Sanierung des Hochbehälters Liptingen - Zweckverband Bodensee ...
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<strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Wissensdurst · August 2007<br />
<strong>Sanierung</strong> <strong>des</strong> Hochbehälters <strong>Liptingen</strong><br />
Gunnar Scholz, Edgar Schwinge, Burkhard Wolf<br />
Einführung<br />
Die <strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung (BWV) unterhält<br />
27 Trinkwasserbehälter mit einem Speichervolumen<br />
von mehr als 470.000 Kubikmeter. Diese dienen<br />
im Wesentlichen dem Ausgleich von Tagesverbrauchsschwankungen<br />
und zur Druckregelung<br />
im Leitungsnetz. Ergänzt durch die gemeinsam mit<br />
den von Mitgliedern betriebenen Speichern bilden<br />
sie einen wesentlichen Garanten für die unterbrechungsfreie<br />
Trinkwasserversorgung von vier<br />
Millionen Menschen in Baden-Württemberg.<br />
Viele dieser Behälterbauwerke aus der Gründungszeit<br />
der <strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung haben inzwischen<br />
eine Nutzungsdauer von nahezu 50 Jahren erreicht<br />
und lassen in verschiedenen Bereichen der Bauwerksund<br />
Anlagentechnik einen alterungsbedingten<br />
<strong>Sanierung</strong>sbedarf erkennen.<br />
Beschreibung <strong>des</strong> Bauwerkes<br />
Der Trinkwasserbehälter <strong>Liptingen</strong> wurde 1957 im<br />
Zuge <strong>des</strong> Gründungsausbaus der <strong>Bodensee</strong>wasserversorgung<br />
errichtet. Als Scheitelbehälter an der<br />
1. Hauptleitung wird er vom Reinwasserpumpwerk<br />
im Maschinenhaus am Sipplinger Berg über eine 22<br />
Kilometer lange Druckleitung beschickt. Er bildet mit<br />
einer Übereichhöhe von 753,50 m über Normal Null<br />
den Hochpunkt an diesem Hauptleitungsstrang.<br />
Vom Hochbehälter (HB) <strong>Liptingen</strong> aus kann dann<br />
im Normalfall der Weitertransport <strong>des</strong> Trinkwassers<br />
über mehr als 160 km - bis in den Großraum<br />
Stuttgart - im Gefällebetrieb erfolgen.<br />
Zunächst wurde der Hochbehälter als Doppelkammeranlage<br />
mit jeweils 10.000 Kubikmeter<br />
Speicherinhalt in fugenloser Stahlbetonbauweise<br />
erbaut. Im zugehörigen Schieberhaus sind die großkalibrigen<br />
Zu- und Ablaufleitungen untergebracht.<br />
Schon im ersten Betriebsjahr 1959 hatten die angeschlossenen<br />
Gemeinden die ihnen zustehenden<br />
Beteiligungsquoten nicht nur voll genutzt, sondern<br />
sogar überschritten.<br />
Eine Untersuchung der Betriebsverhältnisse ergab,<br />
dass mit einer Vergrößerung <strong>des</strong> Scheitelbehälters<br />
<strong>Liptingen</strong> nicht nur eine Steigerung der<br />
Betriebssicherheit, sondern auch Einsparungen an<br />
elektrischer Energie erzielt werden konnten. Es wurde<br />
festgestellt, dass sich ein größerer Behälterraum<br />
auf längere Betriebszeiten für die kleine und mittlere<br />
Pumpe auf dem Sipplinger Berg und damit auf<br />
den Pumpenbetrieb mit preisgünstigem Nachtstrom<br />
besonders positiv auswirkt.<br />
Abb. 1: Lage <strong>des</strong> Scheitelbehälters <strong>Liptingen</strong> im<br />
Fernleitungsnetz der <strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Zwei Maßnahmen wurden damals zur<br />
Leistungserhöhung der Gesamtanlage eingeplant:<br />
Eine Erweiterung der Speicheranlagen<br />
(Hochbehälter) und eine Drucksteigerung längs der<br />
1. Hauptleitung.<br />
2
Hochbehälter im Fernleitungsnetz der BWV<br />
Abb. 2: Längsschnitt<br />
1. Hauptleitung der BWV<br />
So kam es 1960 zum Entschluss, am HB <strong>Liptingen</strong><br />
sowie den Behältern Zepfenhan, Öschingen und<br />
Wessingen eine Drucksteigerung für einen maximalen<br />
Durchsatz bis 3.000 l/s zu erbauen.<br />
Gleichzeitig erfolgte die Vergrößerung <strong>des</strong><br />
Scheitelbehälters <strong>Liptingen</strong> durch zwei weitere<br />
Kammern auf insgesamt 50.000 Kubikmeter<br />
Fassungsvermögen.<br />
Die Kammern 1 und 2 haben eine Grundfläche von<br />
45 x 40 m, während die zusätzlichen Kammern 3<br />
und 4 - bei gleicher Breite - eine Länge von 75 m<br />
aufweisen. Die nutzbare Wassertiefe beträgt in allen<br />
Kammern ca. 5,5 m. Die Decken werden von einem<br />
Stützen-Raster von knapp 5 auf 5 m getragen (insgesamt<br />
368 Stück).<br />
1. Hauptleitung<br />
nach Stuttgart<br />
Abgang<br />
Drucksteigerung<br />
Einsteighaus<br />
1. Hauptleitung<br />
vom <strong>Bodensee</strong><br />
Abb. 3: Grundriss<br />
und Längsschnitt<br />
Scheitelbehälter <strong>Liptingen</strong><br />
3
<strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Wissensdurst · August 2007<br />
