Islam in der (Selbst-)Kritik - Universität Osnabrück
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<strong>Islam</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> (<strong>Selbst</strong>-)<strong>Kritik</strong><br />
haben dagegen heute nicht mehr diesen starken E<strong>in</strong>fluss, und hier besteht<br />
e<strong>in</strong> großer Unterschied, me<strong>in</strong>e ich.<br />
Daniela De Rid<strong>der</strong>: Frau Müller und Frau Özoguz haben betont: Es kann<br />
ja durchaus s<strong>in</strong>nvoll, s<strong>in</strong>nstiftend se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Regelwerk zu haben, e<strong>in</strong>en<br />
Rahmen, <strong>in</strong> dem man sich bewegen kann.<br />
Seyran Ateş: Der <strong>Islam</strong> ist nicht so beschaffen, dass er e<strong>in</strong> Regelwerk für<br />
alle Muslime bieten könnte. Gerade im <strong>Islam</strong> s<strong>in</strong>d viele unterschiedliche<br />
Auslegungen möglich. E<strong>in</strong> verb<strong>in</strong>dliches Regelwerk lässt sich daraus nicht<br />
ableiten. Wir müssen allerd<strong>in</strong>gs darauf bestehen, dass <strong>der</strong> Chauv<strong>in</strong>ismus<br />
aufhört, e<strong>in</strong> gewisser Kultur- und Religionschauv<strong>in</strong>ismus, den bestimmte<br />
Verbände auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit zeigen. Wenn diese Herren sich nicht<br />
öffentlich zu den wirklich wichtigen Themen wie <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Gleichberechtigung<br />
<strong>der</strong> Frau – nicht nur vor Allah, vor Gott, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Gesellschaft – o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Homosexualität kritisch und selbstkritisch<br />
äußern, wenn sie sich nicht auch kritisch <strong>in</strong> ihrer Religionsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
zu Fragen <strong>der</strong> negativen Religionsfreiheit äußern, zur Teilnahme<br />
muslimischer K<strong>in</strong><strong>der</strong> am Schwimm- und Sportunterricht, an Klassenfahrten<br />
etc., und auch zu dem <strong>in</strong> <strong>der</strong> muslimischen Geme<strong>in</strong>schaft bestehenden<br />
Antisemitismus, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Konsequenz des Rassismus ist, <strong>der</strong> <strong>in</strong> dieser<br />
Geme<strong>in</strong>schaft anzutreffen ist, dann haben wir nicht die Möglichkeit, die<br />
Mehrheit <strong>der</strong> hier lebenden nichtmuslimischen Menschen davon zu überzeugen,<br />
dass auch <strong>der</strong> <strong>Islam</strong> demokratiefähig ist. Me<strong>in</strong> Ziel ist es, dass <strong>der</strong><br />
<strong>Islam</strong> demokratiefähig wird. Ich b<strong>in</strong> für Religionsfreiheit. Me<strong>in</strong>e Mutter ist<br />
nach Mekka gepilgert, sie trägt e<strong>in</strong> Kopftuch. Ich habe großen Respekt vor<br />
Religion, aber vor friedlicher Religion. Dieses Verständnis ist <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />
islamischen Geme<strong>in</strong>schaft noch zu wenig verbreitet, so wie die Fähigkeit<br />
und vor allem die Bereitschaft zu <strong>Kritik</strong>, zur <strong>Selbst</strong>kritik, noch zu wenig<br />
verbreitet ist.<br />
Rabeya Müller: Diese For<strong>der</strong>ung an sich ist m.E. unstrittig, eher schon<br />
unterscheiden sich unsere E<strong>in</strong>schätzungen <strong>der</strong> Situation. Die muslimischen<br />
Verbände haben mittlerweile sehr wohl Verlautbarungen und Positionspapiere<br />
veröffentlicht, und sie äußern sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit. E<strong>in</strong> Problem<br />
ist, dass wir von <strong>der</strong> Funktionärsebene überwiegend hehre Worte zu<br />
hören bekommen. Deswegen b<strong>in</strong> ich skeptisch, was die For<strong>der</strong>ung angeht,<br />
»diese Herren« sollen sich zu den angesprochen Themen äußern. Das<br />
werden sie tun; sie schreiben auch wun<strong>der</strong>bare Papiere dazu. Bis diese<br />
hehren Worte aber zur Basis durchgedrungen s<strong>in</strong>d und bis sie umgesetzt<br />
werden, wird viel Zeit vergangen se<strong>in</strong>. Aus diesem Grund ist es wichtig,<br />
e<strong>in</strong>en adäquaten islamischen Religionsunterricht zu haben, K<strong>in</strong><strong>der</strong> heran-<br />
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