Gesamtes Dossier als PDF-Datei - D-A-S-H: Für Vernetzung ...
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EU-Ebene <strong>als</strong> bindendes Recht verankert. Auf diese Art und Weise würde die Verpflichtung der EU zur Demokratie<br />
eine Untermauerung erfahren, wodurch die EU ihrem Ziel der verbesserten demokratischen Legitimität ein gutes<br />
Stück näher käme.<br />
Aus dem Englischen von Katja Karau/ VIPWissenschaftsberatung<br />
Literatur<br />
8. Gegen diesen EU-Verfassungsentwurf: Aus friedenspolitischen,<br />
globalisierungskritischen und sozialen Gründen<br />
Zuerst veröffentlicht: IMI-Analyse 2004/021 - ähnlich in: "betrieb & gewerkschaft", August 2004<br />
<br />
Von Tobias Pflüger, MdEP<br />
Am 01.09.1939 überfiel Deutschland Polen, damit begann der zweite Weltkrieg. Aus Erinnerung an diesen Tag wird<br />
seither in Deutschland und Österreich der Antikriegstag bzw. der Weltfriedenstag begangen. Hauptträger der<br />
Aktionen waren und sind dabei Gewerkschaften und Friedensbewegung. Traditionell werden am Antikriegstag<br />
sowohl Themen mit historischem Bezug <strong>als</strong> auch aktuelle Themen im Bereich Krieg / Frieden behandelt. Dieses<br />
Jahr wird ein Gutteil der Veranstaltungen zum Antikriegstag im Zeichen des Protestes gegen den vorgelegten EU-<br />
Verfassungsentwurfs stehen.<br />
Am 17. und 18. Juni 2004 haben sich die EU-Regierungschefs auf einen - wiederum geänderten nun endgültigen -<br />
EU-Verfassungsentwurf geeinigt. Dieser soll noch im Laufe des Jahres wahrscheinlich in Rom feierlich unterzeichnet<br />
werden. Allerdings ist damit der Verfassungsentwurf noch nicht beschlossen, im Gegenteil, dann beginnt der<br />
Ratifizierungsprozess in den EU-Ländern. Das bedeutet, dass in immer mehr Ländern der EU Referenden über den<br />
Verfassungsentwurf stattfinden werden. Interessant ist, dass der französische Präsident Chirac und der britische<br />
Premierminister Blair für ihre Länder ebenfalls Referenden angekündigt haben. Die Form der Beteiligungen der<br />
jeweiligen Bevölkerungen ist von sehr unterschiedlicher Qualität: In einer Reihe von Ländern wird die Bevölkerung<br />
lediglich befragt (so genannte konsultative Referenden), in anderen wie Irland hat die Abstimmung bei der<br />
Bevölkerung rechtsverbindlichen Charakter. Anfangen mit dem Reigen der Referenden wird voraussichtlich Spanien.<br />
Nach einiger Vorlaufzeit gibt es inzwischen in Deutschland eine wachsende Bewegung gegen den vorgelegten EU-<br />
Verfassungsentwurf. Kritisiert werden insbesondere die militärischen und wirtschaftlichen Festlegungen im<br />
Verfassungsentwurf. Von zentraler Bedeutung sind hier vier Punkte: Erstens die in Artikel I-41 Absatz 3 [I-40<br />
Absatz 3] festgeschriebene Aufrüstungsverpflichtung: "Die Mitgliedstaaten verpflichten sich ihre militärischen<br />
Fähigkeiten regelmäßig zu verbessern", zweitens dass EU-Parlament und der Europäische Gerichtshof explizit aus<br />
der Kontrolle der Außen- und Militärpolitik ausgenommen sind, drittens der in Artikel III-309 Absatz 2 [III-210]<br />
festgeschriebenen Ausweitung der Petersbergaufgaben mit weitreichenderen militärischen<br />
Interventionsmöglichkeiten bis hin zu reinen Kampfeinsätzen. Selbst Joschka Fischers unsäglicher Begriff von<br />
Abrüstungskriegen (militärische Aktionen und Kriege mit dem angeblichen Ziel der "Abrüstung") findet sich im EU-<br />
Verfassungsentwurf wieder.<br />
Von zentraler Bedeutung ist zudem die in Artikel III-312 [III-213] festgeschriebene "ständige strukturierte<br />
(militärische) Zusammenarbeit". Die mit einem Zusatzprotokoll genau definiert wird. Wesentlich für den<br />
Wirtschaftsbereich ist die Festlegung des neoliberalen Wirtschaftsmodells z.B. in Artikel III-177 [III-69], dort wird<br />
der "Grundsatz der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb" festgeschrieben.<br />
Der EU-Verfassungsvertrag besteht inzwischen aus sechs Teilen: Erstens "Allgemeine Bestimmungen", zweitens die<br />
Grundrechtecharta, die im übrigen von einem zeitlich vorgeschalteten extra Grundrechtekonvent im Jahr 2000<br />
erarbeitet wurde, drittens "Politiken und Arbeitsweise der Europäischen Union" und viertens den<br />
"Schlussbestimmungen". Neu ist, dass die Erläuterungen zu den Grundrechten expliziter Teil des EU-<br />
Verfassungsvertrages sind. Außerdem gibt es eine Reihe von sogenannten Protokollen, die Teil des EU-<br />
Verfassungsvertrages sind. Neu ist hier beispielsweise das Protokoll zur "ständigen strukturierten (militärischen)<br />
Zusammenarbeit".<br />
Gemeinhin wird behauptet, dass die Grundrechtecharta unverändert in den Verfassungsvertrag übernommen<br />
worden wäre. Dabei wird jedoch übersehen, dass wesentliche Veränderungen vorgenommen worden sind. Schon der<br />
vom Konvent verabschiedete Verfassungsentwurf enthielt drei neue Abschnitte bei den Schlussbestimmungen: II-<br />
112 Absatz 4 bis 6 [II-52 Absatz 4 bis 6]. Dort wurde festgeschrieben, dass die sozialen Rechte lediglich <strong>als</strong><br />
Grundsätze zu verstehen sind. Dazu kommt noch, dass diese Grundsätze "minderjustiziabel" sein werden.<br />
Im Grundrechtekonvent hatten sich Konservative und Sozialdemokraten darauf geeinigt, damit überhaupt einige<br />
soziale Grundrechte Eingang in den Text finden konnten, ein für internationale Grundrechtskataloge völlig neues<br />
Recht, das Recht auf unternehmerische Freiheit <strong>als</strong> Artikel II-76 [II-16] der Grundrechtscharta aufzunehmen. Dieser<br />
faule Kompromiss wurde im Ergebnis der Verfassungskonventsberatung noch weiter verschlechtert, indem soziale<br />
Rechte zu bloßen Grundsätzen herabgesetzt wurden. Im Ergebnis der Regierungskonferenz kam es zu einer weiteren<br />
D-A-S-H <strong>Dossier</strong> #12 – EU-Verfassung und europäische Identität 16