15. § 104 GWB - Vergabekammern - Oeffentliche Auftraege
15. § 104 GWB - Vergabekammern - Oeffentliche Auftraege
15. § 104 GWB - Vergabekammern - Oeffentliche Auftraege
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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 24.01.2010<br />
<strong>15.</strong> <strong>§</strong> <strong>104</strong> <strong>GWB</strong> - <strong>Vergabekammern</strong><br />
<strong>Vergabekammern</strong><br />
(1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge nehmen die <strong>Vergabekammern</strong> des<br />
Bundes für die dem Bund zuzurechnenden Aufträge, die <strong>Vergabekammern</strong> der Länder<br />
für die diesen zuzurechnenden Aufträge wahr.<br />
(2) Rechte aus <strong>§</strong> 97 Abs. 7 sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die<br />
auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren<br />
gerichtet sind, können nur vor den <strong>Vergabekammern</strong> und dem Beschwerdegericht<br />
geltend gemacht werden.<br />
(3) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von<br />
Schadensersatzansprüchen und die Befugnisse der Kartellbehörden zur Verfolgung von<br />
Verstößen insbesondere gegen <strong>§</strong><strong>§</strong> 19 und 20 bleiben unberührt.<br />
<strong>15.</strong>1 Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2009<br />
2486<br />
<strong>§</strong> <strong>104</strong> wird klarer gefasst. Die Streichung der Vergabeprüfstellen in <strong>§</strong> <strong>104</strong> Abs. 2 („außer<br />
vor den Vergabeprüfstellen“) ist eine Folgeänderung aus der Aufhebung des <strong>§</strong> 103 <strong>GWB</strong>. Der<br />
bisherige <strong>§</strong> <strong>104</strong> Abs. 2 Satz 2 wird Absatz 3. Durch diese neue Struktur wird die Regelung<br />
klarer. Der neue Verweis in Absatz 3 Satz 2 auf die <strong>§</strong><strong>§</strong> 19 und 20 stellt klar, dass sich<br />
trotz der Regelungen der 7. <strong>GWB</strong>-Novelle an den Befugnissen der Kartellbehörden im<br />
Falle eines unzulässigen Verhaltens eines marktstarken öffentlichen Auftraggebers<br />
nichts ändert.<br />
<strong>15.</strong>2 Inhalt der Vorschrift<br />
2487<br />
<strong>§</strong> <strong>104</strong> Abs. 1 <strong>GWB</strong> legt im Grundsatz die Zuständigkeiten der <strong>Vergabekammern</strong> des<br />
Bundes und der <strong>Vergabekammern</strong> der Bundesländer fest; <strong>§</strong> <strong>104</strong> Abs. 2 <strong>GWB</strong> in<br />
Verbindung mit <strong>§</strong> 102 <strong>GWB</strong> bestimmt die ausschließliche Zuständigkeit der<br />
<strong>Vergabekammern</strong> und der Vergabesenate bei den Oberlandesgerichten für das förmliche<br />
Vergabenachprüfungsverfahren nach den <strong>§</strong><strong>§</strong> 97 ff. <strong>GWB</strong>. Abs. 3 regelt die Zuständigkeit der<br />
ordentlichen Gerichte für Schadenersatzansprüche und die Befugnisse der<br />
Kartellbehörden.<br />
<strong>15.</strong>3 <strong>Vergabekammern</strong> des Bundes und der Länder<br />
<strong>15.</strong>3.1 Organisation der <strong>Vergabekammern</strong> des Bundes und der Länder<br />
2488
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 24.01.2010<br />
Die <strong>Vergabekammern</strong> von Bund und Ländern sind unterschiedlich organisiert. Zum Teil sind<br />
sie für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich konzentriert, zum Teil sind sie räumlich oder<br />
