Schwule Lesben & Freunde - schwulesbisches Zentrum Würzburg
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Keine Verwendung von „schwulem Blut“?<br />
Zeit für eine Änderung!<br />
Blut ist knapp in Deutschland. Etwa 3 %<br />
der deutschen Bevölkerung spenden,<br />
benötigt werden aber 4 - 5 %. Dennoch<br />
werden bestimmte Personengruppen<br />
von der Möglichkeit der Blutspende ausgeschlossen,<br />
da sie einer so genannten<br />
„Risikogruppe“ angehören. Zu den<br />
Risikogruppen zählen homo- und<br />
bisexuelle Männer, Prostituierte, Drogenabhängige,<br />
Häftlinge und Personen mit<br />
häufig wechselnden Geschlechtspartner_innen.<br />
Für den Ausschluss ist weder das Rote<br />
Kreuz, noch der Blutspendedienst verantwortlich.<br />
Es handelt sich hierbei um<br />
ein Gesetz für dessen Gestaltung die<br />
Bundesärztekammer und das Paul-<br />
Ehrlich-Institut zuständig sind.<br />
Hintergrund dieser Maßnahme ist die<br />
Verbreitung des HI-Virus zu Beginn<br />
der 1980er Jahre über kontaminierte<br />
Blutprodukte. Erst durch die Einführung<br />
wirksamer Gegenmaßnahmen, wie dem<br />
Test auf das HI-Virus und dem Ausschluss<br />
der „Risikogruppen“ hat die Bedrohung<br />
einer Ansteckung durch Bluttransfusion<br />
erheblich nachgelassen.<br />
Blutkonserven und der HI-Virus<br />
Am 5. Juni 1981 werden die ersten Fälle<br />
von AIDS bei 5 jungen, homosexuellen<br />
Männern bekannt.<br />
Ein Jahr später, am 16. Juli 1982 wird der<br />
Ausbruch der Immunschwächekrankheit<br />
bei 3 Hämophilen (Blutern) publik. Im<br />
März des darauffolgenden Jahres<br />
wird bekannt, dass diese Infektion auf<br />
kontaminierte Blutprodukte zurückzuführen<br />
ist.<br />
Am 20. Mai 1983 gelingt es den Franzosen<br />
Montagnier und Barré-Sinoussi<br />
das HI-Virus zu isolieren und somit<br />
den Auslöser zu identifizieren und die<br />
Verbreitung von HIV zu verstehen.<br />
Einen Monat später wird in Frankreich<br />
das Blutspenden durch Angehörige<br />
der Risikogruppen untersagt. Dennoch<br />
werden erst im Juli 1985 die HIV-Tests<br />
bei Blutspenden verpflichtend in<br />
Deutschland und Frankreich.<br />
Wie läuft die Blutspende ab?<br />
Alle Spendenwilligen füllen vor der Abgabe<br />
einen Fragebogen aus, in dem sich<br />
die Risikogruppen oder Geschlechtspartner_innen<br />
der Risikogruppen selbst<br />
ausschließen. Vertraut wird hier auf<br />
die Ehrlichkeit der Spender_innen. Das<br />
gespendete Blut wird vor der weiteren<br />
Verwendung auf HIV, Hepatitis B und C<br />
und Syphilis getestet. Da allerdings diese<br />
Viren nicht sofort nach einer Infektion<br />
nachgewiesen werden können, werden<br />
besonders gefährdete Personen<br />
ausgeschlossen, um so das Risiko zu<br />
minimieren.<br />
Aktuelle Situation in Deutschland<br />
Den Blutsammeldiensten ist durchaus<br />
bewusst, dass Einzelpersonen durch diesen<br />
generellen Ausschluss einer gesamten<br />
Gruppe Unrecht getan wird.<br />
Dennoch steht für sie der Schutz der<br />
Patient_innen im Vordergrund. Laut<br />
einer aktuellen Statistik (Stand Ende<br />
2009) des Robert-Koch-Instituts tragen<br />
in Deutschland 67.000 Menschen das HI-<br />
Virus im Blut, 41.400 (62 %) von ihnen<br />
sind Männer, die Sex mit Männern<br />
haben.<br />
Die Wahrscheinlichkeit, sich heutzutage<br />
in Deutschland über eine Blutkonserve<br />
mit HIV zu infizieren wird auf 1:1.000.000<br />
geschätzt. Wichtig für dieses Ergebnis<br />
war, die Krankheitsursache und deren<br />
Infektionswege zu verstehen. Worauf<br />
also stützt sich die Beschränkung heute<br />
– in einer Zeit der Aufklärung über die<br />
Verbreitung von HIV und der Praktizierung<br />
von Safer Sex – noch? Andere Länder<br />
wie Italien und Spanien machen es<br />
vor, sie lassen schwule und bisexuelle<br />
Männer, die einen verantwortungsvollen<br />
Umgang mit ihrer Gesundheit betreiben,<br />
zur Blutspende zu. Die Folgen sind eine<br />
Zunahme des Blutbestands und nicht<br />
wie befürchtet ein Anstieg von virenbelasteten<br />
Konserven. Diese Möglichkeit<br />
des selbstverantwortlichen Handelns<br />
und der Einschätzung des eigenen<br />
Risikos gesteht man schwulen und<br />
bisexuellen Männern hierzulande nicht<br />
zu. Ist ein grundsätzlicher Ausschluss<br />
der Gruppe der homo- und bisexuellen<br />
Männer von der Blutspende in<br />
Anbetracht der verbesserten, weiterentwickelten<br />
Testmöglichkeiten noch<br />
sinnvoll oder in der Ecke der Diskriminierung<br />
einer ganzen Menschengruppe<br />
zu sehen? Wie werden gesunde<br />
<strong>Schwule</strong>, die in einer monogamen<br />
Beziehung leben, behandelt? Die<br />
Bundesärztekammer sollte diese<br />
mittlerweile veraltete Regelung, die<br />
früher sicher einmal Berechtigung<br />
hatte, aber inzwischen überholt ist,<br />
neu überdenken und somit einen<br />
kleinen Schritt in Richtung Gleichberechtigung<br />
nehmen. (Mat)<br />
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