Zu erwähnen ist noch, dass die Behältersohlen bzw.<br />
Bodenplatten erst eingebaut wurden, nachdem<br />
die Erdüberschüttung über den Wasserkammern<br />
fertig gestellt war. Damit sollten Risse in der<br />
Bodenplatte durch unterschiedliche Setzungen aus<br />
dem Lasteintrag der Stützen in den Baugrund einerseits<br />
und der Lastabtragung der Bodenplatte<br />
infolge der Wasserfüllung andererseits verhindert<br />
werden. Als Bewehrungsüberdeckung hat die damalige<br />
Leistungsbeschreibung 30 mm vorgeschrieben.<br />
Zusätzlich wurden innen ein Zementputz auf Decken<br />
und Wänden mit 15 mm und ein Estrich mit 40 mm<br />
Stärke aufgetragen.<br />
Die Beschickung erfolgte von der Hauptleitung<br />
über das Einsteighaus zunächst in eine zentrale<br />
Einlaufkammer. Die Einlaufüberfallhöhe ist im<br />
Niveau höher als der Übereich angeordnet. Auf diese<br />
Weise wird ein Leerlaufen <strong>des</strong> Behälters in Richtung<br />
Sipplingen verhindert. Anschließend gelangte der<br />
Zulauf über einen zentralen Mittelkanal bis ans hintere<br />
Ende der Kammern.<br />
Mittels Verdrängerströmung und einer<br />
Vorkopfentnahme erfolgte die Umwälzung <strong>des</strong><br />
Behälterinhaltes. Eine große Anzahl Plattenschieber<br />
gewährleistete flexible Beschickungs- und<br />
Entnahmemöglichkeiten bei Teilbetriebszuständen<br />
während der turnusmäßigen Reinigungs- und<br />
Instandhaltungsarbeiten.<br />
Voruntersuchungen für Instandsetzungsarbeiten<br />
Im Deckenbereich zeichnete sich stellenweise<br />
die Bewehrung ab.<br />
Mehrere größere Risse, zum Teil über die gesamte<br />
Wandhöhe, durch Lastumlagerungen aus<br />
der Zeit <strong>des</strong> Erweiterungsbaues waren im Laufe<br />
der Zeit unsachgemäß abgedichtet worden. Sie<br />
waren auch aus hygienischer Sicht zu beanstanden.<br />
Es gab undichte Bauwerksfugen zwischen<br />
Wasserkammern und dem Zulaufkanal.<br />
Im Bodenbereich, vor allem um die Stützen,<br />
kam es durch die in früheren Zeiten verwendeten<br />
säurehaltigen Reinigungsmittel zur<br />
Zerstörung der Zementmatrix und damit zu<br />
Auflösungserscheinungen <strong>des</strong> Estrichs.<br />
Mehrere Hohllagen <strong>des</strong> Zementputzes wurden<br />
in allen Bauteilbereichen entdeckt.<br />
Schließlich waren die vielen Armaturen korrodiert<br />
und undicht.<br />
Zur Innenabdichtung wurden alle Kammern bereits<br />
beim Bau mit einem dreilagigen Zementputz versehen.<br />
Die Anforderungen in der Leistungsbeschreibung<br />
zeigen den hohen Qualitätsanspruch der BWV<br />
mit der Vorgabe von hochwertigen Materialien und<br />
den geforderten Arbeitsschritten.<br />
Nachdem bei den regelmäßigen Inspektionen ein<br />
fortschreiten<strong>des</strong> Schädigungsbild am Innenputz<br />
und der hydraulischen Ausrüstung festgestellt<br />
wurde, erfolgte im Jahr 2002 eine umfassende<br />
Bestandsaufnahme und Schadensuntersuchung.<br />
Im Einzelnen wurde dabei festgestellt:<br />
Die vorhandene Abdichtung und der Putz darunter<br />
wiesen großflächig Absandungen und<br />
Aufweichungen auf. Stellenweise war die<br />
Abdichtung vollständig abgetragen (hydrolytische<br />
Korrosion).<br />
Abb. 4: Korrosion an Kammerarmaturen<br />
4
Pos. Wände<br />
Herstellung der Wände aus Stahlbeton mit Zementputz Aufbau<br />
Wasserdichter Glattstrich, 1,5 cm stark, mit Dyckerhoff-Weiß. Auf die nach<br />
Angabe der Bauleitung weiß zu putzenden Flächen der Stützen und Wände ist der<br />
Putz wie folgt aufzutragen:<br />
1. Arbeitsgang:<br />
Anwerfen mit 500 kg PZ/m³ Fertigmörtel unter Verwendung von Sand mit 0-3 mm<br />
Korngröße, Schichtstärke 3 mm.<br />
2. Arbeitsgang:<br />
Grundieren mit 650 kg Dyckerhoff-Weiß-Zement pro m³ Fertigmörtel unter Verwendung<br />
von Quarzsand von 0-2 mm Korngröße. Schichtdicke 9 mm.<br />
3. Arbeitsgang:<br />
Glätten mit 1.500 kg Dyckerhoff-Weiß-Zement pro m³ Fertigmörtel unter<br />
Verwendung von Sipur von 0,2 - 0,5 mm Korngröße. Schichtdicke 3 mm.<br />
Die Zuschlagstoffe sind wie folgt zu beziehen:<br />
a) Kristallquarzsand, gewaschen, 0 bis 2 mm Korngröße von:<br />
Gebr. Dorfner oHG,. Kaolin- und Kristallquarz-Sandwerk, Hirschau/Opf.<br />
b) Sipur-Quarzsand, gewaschen und getrocknet, 0 - 0,5 mm Korngröße von:<br />
Bremtaler Quarzitwerke GmbH., Usingen/Taunus.<br />
Die Dyckerhoff-Weiß-Zement-Putzarbeiten sind mit größter Sorgfalt auszuführen,<br />
so dass Verunreinigungen und Verfärbungen ausgeschlossen sind. Für die Arbeiten<br />
müssen Kunststoffkellen verwendet werden. Der Dyckerhoff-Weiß-Mörtel<br />
darf mit keinerlei Eisenteilen in Berührung kommen.<br />
