
der Tagesordnung, ernste Probleme<br />
gab es nicht, und wenn sie sich dann<br />
doch nicht mehr unter den Teppich<br />
kehren ließen, wurden sie am besten<br />
ohne lästige Einmischung von<br />
Umweltschützern und betroffenen<br />
Bürgern hinter verschlossenen Amtstüren<br />
„gelöst“. Wenn das alles gegen<br />
protestierende Umweltschützer nichts<br />
half, wurde eben das Totschlagargument<br />
„Zuviel Umweltschutz gefährdet<br />
Arbeitsplätze“ rausgeholt,<br />
denn alles, was die Umweltbehörde<br />
selbst für nicht machbar hielt, wurde<br />
sowieso als unrealistische Spinnerei<br />
durchgeknallter Ökos abgetan.<br />
„Wir sind dabei im Einzelnen zu ermitteln“<br />
lautete eine seiner Standardfloskeln<br />
- Ergebnisse blieben aber aus.<br />
Christiane Maring<br />
Ahnengalerie der<br />
Hamburger Umweltsenatoren<br />
Christiane Maring (1986 -<br />
1987) war für weniger als ein Jahr<br />
Umweltsenatorin, flankiert durch den<br />
damaligen Staatsrat und Maracujasaft-<br />
Gegner Dr. F. Vahrenholt. Sie blieb dadurch<br />
von besonders schlimmen Umweltskandalen<br />
aber auch von nennenswerten<br />
Erfolgsmeldungen verschont.<br />
Aufgrund der Kürze der zur Verfügung<br />
stehenden Zeit konnten<br />
entsprechende Bildrecherchen<br />
nicht besorgt werden.<br />
Der Piepmatz<br />
Jörg Kuhbier<br />
Das Sandmännchen<br />
Jörg Kuhbier (1987 - 1991) hat<br />
wie keine seiner VorgängerInnen und<br />
Nachfolger umweltpolitische Visionen<br />
entwickelt und mit dem Papier „Umwelt<br />
2000“ ein Vermächtnis hinterlassen,<br />
dessen Niveau durch aktuelle rotgrüne<br />
Koalitionsverträge oder Neusprech-Wortschöpfungen<br />
wie Öko-Audit<br />
oder Effizienzrevolution kaum mehr<br />
erreicht wird. Zudem galt er als relativ<br />
zugänglich und diskussionsbereit auch<br />
gegenüber Kritikern aus der Umweltszene.<br />
Dennoch war er eben nur ein<br />
SPD-Umweltsenator. In seine Amtszeit<br />
fielen die Computerschrottaffäre<br />
der Affi und der<br />
Billesiedlungsskandal.<br />
Die Freaks ...<br />
... sind wir wohl<br />
Dr. Fritze Vahrenholt<br />
Das Krokodil<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpoli-<br />
Wasserwerk Kaltehofe<br />
tik<br />
schließt<br />
1990 Ein Handlungskonzept von 1986 versprach einst<br />
vollmundig Maßnahmen zum Schutz der Hamburger<br />
Wasservorkommen. Handlungen zum Schutz von<br />
Kaltehofe vor der drohenden Boehringer-Giftfront im<br />
Grundwasser gab es jedoch nicht. Während zwischen<br />
Boehringer und Hamburg mittlerweile 5 Jahre lang<br />
tatenlos darüber verhandelt wurde, wie zu sanieren sei,<br />
schwammen HCH und Begleiter ungehindert zum 1500 m entfernten<br />
Wasserwerk. Spätestens 1990 haben sie ihr Ziel erreicht. Seit dem<br />
„notwendigen“ Import von Heidewasser 1983 haben Senat und Behörden<br />
offenbar die Einstellung, auf ein Wasserwerk wie Kaltehofe könne Hamburg ja<br />
nun auch locker verzichten.<br />
Alexander Porschke<br />
Fritz Vahrenholt (1991 - 1997).<br />
Wie kein anderer hat dieser Chemie-<br />
Doktor daran gearbeitet, das Image<br />
der Chemieindustrie als einer profitgierigen,<br />
ohne Skrupel produzierenden<br />
und zur Not über Leichen gehenden<br />
Branche in das einer Hunger, Krankheit<br />
und Umweltprobleme bekämpfenden<br />
industriellen Heilsarmee zu wandeln.<br />
Dabei hat er oftmals gegenüber<br />
Kritikern, aber auch gegenüber Opfern<br />
der Chemiesierung unserer Umwelt<br />
einen Zynismus an den Tag gelegt,<br />
der von einem Mann in dieser<br />
Position kaum zu überbieten ist. Um<br />
in diese Rolle schlüpfen zu können,<br />
mußte Vahrenholt sich jedoch erst als<br />
Chemiekritiker und „wahrer Umweltschützer“<br />
etablieren. Seine Verdienste<br />
sind so „bedeutend“, daß<br />
wir ihm einen eigenen Artikel<br />
widmen.<br />
Die Schnecke<br />
Alexander Porschke (1997 -<br />
?). Trotz erst einjähriger Amtszeit und<br />
inhaltlich nicht erkennbarer Unterschiede<br />
zu seinem Vorgänger hat er<br />
schon eine bedeutende Leistung vollbracht:<br />
Er ist wohl der erste grüne<br />
Umweltsenator, der eine völlig sinnlose<br />
und ökologisch katastrophale Zerstörung<br />
eines großen Naturgebietes,<br />
nämlich des Mühlenberger Lochs, als<br />
notwendig, vertretbar und ausgleichbar<br />
hinstellt. Wir erinnern uns an die<br />
Anfangszeit der Umweltbehörde: „Zuviel<br />
Umweltschutz gefährdet Arbeitsplätze“?<br />
Alter Wein in neuen Schläuchen!<br />
Von diesem grünen Senator<br />
dürfen wir wohl nicht allzu viel Grünes<br />
erwarten.
