Jugendkriminalität Jugendgewalt - Der deutsche Präventionstag
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In der <strong>deutsche</strong>n YouPrev-Schülerbefragung entfielen auf jene 2.8 % aller Befragten (4.0 % der Jungen,<br />
1.5 % der Mädchen), die für den Zeitraum der letzten zwölf Monate fünf und mehr eigene Gewaltdelikte<br />
berichtet hatten, 69 % aller in der Befragung berichteten Delikte (d. h. Sachbeschädigungen, Eigentumsdelikte,<br />
Gewaltdelikte und Handel mit Betäubungsmitteln) und sogar 95 % aller Gewalttaten. Diese vorwiegend<br />
männliche Gruppe von Mehrfachgewalttätern weist zahlreiche Stressoren und Risikofaktoren in<br />
überdurchschnittlichem Maße auf. Dazu gehören ein eher niedriges Bildungsniveau, Broken home-<br />
Situationen und geringe Beaufsichtigung im Elternhaus, ein hohes Maß an Alkohol- und Drogenkonsum,<br />
der Umgang mit delinquenten und gewalttätigen Freunden und das Aufwachsen in einer von sozialer<br />
Desorganisation gekennzeichneten Nachbarschaft. Ihre Selbstkontrolle ist ebenso wie ihre Akzeptanz<br />
konventioneller Normen schwach ausgeprägt. Sie bzw. ihre Familien blicken häufig auf eine Migrationsgeschichte<br />
zurück, und in vielen Fällen geben sie an, dass Deutsch nicht die zu Hause gesprochene Sprache<br />
ist.<br />
Während die weit verbreitete, eher bagatellhafte und episodische Delinquenz mit einem gewissen Maß<br />
an Gelassenheit betrachtet werden kann, impliziert das wiederholte Begehen schwerer Taten sowohl für<br />
die Gemeinschaft als auch für die eigenen Entwicklungsperspektiven des jeweiligen Jugendlichen einen<br />
ganz anderen Grad der Gefährdung. Neben der Forschung (siehe zum Beispiel Lobley & Smith, 2007;<br />
Sampson & Laub, 1993, 2003) haben sich auch Polizei, Justiz und soziale Arbeit dieser Differenzierung angenommen<br />
und begonnen, Konzepte für „Mehrfachtäter“, „Intensivtäter“, „Schwellentäter“ oder auch<br />
„Multi-Problem-Jugendliche“ zu entwickeln (siehe z. B. Bliesener & Riesner, 2012; Boeger, 2011; Braga &<br />
Weisburd 2012; Burton-Page, Calfa, Napolano, Osmani & Pagels, 2009; Koch-Arzberger, Bott, Kerner,<br />
Reich & Vester, 2010; Kutschaty & Kubink, 2011; Riesner, Bliesener & Thomas, 2012; Schumacher & Kurz,<br />
2000; Sonka & Riesner, 2012; Steffen & Hepp, 2009).<br />
YouPrev Befunde stützen die Notwendigkeit der Ausrichtung präventiver Ansätze auf diese Minderheit<br />
der Jugendlichen. Angesichts der Vielzahl von Belastungen und Risikofaktoren, denen die Gruppe der<br />
Mehrfachtäter ausgesetzt ist, wird die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Strafjustiz<br />
auf der einen Seite und Jugendhilfe, Sozialarbeit und Schule auf der anderen Seite deutlich. Fortgesetzte<br />
schwere Delinquenz kann in vielen Fällen als eine besonders kritische Komponente eines insgesamt<br />
abweichenden Lebensstils angesehen werden, der wiederum mit problematischen Lebensbedingungen<br />
und Sozialisationserfahrungen verknüpft ist. Während Polizei und Strafjustiz ganz eindeutig eine wichtige<br />
Rolle im Umgang mit diesem Problem zukommt (die befragten Experten wiesen vor allem auf die Bedeutung<br />
eines kurzen zeitlichen Abstands zwischen Straftat und Sanktion hin), sollte Prävention zugleich auf<br />
jene Belastungen und Risikofaktoren ausgerichtet werden, die schwere und wiederholte Jugenddelinquenz<br />
begünstigen.<br />
7.5 Sichtweisen junger Menschen auf Prävention: Alltagskonzepte und Forschungsperspektiven<br />
Die YouPrev-Befunde zeigen sehr deutlich, dass junge Menschen Vorstellungen über die Steuerbarkeit<br />
ihres Verhaltens und damit auch über Perspektiven der Delinquenzprävention haben. In weitgehender<br />
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