Bei der Lagerung der Zuschlagstoffe und <strong>des</strong> Zements (auf Dielen!) ist auf<br />
äußerste Sauberkeit zu achten.<br />
Pos. Decke<br />
Herstellung der Stahlbetondecke mit Zementputz<br />
Zementputz der Decken 1,5 cm stark, 450 PZ/m³ Fertigmörtel, in 2 Arbeitsgängen<br />
tadellos eben gescheibt, Ecken und Kanten nach Kehlen ausgerundet. Flächen und<br />
Termin nach Angabe der Bauleitung.<br />
Auf dem Großteil der Unterseite der Behälterdecke einschl. der Pilze unter sauberer<br />
Herausarbeitung von deren Kanten.<br />
Pos. Boden<br />
Herstellung der Bodenplatte mit Glattstrich<br />
Wasserdichter Glattstrich aus scharfem, reinem Sand mit 600 kg PZ/m³ Fertigmörtel,<br />
4 cm stark mit Baustahlgewebe N 141 (verrechnet nach Pos. 41 r) auf der Sohle<br />
<strong>des</strong> Behälters und der Sümpfe, einschl. der Anschlüsse mit Kehlen 10 cm<br />
an Wänden und Pfeilern, sowie Abrundung von Kanten und Ecken aller Art.<br />
Abb. 5: Auszug aus dem<br />
Ausschreibungstext von<br />
1960<br />
Dennoch zeigten sich jetzt, nach vielen Betriebsjahren,<br />
starke Hydrolyseerscheinungen am Wandputz und<br />
am Glattstrich <strong>des</strong> Kammerbodens. Zu erkennen<br />
waren eine starke Verfärbung der Oberflächen von<br />
braun bis zu gelb-beige und Aufweichungen bis in<br />
eine Tiefe von 3-5 mm. Die angetroffenen Putzarten<br />
waren entgegen der Leistungsbeschreibung sehr<br />
unterschiedlich in Farbe (weiß, grau, schwarz) und<br />
Auftragsstärke (mehrlagig aber stellenweise auch<br />
nur eine Lage). Ebenso heterogen waren die Festigkeitseigenschaften.<br />
5
<strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Wissensdurst · August 2007<br />
eine zusammenfassende Bauzustandsanalyse<br />
durchgeführt. Auf dieser Grundlage konnte ein<br />
Instandsetzungsplan für die <strong>Sanierung</strong>smaßnahme<br />
aufgestellt werden.<br />
Abb. 6: Auflösung der<br />
Glattstrichbeschichtung<br />
am Boden<br />
Auf Grund dieser zahlreich festgestellten Probleme<br />
wurde 45 Jahren nach dem Bau der Behälteranlage<br />
eine Gesamtsanierung mit dem Ziel einer dauerhaften<br />
Sicherung der Trinkwasserqualität sowie<br />
zum Schutz der statischen Konstruktion mit gleichzeitiger<br />
Erhöhung der Lebensdauer <strong>des</strong> Bauwerkes<br />
beschlossen.<br />
Vor der eigentlichen Ausführungsplanung wurde<br />
anhand der vorgenannten Schädigungsbilder<br />
Um die langfristige Standsicherheit <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> sicherzustellen,<br />
ist es von erheblicher Bedeutung, den<br />
Schutz der Bewehrung gegen Korrosion zu gewährleisten.<br />
Daher wurde die Bewehrungsüberdeckung<br />
großflächig an allen Bauteilen <strong>des</strong> Behälters überprüft,<br />
die Druckfestigkeit und das Elastizitätsmodul<br />
(E-Modul) <strong>des</strong> Beton festgestellt sowie die Tiefe der<br />
Karbonatisierung im Beton ermittelt.<br />
Zur Beurteilung der vorhandenen Beschichtung<br />
wurde das vorhandene Material einschließlich <strong>des</strong><br />
Schichtenaufbaus genauer untersucht. Über eine<br />
optische Beurteilung <strong>des</strong> Bauwerkszustan<strong>des</strong> hinaus<br />
wurde die Oberflächenzug- bzw. Haftzugfestigkeit<br />
ermittelt, um eine Aussage über die Verbindung der<br />
vorhandenen Wand- und Bodenbeschichtung zum<br />
Untergrund treffen zu können (Tabelle1).<br />
Haftzugwerte [N/mm²] Mittelwerte Anzahl Kleinster Wert < 1N/mm²<br />
Wasserkammer 1<br />
Wandputz unten 1,10 44 0,08 18<br />
Wandputz oben 1,78 12 0,46 3<br />
Wand Beton ohne Putz 2,92 4 2,44 0<br />
Stützen 1,78 15 0,92 1<br />
Boden 1,29 21 0,78 6<br />
Decke 1,90 11 0,99 1<br />
Wasserkammer 3<br />
Wandputz unten 0,52 7 0,20 6<br />
Tab. 1: IST-Haftzugwerte<br />
vor der <strong>Sanierung</strong><br />
6<br />
Stützen 0,93 40 0,29 26<br />
Boden 2,05 6 1,02 0<br />
Decke 1,65 19 1,15 0
Mittelwerte WK 1 WK 2 WK 3 WK 4<br />
Karbonatisierungstiefe 1-4 mm 0-2 mm 1-4 mm 1-3 mm<br />
Bewehrungsüberdeckung 45–55 mm 40-50 mm 41-65 mm 40-50 mm<br />
Druckfestigkeit Beton C 30/37 C 30/37 C 30/37 C 30/37<br />
Tab. 2: IST-Zustand<br />
Tragwerksbeton<br />
Das Ergebnis dieser Untersuchungen zeigte, dass<br />
die vorhandene Beschichtung und der darunter liegende<br />
Putz nur in einigen Bereichen einen relativ<br />
schlechten Zustand aufwiesen und entfernt werden<br />
mussten. Die eigentliche Betontragkonstruktion befand<br />
sich insgesamt in einem guten Zustand, wie<br />
die sorgfältige Bauausführung der fünfziger Jahre<br />
vermuten ließ (Tabelle 2).<br />
Für die Innenauskleidung wurde im Instandsetzungskonzept<br />