Konkurse 3 Aus dem Amt Seite 15<br />
Umweltbeamte pinkeln im Zwielicht<br />
Energiesparen wird zum beliebten<br />
Sport. Ein besonders sportlicher Typ<br />
ist Kai Fabig, ehemals Pressesprecher<br />
der Umweltbehörde, jetzt in der<br />
Energieabteilung. Unermüdlich motiviert<br />
er in Schrift und Vorbild seine<br />
KollegInnen (Auszug aus seinem<br />
jüngsten Rundbrief):<br />
„Energie- und Wassersparen in der<br />
Umweltbehörde<br />
Beispiel 1 - Toiletten<br />
Die rund 60 Toiletten im UB-Teil<br />
des Gebäudes sind mit durchschnittlich<br />
2,5 Leuchten a 36 Watt<br />
ausgerüstet. Wird jede Toilette pro<br />
Tag effektiv 2 Stunden benutzt, ergibt<br />
das rechnerisch einen notwendigen<br />
Verbrauch von 2700 kWh/a<br />
- bei 250 Arbeitstagen. ... Angenommen<br />
in einem Drittel der Toiletten<br />
brennt das Licht doppelt so<br />
lange wie nötig - also 4 Stunden<br />
pro Tag - und in einem weiteren<br />
Drittel wird das Licht gar nicht<br />
ausgeschaltet, dann ergibt sich<br />
daraus ein vermeidbarer Verbrauch<br />
von 5000 kWh/a. Das ist<br />
mühelos eingesparte Energie -<br />
schließlich müssen Sie sich nur so<br />
verhalten wie Zuhause.<br />
Also: Die Toilette am Arbeitsplatz<br />
ist kein Bahnhofs-Klo.<br />
Licht aus, wenn raus - „Drück’<br />
mich!“, ruft der Lichtschalter“.<br />
Kurz und uninteressant<br />
Das Amt N informiert:<br />
Nachhaltige Novellierung des Naturschutzgesetzes<br />
Nach erfolgreichen Verhandlungen mit<br />
der Landwirtschaftskammer und Herrn<br />
Dr. B. aus der Wirtschaftsbehörde<br />
(derzeit nicht im Amt erreichbar) sollen<br />
bei der nächsten Novellierung des<br />
Hamburger Naturschutzgesetzes in<br />
Noch sparsamer wär’s, das Licht gar<br />
nicht anzuknipsen, also erst auf Klo<br />
zu gehen, wenn genug Tageslicht vorhanden<br />
ist. Leider überschätzen viele<br />
Männer ihre Zielgenauigkeit in der<br />
Dämmerung, doch das kann mann<br />
üben. BILD lesen bleibt wegen der<br />
großen Buchstaben weiterhin möglich.<br />
Eines hat Kai F. jedoch nicht bedacht:<br />
Energiesparen verzögert den Ausstieg<br />
aus der Atomenergie. Indiz dafür ist,<br />
daß die HEW Stromsparen propagieren<br />
- würden die das tun, um ein<br />
Atomkraftwerk stillzulegen? Na bitte.<br />
Das neue Hafenkraftwerk wird den<br />
hochwertigen Primärenergieträger<br />
Gas nur in niedrigwertige Raumwärme<br />
verheizen, ohne eine Kilowattstunde<br />
Strom zu erzeugen. Die HEW<br />
begründeten dies: „Ausschlaggebend<br />
ist ... eine gegenüber der Jah-<br />
reshöchstlast von ca. 2.000 MWel<br />
verfügbare Kraftwerksleistung der<br />
HEW von insgesamt ca. 3.300<br />
MWel. .“ Solange also der Strombedarf<br />
weit unter der installierten Kapazität<br />
der Atomkraftwerke liegt,<br />
besteht für die HEW kein Grund,<br />
neue fortschrittliche Gas- und<br />
Dampfturbinenwerke zu bauen. Da<br />
die HEW ein AKW nicht vor dem<br />
technischen K.O. durch ein neues<br />
Kraftwerk ersetzen, also auf der<br />
Angebotsseite etwas ändern, muß<br />
der Druck von der Nachfrage kommen.<br />
Das heißt, es muß sehr viel mehr<br />
Strom verbraucht werden: Licht an!<br />
„Drück’ mich!“, ruft der Lichtschalter<br />
bis die HEW Gas- und Dampfturbinenwerke<br />
bauen müssen. Und<br />
wenn die erst am Netz sind<br />
... dann wird aber gespart!<br />
... und die HEW sind angeschmiert!<br />
Jutesäcke verpackter Kunstdünger und<br />
wiederverwendbare Chemiespritzen<br />
als Ausgleichsmaßnahmen anerkannt<br />
und aus Ausgleichszahlungen gefördert<br />
werden.<br />
international akzeptierte Standards<br />
Gott sei Dank wissen wir, daß einige<br />
Länder in Übersee die Forderungen<br />
unserer Ökospinner nie unterzeichnen<br />
werden!<br />
Inter(natio)nalisierung externer<br />
Effekte<br />
Kosten, die zur Behebung von Umweltschäden<br />
benötigt werden, auf<br />
andere abwälzen<br />
Investitions- und Planungssicherheit<br />
Zielsicher die Gegend verbauen<br />
Investition in die Zukunft<br />
Gentechnik<br />
Koalition ökologischer Vernunft<br />
Wiedereinführungsinitiative der<br />
PVC- Industrie<br />
Legitimationsbasis<br />
Deine Meinung interessiert niemanden<br />
Nachhaltigkeit oder Nachhaltige<br />
Entwicklung<br />
kräftig weitermachen, aber tolle Zet-<br />
In der Billesiedlung<br />
Sprachlasten<br />
(Fortsetzung)<br />
tel über die besten Absichten schreiben<br />
Neueste Prognosen geben Anlaß<br />
zu Optimismus<br />
Alles ist versaut.<br />
Neue Wege der Entscheidungsfindung<br />
Keine Ahnung haben<br />
NGO oder NRO<br />
„Nicht Regierungs Organisation“<br />
Wortkonstruktion aus der Agenda21,<br />
durch die sich Umweltgruppen mit in<br />
das Nullaussagekonzept der Agenda<br />
hineinziehen lassen.<br />
öffentlich-rechtlicher Sanierungsvertrag<br />
Es zahlt der Steuerzahler<br />
ökologische Effizienz und<br />
Funktionsorientierung<br />
Nur dort ein grüner Anstrich, wo es<br />
den Produktionsprozess und die<br />
Kasse nicht stört.<br />
(Fortsetzung auf Seite 19)<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpoli-<br />
Pulverfaß tik Billesiedlung<br />
1990 Am idyllischen Stadtrand in der Billesiedlung passieren<br />
seit einigen Jahren merkwürdige Dinge: erst Altöl, dann<br />
explosionsfähiges Gas und nicht zuletzt Dioxine finden<br />
1991 sich im Boden unter den Gärten der Anwohner. Die<br />
Behörden kennen die Altlast als ein Spülfeld aus der<br />
Zeit vor 1950, u.a. mit Affi-Arsen-Schlick aus den<br />
30ern, Waffen und Munition aus den Kriegsjahren, und<br />
immer wieder Baggergut, Altöl und Chemiemüll. Dennoch geht die<br />
Umweltbehörde auf groteske Weise mit den Sorgen der AnwohnerInnen um.<br />
Diese müssen nicht selten selbst teure Untersuchungen durchführen lassen, um<br />
nachzuweisen, daß dort akute Gefahr besteht, woraufhin dann schleppend eine<br />
sporadische Prüfung auf Stichhaltigkeit in die Wege geleitet wird. Erst als auch<br />
offiziell „ungewöhnlich hohe“ Bodenwerte von Dioxin gemessen werden, passiert<br />
etwas: die Stadt bietet 1991 den Ankauf der Häuser an.
