Myeloproliferative Erkrankungen und die Janus ... - biomed-austria
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wissenschaft & praxis<br />
25<br />
<strong>Myeloproliferative</strong> <strong>Erkrankungen</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>die</strong> <strong>Janus</strong> Kinase 2 (MPS <strong>und</strong> JAK 2)<br />
Entdeckung der JAK2-V617F-Mutation kann neue Therapiewege<br />
bei myeloproliferativem Syndrom eröffnen.<br />
wissenschaft<br />
& praxis<br />
2005 haben nahezu gleichzeitig drei unterschiedliche<br />
Forschergruppen über eine neu gef<strong>und</strong>ene<br />
Mutation publiziert – eine Entdeckung,<br />
<strong>die</strong> lange erwartet <strong>und</strong>, man kann<br />
fast sagen, von den HämatologInnen heiß ersehnt<br />
wurde. Mit der Entdeckung <strong>die</strong>ser Mutation kann endlich<br />
<strong>die</strong> Krankheitsgruppe der myeloproliferativen Syndrome<br />
besser verstanden <strong>und</strong> diagnostiziert <strong>und</strong>, im Idealfall, eine<br />
Chance auf neue Therapiewege aufgezeigt werden.<br />
n Chloe James et al. aus Paris; publizierte in der Nature-Ausgabe<br />
vom 28. April/Vol. 434: „A unique clonal JAK 2<br />
mutation leading to constitutive signalling causes polycythaemia<br />
vera.“<br />
n Amy V. Jones et al. von der Universität Southhampton<br />
in UK beschrieb im Vorabdruck von Blood am 26. Mai<br />
2005: „Widespread occurence of the JAK2 V617F<br />
mutation in chronic myeloproliferative disorders.“<br />
n Robert Kralovics et al. von der Universität in Basel veröffentlichte<br />
seinen Artikel im New England Journal of<br />
Medicine – herausgekommen auch am 28. April 2005(!):<br />
„A gain-of Function Mutation of JAK 2 in <strong>Myeloproliferative</strong><br />
Disorders.“<br />
Dr. Kralovics befindet sich übrigens derzeit in Wien am<br />
AKH an der Universitätsklinik für Innere Medizin 1 an der<br />
Abteilung für Hämatologie <strong>und</strong> forscht hier <strong>die</strong> nächsten drei<br />
Jahre im Rahmen einer Kooperation mit dem Center of Molecular<br />
Medicine der österreichischen Akademie der Wissenschaften.<br />
Auf welch unglaubliche Resonanz <strong>und</strong> Forschungseifer<br />
<strong>die</strong>ses Thema gestoßen ist, kann man daran erkennen, dass<br />
derzeit (Stand September 2006) <strong>die</strong> Anzahl der über JAK 2 publizierten<br />
Artikel in <strong>die</strong>sem Zusammenhang (zugänglich über<br />
PubMed) bei über 200 liegt.<br />
Die <strong>Janus</strong> Kinase ist benannt nach dem Gott <strong>Janus</strong>, einer<br />
der ältesten römischen Gottheiten – der Gott der Tore, des Ein<strong>und</strong><br />
Ausgangs, der sowohl nach vorne als auch nach hinten<br />
blicken kann. Die <strong>Janus</strong> Kinase 2 (JAK 2) ist ein Protein, das<br />
eine bedeutende Rolle in der Signaltransduktion von hämatopoietischen<br />
Wachstumsfaktoren spielt. Tatsächlich ist sie mit<br />
einem „Gesicht“ außerhalb, mit dem anderen innerhalb der<br />
Zelle. Als Tyrosinkinase vermittelt sie <strong>die</strong> Signaltransduktion<br />
von Zytokinen (<strong>die</strong> sich außerhalb der Zelle <strong>und</strong> somit der<br />
Zellmembran befinden) ins Zytoplasma.<br />
Dazu gehören folgende für <strong>die</strong> myeloische Entwicklung<br />
wichtige Wachstumsfaktoren:<br />
n Erythropoietin<br />
n Thrombopoietin<br />
n Granulozyten/Makrophagen – Kolonie-stimulierender<br />
Faktor<br />
