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Hospiz Stern - Hospiz an der Lutter

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leben<br />

Leben<br />

Immer wie<strong>der</strong> werden wir Pflegenden im <strong>Hospiz</strong> mit Situationen konfrontiert, welche<br />

uns die Frage stellen, was wir Hilfreiches <strong>an</strong>zubieten haben, wenn Patienten sagen:<br />

„Ich halte es nicht mehr aus.“ Das bedeutet für uns aufmerksam zu reflektieren und zu<br />

hinterfragen, wenn uns dadurch eventuell auch Grenzen aufgezeigt werden.<br />

Die als unseren pflegerischen Auftrag vorh<strong>an</strong>dene Bereitschaft<br />

besteht unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em darin, uns dieser Situation zu<br />

stellen, Da zu sein und Da zu bleiben. Um von dem unheilbar<br />

kr<strong>an</strong>ken Menschen zu erfahren, was genau nicht mehr<br />

auszuhalten ist. Denn wenn überhaupt, k<strong>an</strong>n nur er Antwort<br />

o<strong>der</strong> Äußerungen dazu geben. Denn wir sollten uns bewusst<br />

sein, dass wir in <strong>der</strong> Begegnung mit unheilbar kr<strong>an</strong>ken und<br />

sterbenden Menschen mit etwas Beson<strong>der</strong>em und Unfassbarem<br />

in Berührung kommen, über das wir selbst, da wir<br />

gesund sind, nichts aussagen können. Uns fehlt dazu das<br />

Gefühl des her<strong>an</strong>nahenden Todes und was es heißt, keine<br />

Überlebensperspektive zu haben.<br />

In unserem Arbeitsalltag erleben wir oft, wie intensiv sich<br />

unsere Patienten mit ihrer Lebenssituation ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzen.<br />

Sie spüren sehr deutlich, dass sie kaum noch Kraft<br />

haben. Und ihre Hoffnung besteht darin, dass wir ihre<br />

Beschwerden lin<strong>der</strong>n können. Nicht nur die körperlichen,<br />

son<strong>der</strong>n auch die <strong>der</strong> Seele. Und dies bestimmt unser<br />

H<strong>an</strong>deln und dafür setzen wir uns ein.<br />

Im Gespräch können wir die Erfahrung machen, dass es<br />

dabei um eine Vielzahl von Fragen geht: Wer tröstet mich?<br />

Was brauche ich, um Trost und Sicherheit erfahren zu können<br />

und wer k<strong>an</strong>n sie mir geben? Wovor habe ich Angst?<br />

Wer versteht und achtet auf mich? Um wen geht es hier?<br />

Was ist beson<strong>der</strong>s schwer o<strong>der</strong> was tut mir einfach gut und<br />

hilft? Was gibt Sinn?<br />

Vieles davon regeln und be<strong>an</strong>tworten die Patienten sich<br />

dabei selbst. Das beginnt schon mit dem Packen des Koffers<br />

für den <strong>Hospiz</strong>aufenthalt. Dieser ist mit unterschiedlichsten<br />

Dingen gefüllt: Kleidung, Medikamente, Kosmetikartikel,<br />

Fotos, Bil<strong>der</strong>, Gegenstände mit ideellem, unersetzlichem<br />

Wert und vor allem mit vielen Erinnerungen und Hoffnungen.<br />

Unsere Betrachtungsweise beinhaltet die vier Dimensionen,<br />

die jeden Menschen auszeichnen: Die physische, die psychische,<br />

die psychosoziale und die spirituelle. Ihnen wird<br />

entsprochen von den verschiedenen Berufsgruppen, die im<br />

<strong>Hospiz</strong> ihre Arbeit tun.<br />

12<br />

Voraussetzung dafür sollte sein, dass wir uns nicht mit dem<br />

Patienten identifizieren, um so neutral und hilfreich zu sein<br />

und um die g<strong>an</strong>ze Situation aufmerksam im Blick haben zu<br />

können. Was ist zu tun und was ist zu lassen, welchen Auftrag<br />

und welche Rolle habe ich? Dies sind unsere Aufgaben,<br />

die <strong>an</strong>dauernd und sorgsam <strong>an</strong>zuwenden und zu prüfen<br />

sind und gleichzeitig unsere Haltung beschreiben.<br />

Patienten berichten uns, dass es ihnen gut tut o<strong>der</strong> helfen<br />

k<strong>an</strong>n, wenn <strong>der</strong> Rhythmus des Tages g<strong>an</strong>z nach ihren Bedürfnissen,<br />

Gewohnheiten, Wünschen o<strong>der</strong> Beschwerden<br />

ausgerichtet wird. Der Zeitpunkt <strong>der</strong> Pflege; w<strong>an</strong>n, ob und<br />

was sie essen möchten o<strong>der</strong> ein eventueller Aufenthalt<br />

außerhalb des Zimmers, in <strong>der</strong> Wohnküche, im Garten o<strong>der</strong><br />

auf dem Balkon können einige Beispiele sein. O<strong>der</strong> dass sie<br />

das Empfinden haben, so sein zu können und zu dürfen, wie<br />

sie sind, ohne dass dies bewertet wird. Dadurch besteht die<br />

Möglichkeit, dass sie sich gesehen und <strong>an</strong>genommen fühlen<br />

o<strong>der</strong> auch Wertschätzung und wahrhaftiges Interesse erfahren<br />

können. Wenn ein Mensch sich verst<strong>an</strong>den fühlt, k<strong>an</strong>n<br />

dadurch vieles <strong>an</strong>genommen und als hilfreich empfunden<br />

werden, so hören wir es immer wie<strong>der</strong>. Es k<strong>an</strong>n Vertrauen<br />

entstehen und Patienten beginnen von ihren Sorgen, Wünschen,<br />

Erinnerungen und Erfahrungen zu erzählen und ziehen<br />

dabei Lebensbil<strong>an</strong>z. M<strong>an</strong>chmal beruhigt es sie, weil sie<br />

wissen und merken, dass wir auch ihre Angehörigen im Blick<br />

haben. Um ihnen ein Gegenüber zu sein, welches ermöglicht,<br />

ihre vielen schon erlebten Abschiede von Gewohnheiten<br />

und lieb gewordenen Dingen aussprechen zu können.<br />

So gibt es auch Situationen, in denen wir keine Antwort<br />

finden o<strong>der</strong> unser Angebot und Tun für unsere Patienten<br />

nicht ausreicht, um ihre Beschwerden aushalten zu können.<br />

Patienten berichten d<strong>an</strong>n m<strong>an</strong>chmal, dass sie sich d<strong>an</strong>n<br />

durch die Art unseres Daseins und dem Wissen, dass wir<br />

dableiben, sicherer fühlen.<br />

Das bedeutet und beinhaltet für uns immer wie<strong>der</strong> die<br />

Bereitschaft mitzugehen, mitzufühlen, ein wenig tragen<br />

zu helfen o<strong>der</strong> auch auszuhalten. Und gemeinsam unseren<br />

Patienten aufmerksam und sorgsam zu begegnen. Sie und<br />

ihre Situation zu betrachten und bereit zu sein, dies zu üben,<br />

spürbar werden zu lassen und <strong>an</strong>zuwenden.<br />

ulf bodenhagen<br />

Leitung Stationäres <strong>Hospiz</strong>

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