Dez. Umweltbehörde erblickt das Licht der dunklen Welt<br />
Seite 16 Aus dem Gerichtssaal Konkurse 3<br />
Behörden haben sich noch nie gern<br />
in die Karten sehen lassen. Publikum<br />
raus, Tür zu, Ärmelschoner runter und<br />
dann bei Kaffee und Blödzeitung das<br />
hart arbeitende, unbestechliche und<br />
gnadenlos rechtschaffene Amt markieren.<br />
Das dazu im Gegensatz gern nach<br />
außen präsentierte Gesicht einer offenen,<br />
bürgernahen Behörde sieht -<br />
leider - anders aus.<br />
Eine Richtlinie der Brüsseler EU-Bürokraten<br />
führt den deutschen Amtsschimmel<br />
wiehernd vor. Besonders<br />
eindrucksvolle Beispiele stammen<br />
aus der Hamburger Umweltbehörde.<br />
EU-Bürokraten ohne Herz<br />
für deutsche Ämter<br />
Irgendwelche Bürokraten aus Brüssel<br />
haben ein europäisches Informationsrecht<br />
ausgearbeitet, das sehr<br />
weit geht: Damit erhält jeder Bürger<br />
das Recht, (auf Anfrage) Umweltdaten<br />
aller Art zu erhalten.<br />
Juli HCH in der Kuhmilch� Gift bei C.H. Boehringer<br />
Sept. „Dann macht es wumm“� Unfall bei Stoltzenberg<br />
Oktober Boehringer: „Nachts kommt Gift aus dem Schornstein“<br />
Untersuchung über Fischkrankheiten in der Elbe<br />
Bürgerschaft fordert Phosphatfällung für HH-Klärwerke<br />
MVA Stapelfeld geht in Betrieb (650.000 t/a)<br />
März Giftschiff unter der Köhlbrandbrücke entdeckt<br />
„In Wandsbek stinkt’s zum Himmel!“ (Hoechst)<br />
Faul, Dreist und Geldgierig<br />
Das Unglück für die Umweltbehörde<br />
will es - die blöde EU-Richtlinie<br />
kommt durch!<br />
Zum 1. Januar 1993 tritt sie in Kraft.<br />
Beharrlich weigern sich alle amtlichen<br />
Stellen im gesamten Deutschland<br />
auch nur einen winzigen Blinzler<br />
in Richtung dieses schändlichen,<br />
antibehördlichen Machwerks zu erübrigen.<br />
Schweigen wir’s tot! Nehmen wir's<br />
einfach nicht zur Kenntnis.<br />
Blöde ist, daß normalerweise eine<br />
EU-Richtlinie von einem nationalen<br />
Umsetzungsgesetz begleitet wird,<br />
die regelt, wie eine EU-Richtlinie<br />
beispielsweise in Dänemark oder in<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Genehmigungsverfahren Kabel-Ehlers<br />
1993<br />
Hamburg’s Luft soll eine weitere Bleiquelle bekommen.<br />
Das muß von der Umweltbehörde genehmigt werden.<br />
Ehlers beantragt, gemäß gesetzlichen Minimalanforderungen<br />
100 kg Blei pro Jahr verblasen zu dürfen. Anläßlich<br />
einiger Einwendungen von uns - „das ist ja wohl<br />
ein bißchen zu viel“ - nehmen wir am Erörterungstermin<br />
teil. Der Filterhersteller lässt beiläufig die Bombe<br />
hochgehen: die Filteranlage könne eigentlich auch Blei bis auf 20 g pro Jahr<br />
zurückhalten (da fehlt kein k !). Amen! Damit sind wir einverstanden. Da die<br />
Unterlagen in der Behörde bereits öffentlich auslagen ist klar: ohne unsere Einwendung<br />
wären die 100 Kilo Blei akzeptiert worden. Zu unserer Überraschung<br />
hat die Umweltbehörde später im Protokoll dann doch 400g/a festgeschrieben.<br />
Und was das Genehmigungsrecht angeht, ist Hamburg weltweit betrachtet,<br />
natürlich ganz weit ...bla... vorne...bla...Fritze...bla....<br />
Frankreich anzuwenden ist. Die<br />
Bundesregierung hat das diesesmal<br />
nicht getan - verpennt oder notorisch<br />
ignoriert.<br />
Dann tritt der seltene Fall ein, daß<br />
eine EU-Richtlinie unmittelbar<br />
anzuwenden ist - quasi direkt vom<br />
Schreibtisch des EU-Kommissars<br />
aus.<br />
Chronologie der<br />
Hamburger Umweltpolitik<br />
1978 bis 1998<br />
Mai Mühlenberger Loch soll für MBB zugeschüttet werden<br />
Juni Boehringer: HCH & TCDD im Grundwasser und im<br />
Moorfleeter Kanal<br />
Sept. Fischsterben vor der Affi<br />
Okt. Vulcanus verbrennt weiter Chemieabfälle i. d. Nordsee<br />
Umweltgruppe mißt hohe Schwermetallwerte b. d. Affi<br />
Nov. Heidelberger Elbe-Forscher bestätigen zunehmende<br />
Schwermetallanreicherung im Raum Hamburg<br />
Und es wird schlimmer. Spinnerte<br />
Umweltschützer haben Wind von<br />
dieser Richtlinie bekommen. In<br />
Hamburg beispielsweise die UmweltschutzgruppePhysik/Geowissenschaften.<br />
Prompt haben die bereits im Februar<br />
1993 drei Anfragen entsprechend<br />
der EU-Informationsrichtlinie auf den<br />
Tisch der Umweltbehörde segeln lassen.<br />
Das geht nun aber zu weit!<br />
Herr Vahrenholt und sein Politbüro beschließen,<br />
es den Damen und Herren<br />
Umweltschützern heimzuzahlen.<br />
Eine Passage des EU-Gesetzes lautet<br />
nämlich:<br />
„Für die Übermittlung der Informationen<br />
können Gebühren erhoben<br />
werden, die eine angemessene<br />
Höhe nicht überschreiten dürfen.“<br />
Das EU-Kommissariat war bei der<br />
Abfassung der Informationsrichtlinie<br />
der Auffassung, daß Porto und Verpackung<br />
von Fall zu Fall in Rechnung<br />
gestellt werden können.<br />
Hier wollen deutsche Behörden nun<br />
einhaken.<br />
Angemessene Gebühren können ja<br />
auch sein, wenn erst einmal der<br />
schwerfällige Behördenapparat angeworfen<br />
werden muß, um die Unter-<br />
Georgswerder Sickerwasser jetzt ins Siel (vorher Elbe)<br />
Klärwerk Köhlbrandhöft-Süd: mechan. Stufe i. Betrieb<br />
Stillegung der Klärwerke West,Volksdorf, Bergedorf<br />
Hafenentwicklungs(-ermächtigungs)gesetz kündigt<br />
Zerstörung v. Altenwerder,Francop u. Moorburg an<br />
Januar Verkaufsverbot für Aale � Elbfischerei beendet<br />
