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09 Jugendherberge Scuol:Layout 1 - Architektur & Technik

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<strong>Architektur</strong> & <strong>Technik</strong> 11-08<br />

<strong>Jugendherberge</strong>, <strong>Scuol</strong>/GR<br />

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Situation<br />

Trend-Jugi<br />

In der Welt jenseits der Hotel-Sterne angesiedelt, passen sich die <strong>Jugendherberge</strong>n den<br />

aktuellen Bedürfnissen an. Frugalität wird veredelt, den örtlichen Bedingungen angepasst<br />

und kommt in ungeahnter Eleganz daher.<br />

Redaktion: Manuel Pestalozzi, Fotos: Ralph Feiner


Es ist schon interessant: Gerade in der deutschschweizerischen Jugendkultur,<br />

wo das Englische vermutlich noch mehr grassiert als<br />

anderswo, laufen die Herbergen nach wie vor unter der Bezeichnung<br />

«Jugi». Das Konzept ist, dies mag der Grund dafür sein,<br />

herkömmlich. Sogar bereits weit gereiste junge Menschen sehen<br />

es in den eigenen Gefilden wohl als Bestandteil der Heimat. Dass<br />

dies so bleibt, mag durchaus auch neuen, innovativen Projekten<br />

wie der Minergie-Eco-<strong>Jugendherberge</strong> von <strong>Scuol</strong> im Engadin zu<br />

verdanken sein. Anerkennung erhielt das gut in die Landschaft<br />

passende, an alte Engadinerhäuser gemahnende Bauwerk auch<br />

von Seiten der Tourismusfachleute: Es wurde Anfang dieses Jahres<br />

als drittplatziertes Projekt mit dem Hans-E.-Moppert-Preis für


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<strong>Architektur</strong> & <strong>Technik</strong> 11-08<br />

<strong>Jugendherberge</strong>, <strong>Scuol</strong>/GR<br />

«Nachhaltigkeit im Alpentourismus» ausgezeichnet, im vorangegangenen<br />

Herbst erhielt die Bauherrin, die Schweizerische Stiftung<br />

für Sozialtourismus, den Tourismuspreis Milestone für ihre<br />

Nachhaltigkeitsstrategie.<br />

Lounge-Atmosphäre light: Gemeinschaftszonen sind mit Lärchenholz, der<br />

Aufenthaltsraum im 2. Obergeschoss ist mit Arvenholz verkleidet.<br />

Anstelle des Viehmarktes<br />

Mit der <strong>Jugendherberge</strong> auf dem ehemaligen «prà da faira»<br />

(Viehmarkt) in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs wird der Zeitgeist<br />

getroffen. Günstige Übernachtungsmöglichkeiten für junge<br />

Menschen und Familien bilden das Angebot und sind eine echte<br />

Alternative zu den bestehenden Unterkünften. Preiswerte Herbergen<br />

in unmittelbarer Nähe zu diversen Freizeitangeboten liegen<br />

im Trend.<br />

In den alten Dorfteilen von <strong>Scuol</strong> herrscht eine dichte Bebauung.<br />

Die Strassen und Gassen werden durch massive, kubische<br />

Volumen definiert. In der Umgebung des «prà da faira» besteht<br />

eine dezentrale, punktuelle Bebauungsstruktur. Mit seinem siegreichen,<br />

nun realisierten Wettbewerbs-Projekt wollte das Archi-


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ZUTATEN<br />

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KAFFEE/TEE<br />

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TABLETT<br />

BESTECK<br />

GLÄSER<br />

SUPPE<br />

BROT<br />

GETRÄNKE<br />

KALTE<br />

AUSGABE<br />

KASSE<br />

TELLER<br />

WARME<br />

AUSGABE<br />

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TIEF-<br />

KÜHLZELLE<br />

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KÜHLZELLE<br />

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B<br />

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B<br />

B<br />

WARME KÜCHE<br />

RÜSTEN<br />

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CHEFTISCH/KALTE KÜCHE<br />

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PRODUKTION<br />

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ABWASCHEN<br />

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ECONOMAT<br />

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3. Obergeschoss<br />

2. Obergeschoss<br />

Nasszellen sind in die verkleidete Wand integriert.<br />

1. Obergeschoss<br />

tektur-Team ARGE Sursass diese Struktur ergänzen, indem es<br />

städtebaulich die Tradition der grossen Hotelbauten um die Jahrhundertwende<br />

übernahm.<br />

Erdgeschoss<br />

Kompakter Monolith<br />

Die Projektverfasser sehen in ihrer <strong>Jugendherberge</strong> einen Block,<br />

einen Stein, wie aus dem Berg herausgebrochen, der sich präzise<br />

gesetzt in die Situation einfügt. Es handelt sich um eine kompakte<br />

Skulptur mit spartanischem, funktionalem Inhalt. Der Entwurf<br />

soll im Sinne einer traditionellen <strong>Architektur</strong> in einer kargen,<br />

starken und erdverbundenen Kulturlandschaft einen Beitrag an<br />

die Besiedlung leisten.<br />

Im Innern widerspiegelt die gut ablesbare Struktur die Form eines<br />

Sonnenwirbels, als Hommage an ein uraltes Lebenssymbol, welches<br />

in der traditionellen Sgraffito-<strong>Technik</strong> noch zu finden ist.<br />

