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Fach: Pädagogik Fellner: Die Psychoanalyse Sigmund <strong>Freud</strong>s LK 12<br />

1335 6.4. Genitale Phase: Pubertät, Adoleszenz,<br />

Erwachsenensexualität<br />

Ausbildung gereifter Genitalität, Selbstverantwortlichkeit, schöpferische<br />

Tätigkeit, »Meisterung <strong>de</strong>s Lebens« [Erikson] u.a.<br />

Die Pubertät ist im Wesentlichen jener Abschnitt in <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

1340 jungen Menschen, in <strong>de</strong>m sich die kindliche Existenzweise in jene <strong>de</strong>s<br />

Erwachsenen umbil<strong>de</strong>t. Ein be<strong>de</strong>utsamer Aspekt dieser Umstrukturierung<br />

<strong>de</strong>r Persönlichkeit ist das Erreichen <strong>de</strong>r Geschlechtsreife. Beim Mädchen<br />

tritt sie mit <strong>de</strong>r ersten Menstruation ein, beim Knaben mit <strong>de</strong>r ersten Pollution<br />

(Samenerguss). <strong>Freud</strong> nennt diesen Stand <strong>de</strong>r Entwicklung ‘genita-<br />

1345 le’ Phase, das Ziel <strong>de</strong>r sexuellen Entwicklung ist erreicht.<br />

Die Geschlechtsreife führt in <strong>de</strong>r Regel auch zu einer verän<strong>de</strong>rten Einstellung<br />

gegenüber <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Geschlecht. Was sich zuvor oft <strong>de</strong>utlich<br />

abstieß, stößt sich oft bloß noch zum Schein ab (Pubertieren<strong>de</strong> suchen<br />

Streit mit gegengeschlechtlichen Gleichaltrigen, um mit ihnen balgen zu<br />

1350 können) o<strong>de</strong>r zieht sich an.<br />

Die psychischen Verän<strong>de</strong>rungen, welche die Pubertät mit sich bringt,<br />

sind außeror<strong>de</strong>ntlich tiefgehend und vielfältig und betreffen die ganze<br />

Persönlichkeit.<br />

7. Die Traum<strong>de</strong>utung<br />

1355 <strong>Freud</strong>s erstmals in seinem berühmten Buch "Traumanalyse“ veröffentlichte<br />

Überlegungen zur Traum<strong>de</strong>utung trugen dazu bei, dass die Psychoanalyse<br />

<strong>de</strong>n Rahmen einer reinen Psychopathologie sprengte - er<br />

wur<strong>de</strong> von ihm als "Königsweg zum Unbewussten" erachtet. Obwohl die<br />

erste Auflage von <strong>Freud</strong>s Buch bei ihrem Erscheinen kaum beson<strong>de</strong>re<br />

1360 Beachtung fand, war sich <strong>Freud</strong> offensichtlich schon früh <strong>de</strong>r epochemachen<strong>de</strong>n<br />

Be<strong>de</strong>utung seines Buches bewusst: es erschien im Oktober<br />

1899, aber <strong>Freud</strong> datierte es auf 1900 voraus und setzte unter <strong>de</strong>n Titel<br />

das rebellische Motto "flectere si nequeo superos acheronta moveba"<br />

("Und können wir uns die Götter nicht geneigt machen, so lasst uns die<br />

1365 Unterweltlichen bewegen." – ein Zitat aus <strong>de</strong>r Antike). Neben <strong>de</strong>n ‘Drei<br />

Abhandlungen zur Sexualtheorie’ (1905), die er ebenfalls jeweils <strong>de</strong>m<br />

neuesten Stand seiner Theorieentwicklung anpasste, ist ‘Die Traum<strong>de</strong>utung’<br />

jenes Buch, <strong>de</strong>m er am meisten Sorgfalt ange<strong>de</strong>ihen ließ und das<br />

er selbst in acht jeweils verän<strong>de</strong>rten und <strong>de</strong>m neuesten Entwicklungs-<br />

1370 stand angepassten Auflagen erscheinen ließ.<br />

Im gesamten Buch ist <strong>Freud</strong>s Bemühen erkennbar, <strong>de</strong>n Traum als einen<br />

Prozess zu begreifen, <strong>de</strong>r nach bestimmten Regeln aufgebaut ist und <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>shalb, sobald man diese Regeln kennt, mehr o<strong>de</strong>r weniger ein<strong>de</strong>utig<br />

‘lesbar’ ist. Im Folgen<strong>de</strong>n sei <strong>de</strong>r Versuch gemacht, einige <strong>de</strong>r wichtigs-<br />

1375 ten Regeln und damit die <strong>Freud</strong>sche Auffassung <strong>de</strong>r Funktionsweise <strong>de</strong>s<br />

Traumes darzustellen.<br />

7.1. Zweck und Wesen <strong>de</strong>s Traumes<br />

Nach <strong>Freud</strong> kommt <strong>de</strong>m Traum zuerst einmal eine rein physiologische<br />