eine mineralische Beschichtung<br />
vorgesehen. Auf Grund der Voruntersuchungen<br />
konnte überwiegend von einer oberflächennahen<br />
Schädigung der Putzflächen ausgegangen werden,<br />
weshalb nach Herstellung eines tragfähigen<br />
Untergrun<strong>des</strong> ein Dünnschichtmörtel in mehreren<br />
Lagen aufgebracht werden sollte.<br />
Ziel war es, eine Oberfläche zum Schutz <strong>des</strong> Tragwerks<br />
mit entsprechender Wasserundurchlässigkeit sowie<br />
Reinigungsfähigkeit herzustellen.<br />
Selbstverständlich hatte die Durchführung der<br />
Maßnahme mit vertretbarem wirtschaftlichem<br />
Aufwand zu erfolgen.<br />
Studie zur Optimierung der Durchströmung in<br />
Zusammenarbeit mit der Universität Stuttgart<br />
Da der Erneuerungsaufwand von 25 Großarmaturen<br />
(Plattenschieber 0,8 x 1,2 m) und der weiteren<br />
Einrichtungen in den Zulaufkanälen beträchtlich<br />
war, musste das bestehende Einlaufsystem, das nach<br />
dem Prinzip Verdrängungsströmung aufgebaut war,<br />
grundsätzlich neu betrachtet werden.<br />
Ziel war, ein neues Einlaufkonzept zu finden, bei<br />
dem die Behälterdurchströmung und damit die<br />
hygienischen Verhältnisse in den Kammern sich<br />
verbesserten. Außerdem sollten durch sinnvolle<br />
Vereinfachungen die Kosten so weit wie möglich<br />
reduziert werden. Das bisherige Konzept mit ei-<br />
Abb. 7: Druckprüfung<br />
Bohrkerne im Labor<br />
7
<strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Wissensdurst · August 2007<br />
ner Einlaufkammer, in die von der Zulaufleitung<br />
her oberhalb <strong>des</strong> Übereichs eingespeist wird,<br />
musste allerdings beibehalten werden, um einen<br />
Rücklauf der Kammern über die Zulaufleitung<br />
in Richtung Sipplinger Berg zu verhindern. Auch<br />
beim Auslaufsystem war man auf die bestehende<br />
Leitungsführung im Schieberhaus festgelegt.<br />
Die BWV hatte bereits 1974 gute Erfahrungen<br />
bei der Verbesserung der Wasserqualität mit der<br />
Umstellung vom Prinzip der Verdrängungsströmung<br />
auf die Durchmischungsströmung erzielt. Hierbei<br />
erfolgt der Einlauf über einen Tauchstrahl mit<br />
einem bestimmten Neigungswinkel und definiertem<br />
Bodenabstand. Das frisch zulaufende Wasser wird<br />
über den Strahlimpuls gleichmäßig in das vorhandene<br />
Wasser eingemischt, so dass frischeres<br />
und älteres Wasser den Ablauf stets im gleichen<br />
Mischungsverhältnis verlassen.<br />
Abb. 9: Versuchsstand im Institut für Wasserbau der Universität<br />
Stuttgart<br />
Von den acht untersuchten Varianten der Einspeisestelle<br />
und Einlaufart war wie erwartet das<br />
Konzept der Impulsströmung die beste Lösung. Die<br />
Variante die in Gegenrichtung zum Auslauf diagonal<br />
in die Mitte der Kammern 3 und 4 einspeist, erzielte<br />
Abb. 8: Prinzipdarstellung<br />
Wasserkammerdurchströmung<br />
Mit dem Institut für Wasserbau der Universität<br />
Stuttgart (IWS) konnte seit 1976 in enger<br />
Zusammenarbeit für mehrere BWV-Behälter (u. a.<br />
Kammer 5 und 6 <strong>des</strong> HB Rohr) eine Optimierung der<br />
Einlaufsysteme untersucht und festgelegt werden.<br />
Für die aktuelle Planung im HB <strong>Liptingen</strong> konnte wegen<br />
der Vielzahl von Säulen in den Kammern keine<br />
verlässliche Übertragung der alten Ergebnisse mittels<br />
der Modellgesetze vorgenommen werden. Das IWS<br />
wurde daher von der <strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
beauftragt, für die unterschiedlichen Betriebsfälle<br />
im HB <strong>Liptingen</strong> eine neue modelltechnische<br />
Untersuchung durchzuführen.<br />
das in jeder Hinsicht beste Ergebnis (Abb. 9). Die<br />
Verweilzeit in den Kammern 3 und 4 konnte mit dieser<br />
Durchmischungsströmung gegenüber der alten<br />
Verdrängungsströmung um den Faktor 10 verkürzt<br />
werden.<br />
Die Lösung bot außerdem die gesuchte Vereinfachung<br />
im Einlaufsystem. Die Investitionskosten konnten<br />
mit dieser Lösung deutlich gesenkt werden.<br />
Auch für den zukünftigen Betrieb (Reinigung)<br />
und Unterhalt der Anlage stellt diese Lösung eine<br />
Vereinfachung und Kostenersparnis dar.<br />
8
Abb. 10:<br />
Prinzipdarstellung Neue<br />
Kammerbeschickung<br />
und –entnahme<br />
Ausschreibung und Vergabe<br />
Im Vorfeld der Betoninstandsetzung wurde ein<br />
Teilnahmewettbewerb nach VOB durchgeführt.<br />
Anhand von verschiedenen Auswahlkriterien<br />
(Leistungsfähigkeit, Fachkompetenz und Qualifikation<br />
<strong>des</strong> Personals) erfolgte die Bieterauswahl im<br />