März Demo gegen Gewässerverschmutzung vor der Affi<br />
Mai „Eine schwimmende Zeitbombe“(Giftmüll i.d.Nordsee)<br />
Demo: 20000 Menschen fordern Sanierung d. Gewässer<br />
Juli Forderung nach Stillegung von Boehringer<br />
„Baden in der Elbe: Verbot nächstes Jahr ?“<br />
Öltanker vor Övelgönne auf Grund<br />
August � Besuch bei Haltermann, Boehringer, Affi & Co.<br />
1979 1980 1981 1982 1983<br />
Nov. Curilla verspricht weniger Luftemissionen (s. Mai ’82)<br />
lagen überhaupt zu finden. Und dann<br />
muß kopiert, mit der Amtsleitung<br />
abgestimmt und schließlich eingetütet<br />
werden.<br />
Bezahlung natürlich auf Basis des<br />
„Höheren Dienstes“. Nein, da lassen<br />
sich deutsche Behörden nicht lumpen.<br />
Qualität muß sein.<br />
Diese Bande von Nichtsnutzen möchte mittels eines EU-Gesetzes Informationen<br />
über die Norddeutsche Affinerie aus Behörden freipressen. Pfui!<br />
...zahlen sollen Sie!<br />
Die erste Anfrage der Umweltschützer<br />
in Hamburg betraf Umweltdaten<br />
des Problemstadtteils Billbrook.<br />
Klein-, Mittel- und Großindustrie auf<br />
engstem Raum. Dazwischen Altlastenflächen<br />
ohne Zahl. Wasser- und<br />
Schlickproben, die die Umweltschutzgruppe<br />
selber analysiert hatte,<br />
haben gigantische Schwermetallvergiftungen<br />
zutage gefördert. Dazu also<br />
die Anfrage: Welche Wasser-,<br />
Schlick- und Luftmeßwerte besitzt<br />
die Umweltbehörde und welche<br />
Messungen der Abwasserqualität hat<br />
die Behörde bei den Betrieben Bekker,<br />
Chemikon, Fuhse, Boehringer<br />
und der Müllverbrennungsanlage vorgenommen?<br />
Um dies herauszusuchen berechnete<br />
die Behörde insgesamt 1608,50 DM.<br />
Zum Teil war das Ergebnis durch einen<br />
einfachen Computerausdruck zu<br />
März Hafenerweiterung in Moorburg geplant<br />
Bundesminister Baum rügt Umweltschutz in Hamburg<br />
Mai � Emissionssenkung per Taschenrechner<br />
Boehringer läßt das Gelände einkapseln<br />
Bürobesetzung bei Haltermann<br />
August „Alarm in Wilhelmsburg: Gift im Boden“ (Haltermann)<br />
Oktober Hamburg’s Heidewasserwerk geht in Betrieb<br />
„Keine Erweiterung von MBB im Mühlenberger Loch!“<br />
(Forderung der SPD Altona-Rissen-Sülldorf)<br />
Nov. Maueraktion am Dreckrohr unter d. Argentinienbrücke<br />
„Siel-Abwässer i. d. Elbe: Seit 20 Jahren ungesetzlich“<br />
Anzeigen gegen Haltermann, Affi, Umweltbehörde,<br />
und Baubehörde wegen Gewässerverschmutzung
Konkurse 3 Aus dem Gerichtssaal Seite 17<br />
erledigen (hundert Seiten Endlospapier),<br />
zum Teil mußte kopiert<br />
werden. Kopierarbeiten wollte man<br />
anfangs mit 12,- DM je Seite berechnen.<br />
Nach einem kräftigen<br />
Lachanfall reduzierte man die Kosten<br />
auf 1.- DM pro Seite, insgesamt<br />
474.- DM. Wegen Gemeinnützigkeit<br />
der Umweltschutzgruppe<br />
ließ man auch bei den Lohnkosten<br />
noch etwas nach und fertigte nun<br />
die Gebührenrechnung in angemessener<br />
Höhe von DM 956,55 aus.<br />
Bei einer anderen Anfrage vom<br />
November 94 präsentierte die Umweltbehörde<br />
ihre abstrusen Forderungen<br />
erst im Dezember 1997: Für<br />
das Heraussuchen von Genehmigungsbescheiden<br />
über Sieleinleitungen<br />
der Norddeutschen Affinerie,<br />
also der Behörde tagtäglich als Entscheidungsgrundlage<br />
dienende Unterlagen,<br />
benötigte das Amt 44 halbe<br />
Stunden höherer Dienst. Für das<br />
Kopieren der 153 Seiten brauchte<br />
ein Beamter des mittleren Dienstes<br />
volle fünf Stunden (!), die zudem<br />
noch mit jeweils einer DM berechnet<br />
wurden. Allein für das Kopieren<br />
wurden somit DM 448.- berechnet.<br />
Wurde gegen die Gebührenbescheide<br />
Widerspruch eingelegt, so<br />
stellte die Umweltbehörde für diesen<br />
Ungehorsam noch einmal DM<br />
50.- im sog. Widerspruchsgebüh-<br />
Klärschlamm nach Schönberg (vorher Verklappung)<br />
Klärwerk Köhlbrandhöft-Süd: biolog. Stufe i. Betrieb<br />
Industriemülldeponie Neuhöfer Str. soll saniert werden<br />
Bodenkundler finden Schwermetalle i.d. Billesiedlung<br />
Januar � Umweltschutz a la Affi<br />
Karte mit 2000 Altlastenverdachtsflächen veröffentlicht<br />
März UB: „ Keine strafbaren Überschreit. v. Grenzwerten...“<br />
„Wohin mit dem Schlick ?“<br />
„Fall Stoltzenberg ohne Konsequenzen eingestellt“<br />
April „Umweltamt: Abhängig von Industrie ?“<br />
Boehringer: „Kein Dioxin auf Georgswerder !“<br />
Bromwolke über Boehringer<br />
Streit um Heizkraftwerk Haferweg<br />
Affi: „Umweltbehörde gefährdet 3300 Arbeitsplätze“<br />
Mai „Unter d. Müllkippe Georgswerder tickt e. Zeitbombe“<br />
„Der Schlick ist Giftmüll“<br />
Tanker verliert Öl im Hafen<br />
Juli Explosion bei der Ölmühle<br />
August Strafanzeige gegen Boehringer<br />
Nov. Analyse von Langzeitschäden an Hamburg’s Bäumen<br />
Dez. �Dioxin auf Georgswerder<br />
HCH-Torte mit Sahnehaube<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Boehringer-Sanierung gescheitert<br />
Sanierungsmaßnahmen 1984-1990: keine. Gerede: viel.<br />
Wasserwerk Kaltehofe: geschlossen. Soweit die<br />
Zwischenbilanz. Dann der Wunderofen Prometheus, mit<br />
dem man Gift einfach wegzaubern kann. Doch, oh<br />
Wunder, er funktioniert nicht ganz einwandfrei.<br />
Prometheus hat statt giftigem Boden nämlich lieber viel<br />
Geld weggezaubert. Der Boehringer-Konzern und seine<br />
„Sahnier-Tochter“ Dekonta haben hierbei keine Kosten und Mühen gescheut<br />
