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georges braque - Galerie Jörg Schuhmacher

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GEORGES VANTONGERLOO<br />

ANTWERPEN 1886–1965 PARIS<br />

„Wie die Mathematik das klarste Mittel ist, die Dinge<br />

objek tiv zu verstehen, ist die Kunst der geeignete Weg,<br />

ästhetisch zu fühlen.“ 1<br />

Georges Vantongerloo<br />

Mit Georges Vantongerloo vertreten wir einen der größten<br />

Pioniere der Moderne, welcher als Mitbegründer der<br />

geometrischen Abstraktion und des Konstruktivismus<br />

einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Kunst durch<br />

seine unverwechselbaren Lösungen für das Problem von<br />

Raum und Dimension in der Kunst geliefert hat. Als Mitunterzeichner<br />

des ersten Manifests von De Stijl steht er<br />

in engster Verbindung mit Theo van Doesburg und Piet<br />

Mondrian, vertritt aber in der künstlerischen Konsequenz<br />

und Aussage seines Werkes stets einen individuellen<br />

Standpunkt. Trotz der späteren Distanzierung des Künstlers<br />

von De Stijl war er letztendlich zeit seines Schaffens<br />

den meisten jener Prinzipien treu geblieben.<br />

Während die Aktivitäten und das künstlerische Interesse<br />

Vantongerloos besonders in den 1920 er Jahren vor allem<br />

theoretischer und utopischer Art gewesen waren, erfährt<br />

sein Oeuvre ab 1929 mit der Schaffung bedeutender<br />

Werke einen gewaltigen Umbruch. 2 Diese Veränderung<br />

ist maßgeblich auch seinem Umzug im Jahr 1928 nach<br />

Paris geschuldet, wo Vantongerloo rasch zu einer treibenden<br />

Kraft hinter den aufstrebenden Bewegungen Cercle et<br />

Carré (1930) und Abstraction-Création (1931–1936) wurde. 3<br />

Der rege Austausch in der Kunstmetropole und der enge<br />

Kontakt mit dem Kern der modernen Bewegung in Paris<br />

vermittelten Vantongerloo neue kreative Dimensionen. 4<br />

Unsere Gouache-Komposition ist eine Vorarbeit zu dem<br />

im Guggenheim Museum befindlichen Werk „Composition<br />

dans le cone avec couleur orange“ aus dem Jahr 1929<br />

und stammt auch aus dieser ersten Zeit der Pariser Jahre<br />

Vantongerloos. Es zählt zu den in dieser Zeit von Vantongerloo<br />

begonnenen, kleineren Gouachen, welche er auf<br />

Fotoabzügen unterschiedlicher Abmessung für potenzielle<br />

Gemälde ausführte. Die malerisch überarbeitete Werkfotografie,<br />

ein Medium von größter Bedeutung für den<br />

Künstler, ermöglichte ihm in deckenden Weiß-, Grau- und<br />

Schwarztönen ein ambivalentes Spektrum von Raum und<br />

Struktur und die Erweiterung seiner kreativen Möglichkeit.<br />

Das uns vorliegende Werk zeigt, wie der Künstler in der<br />

Fläche des Werkes den enormen Freiraum begreift, welcher<br />

trotz mathematischer Konzeptionen und Formeln<br />

dennoch einem der Intuition des Künstlers zugrunde liegenden<br />

Schaffensprozess entspringt. Die geometrische<br />

Abstraktion, künstlerische Vorstellung und kreative Umsetzung<br />

Vantongerloos ist trotz der großen Bedeutung,<br />

die der Künstler mathematischer Berechnung zumaß, nie<br />

statisch oder formelhaft, sondern wurde immer als dynamisch<br />

empfunden und in seinem Werk umgesetzt.<br />

“Just as mathematics is the clearest means of understanding<br />

things objectively, so art is the appropriate way to<br />

feel aesthetically.” 1<br />

Georges Vantongerloo<br />

In Georges Vantongerloo we present one of the greatest<br />

pioneers of Modernism, who, as a co-founder of geometric<br />

abstraction and of Constructivism, made an important<br />

contribution to the development of art with his unique solutions<br />

to the problem of space and dimension in art. As a<br />

signatory of the first De Stijl manifesto he had close links<br />

with Theo van Doesburg and Piet Mondrian, but he always<br />

took up an individual position with regard to the artistic logic<br />

of his work and the meaning it conveyed. Although he<br />

later moved away from De Stijl, he remained essentially<br />

true to most of its principles throughout his life.<br />

Whereas Vantongerloo’s activities and artistic interests,<br />

especially in the 1920s, were primarily theoretical and<br />

utopian, a radical change took place from 1925 onwards<br />

with the production of significant works. 2 This change was<br />

also due in large measure to his move, in 1928, to Paris,<br />

where he quickly became a driving force behind the emergent<br />