sachlich getrennt eingerichtet.<br />
<strong>15.</strong>3.1.1 Übersicht der von Bund und Ländern eingerichteten<br />
<strong>Vergabekammern</strong><br />
2489<br />
Vergabekammer Adresse Telefon Telefax<br />
1., 2. und 3. Vergabekammer des Bundes<br />
beim Bundeskartellamt<br />
Kaiser-Friedrich-Straße<br />
16, 53113 Bonn<br />
0228/9499-0 0228/9499-400<br />
Vergabekammer beim Regierungspräsidium<br />
Karlsruhe<br />
76247 Karlsruhe 0721/926-4049 0721/926-3985<br />
Regierung von Mittelfranken,<br />
Vergabekammer Nordbayern<br />
Regierung von Oberbayern, Vergabekammer<br />
Südbayern<br />
Promenade 27, 91522<br />
Ansbach<br />
Maximilianstraße 39,<br />
80538 München<br />
0981/53-277 0981/53-837<br />
089/2176-2411 089/2176-2847<br />
Vergabekammer des Landes Berlin<br />
Martin-Luther-Straße<br />
105, 10825 Berlin<br />
030/9013-8316 030/9013-7613<br />
1. und 2. Vergabekammer des Landes<br />
Brandenburg beim Ministerium für<br />
Wirtschaft<br />
Heinrich-Mann-Allee<br />
107, 14473 Potsdam<br />
0331/866-1617 0331/866-1730<br />
<strong>Vergabekammern</strong> der Freien Hansestadt<br />
Bremen beim Senator für Bau und Umwelt<br />
Ansgaritorstraße 2,<br />
28195 Bremen<br />
0421/361-6704 0421/361-2050<br />
Vergabekammer bei der Behörde für<br />
Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg<br />
Düsternstraße 10, 20355<br />
Hamburg<br />
040/42840-2441<br />
bzw. -3093<br />
040/42840-<br />
2039<br />
Vergabekammer bei der Finanzbehörde<br />
Hamburg<br />
Rödingsmarkt 2, 20459<br />
Hamburg<br />
040/42823-1491<br />
bzw. -1448<br />
040/42823-<br />
2020<br />
Vergabekammer des Landes Hessen beim<br />
Regierungspräsidium Darmstadt<br />
Luisenplatz 2, 64283<br />
Darmstadt<br />
06151/12-6348<br />
bzw. -6036<br />
06151/12-5816<br />
bzw. -6834
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 24.01.2010<br />
<strong>Vergabekammern</strong> bei dem<br />
Wirtschaftsministerium Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
Johannes-Stelling-Straße<br />
14, 19053 Schwerin<br />
0385/588-5814 0385/588-5847<br />
Vergabekammer bei der Oberfinanzdirektion<br />
Hannover<br />
Vergabekammer beim Niedersächsischen<br />
Landesamt für den Straßenbau<br />
Vergabekammer bei der Bezirksregierung<br />
Lüneburg<br />
Waterloostraße 4, 30169<br />
Hannover<br />
Sophienstraße 7, 30159<br />
Hannover<br />
Auf der Hude 2, 21339<br />
Lüneburg<br />
0511/101-2966 0511/101-2499<br />
0511/3034-421 0511/3034-361<br />
04131/15-2340 04131/15-2943<br />
Vergabekammer bei der Bezirksregierung<br />
Arnsberg<br />
Seibertzstraße 1, 59821<br />
Arnsberg<br />
02931/82-2777 02931/82-2520<br />
Vergabekammer bei der Bezirksregierung<br />
Detmold<br />
Leopoldstraße 13-15,<br />
32756 Detmold<br />
05231/71-1710<br />
bzw. -1711<br />
05231/71-1295<br />
bzw. 1297<br />
Vergabekammer bei der Bezirksregierung<br />
Düsseldorf<br />
Am Bonneshof 35,<br />
40474 Düsseldorf<br />
0211/475-3302<br />
bzw. -3307<br />
0211/475-3989<br />
Vergabekammer bei der Bezirksregierung<br />
Köln<br />
Zeughausstraße 2-10,<br />
50667 Köln<br />
0221/147-2747 0221/147-2889<br />
Vergabekammer bei der Bezirksregierung<br />
Münster<br />
Domplatz 1-3, 48143<br />
Münster<br />
0251/411-2064<br />
bzw. -1707<br />
0251/411-2889<br />
Vergabekammer Rheinland-Pfalz Stiftstraße 9, 55116<br />
Mainz<br />