n IL 3 <strong>und</strong> IL 5<br />
Wenn ein Zytokin an seinen Zytokinrezeptor bindet, wird<br />
JAK 2 aktiviert, der zytoplasmatische Anteil des Zytokinrezeptors<br />
wird phosphoryliert, dadurch können dann <strong>die</strong> STATs<br />
(Transkriptionsfaktoren) binden, werden ihrerseits phosphoryliert<br />
– gelangen in den<br />
Zellkern <strong>und</strong> ermöglichen dort<br />
<strong>die</strong> Transkription der Zielgene<br />
–, wodurch <strong>die</strong> Proliferation<br />
Abb. 1: Der römische doppelköpfige<br />
Gott <strong>Janus</strong><br />
<strong>und</strong> Differenzierung der hämatologischen Zellen ermöglicht<br />
<strong>und</strong> gesteuert wird.<br />
Klassische myeloproliferative <strong>Erkrankungen</strong>:<br />
Zu den klassischen myeloproliferativen <strong>Erkrankungen</strong><br />
(<strong>die</strong> bcr-abl negativen, also nicht <strong>die</strong> chronisch myeloische<br />
Leukämie) zählen:<br />
n Polycythämia vera (PCV)<br />
n Essentielle Thrombocythämie (ET)<br />
n Idiopatische Myelofibrose (IMF)<br />
Alle drei Erscheinungsformen sind zurückzuführen auf<br />
<strong>die</strong> klonale Erkrankung einer multipotenten Stammzelle. Die<br />
PatientInnen präsentieren sich mit exzessiver Vermehrung<br />
einer oder mehrerer hämatologischer Zellreihen (Erythrozyten,<br />
Leukozyten, Thrombozyten). Tatsächlich zeigen <strong>die</strong><br />
einzelnen Krankheitsentitäten auf der einen Seite eine große<br />
Heterogenität innerhalb ihrer Gruppe, andererseits gibt es<br />
beträchtliche Überschneidungen im klinischen <strong>und</strong> labordiagnostischen<br />
Erscheinungsbild der drei Syndrome:<br />
Hämoglobin<br />
ET:<br />
Thrombozytose<br />
> 600 G/l<br />
Megakaryozyten<br />
/ KM<br />
PCV:<br />
Hämatokrit<br />
Erythrozytenmasse<br />
Erythropoiese im KM<br />
KM-Fibrose<br />
Splenomegalie<br />
Anämie<br />
⊥ Hämoglobin<br />
IMF:<br />
KM-Fibrose<br />
Splenomegalie<br />
Anämie<br />
Polycythämia vera (PCV)<br />
n Die PCV ist assoziiert mit erhöhtem Hämatokrit <strong>und</strong><br />
erhöhter Erythrozytenmasse sowie einer gesteigerten Erythropoiese<br />
im Knochenmark.<br />
n Oft geht sie auch mit einer Leukozytose oder<br />
Thrombozytose einher.
26 wissenschaft & praxis<br />
n Die Diagnosestellung wird allerdings erschwert bei<br />
PatientInnen, <strong>die</strong> normale Hämoglobinwerte z.B. wegen<br />
Eisenmangels aufweisen, dem eher untypischen Vorhandensein<br />
einer Splenomegalie, dem Entwickeln einer<br />
Knochenmarksfibrose bei fortgeschrittener Erkrankung<br />
<strong>und</strong> den so genannten sek<strong>und</strong>ären Polyglobulien.<br />
Idiopatische Myelofibrose (IMF)<br />
n Das Vorliegen einer Knochenmarksfibrose – ein Bef<strong>und</strong><br />
vom Hämatopathologen – sowie <strong>die</strong> Anämie <strong>und</strong><br />
Splenomegalie sprechen für <strong>die</strong> Diagnose der IMF.<br />
n Cave: Auch andere myeloproliferative <strong>Erkrankungen</strong><br />
zeigen oder entwickeln eine Knochenmarksfibrose,<br />
Splenomegalie <strong>und</strong> Anämie.<br />
Essentielle Thrombocythämie (ET)<br />
n Diagnosekriterium für <strong>die</strong> ET ist eine Thrombozytose<br />
von > 600 000/µl <strong>und</strong> <strong>die</strong> erhöhte Proliferation von<br />
Megakaryozyten im Knochenmark.<br />
n ET-PatientInnen können ebenso wie PCV-PatientInnen<br />
erhöhte Hämoglobinwerte bei niedrigen EPO-Spiegeln<br />
