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Islam in der (Selbst-)Kritik - Universität Osnabrück

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<strong>Islam</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> (<strong>Selbst</strong>-)<strong>Kritik</strong><br />

wird. Die Angehörigen <strong>der</strong> nachfolgenden Generationen <strong>der</strong> Migranten<br />

s<strong>in</strong>d oft <strong>in</strong> Deutschland geboren, haben nicht selten <strong>in</strong>teressante berufliche<br />

Wege erfolgreich beschritten. Wie stehen Sie zu ›Multikulti‹ und was<br />

müsste auf <strong>der</strong> politischen Ebene getan werden, damit <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Frauen<br />

nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weise zu Opfern werden, wie es Frau Ateş geschil<strong>der</strong>t hat?<br />

Aydan Özoguz: Fraglos ist Bildung <strong>der</strong> Dreh- und Angelpunkt für die<br />

Integration. Für Migranten ist es wirklich sehr schwer, sich <strong>in</strong> politischen<br />

Parteien e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen und durchzusetzen. Als ich selbst <strong>in</strong> die Politik g<strong>in</strong>g,<br />

gehörte ich zunächst ke<strong>in</strong>er Partei an und war als Migrant<strong>in</strong> mit dem<br />

konfrontiert, was diese Gesellschaft <strong>in</strong> den letzten 40, 50 Jahre entwickelt<br />

hat. Dieses Land hat sich <strong>in</strong> zwei Lebenslügen e<strong>in</strong>gerichtet. Die e<strong>in</strong>e lautete:<br />

Deutschland ist ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland. Das war bereits unzutreffend<br />

für me<strong>in</strong>e Generation, denn die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung hatte ja de facto stattgefunden.<br />

Die zweite Lebenslüge hieß »Multikulti«, und mit diesem Begriff<br />

verband sich die Annahme, Integration vollziehe sich schon irgendwie ganz<br />

von alle<strong>in</strong>, und ebenso wird sich alles möglicherweise Problematische von<br />

selbst regeln. Bei näherem H<strong>in</strong>sehen zeigt sich die Unhaltbarkeit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />

wie <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Position. Zweifellos ist Deutschland e<strong>in</strong> Zuwan<strong>der</strong>ungsland.<br />

Schließlich wurde <strong>in</strong> den 1960er und 1970er Jahren regelrecht für die<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung geworben, wenn auch nicht unter diesem Namen. Man<br />

nahm an, die angeworbenen Arbeitskräfte würden irgendwann wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

ihre Heimat zurückkehren. Auch die Menschen, die nach Deutschland<br />

kamen, dachten, sie würden irgendwann wie<strong>der</strong> gehen. Aber die D<strong>in</strong>ge<br />

entwickelten sich im Laufe <strong>der</strong> Jahre an<strong>der</strong>s. Viele Faktoren spielten dabei<br />

e<strong>in</strong>e Rolle, auch manche deutsche Arbeitgeber, die es für ke<strong>in</strong>e gute Idee<br />

hielten, ihre Mitarbeiter nach fünf Jahren wie<strong>der</strong> zu verabschieden. Warum<br />

sollte man die gut e<strong>in</strong>gearbeiteten und angelernten Arbeitnehmer<br />

zurückschicken? Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte man realisieren<br />

müssen, dass die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er im Land bleiben. Und man hätte sich fragen<br />

müssen, was sie an Kultur <strong>in</strong>s Land mitgebracht hatten.<br />

In unserer Diskussion geht es nun speziell um den <strong>Islam</strong>. In e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Bundestagsdrucksache werden alle<strong>in</strong> 25 Län<strong>der</strong> aufgeführt, aus<br />

denen die aktuell <strong>in</strong> Deutschland lebenden Muslime stammen. Man wird<br />

daher kaum von e<strong>in</strong>er Kultur dieser Migranten sprechen können. Fast alle<br />

Menschen haben auch verschiedene politische Erfahrungen mitgebracht,<br />

die bei ihnen verwurzelt und sehr häufig eng mit ihrer Religion verbunden<br />

s<strong>in</strong>d. Es ist nicht immer leicht, zu unterscheiden, was Religion und was<br />

Kultur ist, beides gehört eng zusammen.<br />

Und sogar bei Menschen, die aus dem gleichen Land kommen – z.B.<br />

aus dem Iran – gibt es e<strong>in</strong>e große Heterogenität, denn diese Menschen<br />

haben gegenüber <strong>der</strong> Religion ganz unterschiedliche Ansichten, was be-<br />

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