Hospiz Stern - Hospiz an der Lutter
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leben<br />
Das Märchen vom Leben<br />
Es war einmal vor vielen Jahren <strong>an</strong> einem<br />
wun<strong>der</strong>schönen Sommertag. Die Natur schlief und<br />
schwieg. Mäuschenstille ringsum. Sogar die Vögel<br />
steckten ihre Köpfe unters Gefie<strong>der</strong>. Nur ein kleiner<br />
Buchfink lugte neugierig in den blauen Himmel und<br />
fragte: „Was ist Leben?“<br />
Alle waren betroffen über diese Frage. Eine Rose<br />
entfaltete ihre Blüten, schob sachte und behutsam ein<br />
Blatt ums <strong>an</strong><strong>der</strong>e heraus und sagte schließlich:<br />
„Leben ist Entwicklung!“<br />
Das hörte ein Schmetterling. Lustig flog er von<br />
Blume zu Blume, naschte hier und dort und sagte<br />
d<strong>an</strong>n: „Leben ist Freude und Sonnenschein.“<br />
Eine kleine Ameise, die sich mit einem Strohhalm<br />
abrackerte, <strong>der</strong> zw<strong>an</strong>zigmal länger als sie selbst war,<br />
murmelte: „Leben heißt arbeiten!“<br />
Eine Biene hörte das und meinte: „Leben? Das ist mal<br />
Arbeit, mal Vergnügen. Leben ist Abwechslung!“<br />
Jetzt streckte ein Maulwurf seinen Kopf aus <strong>der</strong> Erde<br />
und kommentierte: „Das Leben ist ein steter Kampf<br />
im Dunkeln!“<br />
04<br />
Die Elster spottete hämisch: „Was ihr alle für weise<br />
Reden führt! M<strong>an</strong> staunt, mit welch gescheiten<br />
Geschöpfen m<strong>an</strong> zu tun hat!“<br />
Die Tiere senkten wie<strong>der</strong> ihre Köpfe. Sie fingen <strong>an</strong>,<br />
<strong>an</strong> ihre Lebenserfahrung zu zweifeln. Und als d<strong>an</strong>n<br />
ein leiser Sprühregen einsetzte, verstummten die Tiere<br />
und Pfl<strong>an</strong>zen g<strong>an</strong>z. Nur <strong>der</strong> Regen plätscherte vielsagend:<br />
„Leben heißt, Tränen vergießen, sonst nichts!“<br />
Die Tropfen sammelten sich in kleine Rinnsale, die<br />
begaben sich auf W<strong>an</strong><strong>der</strong>schaft, sie gel<strong>an</strong>gten in den<br />
Bach, d<strong>an</strong>n zum Fluss und kamen nach Wochen<br />
und Monaten ins Meer. Dort br<strong>an</strong>deten die Wogen<br />
und warfen sich mit Gewalt gegen die Felsen und mit<br />
gebrochener Kraft kehrten sie ins Meer zurück.<br />
Stöhnend hörte m<strong>an</strong> sie sagen: „Das Leben ist ein<br />
vergebliches Ringen nach Freiheit!“