(hätte ja ein dickes Geschäft werden können). Der ursprünglich so ehrgeizige<br />
Sanierungsplan muß nun aber leider geändert werden: Dioxine und HCH bleiben<br />
leider im Boden, leider auch im Moorfleeter Kanal und leider auch im<br />
Grundwasser. Von Sanierung keine Spur mehr. Bleibt die „Sahnierung“, eine<br />
Maßnahme, um der Öffentlichkeit Erfolge vorzutäuschen: ein paar Meter<br />
Bodenaustausch, ein paar Mauern zum Schutz vor dem bösen Grundwasser,<br />
Beton drauf, gründlich fegen und 1998 dann: 80.000m2 1994<br />
Gewerbefläche mit<br />
„Sahnehäubchen“ in „Sahnelage“ zu verkaufen !<br />
Januar „Dioxin:Weiträumige Verseuchung“<br />
April Giro-Blau-Protest gegen Atomstrom<br />
Affi feiert neue Abgasreinigung (alte Anlage wird mit<br />
erhöhter Leistung weiterbetrieben)<br />
Mai Barkasse „Elise“ wird unser Meßschiff<br />
Beschlagnahme v. Boehringer-Akten<br />
Juni Ölschlamm in Moorfleet/Billesiedlung<br />
Prof. Epstein mahnt Hamburg’s Umweltpolitiker<br />
� Boehringer-Schließung<br />
Okt. Demo: Hafenschlick f.d. Wirtschaftssenator<br />
Nov. Klagen wegen Billigstrom für Industrie<br />
Aufklärung über Vergiftung von Boehringer-Arbeitern<br />
renbescheid in Rechnung.<br />
Später, 1998, als Umweltgruppen<br />
angesichts der gigantischen Rechnungsbeträge<br />
nun Kostenvoranschläge<br />
forderten, verstrickte sich<br />
die Behörde im Argumentations-<br />
Dickicht. »Rettet die Elbe« wurden<br />
Pläne zur Elbvertiefung zum Preis<br />
von 14.500.-DM angeboten. Die<br />
Behörde wußte bereits, daß exakt<br />
20 Stunden und 20 Minuten Arbeitszeit<br />
anfallen würden 1) . Die UmweltschutzgruppePhysik/Geowissenschaften<br />
erhielt 1998 einen Kostenvoranschlag<br />
über 1700.-DM<br />
für Schwermetallmeßwerte bei der<br />
Norddeutschen Affinerie. Wiederum<br />
wurden 20 Stunden geschätzt.<br />
1) Vermutlich wurden 20 Stunden geschätzt<br />
und die Kostenvoranschlagstelle erhöhte<br />
um10 %.<br />
Jan. Erstmaliges Schlickeggen im Hamburger Hafen<br />
Smogalarm, doch Affi senkt Emissionen nicht !<br />
Februar � Der Arsenskandal<br />
März Abschlußbericht Georgswerder gibt Senat Mitschuld<br />
Blockade im Hafen gegen Müllverbrennung auf See<br />
1983 1984 1985 1986 1987<br />
1989<br />
Juli Boehringer fordert Schadensersatz in Millionenhöhe<br />
August Ölfabrik Noblee & Thörl fliegt in die Luft<br />
Sept. Boehringer klagt wegen Betriebsgeheimnisverrat<br />
Studie über Gefahrenpotential von Schlickdeponien<br />
Okt. Deponie Münchehagen muß saniert werden<br />
Bei der Erstellung des Voranschlages<br />
wußte das Amt allerdings bereits<br />
genau, daß nach diesen 20<br />
Stunden 1200 Seiten Papier anfallen<br />
würden!<br />
Je schlechter die Behörde,<br />
desto höher die Gebührenrechnung.<br />
Das System, das sich die Hamburger<br />
Umweltämter zurechtlegen, ist<br />
das ideale Werkzeug eines Beamtenstaates:<br />
Je diffuser, unorganisierter,<br />
blinder, tauber, unwilliger und<br />
bürgerfeindlicher das Amt ist oder<br />
sein möchte, desto höher fallen die<br />
Preise aus. Eine gut organisierte<br />
Behörde ist schnell und billig, eine<br />
muffelige Ärmelschonerbrigade<br />
lahm und teuer. Nach Gutdünken<br />
der Amtsleitung kann eine unliebsame<br />
Anfrage ein paar Tage länger<br />
dauern und aus unzähligen Einzelkopieraufträgen<br />
bestehen. Für die<br />
Antragsteller ist ein positives oder<br />
negatives Ergebnis nicht vorhersehbar.<br />
Einmal die Anfrage in den<br />
Briefkasten geworfen, ist das Ergebnis<br />
und die Rechnung so rätselhaft<br />
wie das Lottoglück.<br />
Hamburg steht nicht<br />
allein<br />
Aber auch andere Ämter und Behörden<br />
in Deutschland reagieren<br />
sauer auf diese EU-Verordnung. In<br />
Pinneberg verweigert der Magistrat<br />
die Herausgabe von <strong>Daten</strong> über die<br />
geplante Westumgehung der Stadt<br />
mit der Argumentation, Straßenbau<br />
habe nichts mit Umweltschutz zu tun<br />
(womit sie sogar Recht haben).<br />
Mecklenburg-Vorpommern verweigerte<br />
die Einsichtnahme in die<br />
Verträge des Landes mit der Betreibergesellschaft<br />
der Mülldeponie<br />
Schönberg. Bereits für die Ablehnung<br />
forderten die Behörden 50<br />
DM. In Hessen hatten Umweltschützer<br />
das Amt für Immissionsund<br />
Strahlenschutz aufgefordert,<br />
Betriebe zu nennen, die unter die<br />
Störfallverordnung fallen. Sie erhielten<br />
drei Seiten Papier mit 15<br />
Adressen sowie einen Gebühren-<br />
Scheinsanierung in Georgswerder beginnt (Zudeckeln)<br />
Direkteinleiterkataster belegt Schwächen b. Kontrollen<br />
Januar Bundesratsinitiative:Finanzierung v. Bodensanierungen<br />
Februar Umweltgruppe kritisiert Senat wegen �Schlickeggen<br />
Verseuchtes Grundwasser in Hummelsbüttel gefunden<br />
März Francop soll 25m-Schlick-Spülberg werden<br />
April Hafenerweiterung, Senat: „Um 10 Jahre verschätzt“<br />
Tschernobyl<br />
Handlungskonzept z. Sicherung d. Trinkwasservorräte<br />
Mai Diskussion über Ausstieg a.d. Kernenergie<br />
Okt. Neue Pläne für den Gift-Schlick: Atoll-Lösung bzw.<br />
Loch-Lösung im Wattenmeer<br />
Nov. AKW-Krümmel: Kein Katastrophenplan
Seite 18 Aus dem Gerichtssaal Konkurse 3<br />
bescheid über 320 DM. Der Verein<br />
"Eltern für unbelastete Nahrung"<br />
in Kiel fragte das Gewerbeaufsichtsamt<br />
in Itzehoe nach der Emissionserklärung<br />
der DEA-Raffinerie<br />
in Hemmingstedt. Mit dem Gebührenbescheid<br />