Vorfeld der Ausschreibung. Aus dem Teilnehmerkreis<br />
konnten sieben Firmen zur Abgabe eines Angebotes<br />
aufgefordert werden. Der günstigste Bieter erhielt<br />
auf der Basis <strong>des</strong> Hauptangebotes in Höhe von 1,8<br />
Mio. Euro den Auftrag für die Betonsanierungs- und<br />
Beschichtungsarbeiten.<br />
Die Auftragsvergabe erfolgte unter Berücksichtigung<br />
der Trinkwasserverordnung, den einschlägigen<br />
DVGW-Arbeitsblättern (W 300, W 316, W 347), der<br />
Instandsetzungsrichtlinie ZTV-SIB (heute ZTV ING)<br />
und den verschiedenen DIN-Normen. Dass die beauftragte<br />
Firma noch zu Beginn der Baumaßnahme<br />
als eine der ersten Fachfirmen die Zertifizierung<br />
nach DVGW W 316 erwerben konnte, bestätigte uns<br />
in diesem Vorgehen.<br />
Instandsetzungsplan<br />
Die betriebliche Vorgabe, dass während der gesamten<br />
Bauzeit jeweils zwei Behälterkammern<br />
in Betrieb gehalten werden mussten, um die<br />
Versorgungssicherheit zu gewährleisten, stellte vor<br />
allem mit der zusätzlichen Außerbetriebnahme <strong>des</strong><br />
Zulaufkanals eine Herausforderung dar. So ergaben<br />
sich fünf unterschiedliche Bauabschnitte mit<br />
jeweils wechselnden Betriebszuständen für den<br />
Hochbehälter. Hierfür musste von der Schaltwarte<br />
auf dem Sipplinger Berg der maximale Zulauf in<br />
den Behälter an die jeweilige Bauphase angepasst<br />
werden.<br />
Nach der Außerbetriebnahme der kleinen Kammer 2<br />
wurde ein provisorisches Zulaufsystem installiert.<br />
Vor Beginn der Bauarbeiten waren ausreichend<br />
robuste Abschottungen zwischen den<br />
einzelnen Baubereichen unter Beachtung der<br />
Trinkwasserhygiene einzubauen. Notwendige Zuund<br />
Abluftführungen für die am Netz befindlichen<br />
Kammerteile sowie für die Baustellenbewetterung<br />
mussten hergestellt werden.<br />
Bauablauf der Beschichtungs- und Betoninstandsetzung<br />
Nach dem Auf- bzw. Umbau der Staubwand und<br />
der Leerung der jeweiligen Wasserkammer erfolgte<br />
zunächst eine weitere Begutachtung der<br />
vorhandenen Beschichtung und der darunter liegenden<br />
Mörtelschichten. In den Wasserkammern<br />
1, 3 und 4 war es notwendig, große Bereiche <strong>des</strong><br />
Putzes zu entfernen. Hier gab es Absandungen und<br />
größere Hohlstellen, sodass bei Belassen <strong>des</strong> alten<br />
Putzes der Untergrund die Min<strong>des</strong>tanforderung<br />
an Oberflächenzugfestigkeit für die Beschichtung<br />
nicht erfüllt hätte.<br />
9
<strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Wissensdurst · August 2007<br />
Für den Auftrag einer neuen Beschichtung war<br />
es erforderlich, eine raue und griffige Oberfläche<br />
herzustellen und die letzten losen und mürben<br />
Bestandteile zu entfernen.<br />
Der Putzabtrag erfolgte dann durch Höchstdruckwasserstrahlen<br />
(HDW) mit 2.000 bar bzw. in der<br />
Wasserkammer 4 durch Abstemmen. Gleichzeitig<br />
wurden Kiesnester im Beton sowie hohl liegende<br />
bzw. aufgelöste Bereiche <strong>des</strong> Estrichs mit abgetragen.<br />
Insgesamt mussten ca. 200 to schadhafter<br />
Putz, Estrich sowie Beton abgetragen und<br />
aus dem Behälter transportiert werden. In diesem<br />
Zusammenhang wurden für die neuen Armaturen<br />
Öffnungen von bis zu 2 auf 2 Meter mittels Höchstdruckwasserstrahlen<br />
(Schneiden mit Wasserstrahl<br />
von 2000 bar) hergestellt.<br />
Anschließend erfolgte die Begutachtung der gestrahlten<br />
Flächen und die eigentliche <strong>Sanierung</strong><br />
der Betonkonstruktion. Die undichten Bereiche<br />
wurden durch Verpressarbeiten abgedichtet bzw.<br />
an besonders kritischen Stellen mit einer neuen<br />
Außenabdichtung versehen. Ferner wurden die korrodierten<br />
Bewehrungsstähle freigelegt, gestrahlt<br />
und mit einem Korrosionsschutz auf Zementbasis<br />
versehen. Teilweise wurden auch einzelne, nicht<br />
mehr tragfähige Bewehrungseisen herausgeschnitten<br />
und neue in die Betonkonstruktion eingebettet.<br />
Parallel zu diesen Arbeiten erfolgten die Abbruchund<br />
Stahlbetonarbeiten, die Armatureninstallation<br />
sowie die erforderlichen Bewehrungs- und<br />
Betonierarbeiten. Auf die gleiche Weise erfolgte dann<br />
die Herstellung <strong>des</strong> neuen Zulaufes, nur dass hier auf<br />
Grund der zu erwartenden Beanspruchungen eine bis<br />
zu vier Meter hohe Wandverstärkung (Vorsatzschale)<br />
hergestellt werden musste.<br />
Bauablauf Erneuerung hydraulische Ausrüstung<br />
Aufgrund der beschriebenen Umstellung <strong>des</strong> neuen<br />
Einlaufsystems von der Verdrängungs- zur Durchmischungsströmung<br />
