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WILLIAM SHAKESPEARE - Wolf E. Rahlfs

WILLIAM SHAKESPEARE - Wolf E. Rahlfs

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William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

<strong>WILLIAM</strong> <strong>SHAKESPEARE</strong><br />

DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG<br />

(The Taming of the Shrew)<br />

I don’t give a damn about my bad reputation.<br />

(Joan Jett)<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf von Baudissin.<br />

UA: 07. Juni 2012, Theater Koblenz.<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin


William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

FIGUREN<br />

Baptista, reicher Edelmann in Padua<br />

Vincentio, reicher älterer Edelmann aus Pisa, Lucentios Vater<br />

Petruchio, Edelmann aus Verona, Katharinas Freier<br />

Lucentio („Cambio“), Edelmann aus Pisa, Vincentios Sohn, in Bianca verliebt<br />

Gremio, ein Pantalon, Biancas Freier<br />

Hortensio („Licio“), Edelmann in Padua, Biancas Freier<br />

Tranio, Lucentios Diener<br />

Biondello, Lucentios zweiter Diener<br />

Grumio, älterer Diener Petruchios<br />

Ein Magister aus Mantua<br />

Ein Schneider<br />

Katharina, die Widerspenstige, Baptistas ältere Tochter<br />

Bianca, Baptistas jüngere Tochter<br />

Die Witwe<br />

Die Handlung spielt abwechselnd in Padua und im Landhaus des Petruchio nahe<br />

Verona.<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin


William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

Anmerkung des Übersetzers:<br />

Bei Doppelbesetzung folgender Figuren<br />

Gremio / Vincentio<br />

Hortensio / Magister<br />

Biondello / Grumio<br />

Tranio / Schneider<br />

ist diese Fassung spielbar mit 3 D / 7 H.<br />

Für die Uraufführung in Koblenz wurde mit minimalem Dekor gearbeitet<br />

(Freilichtvorstellung in „vorhandener Kulisse“). Der Übersetzer geht davon aus, dass die<br />

Regie das Stück ständig „nach vorne treibt“.<br />

Alles, was auf der Bühne geschieht, sollte durch das Spiel der in Fleisch und Blut<br />

anwesenden Schauspieler entstehen. Motto: alles, was im Text steht, kann gespielt<br />

werden (Fenster, Türen, etc), ohne dass man dafür extra Mobiliar auf die Bühne<br />

schleppen muss.<br />

Das Ensemble, der Schauspieler/die Schauspielerin, steigen auf Knopfdruck in Figuren<br />

und Szenen ein und aus, sprechen alle Regieanweisungen mit (dies ist natürlich je nach<br />

Lust und Laune auf der Probe individuell zu erarbeiten, und auch kein „Muss“); sie<br />

wirken wie eine Horde Wahnsinniger, die sich in den Kopf gesetzt hat, das Stück auf<br />

Biegen und Brechen zu erzählen – wenn nötig ohne Bühne, Kostüme, Requisiten.<br />

Die Fassung orientiert sich eher an den Stones als an den Beatles; diese „Zähmung“ ist<br />

kein experimenteller Pop, sondern ungeschminkter Rock’n’Roll. Oder auch: Mark Rothko<br />

– immer wieder die gleiche Farbe in dicken Pinselstrichen aufgetragen.<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin


William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

I. AKT<br />

1. Szene<br />

Padua. Straße.<br />

ENSEMBLE<br />

Achtung – Achtung: jetzt kommt Shakespeare!<br />

(schlechter deutscher Akzent) The Taming of the Shrew<br />

Auf deutsch: Die Zähmung der Widerspenstigen;<br />

(verschwörerisch) Besser bekannt als: Der Widerspenstigen Zähmung.<br />

(sie brüllen die Regieanweisungen heraus)<br />

Padua – Straße – Trompetenstoß – Paukenschlag – ähnliches.<br />

Auftritt Lucentio und Tranio!<br />

Lucentio und Tranio tun es.<br />

LUCENTIO<br />

Tranio, da sind wir nun in Padua,<br />

Des fruchtbaren Italiens lust'ger Garten.<br />

Und rüstig durch des Vaters Lieb' und Zaster,<br />

Von seinen Wünschen und von dir begleitet,<br />

Lass uns, hier angelangt, mit Glück beginnen<br />

Die Bahn des Lernens und geistreichen Wissens.<br />

So weih' ich, Tranio, des Studierens Zeit<br />

Der Tugend und Philosophie allein,<br />

Jener Philosophie, die uns belehrt,<br />

Wie Glück durch Tugend nur erworben wird. –<br />

Was denkst du nun?<br />

TRANIO<br />

Ich denk' in allem grade so wie Ihr.<br />

Nur, guter Herr:<br />

Lasst uns nicht Stoiker, nicht Stöcke werden!<br />

Sprecht Logik mit den Freunden, die Ihr seht,<br />

Und übt Rhetorik in dem Tischgespräch.<br />

Was Ihr nicht tut mit Lust, gedeiht Euch nicht;<br />

Drum, Herr, studiert, was Ihr am meisten liebt!<br />

LUCENTIO<br />

Ich dank dir, Tranio, denn du rätst mir gut.<br />

Getrippel und Getuschel.<br />

Doch halt: was kommen da für lärmende Gestalten?<br />

TRANIO<br />

Ne Bürgerwehr, schnell weg hier.<br />

Lucentio und Tranio zur Seite. – Auftritt Baptista mit Katharina, Bianca, Gremio und<br />

