Vier Thesen zum Thema Gesamtschule - Schulformdebatte.de
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Stun<strong>de</strong>n" stand schon 1980 zu lesen: "Wenn eine Schule im Zugang überproportional viele<br />
leistungsschwache Schüler aufnimmt, dann wer<strong>de</strong>n sich mit größerer Wahrscheinlichkeit subkulturelle<br />
Gruppen bil<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Ziele sich nicht am schulischen Erfolg orientieren." (S.237)<br />
Immer weniger Schüler machen in ihrer Primär-Gruppe, <strong>de</strong>r Familie o<strong>de</strong>r Restfamilie, noch<br />
hinreichen<strong>de</strong> Bestätigungs- o<strong>de</strong>r Korrektur-Erfahrungen. Es steht aber fest, dass eine<br />
gleichbleibend konstante und überschaubare Gruppe ihren Mitglie<strong>de</strong>rn bei umsichtiger Führung<br />
einen großen Teil dieser Erfahrungen nachreichen und das Gefühl <strong>de</strong>s Angenommenseins bzw.<br />
<strong>de</strong>r Geborgenheit vermitteln kann.<br />
Da hat dann je<strong>de</strong>r seinen Platz, aufgefangen im Netzwerk <strong>de</strong>r Gleichaltrigen und in<br />
verlässlichen sozialen Bindungen. Positives Verhalten kann nachhaltig gewürdigt wer<strong>de</strong>n, sozial<br />
schädliches Verhalten kann nachhaltig geächtet und mit Sanktionen belegt wer<strong>de</strong>n. Diesem<br />
Feedback kann sich dann niemand entziehen. All diese Effekte wer<strong>de</strong>n aber mit <strong>de</strong>r<br />
Differenzierung, durch die Zersplitterung <strong>de</strong>r Klassen also, nahezu methodisch verhin<strong>de</strong>rt.<br />
Um <strong>de</strong>r augenfälligen Verwil<strong>de</strong>rung, <strong>de</strong>r sozialen wie auch emotionalen Verwahrlosung, <strong>de</strong>r<br />
zunehmen<strong>de</strong>n Brutalisierung und <strong>de</strong>r abnehmen<strong>de</strong>n Effektivität <strong>de</strong>s Unterrichts entgegensteuern<br />
zu können, müssen daher die <strong>Gesamtschule</strong>n zu einem ihrer Merkmale, <strong>de</strong>r die Klassen<br />
aufsplittern<strong>de</strong>n Fachleistungsdifferenzierung, auf Distanz gehen und aus pädagogischen Grün<strong>de</strong>n,<br />
so früh und so weit es geht, fachübergreifend konstante Klassenverbän<strong>de</strong>, "streaming" also,<br />
einführen.<br />
Wie sonst will man z.B. problematische Schüler durch die Lerngruppe umfassend stabilisieren,<br />
wie will man wichtige Informationen möglichst schnell an alle beteiligten Lehrer weitergeben,<br />
wie will man zu schnellen Absprachen kommen, wie sollen die Schüler sich gegenseitig<br />
wirksamer erziehen können?<br />
Ein Regelsystem ist so gut wie seine Rückkoppelung.<br />
Gewiss hat ein Teil <strong>de</strong>r geschil<strong>de</strong>rten Defizite gesamt-gesellschaftliche Ursachen. Aber dieser<br />
Hinweis darf nicht zur Ausre<strong>de</strong> verkommen. Vor dreißig Jahren wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r „Bildungsnotstand“<br />
ausgerufen. Die <strong>Gesamtschule</strong>n haben zu <strong>de</strong>ssen Aufhebung zweifellos beigetragen. Das aber,<br />
was man heutzutage diagnostizieren muss, darf als ein „Erziehungsnotstand“ bezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Immer häufiger kann man feststellen, dass viele Kin<strong>de</strong>r selbst die einfachsten sozialen<br />
Umgangsformen zu Hause nicht gelernt haben.<br />
Diese sogenannten "Defizite aus <strong>de</strong>m primären Sozialisationsbereich" wer<strong>de</strong>n noch zunehmen.<br />
Doch trotz ihrer begrenzten Möglichkeiten ist die Schule zur Zeit die einzige alle Kin<strong>de</strong>r<br />
erreichen<strong>de</strong> sekundäre Institution, welche diese Defizite kompensieren könnte. Sie muss, ob sie<br />
will o<strong>de</strong>r nicht, Aufgaben <strong>de</strong>r Familie übernehmen. Das erfor<strong>de</strong>rt dann aber kleinere Klassen, weil<br />
vor allem sie Funktionen <strong>de</strong>r Familie übernehmen müssen. Und es erfor<strong>de</strong>rt kleinere,<br />
überschaubare Schulen.<br />
Die Lehrer an <strong>Gesamtschule</strong>n - wie an an<strong>de</strong>ren Schulen - sind auf diese neuen erzieherischen<br />
Aufgaben nicht vorbereitet wor<strong>de</strong>n, aber sie wer<strong>de</strong>n sich ihnen nicht entziehen können.<br />
Noch etwas an<strong>de</strong>res muss in diesen Zusammenhängen berücksichtigt wer<strong>de</strong>n: Allenthalben ist<br />
eine immer frühere Ablösung vom Elternhaus zu beobachten. Dem entspricht ein wachsen<strong>de</strong>r<br />
Trend zur Gruppe bzw. Clique, eben zu einer Gruppe von Gleichaltrigen (peer group) und eine<br />
Orientierung an ihnen. Nun haben aber vorgeformte Jugendgruppen, z.B. Pfadfin<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r<br />
kirchliche Gruppen, kaum noch Einfluss o<strong>de</strong>r Attraktivität.<br />
Statt nun dann aber in <strong>de</strong>r Schule unter kundiger (und entsprechend ausgebil<strong>de</strong>ter!) Leitung die<br />
Erfahrung <strong>de</strong>s Auf- und Angenommenseins in einer Gruppe und eine lebenslange