konnte die Anzahl der notwendigen<br />
Armaturen deutlich reduziert werden. Insgesamt wären<br />
25 Großarmaturen (Plattenschieber 0,8 x 1,2 m)<br />
und zwei Drucktüren zur Erneuerung angestanden.<br />
Abb. 10: Neuer Wanddurchbruch für Verbindungsarmatur<br />
Durch das neue Konzept konnten diese Armaturen<br />
durch zwei Tauchrohre mit Einlaufarmaturen und<br />
weitere sechs Verbindungsarmaturen zwischen den<br />
Kammern ersetzt werden. Außerdem mussten zwei<br />
Auslaufarmaturen und Leerungsarmaturen ersetzt<br />
werden.<br />
Die grundsätzliche Forderung der Zulassung für<br />
Trinkwasser musste selbstverständlich erfüllt sein<br />
und der sehr schwierigen Einbausituation musste<br />
Rechnung getragen werden. Zur Auswahl kamen bei<br />
den Großarmaturen 8 Stück DN 1200 Absperrklappen<br />
der Kurzbaulänge als Verbindungsarmaturen<br />
zwischen den größeren Kammern 3 und 4 und den<br />
kleineren Kammern 1 und 2. Zusätzlich wurden 2<br />
Stück DN 800 Absperrklappen für den Auslauf benötigt.<br />
Mit diesen konnte die Forderung der Strömungsoptimierung<br />
kostengünstig erfüllt werden.<br />
Allein mit der Reduzierung der Armaturenzahl wurden<br />
ca. 160.000 Euro eingespart. Auch die Auswahl<br />
der Armaturentypen trug zur Kostenreduzierung bei.<br />
Bei der Ausführung der Montagearbeiten war eine<br />
enge Anpassung an das Baugeschehen mit einer<br />
hohen zeitlichen Flexibilität der Arbeitskräfte erforderlich.<br />
Nur so konnten die gesamten Arbeiten<br />
schnellstmöglich abgewickelt werden. Eine weitere<br />
Herausforderung waren die engen Platzverhältnisse<br />
bei den Montagezugängen. Hier musste durch<br />
Sondermaßnahmen und Sonderkonstruktionen<br />
den schlechten Zugangsverhältnissen Rechnung<br />
10
getragen werden. So wurden beispielsweise die<br />
Auslauftulpen der Nennweite DN 1200, die zum<br />
optimalen Auslauf strömungsgünstig gestaltet<br />
sind und große Abmessungen aufweisen, als geteilte<br />
Konstruktion eingebracht. Zusätzlich musste<br />
die Brüstung zum Herunterheben der Teile<br />
an den Einhebestellen ausgespart werden. Diese<br />
Öffnungen wurden durch zweiflügelige Drucktüren<br />
verschlossen, um sie für spätere Maßnahmen als<br />
Montageöffnungen zu erhalten.<br />
Auch für den provisorischen Einlauf der Nennweite<br />
DN 1200 war es bei den sehr engen Verhältnissen<br />
erforderlich, sozusagen in „Millimeterarbeit“<br />
schwerste Formteile einzuheben, vor Ort anzupassen<br />
und zu montieren.<br />
(Orangenhaut), gespritzt wurde. Zum Abschluss erfolgte<br />
eine Verkieselung der neuen Oberfläche.<br />
Abb. 12: Neu einbetonierter<br />
Wanddurchgang<br />
für Entnahmeleitung<br />
Auf den Bodenflächen wurde das Material zunächst<br />
im Estrichbauverfahren eingebracht und händisch<br />
geglättet. Der Auftrag der obersten Lagen erfolgte<br />
dann durch ein modifiziertes Spritzverfahren.<br />
Abb. 11: Anlieferung der Auslauftulpe in geteilter Form<br />
Die Auslauftulpen, die insgesamt acht<br />
Wanddurchgänge und die sonstigen Formstücke<br />
und Teile wurden aus austenitischem Edelstahl gefertigt.<br />
Nur die alte Einlauftulpe in der separaten<br />
Einlaufkammer konnte, nachdem das Provisorium<br />
wieder zurückgebaut war, weiter verwendet werden.<br />
Die eigentlichen Beschichtungsarbeiten kamen erst<br />
nach Abschluss all dieser vorgenannten Maßnahmen<br />
zur Ausführung (Abb. 13). Verwendet wurden hierfür<br />
Materialien der Firma Vandex.<br />
Der Beschichtungsaufbau erfolgte mehrlagig.<br />
Nach erfolgtem Rautiefenausgleich, der zwischen<br />
2 und 10 mm lag, wurde eine bis zu 10 mm starke<br />
Mörtelschicht (die bereits die Anforderungen<br />
für Trinkwasser erfüllt) aufgetragen. Als<br />
Endbeschichtung wurde Cemline Top Grau in zwei<br />
Lagen aufgetragen, wobei die erste Lage geglättet<br />
und die zweite Lage in Hammerschlagstruktur<br />
Bei den Deckenflächen folgten nach dem<br />
Korrosionsschutz der Bewehrung eine Ausgleichsspachtelung<br />
und eine zweilagige Endbeschichtung<br />
mit insgesamt 4 mm sowie eine Verkieselung als<br />
Schlussauftrag.<br />
Abb. 13: Beschichtungsaufbau<br />
– Schnitt Wasserkammer<br />
11
<strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Wissensdurst · August 2007<br />
Zu den Arbeiten in den Kammern,<br />
Kanälen und Bediengängen<br />
zählte auch die Montage einer<br />
neuen, insgesamt 240 m langen<br />
2 Zoll Hauswasserleitung zur<br />
Kammerreinigung, die Montage<br />
von Einstiegen, Po<strong>des</strong>ten, Handläufen<br />
und Geländern. Dabei<br />
musste die Bediensicherheit für<br />