06131/16-5240<br />
bzw. -2234 bzw. -<br />
2250<br />
06131/16-2269<br />
<strong>Vergabekammern</strong> bei dem Ministerium für<br />
Wirtschaft<br />
Keplerstraße 18, 66117<br />
Saarbrücken<br />
0681/501-4684 0681/501-4299<br />
Vergabekammer des Freistaates Sachsen<br />
beim Regierungspräsidium Leipzig<br />
Braustraße 2, 04107<br />
Leipzig<br />
0341/977-3411 0341/977-3099<br />
Vergabekammer beim Regierungspräsidium<br />
Halle<br />
Vergabekammer beim Regierungspräsidium<br />
Magdeburg<br />
Vergabekammer bei der Oberfinanzdirektion<br />
Magdeburg<br />
Willi-Lohmann-Straße 7,<br />
06114 Halle/Saale<br />
Olvenstedter Straße 1-2,<br />
39108 Magdeburg<br />
Otto-von-Guericke-<br />
Straße 4, 39014<br />
Magdeburg<br />
0345/514-1544 0345/514-1115<br />
0391/567-2341 0391/567-2368<br />
0391/545-4110 0391/545-4444
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 24.01.2010<br />
Vergabekammer des Landes Schleswig-<br />
Holstein bei dem Ministerium für Wirtschaft,<br />
Technologie und Verkehr<br />
Düsternbrooker Weg 94,<br />
24105 Kiel<br />
0431/988-4546<br />
bzw. -4514<br />
0431/988-4702<br />
Thüringer Landesverwaltungsamt,<br />
Vergabekammer des Freistaats Thüringen<br />
Weimarplatz 4, 99423<br />
Weimar<br />
03643/58-7254 03643/58-7072<br />
<strong>15.</strong>3.1.2 Abgrenzung der Zuständigkeiten der <strong>Vergabekammern</strong> des<br />
Bundes und der Länder<br />
2490<br />
Die genaue Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den <strong>Vergabekammern</strong> des<br />
Bundes und der Länder ist in <strong>§</strong> 106a <strong>GWB</strong> (früher <strong>§</strong> 18 VgV) geregelt. Zu den<br />
Einzelheiten vgl. daher die Kommentierung zu <strong>§</strong> 106a <strong>GWB</strong>.<br />
<strong>15.</strong>4 Rechtsschutz im Vergabenachprüfungsverfahren nach den <strong>§</strong><strong>§</strong><br />
97 ff.<br />
2491<br />
Vgl. hierzu im Einzelnen die Kommentierung zu <strong>§</strong> 102 <strong>GWB</strong>.<br />
<strong>15.</strong>5 Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die<br />
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen<br />
2492<br />
<strong>§</strong> <strong>104</strong> Abs. 3 <strong>GWB</strong> stellt klar, dass die ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von<br />
Schadenersatzansprüchen zuständig sind. Vgl. inhaltlich dazu die Kommentierung zu <strong>§</strong><br />
125 <strong>GWB</strong>.<br />
<strong>15.</strong>6 Befugnisse der Kartellbehörden<br />
<strong>15.</strong>6.1 Allgemeines<br />
2493<br />
Nach <strong>§</strong> <strong>104</strong> Abs. 3 <strong>GWB</strong> bleiben mit Blick auf das förmliche Nachprüfungsverfahren die<br />
Befugnisse der Kartellbehörden unberührt. Dies bedeutet einmal, dass die Kartellbehörden<br />
des <strong>GWB</strong> unabhängig von einem Vergabenachprüfungsverfahren kartellrechtliche<br />
Sachverhalte aufgreifen können oder sogar müssen.<br />
<strong>15.</strong>6.2 Bedeutung für das Vergabenachprüfungsverfahren<br />
<strong>15.</strong>6.2.1 Verfahrensmäßige Bedeutung
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 24.01.2010<br />
2494<br />
2495<br />
Die Regelung des <strong>§</strong> <strong>104</strong> Abs. 3 <strong>GWB</strong> hat zur Folge, dass im<br />
Vergabenachprüfungsverfahren nur solche kartellrechtlichen Fragestellungen zulässig<br />