Hortensio.<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin


William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

BAPTISTA (ist der ständigen Diskussion überdrüssig)<br />

Schluss – Aus – Basta! Ende der Diskussion:<br />

Die Jüngere tritt nicht vor den Altar,<br />

Eh ich der Ältren einen Mann verschafft.<br />

Liebt einer von euch beiden Katharina,<br />

So steht's euch frei, nach Lust um sie zu freien.<br />

KATHARINA (alle fahren erschrocken zusammen, wenn Katharina ihre Stimme erhebt)<br />

Ich bitt' Euch, Vater, plagt Euch solche Not?<br />

Bin ich jetzt schon im Sonderangebot?<br />

GREMIO<br />

Befreit mich von dem Freien, sie ist zu rau.<br />

Hortensio! Wolln Sie vielleicht ne Frau?<br />

HORTENSIO<br />

Mit der lass ich mich ganz bestimmt nicht ein,<br />

Da bleib ich lieber einsam und allein.<br />

KATHARINA (dito)<br />

Meine Herren, bleiben sie locker;<br />

Sie reißen mich schon nicht vom Hocker.<br />

Und sollten Sie sich doch in meine Nähe trauen,<br />

Dann würd ich Ihnen gründlich auf die Fresse hauen.<br />

HORTENSIO<br />

Mein Gott, das Weib ist völlig durchgeknallt.<br />

GREMIO<br />

Baptista, ihre Tochter droht uns mit Gewalt!<br />

TRANIO (auf der Seite; leise zu Lucentio)<br />

Das ist ja allerhand:<br />

Die Frau ist außer Rand und Band.<br />

LUCENTIO (leise zu Tranio)<br />

Doch sieh, wie in der andern sanftem Schweigen<br />

Sich jungfräuliche Mild' und Demut zeigen.<br />

BAPTISTA<br />

Schluss jetzt! Ich hab die Faxen dicke. –<br />

Bianca, ab in Haus.<br />

BIANCA (die gerne ihre eigenen Regieanweisungen spricht)<br />

Bianca weint.<br />

ALLE (außer Katharina; mitleidig)<br />

Oh!<br />

KATHARINA<br />

Waschlappen!<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin


William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

BIANCA<br />

Vergnüg' dich nur an meinem Missvergnügen!<br />

(„feierlich“) Ich will hinein – dort will ich ganz allein –<br />

Allein mit mir und meinen Büchern sein. (Ab.)<br />

LUCENTIO (auf der Seite; leise zu Tranio)<br />

Tranio, eine Göttin spricht.<br />

TRANIO (leise zu Lucentio)<br />

Göttin. Unbedingt.<br />

HORTENSIO<br />

Signor Baptista:<br />

Was hat das arme Ding Euch denn getan?<br />

GREMIO<br />

Lasst ihre Schwester doch zur Hölle fahren.<br />

BAPTISTA<br />

Meine Herren, beruhigt Euch! –<br />

Da ich weiß, wie sehr Bianca sich erfreut<br />

An Poesie, Musik und solchem Zeugs,<br />

Will ich mir Lehrmeister im Hause halten,<br />

Die ihre Bildung sorgfältig verwalten.<br />

Kennen Sie da wen, Hortensio?<br />

Oder Sie vielleicht, Signor Gremio?<br />

Und keine Angst: ich bin da großzügig.<br />

Nun, soweit so gut, ich zieh dann meinen Hut. –<br />

Katharina: du bleibst! (Ab.)<br />

KATHARINA (nach einer Weile)<br />

Bevor die Herrn sich nun mit mir befassen,<br />

Möcht’ ich sie doch lieber sich selber überlassen. (Ab.)<br />

GREMIO<br />

Fahr zur Hölle! –<br />

Tja, Hortensio, nun können wir gemeinsam unsre Wunden lecken.<br />

ALLE<br />

Igitt!<br />

GREMIO (fährt unbeeindruckt fort)<br />

Der Kuchen ist noch lang nicht gar. – Lebt wohl. Ich will einen gescheiten Mann<br />

auftreiben, der Bianca unterrichten kann.<br />

HORTENSIO<br />

Das will ich auch. – Doch noch ne Kleinigkeit: wenngleich wir auch bis dato<br />