aufweisen; auch eine Splenomegalie oder eine<br />
Knochenmarksfibrose kann sich im Laufe der Erkrankung<br />
entwickeln.<br />
STAT proteine<br />
Nucleus<br />
Cytokine<br />
receptors<br />
Cytokine<br />
Resruitment to<br />
cytokine receptor<br />
Translocation of<br />
STATs to nucleus<br />
Phosphorylation and<br />
dimerization of STATs<br />
STAT-binding sequences<br />
Cytokine-responsive gene<br />
in promoter<br />
Abb. 2: <strong>Janus</strong> Kinase 2 in der normalen Hämatopoiese<br />
Transcription<br />
Endogene Erythroide Kolonien (EEC) oder<br />
autonomes BFU-E-Wachstum<br />
Ein diagnostisches Hauptkriterium nach WHO für das<br />
Vorliegen einer PCV ist das so genannte autonome Burst-<br />
/Colony-Forming-Unit-Erythroid-Wachstum (BFU-E- oder<br />
CFU-E-Wachstum) oder in der Literatur auch „endogenous<br />
erythroid colony growth“ genannt. Das bedeutet, das Wachstum<br />
von erythrozytären Kolonien im Stammzell-Kulturansatz<br />
in Abwesenheit von ansonsten notwendigen exogenen<br />
Erythropoietin. Diese Untersuchung wurde schon seit längerer<br />
Zeit zur Unterscheidung sek<strong>und</strong>ärer Polyglobulien von<br />
Polycythämia-vera-<strong>Erkrankungen</strong> klonalen Ursprungs eingesetzt.<br />
Aber wir finden <strong>die</strong>ses Phänomen nicht nur bei PCV-<br />
PatientInnen:<br />
Autonomes BFU-E Wachstum bei:<br />
80 – 100 % der PatientInnen mit PCV<br />
bis zu 50 % der PatientInnen mit ET<br />
ca. 30 % der PatientInnen mit IMF<br />
Dieses abnorme Wachstumsverhalten der hämatopoietischen<br />
Progenitorzellen in vitro war <strong>die</strong> Basis für Stu<strong>die</strong>n über<br />
<strong>die</strong> Signalwege der hämatopoietischen Zellen.<br />
JAK2 V617F Mutation bei<br />
myeloproliferativen <strong>Erkrankungen</strong><br />
Es handelt sich um eine erworbene Mutation. Durch <strong>die</strong>se<br />
somatische Punktmutation kommt es zum Verlust der autoinhibitorischen<br />
Funktion der Pseudo-Kinase-Domäne von<br />
JAK 2 – im Gegenteil sorgt <strong>die</strong>se Mutation für eine ständige<br />
Aktivierung der Kinase auch ohne das Vorhandensein von<br />
Wachstumsfaktoren <strong>und</strong> führt somit zu einer gesteigerten<br />
Proliferation von hämatopoietischen Vorläuferzellen.<br />
Diese molekularbiologische Veränderung erklärt das Phänomen<br />
der Zytokinunabhängigkeit bzw. Hypersensitivität<br />
der hämatopoietischen Progenitoren myeloproliferativer <strong>Erkrankungen</strong><br />
gegenüber den Wachstumsfaktoren <strong>und</strong> ist eine<br />
der Ursachen, <strong>die</strong> zum autonomen BFU-E-Wachstum führen.<br />
Innerhalb der ersten sieben Monate nach Veröffentlichung<br />
der Publikationen über <strong>die</strong> JAK2-V617F–Mutation<br />
reagierten <strong>die</strong> molekularbiologischen Labors sowohl in den<br />
Vereinigten Staaten als auch in Europa. Ab Herbst 2005 hatten<br />
einige Laboratorien Methoden zum Nachweis der Mutation<br />
evaluiert, <strong>und</strong> der Test zum Nachweis der JAK2-Mutation<br />
mittels verschiedenster PCR-Techniken wird den KlinikerInnen<br />
angeboten.<br />
Die JAK2-V617F-Mutation ist bei keiner einzigen von<br />
den mehr als 700 in einer Stu<strong>die</strong> getesteten Normalpersonen<br />
gef<strong>und</strong>en worden, auch bei keinem/r der PatientInnen mit<br />
sek<strong>und</strong>ärer, reaktiver Polyglobulie oder reaktiver sek<strong>und</strong>ärer<br />
Thrombozytose. Ebenso wichtig ist <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong>se<br />
