Islam in der (Selbst-)Kritik - Universität Osnabrück
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<strong>Islam</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> (<strong>Selbst</strong>-)<strong>Kritik</strong><br />
dann hätte Religion <strong>in</strong> <strong>der</strong> richtigen Bahn durchaus e<strong>in</strong>e Zukunft, und sie<br />
kann sich gerade unter dem Dach e<strong>in</strong>es demokratischen, säkularen Staates<br />
so entwickeln, dass sie zu e<strong>in</strong>er Bereicherung auch für die Anhänger und<br />
Anhänger<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> jeweiligen Religionen werden kann.<br />
Daniela De Rid<strong>der</strong>: Wem nützt denn das Fe<strong>in</strong>dbild <strong>Islam</strong>? Wer profitiert<br />
davon?<br />
Rabeya Müller: Zunächst die Leute, die davon leben, die ihre Arbeitsplätze<br />
sichern, weil sie sagen, sie müssen auf die Muslime aufpassen. Aber es ist<br />
auch e<strong>in</strong> Riesenaufmacher für die Medien. In Köln, wo ich lebe, trifft man<br />
auf sehr viele positive Beispiele e<strong>in</strong>er Zusammenarbeit von Muslimen und<br />
Nichtmuslimen. Den größten Bekanntheitsgrad erlangte aber <strong>der</strong> so genannte<br />
›Kalif von Köln‹, <strong>der</strong> die kle<strong>in</strong>ste Gruppe anführte.<br />
Das Fe<strong>in</strong>dbild <strong>Islam</strong> nützt auch bestimmten politischen Richtungen bei<br />
<strong>der</strong> Durchsetzung e<strong>in</strong>schlägiger ›Sicherheitspakete‹. Wir sollten aufpassen,<br />
dass Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger, die <strong>in</strong> Deutschland nach Ende des Zweiten<br />
Weltkriegs lange um ihre Existenz gekämpft haben, uns nicht abhanden<br />
kommen, nur weil wir glauben, Sicherheit gewährleisten zu können, wenn<br />
wir sie loswerden. E<strong>in</strong>e völlige Sicherheit wird es nicht geben. Mehr Sicherheit<br />
ist zu gew<strong>in</strong>nen, wenn die <strong>in</strong>nerislamischen liberalen Strömungen<br />
geför<strong>der</strong>t werden, die e<strong>in</strong>e Generation heranwachsen lassen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Lage ist, selbst dem Extremismus standzuhalten.<br />
Daniela De Rid<strong>der</strong>: Frau Ateş, wie viel Frieden kann man mit sich selber<br />
machen, wenn man solchen Gefahren ausgesetzt ist wie Sie beim E<strong>in</strong>satz<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für Frauen? An<strong>der</strong>s gefragt: F<strong>in</strong>det die Radikalisierung vielleicht<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> religiösen Enklave des Glaubens statt? Hat dies damit zu tun,<br />
dass vor allem die überwiegend männlichen Bildungsverlierer zur Radikalisierung<br />
neigen?<br />
Seyran Ateş: Die letztere Annahme trifft nicht zu. Wir wissen, dass Extremismus<br />
nicht e<strong>in</strong> Ergebnis von Bildungsferne bzw. sozialer Armut ist. Im<br />
Gegenteil: Menschen, die zu Extremismus neigen, verfügen durchaus über<br />
e<strong>in</strong>en hohen Grad an formaler Bildung, und sie agieren häufig auch <strong>in</strong><br />
akademischen Arbeitsbereichen. Das politische Konzept <strong>der</strong> Extremisten<br />
besteht auch dar<strong>in</strong>, Gesellschaften zu unterwan<strong>der</strong>n und bestimmte Strukturen<br />
von <strong>in</strong>nen her auszuhöhlen. Dies ist ebenfalls die Strategie religiösfanatischer<br />
Gruppierungen, u.a. von islamistischen Gruppen, die sich <strong>in</strong><br />
Deutschland radikalisieren. Die Angst <strong>der</strong> Menschen vor Radikalismus<br />
und auch Terrorismus aus islamistischer Richtung ist ke<strong>in</strong>eswegs abwegig.<br />
Es wäre naiv, so zu tun, als ob hier ke<strong>in</strong>e Gefahr existierte. <strong>Islam</strong> und<br />
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