über 173<br />
DM erhielten sie 17<br />
DIN A4 Seiten. Im<br />
bayerischen Raubling<br />
hatte jemand beim<br />
Landratsamt Rosenheim<br />
Umweltdaten über<br />
die beiden Großbetriebe<br />
des Ortes, ein Papierwerk<br />
und ein Mühlenbetrieb<br />
verlangt. Das<br />
Ansinnen wurde abgelehnt,<br />
dafür aber eine<br />
Gebühr von 100 DM<br />
erhoben zuzüglich Portokosten<br />
von 9 DM. In<br />
Aachen waren Gutachten<br />
zur Verwendung des<br />
Geländes des "alten Klinikums"<br />
erstellt worden,<br />
die ein Antragsteller<br />
gern eingesehen hätte.<br />
Die Stadt stimmte zu,<br />
sofern der Antragsteller<br />
150 DM im Voraus auf<br />
das Stadtkonto überweisen<br />
würde. Nach<br />
Widerspruch blieben die Gutachten<br />
hinter verschlossenen Türen. In<br />
Schleswig-Holstein gingen Ämter<br />
bald dazu über, EU-Anfragen überhaupt<br />
nicht mehr zu beantworten.<br />
Eine Anfrage zur Erweiterung des<br />
Flensburger Klärwerkes blieb<br />
ebenso ohne Antwort wie Anfragen<br />
zur Rohwasserqualität des<br />
Wasserwerkes in Wacken oder<br />
zum Deponieausbau in Bovenau.<br />
Angesichts dieses kollektiven Behördenaufbäumens<br />
fragte das EU-<br />
Kommissariat ungläubig, ob in<br />
Deutschland beim Kauf einer Briefmarke<br />
denn auch noch der Lohn<br />
des Postbeamten extra bezahlt werden<br />
müsse.<br />
April Lecithinfabrik Lucas Meyer brennt ab<br />
Juli „Schönberg: Risiko einer Trinkwasserverseuchung“<br />
Sept. Computerschrottverbrennung b.d. Affi stinkt<br />
Oktober Francop und Feldhofe werden Schlickhügel<br />
Moorfleeter Brack ist stark verseucht<br />
Nov. Gasunfall bei Alphachemie: Tränengas entweicht<br />
Dez. Computerschrottverbrennung der Affi jetzt genehmigt<br />
Unfall b.d.Affi: 150 t Schwefelsäure i.d. Elbe<br />
Rechnungshof kritisiert mangelnde Überwachung v.<br />
Indirekteinleitern<br />
DDT im Schlick vor der Affi ( Müggenburger Kanal)<br />
Untersuchung d. „Ölschadens“ unter d. Billesiedlung<br />
Juni � Klärwerk Dradenau<br />
Nein, Basta! Stempel<br />
drunter.<br />
Deutsche Ämter haben sich bislang<br />
mit drei Strategien den Rücken freigehalten.<br />
In der ersten Variation sol-<br />
Fische im Hamburger Hafen kommen immer gern an die Wasseroberfläche, um sich die Auswirkungen<br />
der neuen Umweltpolitik direkt anzusehen.<br />
len die Fragesteller, so wie in Hamburg,<br />
mit derart hohen Zahlungsaufforderungen<br />
drangsaliert werden, bis<br />
ihnen die Lust an derartigen Störungen<br />
des Behördenalltags vergeht. Die<br />
zweite Möglichkeit, Antragsteller auszubremsen,<br />
besteht darin, notorisch<br />
die Anwendbarkeit der EU-Richtlinie<br />
auf den eigenen Amtsbereich zu leugnen<br />
und bei der dritten Variante, vielleicht<br />
der elegantesten, glauben deutsche<br />
Behörden einfach nicht, daß es<br />
eine solche Richtlinie geben kann, insofern<br />
auch nichts zu beantworten ist.<br />
Eine gute deutsche Behörde ist eben<br />
aufgrund ihrer formularmäßig genauen<br />
und hierarchisch durchorganisierten<br />
Amtsstruktur chronisch kompetenzlos<br />
und im preussischen Sinn der höheren<br />
Okt. Demo b.d. Affi wegen Computerschrott-Emissionen<br />
8000 Einwendungen gegen 4. Elbtunnelröhre<br />
„Emissionskataster f. Indirekteinleiter nicht möglich“<br />
� Fotoroman: Indirekteinleiter<br />
Konzept zur Sanierung der maroden Siele<br />
Juni 11 HCH-Fässer in einem Privathaus gefunden,<br />
UB verweigert Hilfe bei Entsorgung<br />
„Müll-Oscar“ f. Müllpascha Bausenator E. Wagner<br />
August „Dioxine aus Kabelrecycling“ (Schumann & Rumohr)<br />
Abfallwirtschaftsplan: Verbrennen, alles Verbrennen<br />
Indirekteinleiterkataster: „...Veröffentlichung erfolgt<br />
nach Abschluß aller Untersuchungen...“<br />
Feb. � Wasserwerk Kaltehofe schließt<br />
März Elbe-Konferenz v. Inis in Dresden, Kuhbier ausgeladen<br />
Sanierungskonzept für d. Billesiedlung<br />
Dienstebene gnadenlos ergeben. Ein<br />
Zimmer weiß nicht, was im nächsten<br />
geschieht und so ist die Suche nach<br />
den einfachsten Schriftstücken ein außenpolitischer<br />
Akt, der alle Dienstwege<br />
durchläuft bis herauskommt,<br />
daß der gesuchte Text auf der eigenen<br />
Schreibtischseite gegenüber un-<br />
1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993<br />
Juli Brand auf der Affi-Deponie Müggenburger Straße<br />
Sept. Dioxin auf 61 Spielplätzen in Hamburg<br />
Nov. � Pulverfaß Billesiedlung<br />
Dez. Affi darf Dioxin ausstoßen bei Computerverbrennung<br />
Indirekteinl.: „...1050 sind erfaßt...“, „Veröffentlichung<br />
findet gesondert statt...“<br />
Juni Billesiedlung wird aufgekauft, wegen Dioxin im Boden<br />
ter Aktenzeichen Q liegt.<br />
Und dann kommen spinnerte Ökolümmel<br />
und platzen anarchisch und<br />
pietätlos in die gottgewollte Behördenstube<br />
hinein.<br />
Da muß doch etwas geschehen!<br />
Das kann doch nicht so einfach<br />
geschluckt werden.<br />
Nov. UB liegen keine zusammenfassenden Erkenntnisse über<br />
Ausgleichsmaßnahmen vor<br />
Welch Glück, daß sich<br />
auch der Herr Politiker an<br />
der Behördenspitze nicht<br />
gern in die Karten blicken<br />
lassen möchte. Bietet die<br />
bestehende Ordnung doch<br />
genügend Spielraum das<br />
eine oder andere Umweltproblem<br />
entsprechend<br />
den politischen Rahmenbedingungen<br />
ein wenig höher<br />
oder gar nicht im öffentlichen<br />
