Moses Online Magazin - Ausgabe Februar 2013
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<strong>Magazin</strong> www.moses-online.de <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />
Auch die bereits angeführte Niedrigschwelligkeit<br />
kann als ein wichtiges Kriterium gelten. Dahinter<br />
verbirgt sich die Idee, einen einfachen Zugang zu<br />
den Angeboten zu schaffen, der ohne Bedingungen,<br />
ohne langwierige Vorabklärungen und ohne<br />
lange Wartezeiten möglich ist. Besonders für<br />
Heranwachsende in Krisensituationen kann dies<br />
für die Inanspruchnahme einer Beratung hilfreich<br />
und entlastend sein.<br />
In diesem Zusammenhang ist auch eine Vertrauensbasis<br />
zwischen den Heranwachsenden und der<br />
Fachkraft von maßgeblicher Bedeutung. Damit<br />
eine vertrauensvolle Beziehung entstehen kann,<br />
sollte der Schulsozialarbeiter eine kontinuierliche<br />
und verlässliche Anlaufstelle darstellen. Dies<br />
wird ermöglicht, indem die Fachkraft möglichst<br />
täglich während der Schulzeiten in der Schule<br />
präsent ist und ihm eigene, für die Tätigkeit angemessene,<br />
Räumlichkeiten zur Verfügung stehen.<br />
Darüber hinaus sollte eine personelle Kontinuität<br />
der Fachkraft angestrebt werden. Hierzu<br />
trägt beispielsweise die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses<br />
(Vollzeit- vs. Teilzeitbeschäftigung,<br />
befristet vs. unbefristet) bei.<br />
In Bezug auf die Kontinuität muss auch die Dauer<br />
der Kooperation als wesentliche Grundlage<br />
angeführt werden. In diesem Zusammenhang ist<br />
es maßgeblich, ob Schulsozialarbeit als zeitlich<br />
befristetes Projekt angelegt wird oder ob sie dauerhaft<br />
in der Schule verankert ist. Dieser Aspekt<br />
auch hinsichtlich der Einbindung der Fachkraft in<br />
das schulische System bedeutsam (vgl. Drilling<br />
2004).<br />
Die Bedeutung außerfamiliärer<br />
Bezugspersonen aus Sicht der<br />
Resilienzforschung<br />
Die Bedeutung außerfamiliärer Bezugspersonen<br />
wird auch durch die Resilienzforschung hervorgehoben.<br />
Resilienz bezeichnet die Widerstandskraft<br />
eines Menschen gegenüber belastenden<br />
Lebensumständen und Lebensereignissen. Die<br />
Resilienzforschung beschäftigt sich mit den Faktoren,<br />
die Menschen äußerst schwierige Situationen<br />
positiv überstehen lassen. Zu den Ressourcen<br />
im sozialen Umfeld zählen u. a. kompetente und<br />
fürsorgliche Erwachsene außerhalb der Familie,<br />
die Vertrauen fördern, Sicherheit vermitteln und<br />
als positive Rollenmodelle dienen. Lehrkräften,<br />
die Interesse an den Heranwachsenden zeigen<br />
und sie herausfordern, kommt dabei eine besondere<br />
Bedeutung zu. Sie dienen als positive Rollenmodelle,<br />
als Vertrauenspersonen und als<br />
Quelle sozialer Unterstützung außerhalb der<br />
Familie (Fingerle et al. 1999, Werner 1999). In<br />
diesem Zusammenhang können auch die Fachkräfte<br />
der Schulsozialarbeit einen wichtigen Beitrag<br />
zur Lebensbewältigung leisten. Schulsozialarbeiter<br />
sind konstante Bezugspersonen, die nicht<br />
Lehrpersonen (Beurteiler) sind oder zur Schulleitung<br />
gehören, mit denen man sich austauschen<br />
kann und die als Vorbilder zur Verfügung stehen.<br />
Die Resilienzforschung lenkt somit den Blick auf<br />
die Beziehungen, die im schulischen Rahmen<br />
zwischen Heranwachsenden und Erwachsenen<br />
existieren und macht auf deren besonderes Potenzial<br />
aufmerksam.<br />
Das System Schule im Zwiespalt<br />
Die angeführten Punkte verdeutlichen die besondere<br />
Herausforderung, die sich in der heutigen<br />
Zeit für die Schule und die Lehrkräfte ergibt: Sie<br />
sollen auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen<br />
und Entwicklungs- und Sozialisationsaufgaben<br />
übernehmen, ohne dabei den Unterricht (und<br />
somit die Wissensvermittlung) aus dem Blick zu<br />
verlieren. Allerdings sind die Lehrkräfte durch<br />
die Vorgaben des Lehrplans oftmals so stark<br />
eingebunden, dass sie den Anforderungen, die<br />
über die Wissensvermittlung hinausgehen, nicht<br />
adäquat nachkommen können. Auch die Möglichkeiten<br />
der Schulsozialarbeit, auf die jungen<br />
Menschen einzugehen und sie zu unterstützen,<br />
werden in der Regel durch die knappen personellen<br />
Ressourcen in diesem Bereich stark begrenzt.<br />
Faktisch existiert somit im schulischen Alltag nur<br />
wenig Raum für die (außerschulischen) Belange<br />
der Heranwachsenden. Wie beschrieben, müssen<br />
sich die jungen Menschen jedoch neben der Wissensaneignung<br />
mit zahlreichen entwicklungsbedingten<br />
Anforderungen auseinandersetzen. Häufig<br />
konkurrieren diese beiden Bereiche sehr stark<br />
miteinander. Besonders für Pflegekinder kann<br />
dieser Zwiespalt schwierig sein. Nicht selten<br />
kommen sie aus einem komplizierten Zwei-<br />
Familien-System und haben schwierige, oft dramatische<br />
und traumatisierende Lebenserfahrungen<br />
gemacht, die sie verarbeiten und bewältigen<br />
müssen und die sich auf die Persönlichkeitsentwicklung<br />
auswirken.<br />
Die besondere Situation von<br />
Pflegekindern in der Schule<br />
Aufgrund der gemachten Erfahrungen sind die<br />
Kinder und Jugendlichen, die äußerst belastende<br />
Situationen erleben und bewältigen mussten,<br />
beispielsweise in einigen Lebensbereichen für ihr<br />
Alter sehr weit entwickelt (z. B. Sorge für das<br />
tägliche Überleben übernehmen, Verantwortungsübernahme<br />
für jüngere Geschwister), während<br />
sie in anderen Bereichen Entwicklungsdefizite<br />
aufweisen. Diese Defizite werden häufig im<br />
schulischen Alltag deutlich und wirken sich auf<br />
die schulische Situation aus, sowohl auf den<br />
Leistungsbereich als auch den sozialen Bereich.<br />
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