Zentrale Ergebnisse der bisherigen Projektarbeit - ism
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Projekt: „Kin<strong>der</strong> psychisch kranker Eltern – Prävention und Kooperation von<br />
Jugendhilfe und Erwachsenenpsychiatrie“<br />
<strong>Zentrale</strong> <strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> Bestandsaufnahme<br />
Fallrekonstruktionen – ExpertInneninterviews – Gruppeninterviews mit Müttern<br />
– Zielgruppenanalyse<br />
<strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> gemeinsamen Fallrekonstruktionen<br />
In den drei Standortgremien wurden jeweils zwei Fallrekonstruktionen<br />
durchgeführt, so dass im Gesamtprojekt sechs Fallrekonstruktionen stattfanden.<br />
Dabei ging es stets um Fallverläufe, in denen es tatsächlich zu einer Kooperation<br />
zwischen Jugendhilfe und Psychiatrie kam, die allerdings mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
gelingend verlaufen ist. Sowohl seitens <strong>der</strong> Psychiatrie als auch seitens <strong>der</strong><br />
Jugendhilfe (Jugendamt) wurde jeweils eine Fallkonstellation aus <strong>der</strong> je eigenen<br />
Perspektive vorgestellt. Die Leitfragen für die Fallvorstellung konzentrierten sich<br />
dabei vor allem auf die Beschreibung und den Verlauf <strong>der</strong> Kooperation. Die an<strong>der</strong>en<br />
Perspektiven auf den Fallverlauf wurden dann sukzessive nach einem strukturierten<br />
Verfahren eingeholt. Ziel war es, die Kooperationskontakte und ihre Bedeutung für<br />
den gesamten Fallverlauf gemeinsam zu reflektieren und daraus für die Gestaltung<br />
<strong>der</strong> weiteren Zusammenarbeit zu lernen.<br />
Zusammenfassend lassen sich folgende zentralen <strong>Ergebnisse</strong> aus den<br />
Fallrekonstruktionen festhalten:<br />
�Die beteiligten Einrichtungen und Institutionen <strong>der</strong> Jugendhilfe, <strong>der</strong> Psychiatrie<br />
und <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe wissen zum Teil sehr wenig von einan<strong>der</strong>. Daher<br />
bedarf es einer besseren Profilierung <strong>der</strong> Kooperationspartner vor Ort. Dazu<br />
wird als hilfreich angesehen herauszuarbeiten, welche Aufträge, Funktionen<br />
und Rollen für die einzelne Institution handlungsleitend sind und welche<br />
Möglichkeiten, aber auch welche Grenzen damit – vor allem hinsichtlich des<br />
Themas „Kin<strong>der</strong> psychisch kranker Eltern“ – verbunden sind.<br />
�In engem Zusammenhang damit steht das Bestreben, einen Überblick über die<br />
verschiedenen schon bestehenden Angebote und Hilfen zu erarbeiten, auf die<br />
bei Bedarf im Standort zurückgegriffen werden kann bzw. die ggf. auch<br />
weiterentwickelt und angepasst werden können. Wie sich gezeigt hat, besteht<br />
bisher ein eher zersplittertes Wissen darüber, welche Angebote und Hilfen es<br />
bereits gibt („je<strong>der</strong> weiß etwas“). Dieses gilt es in einem ersten Schritt<br />
zusammenzuführen, um dann geeignete Anschlussstellen für die<br />
Weiterentwicklung spezifischer Angebote für die Zielgruppe „Kin<strong>der</strong> psychisch<br />
kranker Eltern“ bestimmen zu können.<br />
�Eine beson<strong>der</strong>e Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Profilierung des<br />
Jugendamtes, das sowohl die Hilfe für die jungen Menschen gewährt als auch<br />
im direkten Kontakt zu den Eltern und an<strong>der</strong>en Familienmitglie<strong>der</strong>n steht. Vor<br />