sind, die einen konkreten Bezug zu vergaberechtlichen Vorschriften haben (VK Baden-<br />
Württemberg, B. v. 7.1.2003 - Az.: 1 VK 68/02). In solchen Fällen kann es im Einzelfall auch<br />
durchaus vorkommen, dass eine kartellrechtliche Frage sowohl in einem<br />
Vergabenachprüfungsverfahren als auch einem - sonstigen - Kartellverfahren eine Rolle<br />
spielen kann.<br />
Beispiele für solche Verknüpfungen sind insbesondere die Grundprinzipien der Vergabe<br />
öffentlicher Aufträge, nämlich das Transparenzgebot, das Diskriminierungsverbot und das<br />
Gleichbehandlungsgebot.<br />
<strong>15.</strong>6.2.2 Inhaltliche Bedeutung<br />
2496<br />
2497<br />
Vergaberecht ist schon auf Grund seiner rechtssystematischen Stellung im <strong>GWB</strong> Kartellrecht<br />
im weitesten Sinne. Von daher ist auch das materielle Kartellrecht im Rahmen des<br />
Vergaberechts zu beachten; dazu gehört auch die Rechtsprechung des BGH zum<br />
allgemeinen Kartellrecht.<br />
Demgegenüber lehnen die Kartellbehörden des Bundes und der Länder eine rechtliche<br />
Bindungswirkung von kartellrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen im Hinblick auf<br />
die vergaberechtliche Überprüfung einer Ausschreibung ab (Positionspapier vom 8.11.2001<br />
zur kartellrechtlichen Beurteilung von Bietergemeinschaften bei Ausschreibungen von<br />
Nahverkehrsleistungen).<br />
<strong>15.</strong>6.2.3 Einschränkungen<br />
2498<br />
Vgl. dazu im Einzelnen die Kommentierung zu <strong>§</strong> 102 <strong>GWB</strong> RZ 2394.<br />
<strong>15.</strong>6.2.4 Nachfragebündelung öffentlicher Auftraggeber<br />
2499<br />
2500<br />
2501<br />
Einer der praktisch bedeutsamsten Fälle einer allgemeinen kartellrechtlichen Frage mit<br />
konkretem Bezug zum Vergaberecht ist die Nachfragebündelung öffentlicher<br />
Auftraggeber im Wege von Einkaufskooperationen. Hier erkennt die Rechtsprechung<br />
teilweise eine vergaberechtliche Verknüpfung an und betrachtet eine entsprechende Rüge<br />
als im Vergabeverfahren zulässig (VK Baden-Württemberg, B. v. 7.1.2003 - Az.: 1 VK<br />
68/02).<br />
Auch der BGH hat sich in einem ähnlichen Fall im Rahmen eines (allgemeinen)<br />
Kartellverfahrens mit der gleichen Fragestellung befasst (BGH, Urteil v. 12.11.2002 - Az.:<br />
KZR 11/01). Zur Entscheidung in materieller Hinsicht vgl. die Kommentierung zu <strong>§</strong> 97 RZ<br />
165.<br />
Vgl. zu Einkaufskooperationen ausführlich die Kommentierung zu <strong>§</strong> 97 <strong>GWB</strong> RZ 165.
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 24.01.2010<br />
<strong>15.</strong>6.2.5 Aussetzung des Vergabenachprüfungsverfahrens<br />
2502<br />
2503<br />
Mit Blick auf die Möglichkeit paralleler Verfahren bei der Überprüfung der Vergabe<br />
öffentlicher Aufträge könnte es durchaus sinnvoll sein, ein<br />
Vergabenachprüfungsverfahren nach den <strong>§</strong><strong>§</strong> 97 ff. <strong>GWB</strong> auszusetzen, bis z. B. eine<br />
entscheidungserhebliche Vorfrage in einem anderen - beispielsweise allgemeinen<br />
Kartellverfahren - entschieden ist.<br />
Die Rechtsprechung erachtet allerdings eine Aussetzung eines<br />
Vergabenachprüfungsverfahrens nach den <strong>§</strong><strong>§</strong> 97 ff. <strong>GWB</strong> als nicht zulässig; zu den<br />
Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu <strong>§</strong> 114 <strong>GWB</strong> RZ 2205.