Mit Weitsicht Krisen meistern Mit Weitsicht Krisen meistern - wortschatz
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__________________________________________________________TITEL_37<br />
Eine Krise im Unternehmen ist ein bisschen<br />
so wie eine Krankheit beim Menschen:<br />
Manchmal hat man eine Erkältung, ein<br />
anderes Mal einen Ermüdungsbruch und im<br />
schlimmsten Fall eine lebensbedrohliche Infektion.<br />
Dabei übersieht man meistens die ersten<br />
Symptome – hätte man hier schon reagiert,<br />
wäre die Krankheit mit all ihren schmerzhaften<br />
Nebenerscheinungen vielleicht verhindert worden.<br />
Neben schneller Reaktion ist Prophylaxe die<br />
beste Strategie für eine gute Gesundheit –<br />
sowohl für den Menschen als auch für Unternehmen.<br />
Die „Gesundheitsexperten“ für Unternehmen<br />
sind Martin van Treeck und Ralf Wißfeld.<br />
Sie führen bei der IHK <strong>Mit</strong>tlerer Niederrhein die<br />
<strong>Krisen</strong>beratung durch (s. Kasten rechts). Bei<br />
nunmehr 80 vertraulichen Gesprächen haben<br />
sie als „Krankheitsbilder“ Zahlungsunfähigkeit,<br />
Absatzschwierigkeiten oder Personalprobleme<br />
diagnostiziert, als Auslöser zu schnelles<br />
Wachstum, Kommunikationsprobleme oder<br />
eine schlechte Marktanalyse. „Nicht immer sind<br />
das Management-Fehler“, weiß Martin van<br />
Treeck. „Wir hatten auch einen Unternehmer in<br />
der Beratung, dessen Geschäftspartner ganz<br />
plötzlich starb.“ So brachen unvermittelt Wissen,<br />
Kontakte und Beziehungen weg – Umstände,<br />
die den Betrieb in die Krise katapultierten.<br />
In den persönlichen Gesprächen zeigen<br />
IHK-Jurist Martin van Treeck und Coacher Ralf<br />
Wißfeld auf, dass eine Krise nicht zwangsläufig<br />
das Ende des Unternehmens bedeuten muss. Ihr<br />
kostenloser und individueller Rat ist für die<br />
Betriebe häufig der entscheidende Tipp, wie sie<br />
ihre Krise <strong>meistern</strong> können. Über ihren Alltag<br />
und (anonymisierte und der Vertraulichkeit halber<br />
teils verfremdete) Beispiele sprach das IHK-<br />
Magazin mit den beiden <strong>Krisen</strong>beratern. Herausgekommen<br />
sind zehn Strategien, um <strong>Krisen</strong><br />
vorzubeugen bzw. zu <strong>meistern</strong>.<br />
Strategie 1:<br />
Intensive Vorbereitung<br />
Der häufigste Fehler, so analysiert es Martin<br />
van Treeck von der IHK, sei die fehlende Vorbereitung<br />
vor der Existenzgründung. „Wenn der<br />
Unternehmer noch nicht einmal die wesentlichen<br />
betriebswirtschaftlichen Kennzahlen<br />
kennt und versteht, hat die Firma von Beginn an<br />
keine solide Grundlage.“ Aus seiner Beratungspraxis<br />
kennt er unzählige Beispiele, wo „ins<br />
Blaue“ hinein gegründet wurde – ohne Marktanalyse,<br />
Branchenkenntnisse oder Fachwissen.<br />
Und das ende früher oder später in einer Krise.<br />
Extrembeispiel sei ein Designer für Teppiche,<br />
der bei seiner Gründung fest auf eine mündliche<br />
Kooperationsabsprache mit einem Einrichtungshaus<br />
gesetzt habe. Als die platzte, stand<br />
der Künstler ohne Kontakte und Marktwissen<br />
da. „Dennoch hielt er jahrelang an der Idee fest,<br />
seine Teppiche seien das Non-Plus-Ultra – eine<br />
folgenschwere Fehlinterpretation der Realität.“<br />
Van Treeck hatte keine Beratungs-Alternative:<br />
Er holte den Existenzgründer wortwörtlich „auf<br />
den Teppich“ zurück und empfahl ihm die<br />
schnellst mögliche Abmeldung des Gewerbes<br />
sowie die Aufgabe der Geschäftsräume. „So<br />