Be<strong>de</strong>utung zu: Er ist ‘<strong>de</strong>r Hüter <strong>de</strong>s Schlafs’. So ermöglicht er, Umwelt-<br />

1380 o<strong>de</strong>r organische Reize umzu<strong>de</strong>uten und in <strong>de</strong>n Schlaf einzubauen. Verbreitet<br />

ist <strong>de</strong>nn auch die Erfahrung, dass <strong>de</strong>r Wecker schellt und man<br />

dann von einem Pressluftbohrer o<strong>de</strong>r Ähnlichem träumt – und selig weiterschläft.<br />

Ähnliches kann passieren, wenn die gefüllte Blase zur Entleerung<br />

drängt und man dann träumt, man suche ein WC auf...<br />

1385 In psychologischer Hinsicht ist nach <strong>Freud</strong> <strong>de</strong>r Traum ganz allgemein<br />

"die (verklei<strong>de</strong>te) Erfüllung eines (unterdrückten, verdrängten) Wunsches."<br />

Insofern <strong>de</strong>r Wunsch verdrängt ist, han<strong>de</strong>lt es sich folglich beim<br />

Traum um eine Manifestation <strong>de</strong>s Es. <strong>Freud</strong> geht davon aus, dass im<br />

Schlaf das Ich hochgradig geschwächt ist, d.h. dass die Libido von <strong>de</strong>r<br />

1390 Motorik und <strong>de</strong>r Sinneswahrnehmung weitgehend zurückgezogen ist.<br />

Das Es nützt gewissermaßen die Gunst <strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong> und dringt mit seinen<br />

Inhalten ins Traumbewusstsein und – via Rückerinnerung an <strong>de</strong>n Traum<br />

– ins Bewusste ein. Da aber das Ich während <strong>de</strong>s Schlafs bloß geschwächt,<br />

aber nicht völlig außer Funktion ist, stellt es sich gegen eine<br />

1395 unverhüllte Offenbarung <strong>de</strong>s Verdrängten aus <strong>de</strong>m Es und zwingt <strong>de</strong>n<br />

geheimnisvollen Regisseur <strong>de</strong>s Traums, <strong>de</strong>n unbewussten, verdrängten<br />

Wunsch zu verschleiern und ihn in solche Bil<strong>de</strong>r zu klei<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>m Bewussten<br />

aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>s verdrängen<strong>de</strong>n Ichs als akzeptabel erscheinen.<br />

So gesehen, ist jener Traum, an <strong>de</strong>n wir uns beim Erwachen erin-<br />

1400 nern, nie genau das, was eigentlich das Es zum Ausdruck bringen wollte,<br />

son<strong>de</strong>rn stellt stets einen Kompromiss dar zwischen <strong>de</strong>m Es-Impuls und<br />

<strong>de</strong>r Gegenwehr <strong>de</strong>s Ich. Das Ich waltet <strong>de</strong>mzufolge beim Zustan<strong>de</strong>kommen<br />

eines konkreten Traumbil<strong>de</strong>s als Zensor.<br />

<strong>Freud</strong>s Ansicht, je<strong>de</strong>r Traum sei eine unbewusste Wunscherfüllung, wur-<br />

1405 <strong>de</strong> immer wie<strong>de</strong>r angezweifelt. Auf Anhieb scheinen zwar jene Träume,<br />

welche <strong>de</strong>r Träumer als sehr belastend empfin<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>n Kritikern recht zu<br />

geben. Aus psychoanalytischer Sicht lässt sich aber einwen<strong>de</strong>n, dass ja<br />

nicht <strong>de</strong>r manifeste, son<strong>de</strong>rn eben <strong>de</strong>r latente Traum die Wunscherfüllung<br />

darstellt und dass die Zensur durch das Ich in einzelnen Fällen of-<br />

1410 fenbar <strong>de</strong>rart groß ist, dass <strong>de</strong>r verdrängte Es-Wunsch eine gera<strong>de</strong>zu<br />

gegensätzliche Gestalt annehmen muss, um sich manifestieren zu können.<br />

Darüber hinaus entspricht es durchaus <strong>de</strong>r psychoanalytischen Auffassung,<br />

dass im Es die skurrilsten Wünsche, die <strong>de</strong>r Selbsterhaltung<br />

vollkommen entgegenstehen, vorhan<strong>de</strong>n sein können. Wer kennt nicht z.<br />

1415 B. die Angst, man könnte sich selbst plötzlich in die Tiefe stürzen wollen,<br />

wenn er von einer sehr hohen Brücke hinunterschaut. Diese Angst ist nur<br />

verständlich, weil im Es offensichtlich solche Wünsche lauern. Auch autoaggressive<br />

Wünsche mit <strong>de</strong>m Zwecke <strong>de</strong>r Abwehr von Schuldgefühlen<br />

können zu sehr belasten<strong>de</strong>n Traumbil<strong>de</strong>rn führen.<br />