Mutation spezifisch bei den myeloisch determinierten Progenitoren<br />
gef<strong>und</strong>en wurde, nicht aber in den Zellen der PatientInnen<br />
mit lymphatischen oder lymphoproliferativen <strong>Erkrankungen</strong>,<br />
MyelompatientInnen oder PatientInnen mit soliden<br />
Tumoren.<br />
JAK2-V617F-Mutation ist nachweisbar bei:<br />
65 – 97 % der PatientInnen mit PVC<br />
23 – 57 % der PatientInnen mit ET<br />
35 – 57 % der PatientInnen mit IMF<br />
Bei einigen wenigen PatientInnen u.a. ca. 7% mit myelodysplastischen<br />
Syndromen oder atypischen myeloischen <strong>Erkrankungen</strong><br />
wurde <strong>die</strong> Mutation auch gef<strong>und</strong>en.<br />
Klinische Anwendbarkeit<br />
In der Diagnostik<br />
Wegen der hohen Spezifität, bei der <strong>die</strong> JAK2-V167F-<br />
Mutation bei Philadelphia-negativen myeloproliferativen <strong>Erkrankungen</strong><br />
gef<strong>und</strong>en wird <strong>und</strong> eindeutig Ausdruck des Vorhandenseins<br />
einer klonalen Stammzellerkrankung ist, findet<br />
<strong>die</strong>se Untersuchung bestens Anwendung zur Unterscheidung<br />
zwischen benignen <strong>und</strong> malignen Polyglobulien <strong>und</strong> Thrombozytosen.<br />
Als Screeningtest eingesetzt bei PatientInnen mit<br />
unklaren myeloproliferativen Krankheitsbildern kann der<br />
Nachweis der JAK2-V167F-Mutation möglicherweise manch<br />
andere Untersuchung ersetzen bzw. ersparen wie z.B. <strong>die</strong> Bestimmung<br />
der Gesamterythrozytenmasse – eine kosten- <strong>und</strong><br />
personalaufwändige <strong>und</strong> strahlenbelastende Methode, <strong>die</strong>
wissenschaft & praxis<br />
27<br />
Abb. 3: Autonomes CFU-E (Colony forming unit erythroid)<br />
Akute Chagas-Krankheit: In etwa 30 % findet sich an<br />
der Inokulationsstelle eine entzündliche Infiltration der Haut,<br />
begleitet von regionaler Lymphadenitis, dem „Chagom“.<br />
War <strong>die</strong> Eintrittspforte <strong>die</strong> Augenbindehaut, bezeichnet man<br />
<strong>die</strong> entstehende unilaterale Konjunktivitis mit Lidödem als<br />
„Romansches Zeichen“. Etwa zwei Wochen post infectionem<br />
erfolgt der Übertritt der Trypanosomen in das Blut, begleitet<br />
von häufig intermittierendem Fieber, generalisierter<br />
Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie <strong>und</strong> morbiliforbis<br />
dato als wichtigstes Diagnosekriterium für das Vorliegen<br />
einer PCV galt. PatientInnen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> JAK2-Mutation aufweisen,<br />
leiden mit Sicherheit an einer Form einer myeloproliferativen<br />
Erkrankung – obwohl <strong>die</strong> Unterscheidung, welche<br />
der drei Formen vorliegt, noch mit zusätzlichen Diagnoseparametern<br />
gestellt werden muss.<br />
Für <strong>die</strong> Prognose<br />
Die JAK2-Mutation kann jedoch mit unterschiedlichen<br />
biologischen Verhalten assoziiert werden. So weiß man heute<br />
bereits, dass V617F-positive PatientInnen häufiger Thrombosen<br />
erleiden; auch sprechen JAK2-mutierte PatientInnen<br />
besser auf eine Therapie mit Hydroxyurea an als V617F-negative<br />
PatientInnen.<br />
Zukunftsvision – Therapie<br />
Für <strong>die</strong> Wissenschaft stellt <strong>die</strong>se Mutation in Analogie<br />
zur bcr-abl-Translokation ein neues attraktives Forschungsgebiet<br />
dar. Bei der chronisch myeloischen Leukämie <strong>und</strong> der<br />