Gespräch erscheinen<br />
zu lassen, ein kleines<br />
Gemauschel läßt sich<br />
gemütlicher im Stillen erledigen.<br />
Also Leute in Ämtern und<br />
Behörden: Aufgewacht!<br />
Seht zu, daß Ihr die Preise<br />
hoch haltet, denn wenn Ihr<br />
sie nicht halten könnt, kommen<br />
wir und kontrollieren<br />
Eure Akten - und das kann böse für<br />
Euch ausgehen!<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Bagger in Altenwerder<br />
1996<br />
Das Thema Altenwerder ist durch. Die Bagger haben<br />
bereits innerhalb weniger Wochen 200 ha<br />
erhaltenswerte Natur plattgewalzt. Sowas nennt man<br />
Sofortvollzug. Das Verfahren gegen die<br />
Hafenerweiterung ist offiziell noch nicht zu Ende, doch<br />
die ausstehende Revision wird nicht mehr abgewartet.<br />
Einwendungen wurden wie erwartet als unbegründet<br />
abgeschmettert, die Frage nach der Notwendigkeit des Ganzen und eine<br />
Einbeziehung möglicher Alternativflächen (Petroleumhafen) wurden von<br />
vornherein ausgeklammert. Die Umweltbehörde beschäftigt sich lediglich damit,<br />
wie die an sich ziemlich sinnlose Ausgleichsmaßnahme ‘Öffnung der Alten<br />
Süderelbe’ bürokratisch aufgewertet werden kann, um sie als großzügige<br />
Wiedergutmachung zu feiern. Leider eine aus Sicht der Behörde „gelungene“<br />
Generalprobe für die Themen Elbvertiefung und Mühlenberger Loch...<br />
Jan. „Hamburgs Gewässer: schmutzig, giftig,stinkig“<br />
Nov. Laub wird gewaschen, wegen Schwermetallen<br />
KETA (Klärschlammtrockner) wird gebaut
Konkurse 3 Vermischtes Seite 19<br />
Im Indirekteinleiterkataster sollen alle Betriebe<br />
erfasst werden, die Schadstoffe ins Siel einleiten.<br />
Diese <strong>Daten</strong>, die eigentlich Grundlage<br />
für eine kontrollierte Klärschlammentgiftung<br />
und nach EU-Richtlinie öffentlich zugänglich<br />
sein sollten, sind in der Behörde jedoch offenbar<br />
kaum vorhanden. Was dabei herauskommt,<br />
wenn man hin und wieder mal nachfragt, sieht<br />
ungefähr so aus:<br />
(Die Aussagen sind den Bürgerschaftsdrucksachen 13/<br />
323, 13/6266, 13/7586 und 15/6151 entnommen, die<br />
Prozente geben den erfassten Anteil bei einer geschätzten<br />
Gesamtzahl von 10.000 Industrieeinleitungen in<br />
Hamburg an)<br />
ökologische Handlungsfelder<br />
strategische Planung, wie unproblematische<br />
Produktionsprozesse das<br />
Umweltimage des Betriebes erhöhen<br />
können.<br />
ökologische Lenkungseffekte<br />
Vertuschung von Umweltsauereien<br />
ökologische Modernisierung<br />
Kreative Wortschöpfung eines Umweltsenators,<br />
der damit sicherlich die<br />
Dachbegrünung der Öltankanlagen<br />
im Hafen meint.<br />
Januar EU-Richtlinie für Umweltinformationen<br />
� Artikel: „Faul, Dreist und Geldgierig“<br />
Altenwerder wird neu aufgerollt<br />
Vahrenholt: „HEW-Kurs steht auf Atom-Ausstieg“<br />
� Genehmigungsverfahren Kabel-Ehlers<br />
April Altenwerder: 7000 Einwendungen und 50 Klagen<br />
Nov. Bestechung: Dreckige Geschäfte mit dem Schlick<br />
Dez. „Der Giftbach v. Rahlstedt macht unsere Kinder krank“<br />
Der unabgeschlossene Fotoroman<br />
Sprachlasten<br />
(Fortsetzung)<br />
Genehmigungsverfahren für Klärschlammverbrennung<br />
Indirekteinl.: „...Kataster befindet sich im Aufbau...“<br />
Feb. „Der Müll und die Moneten“ (Dep. Schönberg)<br />
März Neue Müllverbrennungsanlage Borsigstraße (320.000 t)<br />
Juni � Boehringer-Sanierung gescheitert<br />
ökologisch nachhaltige Bewirtschaftung<br />
Nach der Bearbeitung dieses Gebietes<br />
wächst hier sehr lange nichts mehr<br />
Outsourcing<br />
Arbeitslosigkeit<br />
Pilotprojekt<br />
Stinkendes Testverfahren ohne öffentliche<br />
Kontrolle<br />
(Fortsetzung auf Seite 20)<br />
Dez. Umweltgefährdende Müllentsorgung b. HH-Firmen<br />
1 2<br />
3 4 5<br />
Wilhelmsburg revoltiert gegen 4. MVA<br />
Kostenlose Annahme v. Altöl im Hafen wird eingestellt<br />
Jan. Barsbütteler Deponie soll wieder besiedelt werden<br />
Juni Harburg: Grundwasser ist mit CKW’s verseucht<br />
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />
Baubeginn f. MVA Rugenberger Damm in Altenwerder<br />
Juni Medikamentenrückstände im Brunnenwasser<br />
Nov. � Bagger in Altenwerder<br />
(Fortsetzung in „Konkurse 4“ ! )<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Klärschlammofen VERA<br />
1997 Seit 1981 werden 90% der Hamburger Abwässer im<br />
Klärwerk Köhlbrandhöft gereinigt. Der dort<br />
entstehende Klärschlamm ist hochbelastet, denn auch<br />
das Gift, das früher in die Elbe geleitet wurde, findet<br />
sich heute darin wieder. Anstatt nun endlich eine<br />
Entgiftung bei den Schadstoffproduzenten zu forcieren,<br />
wurde von Pyromane Vahrenholt die teure Verbrennung<br />
gewählt, um die gigantischen Schlammengen gerade mal zu halbieren. Langfristig<br />
gesehen ist damit wie auch bei den Müll-Öfen eine wirksame Schadstoffminimierungspolitik<br />
umgangen worden. Die Ofen-Kapazität ist doppelt so groß<br />
wie nötig und Mindestmengen sind den Betreibern für 20 Jahre garantiert. Hätte<br />
man das dezentrale Konzept erhalten und mit den in High-Tech verpulverten<br />
Millionen eingeführt, daß Regen-, Haushalts- und Industrieabwässer getrennt<br />
behandelt werden, wäre am Ende sicher weniger Giftmüll dabei<br />
herausgekommen.<br />
Planverfahren Elbvertiefung<br />
� Klärschlammofen VERA<br />
Planverfahren Mühlenberger Loch<br />
��Die Zukunft eines Lochs<br />