allem mit Blick auf die Garantenstellung des Jugendamtes und <strong>der</strong> Frage nach
dem Umgang mit einer möglichen Kindeswohlgefährdung ergeben sich Fragen<br />
nach einer guten Ausgestaltung <strong>der</strong> Hilfe, <strong>der</strong> Gestaltung von Kontakten zur<br />
Psychiatrie (auch unter Berücksichtigung von Datenschutzfragen), sowie zur<br />
Gestaltung <strong>der</strong> Arbeit mit Familien im Zwangskontext.<br />
�Das Hilfeplanverfahren in Psychiatrie (für die Eltern) und Jugendhilfe (für die<br />
Kin<strong>der</strong>) sollte stärker auf einan<strong>der</strong> abgestimmt werden. Konkret wurde die<br />
Frage aufgeworfen, inwieweit bei jedem Fall von psychischer Erkrankung <strong>der</strong><br />
Eltern (diagnostiziert o<strong>der</strong> bestehen<strong>der</strong> Verdacht) eine psychiatrische<br />
Perspektive im Hilfeplanverfahren hinzugezogen werden sollte, um die<br />
Gesamtsituation <strong>der</strong> Familie und Bedeutung für das Kind gemeinsam<br />
abschätzen zu können. Eine Einschätzung <strong>der</strong> Erziehungsfähigkeit <strong>der</strong> Eltern<br />
könnte auf diesem Wege auch gemeinsam vorgenommen werden.<br />
�An allen drei Standorten wurden die gemeinsamen Fallrekonstruktionen als<br />
sehr hilfreich und fruchtbar für die Arbeit erlebt. Es wird daher über die<br />
Möglichkeit nachgedacht ein multiprofessionelles Team als Ort des<br />
kontinuierlichen gemeinsamen Lernens in den Standorten zu<br />
institutionalisieren. Im Zuge <strong>der</strong> gemeinsamen Fallberatungen können sowohl<br />
das wechselseitige Verständnis <strong>der</strong> Professionellen als auch angemessene<br />
und gemeinsam getragene Lösungen für betroffene Familien entwickelt<br />
werden.<br />
�Mit <strong>der</strong> Entwicklung von spezifischen Instrumenten, die die Einhaltung von<br />
Vereinbarungen zur Schnittstellengestaltung unterstützen, können die<br />
alltägliche Arbeit in <strong>der</strong> Praxis erleichtert und Reibungsverluste an den<br />
Schnittstellen von Psychiatrie, Einglie<strong>der</strong>ungshilfe bzw. Gemeindepsychiatrie<br />
und Jugendhilfe minimiert werden. Als konkrete Ideen wurden hier<br />
beispielsweise Formulare zur Weitergabe von wichtigen Informationen<br />
benannt, Checklisten für Eingangsfragen bei <strong>der</strong> Aufnahme in die Psychiatrie<br />
o<strong>der</strong> ein abgestimmtes Instrument zur Hilfeplanung. Neben <strong>der</strong> Erleichterung<br />
<strong>der</strong> Arbeit können solche Instrumente auch für die Problematik und die<br />
Situation <strong>der</strong> Gesamtfamilie sensibilisieren.<br />
�Die Bedeutung und die Folgen einer psychischen Erkrankung <strong>der</strong> Eltern für die<br />
Kin<strong>der</strong> gilt es sorgsam einzuschätzen und hinsichtlich des Kindeswohls<br />
abzuwägen. Hier bedarf es einer intensiven Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den<br />
verschiedenen Krankheitsbil<strong>der</strong>n und Krankheitsverläufen seitens <strong>der</strong><br />
Fachkräfte <strong>der</strong> Jugendhilfe im Austausch mit <strong>der</strong> Psychiatrie.<br />
<strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> ExpertInneninterviews<br />
In den drei Standorten wurden insgesamt 21 Interviews mit Fach- und<br />
Leitungskräften aus <strong>der</strong> Jugendhilfe, <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe und <strong>der</strong> Psychiatrie<br />
geführt, in denen vor allem nach den Erfahrungen zum Thema „Kin<strong>der</strong> psychisch<br />