Philadelphiachromosom-positiven akuten lymphatischen<br />
Leukämie gilt <strong>die</strong> Therapie mittels Imatinib (Glivec ® ) mit<br />
gezielter Blockade der bcr-abl-Translokation als Paradebeispiel<br />
für <strong>die</strong> Behandlung durch Inhibition eines Signaltransduktionsweges.<br />
Analog dazu könnte mit der Entwicklung<br />
<strong>und</strong> dem Einsatz von zielgerichteten Medikamenten PatientInnen<br />
mit myeloproliferativen Syndromen <strong>und</strong> JAK2-Mutation,<br />
<strong>die</strong> bisher wenig Therapieoptionen <strong>und</strong> leider oft unbefriedigend<br />
geringe Überlebenszeiten aufwiesen, zu einer<br />
klaren Verbesserung ihrer Prognose verholfen werden.<br />
Die hohe Anzahl von PatientInnen mit ET <strong>und</strong> IMF, <strong>die</strong><br />
keine Mutation von JAK 2 aufweisen, legt <strong>die</strong> Existenz einer<br />
oder mehrerer zusätzlicher Mutationen nahe, <strong>die</strong> eine myeloproliferative<br />
Erkrankung verursachen können. Auch das<br />
Zusammentreffen der JAK2-Mutation mit einer noch unbekannten<br />
Aberration gilt als wahrscheinlich. Somit könnte <strong>die</strong><br />
alleinige Blockade der JAK2-Mutation möglicherweise noch<br />
nicht zu einer erfolgreichen Behandlung führen. Weltweit<br />
wird intensiv nach solchen Veränderungen geforscht, wir<br />
dürfen also noch gespannt sein.<br />
n<br />
Eva Jäger<br />
Biomedizinische Analytikerin<br />
AKH-Wien – KIMCL, Stammzelllabor<br />
Morbus Chagas –<br />
<strong>die</strong> amerikanische Trypanosomiasis<br />
In Mittel- <strong>und</strong> Südamerika leben Millionen Menschen unter<br />
Bedingungen, <strong>die</strong> eine Infektion mit Trypanosoma Cruzi<br />
begünstigen.<br />
wissenschaft<br />
& praxis<br />
Die Vektoren <strong>die</strong>ser ausschließlich in Mittel<strong>und</strong><br />
Südamerika beheimateten Erkrankung<br />
sind Raubwanzen aus dem Genus Panstrongylus,<br />
Triatoma <strong>und</strong> Rhodinus. Diese nachtaktiven<br />
Blutsauger, <strong>die</strong> tagsüber in Ritzen oder<br />
strohgedeckten Dächern fast unauffindbar Unterschlupf finden,<br />
orten ihre Opfer mittels Thermorezeptoren. Zur Untergruppe<br />
„Stercoraria“ gehörend, ist nach der Blutmahlzeit <strong>die</strong><br />
Defäkation obligat verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> damit <strong>die</strong> Kontamination<br />
der Haut mit der Infektionsform der Parasiten, den Metatrypanosomen.<br />
Durch <strong>die</strong> juckende Läsion bedingt, wird der<br />
Wanzenkot vom Menschen unter Umständen in den Stichkanal<br />
eingerieben – damit beginnt <strong>die</strong> eigentliche Infektion.<br />
(Weitere Infektionswege bestehen durch Transfusionen mit infiziertem<br />
Blut <strong>und</strong> kongenital.) Charakteristisch für T.cruzi ist<br />
sein Unvermögen eines „antigen<br />
shiftings“, wodurch <strong>die</strong><br />
trypomastigoten Blutformen<br />
zerstört würden.<br />
Pathophysiologisch werden<br />
folglich durch <strong>die</strong> „endogene<br />
Reinfektion“ in Verbindung<br />
mit allergischen sowie AG-AK-<br />
Reaktionen ständig neue Entzündungsherde<br />
in periodischem<br />
Wechsel zwischen Blut<strong>und</strong><br />
Gewebsbefall gesetzt. Der<br />
experimentell bewiesene Tropismus zu Zellen des RHS, der<br />
Herzmuskulatur <strong>und</strong> den Gliazellen erklärt den klinischen<br />
Bef<strong>und</strong>.<br />
Klinik