Mai � Stoltzenberg nochmal<br />
August Boehringer-Sicherung beendet (s. Juni ’94)<br />
Dez. 20 Jahre Umweltbehörde
Seite 20 Aus Aller Welt Konkurse 3<br />
Sprachlasten<br />
(Fortsetzung)<br />
politische Unwägbarkeiten<br />
Kommt’s raus oder nicht?<br />
Psychologisch-kognitiver Ansatz<br />
der Risikoforschung<br />
Gehirnwäsche bezüglich nuklearer<br />
Gefahren<br />
Der Verbraucher hat dem DSD den<br />
rationalen Dialog verweigert.<br />
Der Verbraucher hat gesagt, daß er<br />
sich nicht verarschen läßt<br />
Raum für zukunftsorientierte Logistik<br />
Containerterminal<br />
Realpolitiker<br />
Politiker, der jeden Mist mitmacht<br />
ressourceneffizientes Haushalten<br />
Schön langsam aber mit Profit die<br />
Natur aussaugen<br />
ressourcenschonende ständige<br />
Strukturanpassung<br />
hemmungslose Hafenerweiterung und<br />
Elbvertiefung<br />
Reststoffdeponie<br />
Giftstoff-Verscharr-Stelle<br />
schlanker Staat<br />
Entscheidung hinter verschlossenen<br />
Türen ohne öffentliche Beteiligung<br />
Sondierung<br />
Keine Ahnung haben<br />
Subjektiver Abfallbegriff<br />
behördlich zu „Wirtschaftsgut“ umdefinerter<br />
Abfall, z.B. Hafenschlick<br />
Umweltbehörde<br />
Behörde die vorgibt ”für” die Umwelt<br />
zu handeln. Die Realität zeigt das Gegenteil.<br />
Die Industrie wird geschont<br />
und der Öffentlichkeit werden einlullende<br />
Sprachblasen verkauft. Wenn<br />
es anders wäre, würde sie auch<br />
Das neue Verwaltungsgebäude der Deutschen Shell AG entstand 1990 in<br />
Hamburg-Billbrook. Es bietet weite Ausblicke in das Investitionsgebiet.<br />
Meilensteine Hamburger Umweltpolitik<br />
Stoltzenberg nochmal<br />
1998 Der Kreis schließt sich: Während das Boehringer-<br />
Gelände nun angeblich fertig gesichert ist, kommt die<br />
Meldung, daß das Gelände der ehemaligen<br />
Waffenfabrik Stoltzenberg neu saniert werden muß.<br />
1984 hatte man die Sanierung dort beendet, weil der<br />
Grundwasserschutz nach damaligen Behörden-<br />
Erkenntnissen gewährleistet war. Im Wasserwerk<br />
Stellingen wird seit einiger Zeit jedoch weniger<br />
Grundwasser gefördert, der Pegel steigt, und das Gelände stellt nun doch wieder<br />
eine Gefahr da. Erst recht dürfte das der Fall sein, wenn dem Wasserwerk<br />
Stellingen durch die hohe Industriedichte in Eidelstedt das Gleiche wiederfahren<br />
sollte wie Kaltehofe 1990.<br />
Und am Ende nun die Masterfrage: Wieviel Jahre beträgt derzeit die<br />
gesetzliche Minimalanforderung für das Unwort 1998 „Nachhaltigkeit“:<br />
10, 20 oder 21 Jahre ???<br />
Die Auflösung finden Sie in Konkurse 5 !!!<br />
Umwelt„schutz”behörde heißen.<br />
umweltfreundliche Nutzung der<br />
Biotechnologie<br />
Durchsetzung der Gentechnik<br />
untergeordnete Größenordnung<br />
Ganz schön viel<br />
Vegetationsabtrag<br />
So lange Bulldozer fahren, bis alles<br />
Grünzeug samt Mutterboden auf dem<br />
Laster liegt<br />
Verantwortung für die Zukunft<br />
Heute erkennen - morgen (oder übermorgen)<br />
handeln<br />
verantwortungsbewußter Umgang<br />
mit genetischen Hilfsmitteln<br />
Gentechnikeinsatz in großindustriellem<br />
Maße.<br />
Verlust der Erlebnisqualität<br />
Wenn in Altenwerder erst Container<br />
stehen, macht der Einkaufsbummel<br />
nicht mehr so richtig Spaß<br />
Vogelschutz<br />
Die Umweltbehörde gibt in ihrer<br />
100-Tage-Bilanz im Februar 1998<br />
bekannt: Das Mühlenberger Loch ist<br />
nun bei der EU als Vogelschutzgebiet<br />
angemeldet worden. Was für Vögel?<br />
Groooße Vögel!<br />
Verloren<br />
Der Europäische Gerichtshof<br />
(EuGH) hat zum ersten Mal ein Urteil<br />
über das Recht der Bürger auf<br />
freien Zugang zu Umweltinformationen<br />
zugunsten der<br />
Informationsfreiheit gesprochen. Die<br />
Stadt Pinneberg hatte versucht<br />
gutachterliche Stellungnahmen beim<br />
Bau einer Umgehungsstraße dem<br />
Antragsteller vorzuenthalten - und nun<br />
verloren (Vergl. S. 16)<br />
Kurz und uninteressant<br />
Verlust prägender landschaftsstrukturellerAusstattungselemente<br />
Mit Bulldozern vollständig platt gemacht<br />
Verzichtsethik<br />
Armut<br />
wertschöpfungsintensive Dienstleistungen<br />
Industrie<br />
vorwiegend umweltschonend<br />
völlig giftig<br />
Zukunftstechnologie<br />
Genmanipulation<br />
Zweckrationalität<br />
Mit den billigsten Tricks das Umweltproblem<br />
der Leute aus den Köpfen<br />
treiben<br />
(Fortsetzung auf Seite 3)<br />
Die letzte Broschüre der UmweltschutzgruppePhysik/Geowissenschaften,<br />
Hamburg 1997, DM 7.-<br />
... wenn Infos fehlen über:<br />
Herkunft und Verbleib von Abwasser,<br />
Hamburger Schlammpläne,<br />
Klärwerke und Behörden<br />
Jahr 2000 beseitigt Umweltskandale<br />
Computer kennen die Jahreszahl<br />
meist nur in den letzten beiden Stellen,<br />
aus 1998 wird 98 aus 1900 wird<br />
00 und aus 2000 eben auch 00. Weil<br />
ein Computer meint, daß vor die beiden<br />
Zahlen immer die 19 gehört, wird<br />
aus 2000 eben auch nur 1900. Da<br />
es keine <strong>Daten</strong> neuer als das aktuelle<br />
Datum (1900) geben kann meint der<br />
Computer, er kann schnell alles andere<br />
löschen. Umweltskandale gehören<br />
plötzlich der Vergangenheit (Zukunft?)<br />
an, denn alle belastenden<br />
Zahlen und Dokumente werden ohne<br />
Verschulden des Sachbearbeiters ins<br />
Nichts gebeamt. Der Umweltsenator<br />
sagte: „Ist ja prima!“