Mein Kind ist das Beste was mir je passiert ist! - Queerformat
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<strong>Mein</strong>e Mutter<br />
und mein<br />
Stiefvater<br />
lieben mich so,<br />
wie ich bin<br />
und<br />
unterstützen<br />
mich.<br />
Das <strong>ist</strong> ein<br />
gutes Gefühl!<br />
Bericht einer Mutter, 48 Jahre, geschrieben gemeinsam<br />
mit ihrem schwulen Sohn, wohnhaft bei Bielefeld.<br />
Sie leben zusammen mit dem Stiefvater.<br />
Liebe Eltern, ich weiß, <strong>das</strong>s dies eine<br />
Broschüre von Eltern für Eltern <strong>ist</strong>,<br />
es <strong>ist</strong> <strong>mir</strong> aber wichtig, <strong>das</strong>s auch mein<br />
Sohn zu Wort kommt, denn ihn betrifft<br />
<strong>das</strong> Thema mehr als mich. Er muss sein<br />
Leben als schwuler Mann mit all seinen<br />
Höhen und Tiefen me<strong>ist</strong>ern. Ich kann<br />
ihn nur unterstützen, ihn so lieben und<br />
nehmen wie er <strong>ist</strong>, für ihn da sein, ihm<br />
Hilfestellung geben und mich für seine<br />
Rechte stark machen.<br />
Obwohl Homosexuelle heute<br />
scheinbar in unserer Gesellschaft<br />
angekommen sind, werden sie noch lange<br />
nicht von allen Menschen akzeptiert.<br />
Viele Menschen können sich einfach<br />
nicht vorstellen, <strong>das</strong>s auch zwei Männer<br />
oder zwei Frauen sich lieben und zusammenleben<br />
können. Ich möchte Ihnen in<br />
einem persönlichen Erfahrungsbericht<br />
über mein Coming-Out berichten.<br />
Ich bin heute 21 Jahre alt und hatte vor<br />
drei Jahren mein Coming-Out. <strong>Mein</strong> Verhältnis<br />
zu meiner alleinerziehenden Mutter<br />
war schon immer sehr eng. Dass ich<br />
mich von anderen Jungen unterschied,<br />
war eigentlich schon immer der Fall. Ich<br />
war nie ein „typischer“ Junge, der sich für<br />
Fußball, Technik und Autos interessierte.<br />
<strong>Mein</strong>e Interessen lagen eher (und liegen<br />
immer noch) im musikalischen, künstlerischen<br />
und tänzerischen Bereich.<br />
Besonders zum Ende meiner Realschulzeit<br />
habe ich mich ziemlich herumgequält,<br />
weil ich nie richtig dazugehört<br />
habe. In einer Pause sind ein paar Jungen<br />
auf <strong>das</strong> Thema „Schwule“ gekommen.<br />
Die <strong>Mein</strong>ungen dazu waren sehr<br />
eindeutig: Sie fanden es komisch und ein<br />
Klassenkamerad fand es sogar eklig und<br />
konnte nicht verstehen, wie man „so“<br />
sein konnte. Als ich <strong>das</strong> hörte, war ich<br />
sehr schockiert darüber und mied diese<br />
Jungen noch mehr.<br />
„Schwul“ wurde auch oft als Schimpfwort<br />
benutzt, ohne <strong>das</strong>s sie sich darüber richtige<br />
Gedanken gemacht haben, <strong>was</strong> sie<br />
da überhaupt sagten. Ich habe mich nie<br />
für Mädchen interessiert. Bevor wir die<br />
Abschlussfahrt nach Berlin hatten, habe<br />
ich mich in einen Klassenkameraden verknallt<br />
und musste mich die ganze Zeit<br />
verstellen und habe mich dann mehr und<br />
mehr zurückgezogen. Im Unterricht war<br />
ich die ganze Zeit still und habe mich nur<br />
noch mit den für mich bis dahin unbekannten<br />
Gefühlen beschäftigt. Alles andere<br />
war <strong>mir</strong> egal. Weil ich nie Aussagen<br />
über eine potentielle Freundin gemacht<br />
habe, haben mich ein paar Klassenkameraden<br />
irgendwann gefragt, ob ich schwul<br />
sei. Dies habe ich aber immer verneint.<br />
Dieses Auf und Ab der Gefühle und meine<br />
Außenseiter-Rolle haben mich depressiv<br />
werden lassen. <strong>Mein</strong>e Noten sind dadurch<br />
auch sehr schlecht geworden. So schlecht,<br />
<strong>das</strong>s ich die Befürchtung hatte, ohne einen<br />
Abschluss von der Schule zu gehen.<br />
Dies <strong>ist</strong> aber Gott sei Dank nicht <strong>passiert</strong>.<br />
Als dann der Abschluss stattfand, war<br />
ich froh, nie wieder <strong>je</strong>manden aus dieser<br />
Klasse in Zukunft sehen zu müssen…<br />
Auf einer chr<strong>ist</strong>lichen Freizeit hatte ich einen<br />
Gruppenleiter, mit dem ich mich gut<br />
verstanden habe und bei dem ich <strong>das</strong> Gefühl<br />
hatte, ihm alles erzählen zu können.<br />
Ich habe dann angefangen, über meine<br />
Situation zu sprechen. Ich habe ihm erzählt,<br />
<strong>das</strong>s ich im Moment lieber einen<br />
Freund als eine Freundin hätte und mich<br />
Mädchen nicht so interessieren würden.<br />
Er hat <strong>mir</strong> dann gesagt, <strong>das</strong>s ich <strong>mir</strong> Zeit<br />
nehmen soll, noch mal darüber nachzudenken<br />
und zu schauen, ob <strong>das</strong> nicht<br />
doch eine Phase sei. Ich habe ihm dann<br />
aber gesagt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> alles schon über<br />
einen längeren Zeitraum ginge und dies<br />
definitiv keine Phase mehr sei.<br />
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