1420 Damit ist aber <strong>de</strong>r Zweifel an <strong>Freud</strong>s Position nicht aus <strong>de</strong>r Welt geschafft<br />

– immerhin könnte es ja sein, dass zwar ein großer Teil, aber<br />

eben doch nicht alle Träume Wunscherfüllungen darstellen. Am ehesten<br />

lässt sich noch Jungs Ansatz, <strong>de</strong>r Traum habe stets eine kompensatorische<br />

Funktion, gleiche also aus, was im bewussten Leben nicht ausge-<br />

1425 lebt wer<strong>de</strong>n könne, mit <strong>de</strong>r <strong>Freud</strong>schen Behauptung in Einklang bringen.<br />

Denn das Bedürfnis, ungelebte Seiten <strong>de</strong>r Persönlichkeit im Traum ersatzweise<br />

zu leben, kann sehr wohl generell als Wunscherfüllung <strong>de</strong>klariert<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

7.2. Latenter und manifester Traum, Traum<strong>de</strong>utung und<br />

1430 Traumarbeit<br />

Jenen Traumgedanken, <strong>de</strong>r im Es vorhan<strong>de</strong>n ist und sich im Träumen<br />

darstellen möchte, nennt <strong>Freud</strong> <strong>de</strong>n latenten Traum. Jenen Trauminhalt,<br />

<strong>de</strong>r durch die Einwirkung <strong>de</strong>r Ich-Zensur entstellt wur<strong>de</strong>, bezeichnet<br />

<strong>Freud</strong> als manifesten Traum. Wenn also jemand einen Traum erinnert<br />

1435 o<strong>de</strong>r erzählt, so han<strong>de</strong>lt es sich dabei stets um <strong>de</strong>n manifesten Traum.<br />

Der latente Traum kann erst sekundär, etwa via Traum<strong>de</strong>utung, ent<strong>de</strong>ckt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Traum<strong>de</strong>utung ist folglich die Umkehrung jenes Prozesses, <strong>de</strong>r die<br />

Umwandlung <strong>de</strong>s latenten in <strong>de</strong>n manifesten Traum bewerkstelligte.<br />

1440 <strong>Freud</strong> nennt diesen Verwandlungsprozess, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Traumgedanken in<br />

die visuellen und akustischen Bil<strong>de</strong>r umsetzt, Traumarbeit. Es ist folglich<br />

ganz einfach: die Traumarbeit macht aus <strong>de</strong>m latenten Traum <strong>de</strong>n manifesten,<br />

und die Traum<strong>de</strong>utung geht diesen Weg wie<strong>de</strong>r zurück und ent<strong>de</strong>ckt<br />

im manifesten Traum <strong>de</strong>n ursprünglichen latenten Traum.<br />

1445 Um die weiteren Begriffe leichter erklären zu können, hier ein Beispiel für<br />

einen möglichen manifesten Traum:<br />

Ein Lehrer träumt, er fahre mit einem rostigen VW zur Schule, überfahre<br />

unterwegs ein Huhn, wer<strong>de</strong> dann von <strong>de</strong>n Schülern nicht wie gewohnt<br />

freundlich begrüßt, son<strong>de</strong>rn tätlich angegriffen, gehe dann seine Mappe<br />

1450 suchen, die er im Auto vergessen habe, dieses habe sich aber unter<strong>de</strong>ssen<br />

in einen dreibeinigen Ofen verwan<strong>de</strong>lt, aus <strong>de</strong>m schwarzer Rauch<br />

aufsteige, und wie er ins Schulzimmer zurückkehren wolle, sei dieses<br />

plötzlich eine Kirche, in welcher die Frau <strong>de</strong>s Schulabwarts die Messe lese.<br />

1455 In diesem manifesten Traum fin<strong>de</strong>t sich eine Fülle von Elementen: Lehrer,<br />

Autofahren, VW, Rost, Schule, Huhn, Huhn überfahren usf. ‘Den<br />

Traum <strong>de</strong>uten’ heißt nun, einen Traumgedanken zu fin<strong>de</strong>n, in welchem<br />

alle diese Elemente eine Entsprechung haben, für die sie als Stellvertreter<br />

gelten können. Sollte sich z. B. herausstellen, dass mit <strong>de</strong>m rostigen<br />

1460 VW die leichte körperliche Invalidität <strong>de</strong>s Lehrers ausgedrückt ist, dass<br />

das überfahrene Huhn seine eigene Frau be<strong>de</strong>utet, mit <strong>de</strong>r er in unglücklicher<br />

Ehe lebt, und dass es sich bei seinen Schülern um seine eigenen<br />

Kin<strong>de</strong>r han<strong>de</strong>lt, die ihn kürzlich aufgefor<strong>de</strong>rt haben, mit seiner Gemahlin<br />

<strong>Freud</strong>-Fellner.doc Fellner: Die Psychoanalyse Sigmund <strong>Freud</strong>s Seite 12 von 19

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