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022 A+T-Casa Gobbi - Architektur & Technik

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<strong>Casa</strong> <strong>Gobbi</strong>, Tegna/TI<br />

Text: Manuel Pestalozzi<br />

Echt und wahr<br />

In einer immer komplexer werdenden Welt sehnen sich viele nach<br />

einer «klaren Sicht», nach Orten, an denen man sich leicht orientieren<br />

und zurechtfinden kann, wo die Dinge sind, was sie sind<br />

und keine falschen Tatsachen vorblenden. In der <strong>Architektur</strong> findet<br />

diese Sehnsucht ihre Entsprechung in einem Stil, der durch eine<br />

ruhige, klare Linienführung auffällt, in der Oberflächen dominieren,<br />

die wahr und recht sind. Ein Altmeister in dieser Baukunst-<br />

Kategorie ist der Tessiner Luigi Snozzi.<br />

22 | <strong>Architektur</strong> & <strong>Technik</strong> 7-2005


Das kleine Wohnhaus steht am Fusse der Stützmauer einer Strasse. Der Haupteingang<br />

befindet sich im Obergeschoss und wird über eine Brücke erreicht.<br />

Die rundum verglaste Wohnzone ist eine Aussichtsplattform mitten in der<br />

Landschaft. Über den Kastanienparkett gelangt die Natur auch in die Innenräume.<br />

Fotos Valentin Jeck<br />

Eine intensive Auseinandersetzung mit der Umgebung und der<br />

regionalen Baukultur prägt seit Jahrzehnten die moderne <strong>Architektur</strong><br />

des Tessins. Globale Konzepte werden dem lokalen Kontext<br />

angepasst und vermitteln das Charisma eines modernen Kantons,<br />

der seine Vergangenheit mit Respekt betrachtet und hegt.<br />

«Es gibt nichts zu erfinden, alles ist wiederzufinden», wird Luigi<br />

Snozzi zitiert. Der von Locarno aus operierende Architekt hat sich<br />

einen Namen gemacht mit Einfamilienhäusern sinnlich-herber<br />

Schönheit und mit dem Planungs-Langzeitprojekt in Monte Carasso<br />

bei Bellinzona, wo der Bestand mit gezielten Interventionen<br />

gefestigt und optimiert wird, so dass ein Siedlungsgebiet mit eigener<br />

Identität entstehen kann. Die <strong>Casa</strong> <strong>Gobbi</strong> in Tegna im Maggiatal<br />

reiht sich nahtlos in Snozzis Werk ein, indem es den Ort<br />

«wiederfindet», aber dennoch eine eigenständige ästhetische Aussage<br />

macht und zugleich zeitgemässen Wohnkomfort bietet.<br />

Geborgenheit und Aussicht<br />

Das relativ kleine Haus mit einer Wohnfläche von rund 110 Quadratmetern<br />

steht unterhalb der Stützmauer der Kantonsstrasse.<br />

Der Eingang im Obergeschoss ist von der Strasse über eine Brücke<br />

erreichbar. Der von der Strasse her sichtbare Bauteil mit zwei<br />

Schlafzimmern, die sich zusammenlegen lassen, besteht aus massivem,<br />

20 cm starkem Sichtbeton. Das nach Norden und Osten<br />

ebenerdige Wohn- und Gartengeschoss ist hingegen weitgehend<br />

verglast und gibt die Sicht auf die Maggia frei.<br />

7-2005 <strong>Architektur</strong> & <strong>Technik</strong> | 23


Die Oberflächen sind in den Innenräumen sorgfältig aufeinander abgestimmt.<br />

Durch die zurückhaltende, elementare Formensprache der <strong>Architektur</strong> treten<br />

ihre natürlichen Qualitäten prägnant in Erscheinung.<br />

Sehen, riechen, berühren<br />

Das prägnante kubische Volumen zeigt sich mit einer reduzierten,<br />

doch sorgfältig bestimmten Auswahl von Oberflächen: Der<br />

dominierende Sichtbeton der Fassade, der Wände und Decken<br />

wird ergänzt durch Türen und Fensterrahmen in schwarz thermolackiertem<br />

Aluminium.<br />

Beim Bodenbelag entschied sich der Architekt fast überall für massive<br />

Edelkastanie, wie sie auch in traditionellen Rusticos Verwendung<br />

fand. Er konnte sich dabei auf die Expertise von Ueli<br />

Pfenninger verlassen, der als Landkommunen-Mitbegründer vor<br />

dreissig Jahren ins Onsernonetal ausgewandert war und dort die<br />

Segheria alla Coletta betreibt. Neben seiner vielseitigen Verwendbarkeit<br />

und der lebendigen Ausstrahlung zeichnet sich das<br />

heimische Edelkastanienholz durch seine natürliche Widerstandskraft<br />

gegenüber Feuchtigkeit aus. Verantwortlich dafür ist<br />

der hohe Gehalt an Gerbsäure. Das Erscheinungsbild dieses Parketts<br />

beruht auf der lebendigen Struktur des Holzes, der Boden<br />

wird zudem durch die unterschiedlichen Längen und Breiten der<br />

verwendeten Riemen belebt – man möchte beim Aufsägen der<br />

kostbaren Stämme eine optimale Nutzung erzielen.<br />

Im Zusammenspiel mit den Oberflächen aus Beton und Glas<br />

erzeugt die feine Maserung des Edelkastanien-Parketts eine ruhige,<br />

fast feierliche Raumstimmung, die auf alle Sinnesorgane einwirkt<br />

und das Bedürfnis nach echtem, wahrem Wohnkomfort rundum<br />

befriedigen kann.<br />

■<br />

Bauherrschaft:<br />

Silvia <strong>Gobbi</strong>, Tegna/TI<br />

<strong>Architektur</strong>:<br />

Luigi Snozzi, Locarno,<br />

mit Francesco Bianda, Giuliano Mazzi<br />

Parkett:<br />

Segheria alla Coletta, Russo/TI<br />

24 | <strong>Architektur</strong> & <strong>Technik</strong> 7-2005

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