das Personal den heute gültigen<br />
Unfallverhütungsvorschriften<br />
angepasst werden.<br />
Abb. 14: Wandbeschichtung<br />
mittels Nassspritzverfahren<br />
Sonstige Erneuerungsarbeiten<br />
An der <strong>Sanierung</strong> <strong>des</strong> HB <strong>Liptingen</strong> waren 20 Firmen<br />
mit insgesamt 15 Gewerken tätig. Immer wieder<br />
mussten ablaufbedingt mehrere Hauptgewerke<br />
gleichzeitig auf der Baustelle tätig werden, was auf<br />
Grund relativ enger Zugangsmöglichkeiten nicht<br />
immer einfach war. Die gesamte Maßnahme war<br />
nach einer Bauzeit von zweieinhalb Jahren abgeschlossen,<br />
die eigentliche Kammersanierung hatte<br />
eine Bauzeit von zwei Jahren.<br />
Im Bediengang und im Übereichkanal wurde die<br />
gesamte elektrotechnische Ausrüstung komplett erneuert<br />
und in den repräsentativen Bereichen unter<br />
Putz verlegt. Zur Bündelung von ohnehin notwendigen<br />
Erneuerungsmaßnahmen erfolgte im Rahmen<br />
<strong>des</strong> Gesamtprojektes der Austausch der Niederspannungsschaltanlage.<br />
Im Einstiegshaus <strong>des</strong> Hochbehälters<br />
wurden außerdem die<br />
Entleerleitungen der hinteren<br />
Kammern 3 und 4 optimiert und<br />
eine neue RBS im Umgang <strong>des</strong><br />
Rücklaufes Richtung Sipplingen<br />
eingebaut. Komplettiert wurde<br />
die <strong>Sanierung</strong> der hydraulischen<br />
Komponenten mit der<br />
Zementmörtelauskleidung für<br />
die außerhalb <strong>des</strong> Behälters<br />
angeordneten Entnahme- und<br />
Entleerleitungen.<br />
Nach Abschluss vorgenannter<br />
Arbeiten in den Wasserkammern erfolgte die<br />
Renovierung der durch die Baumaßnahme beanspruchten<br />
Gebäudebereiche. Es wurden beschädigte<br />
Fliesen und Platten ausgetauscht. Vor allem<br />
der durch den Putzabtrag zerstörte Brüstungskopf<br />
<strong>des</strong> Bedienganges musste erneuert werden. Zudem<br />
wurden die Innenflächen der Rohrkeller mit einem<br />
Renovierungsanstrich versehen und stellenweise der<br />
Korrosionsschutz der Rohrleitungen ausgebessert.<br />
Im Außenbereich wurde das gesamte Gelände mit<br />
einer neuen Zaunanlage gesichert. Weiterhin erfolgte<br />
ein Neuaufbau <strong>des</strong> Hofbelages, der durch<br />
beträchtliche alterungsbedingte Setzungen beschädigt<br />
war.<br />
12
Abb. 15: Einbau der<br />
Bodenbeschichtung<br />
Abb. 16: Fertiger Bediengang im Hochbehälter <strong>Liptingen</strong><br />
Qualitätskontrolle der Beschichtungsarbeiten<br />
Bei allen im Kammerbereich zum Einsatz kommenden<br />
Materialien musste deren Eignung und<br />
Zulassung für den Einsatz im Trinkwasserbereich<br />
vom Hersteller nachgewiesen werden. Von jeder<br />
Charge <strong>des</strong> auf der Baustelle <strong>Liptingen</strong> zum Einsatz<br />
kommenden Beschichtungsmaterials wurden zudem<br />
Rückstellproben genommen.<br />
Nach Abschluss der Beschichtungsarbeiten erfolgten<br />
wiederum kammerweise verschiedene<br />
Untersuchungen an der fertigen Beschichtung.<br />
Auf diese Weise soll die Qualität der ausgeführten<br />
Arbeiten sichergestellt werden. Es wurden Bohrkerne<br />
entnommen, zum einen zur stichprobenartigen<br />
Überprüfung der aufgebrachten Schichtstärken,<br />
zum anderen für weitere Untersuchungen im Labor.<br />
An der fertigen Beschichtung wurden vor Ort erneut<br />
die Haftzug- und Druckfestigkeit sowie die<br />
Karbonatisierung ermittelt.<br />
An der Materialforschungs- und Prüfanstalt Weimar<br />
wurden an den entnommenen Bohrkernen<br />
Abb. 17: Probenahme<br />
nach der <strong>Sanierung</strong> zur<br />
Qualitätssicherung<br />
13
<strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Wissensdurst · August 2007<br />
Vergleich<br />
in Wasserkammer<br />
1 Offene Porosität Gesamtporosität<br />
nach DIN EN 993-1<br />
nach DVGW W300<br />
nach nach nach nach<br />
Fertigstellung einem Jahr Fertigstellung Fertigstellung<br />
Tab. 3: Porositäten nach<br />
Fertigstellung und einjährigem<br />
Betrieb<br />
Wand 1 11,8 % 6,3 % 14,00 % 7,50 %<br />
Wand 2 10,9 % 7,4 % 15,60 % 9,06 %<br />
Wand 3 10,1 % 7,5 % 12,90 % 8,44 %<br />
Boden 10,2 % 9,8 % 15,50 % 10,62 %<br />
Abb. 18: Auszug aus dem<br />
Terminablaufplan<br />
sowie an den hergestellten Rückstellproben <strong>des</strong><br />
Beschichtungsmaterials weitere Untersuchungen<br />
durchgeführt. So wurden unter anderem die statischen<br />
und dynamischen E-Module und die Druckund<br />
Biegezugfestigkeiten ermittelt. Weiterhin ist<br />
die Alkalität und elektrische Leitfähigkeit <strong>des</strong> aufgebrachten<br />
Materials bestimmt sowie wiederum<br />
