Schwule Lesben & Freunde - schwulesbisches Zentrum Würzburg
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Andreas<br />
Was sind Stolpersteine?<br />
Die Stolpersteine sind ein europaweites<br />
Projekt des Künstlers Gunter Demnig.<br />
Er verlegt im Straßenpflaster vor<br />
den ehemaligen Wohnhäusern von<br />
Opfern des Nationalsozialismus<br />
kleine Gedenksteine. Auf ihnen sind<br />
Messingplatten mit Namen, Geburtstag,<br />
dem Todestag und –ort angebracht.<br />
Hat nicht das WuF-<strong>Zentrum</strong> selbst auch<br />
einen Stein verlegen lassen?<br />
Ja, und zwar in der Wolframstraße für<br />
Dr. Leopold Obermayer. Von ihm sind<br />
zahlreiche Briefe und Berichte erhalten,<br />
auch noch aus seiner KZ-Haft. Sie belegen<br />
eindrucksvoll sein unerschrockenes<br />
schwules Selbstbewusstsein –<br />
selbst unter Lebensgefahr.<br />
Ein sonniger Frühlingstag mitten<br />
in Würzburg. Ich habe mich mit<br />
Andreas getroffen, um mit ihm über<br />
Geschichte und Geschichten zu<br />
sprechen.<br />
Andreas ist 51 Jahre alt und Lehrer<br />
an einem Gymnasium in Lauda-<br />
Königshofen. In seiner Freizeit<br />
engagiert er sich nicht nur im<br />
WuF-<strong>Zentrum</strong>, sondern auch im<br />
Arbeitskreis Stolpersteine. Dieses<br />
Bündnis hat sich zum Ziel gesetzt,<br />
die Erinnerung an Opfer des<br />
Nationalsozialismus wach zu halten.<br />
Wie kamst du zu dem Arbeitskreis?<br />
Die beiden Initiatoren Benita Stolz<br />
und Helmut Försch haben das Projekt<br />
vor etwa fünf Jahren nach Würzburg<br />
gebracht. Sie nahmen damals Kontakt<br />
zum WuF-<strong>Zentrum</strong> auf, weil sie<br />
unter anderem auch schwule Opfer<br />
berücksichtigen wollten. Ich hatte zwar<br />
zunächst keine Informationen, fand<br />
das Thema aber so spannend, dass ich<br />
mich dem Arbeitskreis Stolpersteine<br />
anschloss und ihm bis heute angehöre.<br />
Konntest du später solche Fälle finden?<br />
Aus den Unterlagen des Staatsarchivs<br />
konnten wir vier zweifelsfreie Fälle ermitteln,<br />
in denen <strong>Schwule</strong> in Würzburg<br />
vom Staat verfolgt und letztlich ermordet<br />
wurden. Für jedes dieser Opfer<br />
wurde inzwischen ein Stolperstein<br />
verlegt. Diese Steine wurden übrigens<br />
von Mitgliedern des WuF-<strong>Zentrum</strong>s<br />
finanziert.<br />
Im WuF-<strong>Zentrum</strong> hingen Bilder über<br />
Obermayer – wie kam es dazu?<br />
Zufällig bin ich bei Internetrecherchen<br />
auf den Künstler Bruce Evens in Kanada<br />
gestoßen, der von Obermayer gelesen<br />
hatte und ein Kunstwerk über ihn geschaffen<br />
hat. Darin wird sein Leben erzählt,<br />
wobei die Buchstaben nach und<br />
nach durch einen Zahlencode ersetzt<br />
werden. Dadurch soll der bürokratische<br />
Prozess symbolisiert werden, in dem der<br />
Mensch seiner Persönlichkeit beraubt,<br />
zur Zahl degradiert und schließlich ausgelöscht<br />
wird. Bruce war begeistert, eine<br />
Nachricht aus Obermayers Heimat zu<br />
erhalten und hat exklusiv für das WuF-<br />
<strong>Zentrum</strong> eine deutsche Version seines<br />
Kunstwerks geschaffen und uns<br />
geschenkt.<br />
Vielen Dank für das Gespräch. Es ist wichtig,<br />
dass wir uns immer wieder erinnern<br />
und dadurch erfahren, dass Freiheit und<br />
Sicherheit von <strong>Lesben</strong> und <strong>Schwule</strong>n<br />
keine Selbstverständlichkeiten sind. (Bj)<br />
Cover 8<br />
9 Andreas