Der Wessi im Osten!

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erlebt und ich war wirklich
froh, dass er doch die Kurve
wieder bekommen hat.
Trotz alledem überwiegt
das Positive aus diesen
zwei Jahren?
Das sind zwei Jahre
meines Lebens, die ich nie
missen möchte.Auch diese
ganzen Erlebnisse. Über
das Verhältnis von Ost und
West kann mir keiner was erzählen,
weil ich es wirklich
selbererlebt habe. Ichdenke
da nur an solche Geschichten,
wenn du einkaufen wolltest
und dich erst einmal 50
Meter nach dem Einkaufswagen
anstellen musstest
und ohne Wagen gar nicht in
den Laden kamst.
Das sind Anekdoten, da
lache ich heute noch mit
meiner Frau drüber.
Also wir Ossis können
darüber gar nicht lachen,
für uns war das völlig
normal...
Haha, ja sag ich ja. Aber
wir konnten uns so etwas
doch gar nicht vorstellen. Da
hatte in Prohlis ein Einkaufsmarkt
aufgemacht. Da standen
ein Haufen Leute. Ich
habe mich gefragt: „Was
stehe die denn alle hier?“
Ich dachte, die stehen vielleichtamBäckeran.Alsobin
ich, wie im Westen gewohnt,
mit meiner Frau an allen vorbeigegangen.
Vorne stand
aber einer der sagte: „Was
wollen sie hier? Ohne
Wagen kommen sie hier
nicht rein. Dahinten müssen
sie sich anstellen.“
Es war eine wirklich verrückte
Zeit damals. Aber
egal wer mich fragt,
Dynamo wird immer ein Teil
von mir bleiben und ich sehe
es wirklich als zwei gewonnene
und nicht als zwei verschenkte
Jahre an.
Und heute über 20 Jahre
später, verfolgen sie
Dynamo noch? Wie erleben
Sie den Verein aus der
Ferne? Was bedeutet
ihnen Schwarz­Gelb
noch? Leiden sie beim
Auf und Ab der letzten
Jahre mit?
Ich verfolge das schon
noch. Ich schaue mir die Ergebnisse
an und wer gerade
dahin wechselt, aber jetzt
nicht so extrem, dass ich mir
jedes Spiel im Fernsehen
anschaue. Wenn es sich anbietet
hier im Westen dabei
zu sein, sitze ich gern auf der
Tribüne. Aber großartig
leiden und mich jede Woche
verrückt machen, tu ich
nicht. Mir ist aber irgendwie
immer noch wichtig,
Dynamo in der 1. Bundesliga
zu sehen. Egal wie die
Leute darüber denken,
manche schimpfen hier im
Western ja gerne mal über
die Fans, aber solche Vereine
wie Dynamo gibt es ja
auch hier. Ich sag nur Rot­
WeißEssen,dieinder4.Liga
vor 15.000 Zuschauern
spielen, dass muss man sich
auch mal vorstellen. Ich
kommejaausEssen.Solche
Vereine wie Dynamo und
Essen müssen einfach
wieder hochkommen. Diese
Saison steht Dynamo ja
ganz gut da. Vielleicht schaffen
sie es ja schon diese
Spielzeit. Ich würde mich jedenfalls
richtig freuen, wenn
es mit dem schnellen Aufstieg
klappt. Mit dem Stadion
und dem Publikum, ich
würde es zu gerne noch
einmal live erleben...
...Sie waren wohl noch
gar nicht im neuen Stadion?
Nein, leider nicht. Ich war
zwischenzeitlich zweimal
kurz in Dresden gewesen,
war da aber nicht im Stadion
beim Spiel. Das würde ich
gerne mal wieder erleben.
Den Weg muss ich demnächst
mal auf mich
nehmen. Vielleicht ergibt es
sich ja mal.
Um den Kreis zu schließen,
25 Jahre nach dem
Mauerfall spielt keiner der
Mannschaften die in der
letzten Oberliga dabei
waren, noch in der ersten
oder zweiten Bundesliga.
Aus der Sicht eines Westdeutschen,
war das
damals so vorherzusehen?
Gab es Anzeichen
für den Ausverkauf?
Nein, überhaupt nicht.
Zudem bin ich ja immer positiv
eingestellt. Wir sind ja
auch erst einmal mit Rostock
hochgegangen in die
erste Liga. Und auch Rostock
hat später ja noch jahrelang
im bezahlten Fußball
gespielt. Aber egal ob nun
Rostock, Chemnitz, Dresden
oder später auch Cottbus,
es waren ja viele
Mannschaften in den ersten
beiden Ligen vorhanden.
Aber ich kenne das von
Wattenscheid09. Die waren
so blauäugig damals. Die
hatten Bundesliga gespielt
und haben den Verein vergessen
weiterzuentwickeln,
sei es das Merchandising
etc. Das war der Untergang.
Heute spielen sie in der Regionalliga.
Und ich glaube
diesen Fehler haben auch
die meisten Ostvereine gemacht.
Sie haben Bundesliga
gespielt und das
Drumherum vergessen.
Wenn ich unsere zweite
Mannschaft von damals
nehme, die der Herr
Sammer (Klaus Sammer,
Anm.d.R.) trainiert hatte. Da
kamen Spieler wie Jähnig,
Hauptmann, Mauksch
hervor. Wir hatten eine
bomben zweite Mannschaft,
aus der immer
wieder Spieler geholt
werden konnten. Das fehlte
in der letzten Zeit eben,
mehr auf den eigenen
Nachwuchs zu achten. Und
den Fehler haben ganz viele
Vereine gemacht, die lieber
versucht haben, mit zehn,
zwölf Spielern zu punkten,
die gar nicht aus der Region
kamen. Man hat gedacht,
wir spielen erste Liga, da
kommen die Gelder von alleine.
Als sie gemerkt
haben, es läuft nicht, gab es
dann Panikkäufe in der
Winterpause. Dann passten
die Spieler sportlich
nicht in die Mannschaft,
hatten teilweise gar nicht
das Niveau und so ging das
dann eben alles stetig
bergab.
Aber das alles hat man
auch damals nicht kommen
sehen. Ich habe immer gedacht,
hier sind sie auf dem
richtigen Weg. Wir hatten ja
bei Dynamo auch richtig
Potential in der Mannschaft.
Da war eben eine Größe
wie Herr Sammer Trainer
der zweiten Mannschaft. Ich
war so begeistert von ihm,
dass ich ihn mal gefragt
habe, ob ich vor seinem
Spiel mal eine Sitzung mithören
darf.
Das war ein Traum für
mich, wie der mit den Jungs
gesprochen hat. Nach der
Ansage wäre ich als Profi
100Kilometer im Spiel gelaufen.
Das war Wahnsinn!
Herr Allievi, wir bedanken
uns für dieses ausführliche
Gespräch und
würden uns freuen, wenn
wir Sie bald mal in Dresden
zum Spiel wiedersehen
können.
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