movements Cercle et Carré (1930) and Abstraction-<br />

Création (1931–1936). 3 The lively exchange of ideas in<br />

the artistic metropolis and close contact with the core of<br />

the Modernist movement in Paris opened up new artistic<br />

horizons for Vantongerloo. 4<br />

Our composition in gouache is a preliminary study for the<br />

work “Composition dans le cône avec couleur orange”.<br />

Created in 1929, it similarly dates from that early period<br />

of Vantongerloo’s residence in Paris. It is one of the relatively<br />

small gouaches that he began to produce at this<br />

time and that he executed on photographic prints of various<br />

sizes as studies for potential paintings. The overpainted<br />

photograph, a medium that was of very great importance<br />

for this artist, enabled him, using tones of opaque<br />

white, grey and black, to create an ambivalent spectrum<br />

of space and structure and to enlarge the scope of his<br />

creativity.<br />

This work shows how, on the work’s flat surface, he apprehends<br />

the immense freedom which, notwithstanding<br />

mathematical concepts and formulae, springs from a<br />

creative process based on the artist’s intuition. Despite<br />

the great importance he attached to mathematical calculation,<br />

Vantongerloo’s geometric abstraction, from artistic<br />

conception to creative realization, was never static or formulaic,<br />

but was always experienced, and implemented in<br />

his work, as something dynamic.<br />

In this work too, one of many bequeathed by the artist to<br />

his close friend Max Bill, Vantongerloo, in his mind’s eye,<br />

breaks the world down into all its component parts and<br />

Auch in der vorliegenden Arbeit, welche aus dem umfangreichen<br />

Nachlass des Künstlers an seinen engen Freund<br />

Max Bill stammt, zerlegt Vantongerloo die Welt vor seinem<br />

geistigen Auge in all ihre Bestandteile und setzte sie<br />

anschließend neu zusammen. Hier nimmt der Raum in seinen<br />

abgegrenzten, geometrischen Formen als grenzenlos Erhabenes<br />

eine vollkommene Gestalt an. So wirkt die Gouache<br />

stark und unnahbar durch diese Balance aus hellen und<br />

dunkleren Farbflächen, welche in ihrer Anordnung und<br />

Strenge eine absolute Kontinuität vermittelt.<br />

In der Art, wie die weißen und grauen Flächen, die rechteckigen<br />

Felder sowie hellen und dunklen Elemente komponiert<br />

sind, vermag Vantongerloo auf eine elegante Weise<br />

und durch eine eigentümliche Tiefe einer potenziellen<br />

Monotonie zuvorzukommen. Dieses Werk zeigt in seinem<br />

tiefen Gleichgewicht von wahrnehmbarer Bewegungskraft<br />

und spannungsvollem Stillstand das Können eines der aufregendsten<br />

Künstler der Moderne, durch dessen Denken<br />

und kreativen Prozess von Einheit und unendlichem Raum<br />

ein einzigartiges Gesamtwerk komponiert wurde.<br />

then reassembles it afresh. Here space, in its strictly finite<br />

geometrical forms, attains a perfect form as something<br />

infinitely sublime. The gouache appears strong and unapproachable<br />

as a result of this balance between light and<br />

darker areas of color, the arrangement and severity of<br />

which convey an absolute continuity.<br />

In his disposition of the white and grey areas, the rectangular<br />

fields and light and dark elements, Vantongerloo<br />

manages, with elegance and a singular sense of depth, to<br />

avoid any possibility of monotony. With its profound equilibrium<br />

between palpable dynamism and tense immobility,<br />

this work demonstrates the abilities of one of the most<br />

exciting exponents of Modernism, whose thinking and<br />

creative processes combined unity and infinite space to<br />

compose a unique oeuvre.<br />

1 Christoph Brockhaus: Georges Vantongerloo und seine Kreise von Mondrian bis<br />

Bill. Zürich 2009, S. 11. 2 Ibid., S. 13ff. 3 Ibid., S. 33. 4 Guy Brett:<br />

Georges Vantongerloo: A longing for infinity. Museo nacional centro de arte Reina<br />

Sofia, Madrid 2009, S. 35ff.<br />

1 Christoph Brockhaus: Georges Vantongerloo und seine Kreise von Mondrian bis<br />

Bill. Zurich 2009, p. 11. 2 Ibid., p. 13ff. 3 Ibid., p. 33. 4 Guy Brett:<br />

Georges Vantongerloo: A longing for infinity. Museo nacional centro de arte Reina<br />

Sofia, Madrid 2009, p. 35ff.<br />

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