blauäugig sollte keiner in die Existenzgründung<br />
gehen“, rät der IHK-Experte. Neben IHK bieten<br />
auch Wirtschaftsförderungsgesellschaften, Verbände<br />
und Vereine kostenlose Beratungen und<br />
Einstiegsseminare für potenzielle Jungunternehmer<br />
an, „absolut notwendig vor jeder Gründung“,<br />
rät van Treeck.<br />
Strategie 2:<br />
Langfristige Planung<br />
„So aussichtslos verloren und unvorbereitet<br />
sind die wenigsten Unternehmen, die zur <strong>Krisen</strong>beratung<br />
kommen“, räumt Ralf Wißfeld aus<br />
Mönchengladbach ein. Vielen fehle es einfach<br />
an einer realistischen Planung für die nächsten<br />
zwei bis drei Jahre. Wißfeld berichtet von einem<br />
Ehepaar, das eine traditionelle Schankwirtschaft<br />
betreibt. „Nun wunderten sie sich, dass<br />
die Umsätze einbrachen und ihnen die Kundschaft<br />
wortwörtlich wegstarb.“ Sie führten ihr<br />
Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher<br />
Unkenntnis heraus von einem Tag auf den<br />
anderen, erarbeiteten keine mittel- bis langfristige<br />
Strategie mit entsprechenden Planzahlen<br />
oder einer Gewinn- und Verlustrechnung.<br />
„Damit findet praktisch keine Unternehmenssteuerung<br />
statt.“ Er riet den Eheleuten, das<br />
Konzept zu überarbeiten: <strong>Mit</strong> einem günstigen<br />
<strong>Mit</strong>tagstisch, Cocktails und Themenabenden<br />
lockt man neue, jüngere Gäste an – ein Ausweg<br />
IHK-KRISENBERATUNG<br />
Vertraulich, kostenfrei,<br />
unverbindlich und<br />
individuell – so gestalten<br />
sich seit anderthalb<br />
Jahren die Gespräche<br />
im Rahmen<br />
der IHK-<strong>Krisen</strong>beratung.<br />
80 <strong>Mit</strong>gliedsunternehmen<br />
wandten sich bereits an den<br />
IHK-Experten Martin van Treeck. Der ausgebildete<br />
Jurist, Kreditanalyst und Mediator ist<br />
Referent im IHK-Geschäftsbereich Starthilfe<br />
und Unternehmensförderung. Die problematischen<br />
Situationen, die ihm die Unternehmer<br />
schildern, drehen sich um<br />
Buchhaltung, Controlling, mangelnde<br />
Kenntnisse in BWL, drohende Insolvenz,<br />
Probleme in der <strong>Mit</strong>arbeiterführung, Streitigkeiten<br />
in der Geschäftsleitung oder fehlendes<br />
Know-how für das Kreditgespräch.<br />
Für ein Erstgespräch benötigt van Treeck die<br />
Bilanzen der vergangenen drei Jahre und<br />
aktuelle BWAs. Aufgrund der Analyse gibt er<br />
Empfehlungen zur Weiterbildung, bereitet<br />
auf schwierige Gespräche mit der Hausbank<br />
vor oder verweist an externe Berater, die das<br />
von der IHK erarbeitete Lösungskonzept<br />
umsetzen. „Früherkennung rettet zwar<br />
nicht Leben, aber Unternehmen“, ist das<br />
Resümee von Martin van Treeck nach den<br />
ersten intensiven Gesprächen.<br />
KONTAKT<br />
Martin van Treeck<br />
02161 241-137<br />
treeck@moenchengladbach.ihk.de<br />
aus der Überalterung der Kundschaft. „Jedes<br />
Unternehmen sollte sich fragen: Ist mein Produkt<br />
in fünf Jahren noch aktuell“, rät van<br />
Treeck. Als Beispiel nennt der IHK-Experte den<br />
Schreibmaschinenhersteller, der sich schon in<br />
den 80er-Jahren hätte fragen müssen, wie stark<br />
sein Produkt bei der wachsenden Zahl von<br />
Computern noch gefragt sein wird. „Das gilt<br />
nicht nur für Produkte, sondern auch für<br />
Arbeitsweisen“, ergänzt van Treeck. Denn:<br />
Trends wie Outsourcing und mobile Arbeitsplätze<br />
dürften nicht verschlafen werden.<br />
ihk magazin 08.07<br />
www.mittlerer-niederrhein.ihk.de