die Porosität mit den beiden o.g. Verfahren ermittelt<br />
worden.<br />
In der Wasserkammer 1 wurde nach einjähriger Betriebszeit<br />
erneut ein ähnliches Untersuchungsprogramm<br />
durchgeführt. Zum einen um für die<br />
Endabnahme der Leistungen eine Aussage treffen<br />
zu können, zum anderen auch um die Veränderung<br />
der untersuchten Parameter nach einer gewissen<br />
Betriebsdauer feststellen und so eine Aussage über<br />
die Langzeitbeständigkeit der neuen Beschichtung<br />
treffen zu können.<br />
Nach DVGW W 300 werden im Rahmen von<br />
Erstprüfungen <strong>des</strong> Materialherstellers Werte von<br />
12 ± 3 Vol.-% für die Gesamtporosität gefordert.<br />
Kurz nach der Fertigstellung der Beschichtung im<br />
HB <strong>Liptingen</strong> liegen diese Porositätswerte, trotz<br />
Baustellenbedingungen, nur leicht über diesen<br />
Werten. Nach einjähriger Betriebszeit konnte bei<br />
einer weiteren Qualitätsüberprüfung festgestellt<br />
werden, dass die ermittelten Werte zum Teil sogar<br />
deutlich besser als die geforderten Werte sind. Dies<br />
erklärt sich mit der nachträglichen hydraulischen<br />
Reaktion der Zementbestandteile im Spritzmörtel.<br />
14
Auch wenn die Porosität bzw. Dichtigkeit nicht<br />
das einzige Maß für die Dauerhaftigkeit einer<br />
Beschichtung darstellt, so kann man doch davon<br />
ausgehen, dass die neue Beschichtung im HB<br />
<strong>Liptingen</strong> einen ausreichenden Widerstand gegen<br />
die hydrolythische Korrosion <strong>des</strong> Zementsteines<br />
darstellen wird.<br />
Fazit<br />
Alle Anforderungen an Oberflächengüte, Porosität<br />
und Festigkeit konnten nachgewiesen werden. Auch<br />
die bisherigen betrieblichen Erfahrungen sind positiv.<br />
Bis zum Ablauf der Gewährleistung werden<br />
weitere Untersuchungen zur Beständigkeit der ausgeführten<br />
Beschichtung folgen. Nicht zuletzt von<br />
diesen Ergebnissen und den jeweiligen objektspezifischen<br />
Anforderungen wird es abhängen, inwieweit<br />
das hier verwendete System auch bei weiteren<br />
notwendigen Behältersanierungen zur Anwendung<br />
kommen wird.<br />
Abb. 19: Wasserkammer 3 mit neuer Innenbeschichtung bei Inbetriebnahme<br />
Maßnahme im Überblick/Statistik der Maßnahme<br />
Baubeginn Mai 2004 - Fertigstellung April 2006<br />
15 verschiedene Gewerke waren im Zuge der<br />
Baumaßnahme tätig.<br />
3,9 Mio. Euro Umbau- und Erneuerungskosten<br />
davon ca.<br />
1,8 Mio. Euro Betonsanierung und Beschichtung<br />
0,6 Mio. Euro Formstücke und Armaturen<br />
0,2 Mio. Euro Beton- und Stahlbetonbau<br />
0,2 Mio. Euro Abbrucharbeiten<br />
0,2 Mio. Euro Elektroarbeiten<br />
0,2 Mio. Euro Schlosserarbeiten<br />
0,7 Mio. Euro sonstige Gewerke.<br />
Umbau <strong>des</strong> Zulaufsystems zur Optimierung der<br />
Durchströmung in Zusammenarbeit mit der Universität<br />
Stuttgart. Qualitätssicherungsprüfungen<br />
an der Betonbeschichtung in Zusammenarbeit mit<br />
der MFPA Weimar.<br />
Dauer der Kammersanierung 1,5 Jahre,<br />
Gesamtbauzeit ca. 2,5 Jahre.<br />
Insgesamt ca. 35.000 m² zu beschichtende Fläche mit<br />
ca. 50 - 55 Euro/m² Kosten für die Beschichtungsarbeiten<br />
davon:<br />
Boden 10.000 m²<br />
Wände 6.200 m²<br />
Decken 9.000 m²<br />
Stützen/Treppen 8.900 m² (368 Stützen)<br />
Zulaufkanal 900 m².<br />
ca. 700 to Beschichtungsmaterial wurden verarbeitet<br />
ca. 200 to schadhafter Putz und Beton wurde abgetragen<br />
ca. 700 m alte Bewehrung wurden saniert.<br />
Scheitelbehälter <strong>Liptingen</strong>; Ü = 753,50 ü NN:<br />
Erste Inbetriebnahme 1958 mit 20.000 m³.<br />
Anfang der 60er Jahre Erweiterung auf 50.000 m³.<br />
1964 Bau <strong>des</strong> DPW zur Durchsatzerhöhung, zusammen<br />
mit anderen DPWs sind an der 1. HL bis zu<br />
3.000 l/s weiterförderbar.<br />
Nach Bau der 2. HL dient Drucksteigerung nur noch zur<br />
Spitzenabdeckung bei besonderen Betriebsfällen.<br />
Maximaler Zulauf vom Sipplinger Berg ca. 3.300 l/s.<br />
Autoren dieses Artikels:<br />
Dipl.-Ing. Gunnar Scholz<br />
<strong>Zweckverband</strong> <strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Telefon: 0711 - 97 32 251<br />
Email: gunnar.scholz@zvbwv.de<br />
Edgar Schwinge<br />
<strong>Zweckverband</strong> <strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Telefon: 0711 - 97 32 290<br />
Email: edgar.schwinge@zvbwv.de<br />
Dipl.-Ing. Burkhard Wolf<br />
<strong>Zweckverband</strong> <strong>Bodensee</strong>-Wasserversorgung<br />
Telefon: 0711 - 97 32 295<br />
Email: burkhard.wolf@zvbwv.de<br />
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