kranker Eltern“, nach den Kooperationserfahrungen vor Ort sowie nach bestehenden<br />
und benötigten Angeboten gefragt wurde.<br />
An allen drei Standorten wurde die Einschätzung geäußert, dass sich das Thema<br />
vor allem im Zeitraum <strong>der</strong> letzten drei bis fünf Jahre verstärkt in <strong>der</strong> Praxis bemerkbar
gemacht hat und dass es in <strong>der</strong> Regel psychisch kranke Mütter - häufig<br />
alleinerziehend – sind, die mit ihren Kin<strong>der</strong>n zusammenleben. Häufig genannt wurde<br />
zudem das Problem <strong>der</strong> Tabuisierung dieses Themas innerhalb <strong>der</strong> Familien. Daraus<br />
folgt allerdings, dass sich die Kin<strong>der</strong> keine Hilfe von Dritten holen können. Auch die<br />
fehlende Krankheitseinsicht kann es sowohl für die Kin<strong>der</strong> als auch für die<br />
Professionellen sehr schwer machen, Verän<strong>der</strong>ungsprozesse in <strong>der</strong> Familie<br />
anzustoßen. Grundsätzlich besteht bei den Fachkräften <strong>der</strong> Jugendhilfe ein großer<br />
Bedarf an Fort- und Weiterbildung zu diesem Thema aufgrund <strong>der</strong> zum Teil großen<br />
Unsicherheit im Umgang mit den Familien.<br />
Die Kooperation in den Standorten ist unterschiedlich entwickelt, und zwar sowohl<br />
zwischen den Standorten als auch zwischen verschiedenen Institutionen und<br />
Einrichtungen innerhalb eines Standortes. Dort wo sich eine Zusammenarbeit bereits<br />
vor Projektbeginn etabliert hatte, wurde von positiven Kooperationserfahrungen<br />
berichtet. Als Weiterentwicklungsbedarf wurden insbeson<strong>der</strong>e ein regelmäßiger<br />
Austausch und gegenseitige Beratungen in konkreten Einzelfällen herausgestellt.<br />
Lange Wartezeiten bis zur Einleitung o<strong>der</strong> möglichen Inanspruchnahme einer Hilfe<br />
wurden von allen Befragten als zu beachtende Hürde beschrieben.<br />
Bereits bestehende Angebote, die sich speziell an Kin<strong>der</strong> psychisch kranker Eltern<br />
wenden gibt es in den Standorten nicht. Einzige Ausnahme ist die bereits bekannte<br />
Eltern-Kind-Gruppe in <strong>der</strong> Hunsrück-Klinik <strong>der</strong> kreuznacher diakonie.<br />
Aus den Interviews können verschiedene Ideen und Ansätze für die Entwicklung<br />
von Angeboten und Hilfen für Kin<strong>der</strong> psychisch kranker Eltern zusammengetragen<br />
werden. Die Spannbreite geht dabei von niedrigschwelligen und präventiven<br />
Angeboten bis hin zu stationären Angeboten und Hilfen im Zwangskontext. Folgende<br />
Angebote können als erste Ideensammlung benannt werden:<br />
�Entlastende und unterstützende Angebote für strukturell überfor<strong>der</strong>te Familien<br />
bzw. so genannte „Risikofamilien“, bei denen möglichst frühzeitig eine<br />
Begleitung <strong>der</strong> Eltern und eine Stärkung ihrer Erziehungsfähigkeit stattfinden<br />
bzw. angestrebt werden (z.B. „Starke Eltern – starke Kin<strong>der</strong>).<br />
�Möglichkeiten <strong>der</strong> Freizeitgestaltung mit betroffenen Kin<strong>der</strong>n als Ausgleich für<br />
den „Stress“ in <strong>der</strong> Familie.<br />
�Gruppenangebote für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche, die ihnen einen<br />
Erfahrungsaustausch mit An<strong>der</strong>en in ähnlichen Situationen ermöglichen<br />
�Therapeutische Angebote für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />
�Erarbeitung von Notfallplänen und Bereitstellung von Anlaufstellen für Eltern<br />
