Jugendkriminalität Jugendgewalt - Der deutsche Präventionstag
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gendgerichtshilfe und freie Träger im Interesse der Schaffung kurzer Informationswege und der Optimierung<br />
von Verfahrensabläufen „unter einem Dach“ zusammen und stellen insofern eine institutionalisierte<br />
Form der Kooperation dar (vgl. etwa Dorfner, 2003; Feuerhelm, 2000; Müller, Mutke &<br />
Wink, 2008). Auch Fallkonferenzen im Sinne institutionen- und ressortübergreifender Sitzungen, in<br />
denen vor allem Polizei, Schulbehörde, Sozialbehörde und Jugendamt die Vorgehensweise gegenüber<br />
konkreten Jugendlichen abstimmen, sind einschlägige Arbeitsformen. Institutionenübergreifende Kooperation<br />
bringt stets auch Herausforderungen mit sich, seien es solche datenschutzrechtlicher Art<br />
(kritisch z. B. Kliemann, 2010) oder auch schlicht das Erfordernis, die eigene Perspektive zu erweitern,<br />
um mit Praktikern kooperieren und kommunizieren zu können, die einer anderen professionellen Logik<br />
folgen. 70<br />
• Prävention sollte evaluative Maßnahmen einschließen. Während experimentelle und quasiexperimentelle<br />
Studien, die sich streng an Gütekriterien der Maryland Scientific Methods Scale (vgl.<br />
Farrington, Gottfredson, Sherman & Welsh, 2002) oder der Cambridge Quality Checklists (Murray, Farrington<br />
& Eisner, 2009) orientieren, in der täglichen Präventionsarbeit selten realisierbar sind, beginnt<br />
Prozessevaluation mit der Definition von Zielen und von Indikatoren der Zielerreichung und kann als<br />
Mittel der Qualitätssicherung in Präventionsprojekten dienen (vgl. Meyer, Schindler, Bässmann, Marks<br />
& Linssen, 2005).<br />
Im Vergleich zu diesen Standards beurteilen die befragten Expertinnen und Experten den erreichten<br />
Stand der Jugendkriminalprävention in mehrfacher Hinsicht zurückhaltend: Prävention habe in einem<br />
immer noch stark repressiv und punitiv ausgerichteten kriminalpolitischen System einen oftmals untergeordneten<br />
Stellenwert. Prävention fehle es oft an einer theoretischen und empirischen Grundlage und an<br />
systematischer Ausrichtung. Prävention werde zu selten durch evaluative Maßnahmen begleitet, und es<br />
fehle ihr oftmals eine stabile Finanzierungsgrundlage. Während die Notwendigkeit multi-professioneller<br />
Zusammenarbeit weithin akzeptiert werde, sei Prävention von Jugendkriminalität noch allzu oft eine Angelegenheit,<br />
die entweder polizeilich geprägt oder alleine durch schulische oder sozialarbeiterische Akteure<br />
bestimmt sei.<br />
7.4 Heterogenität von Jugenddelinquenz und Implikationen für die Prävention<br />
Im Einklang mit einer langen Tradition kriminologischer Forschung bis zurück zur Philadelphia- Kohortenstudie<br />
(Wolfgang, Figlio & Sellin, 1972), demonstrieren auch die YouPrev-Befunde die in hohem Maße<br />
differentielle Verwicklung junger Menschen in delinquentes Verhalten. Während die Mehrheit der Jugendlichen<br />
nur gelegentlich normbrechendes Verhalten zeigt und ganz überwiegend leichte Delikte<br />
begeht, geht ein großer Teil aller insgesamt verübten Taten auf eine kleine Gruppe von Jugendlichen zurück,<br />
und diese Konzentration zeigt sich besonders bei schweren Delikten.<br />
70 Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Kooperation zwischen Polizei und anderen Institutionen siehe auch den Beitrag<br />
von P. Rackow in diesem Band (Kap. 4).<br />
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