Vortragstext - Arbeitskreis Geschichte der Geographie
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Geologischen Reichsanstalt. 6 Was erst vor kurzer Zeit durch Archivfunde bekannt<br />
wurde: Richthofen habilitierte sich bereits 1857 kumulativ für Geologie an <strong>der</strong><br />
Universität Wien. 7 Er nahm allerdings seine Lehraufgaben als Privatdozent nicht wahr;<br />
und es gibt auch keine Hinweise darauf, dass er zu dieser Zeit eine Hochschullaufbahn<br />
geplant hätte.<br />
Die entscheidende Wende im Leben Ferdinand von Richthofens brachte das Jahr 1860.<br />
Er nahm das Angebot an, als Wissenschaftler an <strong>der</strong> von Friedrich Graf zu Eulenburg<br />
geleiteten preußischen Ostasienexpedition teilzunehmen. 8 Was als diplomatische<br />
Mission begann, endete erst nach zwölf Jahren wissenschaftlicher Forschung. Es sollte<br />
die einzige größere Auslandsreise seines Lebens bleiben, doch sie begründete seinen<br />
Weltruhm als Forschungsreisen<strong>der</strong>. Für die geographische Nachwelt wurde er zum<br />
Prototyp des wissenschaftlichen Reisenden und zum Vorbild für Generationen von<br />
Geographen.<br />
Die Chronologie seiner zwölfjährigen Auslandsreisen ist rasch erzählt: Die Expedition<br />
begann in Ceylon und führte dann nach China. Hier trennte sich Richthofen bereits von<br />
<strong>der</strong> preußischen Delegation und ging für fünf Monate nach Japan. Über Formosa und die<br />
südostasiatischen Inseln (Philippinen, Celebes, Java) kam er nach Siam. Während<br />
Eulenburg von hier aus – nachdem man China einen Handelsvertrag abgerungen hatte,<br />
<strong>der</strong> den deutschen Staaten ähnliche Rechte verschaffte wie den europäischen<br />
Konkurrenten – den Rückweg nach Berlin antrat, blieb Richthofen in Asien. Sein<br />
Versuch, am Ganges entlang ins Innere Asiens vorzudringen, um den Tian-Shan zu<br />
erforschen, scheiterte wegen islamischer Unruhen in Zentralasien. Daraufhin<br />
überquerte er den Pazifischen Ozean und hielt sich fast sechs Jahre in Kalifornien auf.<br />
Mit <strong>der</strong> Rückkehr nach Asien 1868 begann <strong>der</strong> erfolgreichste Teil seiner Reisen. In vier<br />
Jahren führte er sieben Expeditionen in China durch, auf denen er weite Teile des<br />
Riesenreichs durchstreifte und wissenschaftlich erkundete. Als er 1872 nach Berlin<br />
zurückkehrte, galt er als <strong>der</strong> beste Kenner Chinas. Kein Europäer seit Marco Polo hatte<br />
<strong>der</strong>art umfangreiche Reisen in Ostasien durchgeführt wie Richthofen. Bereits während<br />
seines Auslandsaufenthalts hatte er Briefe und Berichte nach Europa gesandt,<br />
geologische Detailfragen aufgegriffen, die von <strong>der</strong> Deutschen Geologischen Gesellschaft<br />
veröffentlicht wurden, o<strong>der</strong> landeskundliche Eindrücke geschil<strong>der</strong>t, die in „Petermanns<br />
Mitteilungen“ erschienen.<br />
Nach seiner Rückkehr begann er unmittelbar mit <strong>der</strong> wissenschaftlichen Aufarbeitung<br />
seiner reichhaltigen Forschungsergebnisse. Mit fünf voluminösen Bänden und einem<br />
Atlas in zwei Teilen ist sein Werk „China“ eines <strong>der</strong> umfangreichsten Reisewerke des 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts 9 : Rechnet man die zwei Bände Reisetagebücher 10 hinzu, sind es mehr als<br />
6 Publikationslisten finden sich in: Tiessen, Ernst: Die Schriften Ferdinand Freiherrn von Richthofen. In:<br />
Drygalski, Erich von: Ferdinand Frhr. von Richthofen. Gedächtnisrede. Leipzig 1906, Anhang S. 1–18 und<br />
erweitert in: Zuckermann, Brigitta: Ferdinand von Richthofen. Kritische Würdigung eines deutschen<br />
Geographen unter beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung seiner gesellschaftlich-geographischen und methodologischen<br />
Arbeiten. unveröff. Diss. Päd. Hochschule Potsdam 1960, Bl. 260–276.<br />
7 Cernajsek, Tillfried: Auf den Spuren von Ferdinand Freiherrn von Richthofen in Wien und im<br />
Österreichischen Kaiserstaat. In: 10. Internationales Symposium Kulturelles Erbe in Geo- und<br />
Montanwissenschaften. Bibliotheken, Archive, Museen, Sammlungen, Freiberg/Sa., 29. September – 2. Oktober<br />
2009. Tagungsband. o. O. o. J., S. 20–21.<br />
8 Vgl. Baum, Karl Josef: Die preußische Ostasien-Expedition 1859–1862. In: Jahrbuch <strong>der</strong> Deutschen<br />
Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte 8, 2002 (2004), S. 127–138.<br />
9 China. Ergebnisse eigener Reisen und darauf gegründeter Studien. Berlin. Bd 1: Einleiten<strong>der</strong> Theil, 1877; Bd 2:<br />
Das nördliche China, 1882; Bd 3: Das südliche China, hrsg. von Ernst Tiessen, 1912. Die Bände 4 und 5<br />
enthalten die Ergebnisse seiner paläontologischen Beobachtungen und wurden 1883 und 1911 von an<strong>der</strong>en<br />
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