Die Aufenthaltsräume mit der zentralen Erschliessung und die<br />

auslaufenden Korridore versinnbildlichen Plätze und Gassen. Um<br />

die skulpturale, kubische Form zu unterstreichen, sind die Fassa-


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<strong>Architektur</strong> & <strong>Technik</strong> 11-08<br />

<strong>Jugendherberge</strong>, <strong>Scuol</strong>/GR<br />

Schnitt B-B<br />

den leicht geknickt, der Eingangsbereich sowie die Terrasse eingezogen.<br />

Die vertikal gesetzten Korridorfenster verstärken diesen<br />

Eindruck. Das Volumen wird durch die zueinander leicht<br />

verschobenen Zimmerfenster aufgelockert.<br />

Öffentliche Räume werden durch grossformatige, fassadenbündige<br />

Fenster belichtet, alle Zimmerfenster haben schräge Leibungen<br />

und sind innen angeschlagen.<br />

Form und Funktion<br />

Die <strong>Jugendherberge</strong> ist ein fünfgeschossiger Bau mit zentralem<br />

Erschliessungstrakt in Sichtbeton. Die Form folgt der Funktion.<br />

Die Lichtführung mit Ein- und Aussichten spielt eine zentrale<br />

Rolle im Gesamtkonzept. Alle Räume sind als bewusst erlebbare<br />

Kammern mit spannenden Bezügen nach innen und aussen gesetzt.<br />

Gemeinsam genutzte Räume sind klar getrennt von den<br />

privaten Zimmern.<br />

Ein grosszügiger Eingangsbereich (sulèr) im Erdgeschoss mit gemütlichem<br />

Foyer in Lärchenholz, Rezeption, offenem Kamin und<br />

Bar nimmt die Besucher in Empfang. Im gleichen Geschoss befinden<br />

sich die Essräume mit Aussenterrasse und die dazugehörigen<br />

Nebenräume (Büro, Küche).<br />

In den drei oberen Geschossen sind die Zimmereinheiten angeordnet.<br />

Ein Angebot verschiedener Zimmertypen pro Geschoss<br />

ergibt die gewünschte Durchmischung der Benutzer. Die konisch<br />

verlaufenden Korridore treten aussen mit präzis gesetzten Schlitzen<br />

in Erscheinung. Im zweiten Obergeschoss ergänzt ein Aufenthaltsraum<br />

das Angebot. Die öffentlichen Räume mit<br />

«Stüva-Charakter» und grosszügigen Fenstern erzeugen eine subtile<br />

Privatsphäre mit Panoramablick auf die überwältigende<br />

Landschaft der Unterengadiner Dolomiten.<br />

Minergie-Eco<br />

Die massive Bauweise hat im Engadin Tradition. Traditionelle<br />

Themen der lokalen Bauweise wie tiefe Leibungen oder Erker<br />

sind gezielt in zeitgemässer Weise interpretiert worden.<br />

Die tragenden Wände aus Backstein/Beton sind im Falle der<br />

25 cm starken Aussenmauern in eine mineralische Aussenwärmedämmung<br />

von 20 cm eingekleidet. Die Geschossdecken wurden<br />

ebenfalls in Beton ausgeführt. Die Materialisierung ermöglichte<br />

zusammen mit der kontrollierten Lüftung, Erdsonden<br />

und einer Sonnenenergie-Anlage das Erreichen des Minergie-<br />

Eco-Standards. Es wurden ausschliesslich hochwertige, heimische<br />

Materialien verwendet. Der Innenausbau und die Zimmerböden<br />

sind in Lärchenholz ausgeführt, stark beanspruchte Möbel in<br />

dauerhafter Konstruktion in geräucherter Eiche, Betten und Zimmerausstattung<br />

in Buche. Für die Böden der Gästebereiche<br />

brachte man einen fugenlosen Gussboden ein.<br />

Bescheidenheit, Kompaktheit und Dauerhaftigkeit sind die<br />

Haupteigenschaften des Gebäudes. Das Bauvolumen, ein Würfel,<br />

hat die kleinste Oberfläche in Bezug zum Rauminhalt. Ist die<br />

Fläche minimal, sind auch die Transmissionen optimal. Die ausgeführten<br />

Konstruktionen sind beständig und generieren wenig<br />

Unterhalt. Durch die bewusst gewählte Bauweise und die Materialien<br />

ist, so ist die ARGE Sursass überzeugt, eine maximale<br />

Wertschöpfung in der Region erreicht worden.<br />

■<br />

Bauherrschaft:<br />

Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus, Zürich/ZH<br />

<strong>Architektur</strong>:<br />

ARGE Sursass, mit Marisa Feuerstein, Annabelle Breitenbach,<br />

Men Clalüna und Jon Armon Strimer

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