Konkurrenten waren, so sollten wir uns nun zusammentun, um eine Sache zu befördern.<br />

GREMIO<br />

Ei, was?<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin


William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

HORTENSIO<br />

Ei, das: der Schwester einen Mann zu schaffen.<br />

GREMIO<br />

Einen Mann? – Einen Vollidioten!<br />

HORTENSIO<br />

Es muss doch irgendeinen Schurken geben, der sie mit allen ihren Macken, und dem<br />

Zaster obendrein, schon nimmt.<br />

GREMIO<br />

Ich hätte lieber jeden Morgen ’ne Tracht Prügel als ihre Mitgift.<br />

HORTENSIO<br />

Ja ja, doch besser ist’s, wenn wir uns solang freundschaftlich verhalten, bis wir Baptistas<br />

ältrer Tochter einen Mann verschafft und so die Jüngre für uns frei gemacht! – Und dann<br />

heißt’s wieder: Krieg! Na, Gremio?<br />

GREMIO<br />

So sei’s. – Hottehü hottehü hottehü! (Beide ab, natürlich hoch zu Ross.)<br />

LUCENTIO<br />

Tranio! Ich schmachte, ich brenne, ich sterbe,<br />

Wird nicht das süße Kind mir anvermählt.<br />

Rate mir, Tranio, denn ich weiß, du kannst es;<br />

Hilf mir, Tranio denn ich weiß, du willst es!<br />

TRANIO<br />

Erwachet, Herr! – So sieht es aus:<br />

Die ältre Schwester ist so widerborstig,<br />

Dass, bis ihr Vater sie sich nicht vom Fell gebürstet hat,<br />

Euer Prinzesschen hübsch zu Hause hocken muss.<br />

LUCENTIO<br />

Hast du nicht gehört, dass er gesonnen ist,<br />

Ihr talentierte Pauker zu verschaffen?<br />

TRANIO<br />

Ja, hab ich, doch was... (plötzlich) Nein!<br />

LUCENTIO<br />

Doch!<br />

TRANIO<br />

Oh! – Ihr wollt Euch selbst zum Unterricht anmelden.<br />

LUCENTIO<br />

Genial, was?<br />

TRANIO<br />

Unmöglich!<br />

Wer spielt dann Vincentios Sohn in Padua?<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin


William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

LUCENTIO<br />

Man hat in keinem Haus uns noch gesehen,<br />

Und niemand unterscheidet am Gesicht,<br />

Wer Herr, wer Diener ist; und daraus folgt:<br />

Du sollst an meiner statt als Herr gebieten.<br />

Ich will ein andrer sein, ein Reisender<br />

Aus Mailand, Bozen oder Genua.<br />

So, ausziehen, Tranio! (Beginnt damit.)<br />

Nimm meinen Federhut und Mantel hier. –<br />

TRANIO<br />

Ja, wenn’s denn sein muss.<br />

LUCENTIO<br />

Ja muss, gib her.<br />

Wo bleibt bloß Biondello?<br />

Kleidertausch. – Auftritt Biondello mit Gepäck, gerne auch mit Schlagzeug.<br />

Biondello! – Schlingel, wo hast du gesteckt?<br />

BIONDELLO<br />

Wo ich gesteckt hab? – Nein, sagt, wo steckt denn Ihr?<br />

LUCENTIO<br />

Hör zu, Frechdachs:<br />

Kaum angelangt, erschlug ich im Gezänk<br />

Hier einen Mann, und fürcht', ich bin erkannt.<br />

Tranio trägt jetzt mein Hut, mein Rock, mein Kleid,<br />

Und hält mir damit die Gefahr vom Leib.<br />

Du dienst jetzt ihm und ich bin dann mal weg.<br />

Gecheckt?<br />

BIONDELLO<br />

Nö, jetzt nicht so.<br />

LUCENTIO<br />

Tranio heißt jetzt Lucentio.<br />

BIONDELLO<br />

Ja, und?<br />

TRANIO<br />

Und Lucentio ist Tranio.<br />

BIONDELLO<br />

Ja, nee, is’ klar.<br />

LUCENTIO<br />

Tranio, auf geht’s!<br />

Übrigens: auch du musst um Bianca werben.<br />

Sei auch ein Freier, dann ist alles richtig;<br />

Frag' nicht weshalb; mein Grund ist sehr gewichtig.<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin


William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“<br />

TRANIO<br />

Hä?<br />

LUCENTIO<br />

Genau.<br />

BIONDELLO<br />

Richtig. – Wer ist Bianca?<br />

BIANCA (aus dem Hintergrund)<br />

Na ich!<br />

Alle ab.<br />

Bearbeitung: <strong>Wolf</strong> E. <strong>Rahlfs</strong> auf Basis der Übersetzung von <strong>Wolf</strong> Graf v. Baudissin

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