die schnelle Hilfe in akuten Phasen benötigen<br />
�Leicht zugängliche Beratungsangebote für Eltern, z.B. Sprechstunden von<br />
Beratungsstellen in <strong>der</strong> Erwachsenenpsychiatrie<br />
�Erarbeitung von Informationsmaterialien für Eltern und Kin<strong>der</strong>, die z.B. über<br />
mögliche Hilfen und Angebote informieren o<strong>der</strong> die Eltern bei <strong>der</strong> Aufklärung<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> bezüglich <strong>der</strong> Krankheit <strong>der</strong> Eltern unterstützen<br />
�Patenschaften für Familien in Anlehnung an bereits bestehende Modelle in<br />
an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n
�Möglichkeit zur gemeinsamen Aufnahme von Müttern mit ihren Kin<strong>der</strong>n – je<br />
nach Krankheitsbild <strong>der</strong> Mutter und Einschätzung <strong>der</strong> Professionellen<br />
�Betreutes Wohnen von Familien auf Zeit<br />
�Konzeptionierung und Gestaltung nicht freiwilliger Settings evtl. in Kooperation<br />
von Jugendhilfe und Psychiatrie<br />
Unabhängig davon, um welche Art von Angebot es sich handelt, können zentrale<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Hilfen benannt werden: So scheint es mit Blick auf die Kin<strong>der</strong><br />
beson<strong>der</strong>s wichtig möglichst viel „Normalität“ zu bieten, da <strong>der</strong> familiäre Alltag <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen häufig stark durch die Krankheit des Elternteils und ihrer<br />
spezifischen Art <strong>der</strong> Wahrnehmung und Beziehungsgestaltung geprägt ist. Weiterhin<br />
muss es für die Kin<strong>der</strong> möglich sein ihre (je nach Alter unterschiedlich ausgeprägten)<br />
Schuldgefühle gegenüber den Eltern sowie bestehende Loyalitätskonflikte zu<br />
bearbeiten. Auch <strong>der</strong> Aspekt <strong>der</strong> Aufklärung bezogen auf die Erkrankung <strong>der</strong> Eltern<br />
muss bei den verschiedenen Hilfen einbezogen und altersgerecht umgesetzt werden.<br />
Die entsprechend qualifizierten und ausgebildeten Fachkräfte, die mit den Familien<br />
zusammenarbeiten, sollten einem ganzheitlichen Ansatz folgen und die Familie in<br />
ihrem gesamten Umfeld in den Blick nehmen. Es ist wichtig mit den Familien<br />
Netzwerke zu schaffen und auch das bestehende Hilfesystem besser zu vernetzen.<br />
Auch die spezifischen Auswirkungen einer psychischen Erkrankung<br />
(Krankheitsschübe, Unterschiede in Fremd- und Selbsteinschätzung, etc.) sollten<br />
bekannt sein und in <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Hilfe stärker berücksichtigt werden. Es hat<br />
sich als bedeutsam herausgestellt vor allem ambulante Angebote stärker zu<br />
qualifizieren und bedarfsgerechter für diese Zielgruppe zu gestalten.<br />
Neben den bereits im Projekt beteiligten Professionen wurden auch die<br />
Kin<strong>der</strong>tagesstätten und Schulen, die Kin<strong>der</strong>ärzte sowie das Familiengericht als<br />
weitere wichtige Kooperationspartner benannt, die es im weiteren Verlauf des<br />
Projekts entsprechend einzubeziehen gilt.<br />
<strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> Interviews mit psychisch kranken Eltern<br />
An allen drei Standorten wurden Interviews mit Müttern geführt, die sich in<br />
psychiatrischer Behandlung befinden bzw. befanden. Gegenstand <strong>der</strong> Interviews<br />
waren ihre subjektiven Einschätzungen dazu, was ihnen hilft bzw. es ihnen schwer<br />
macht, trotz psychischer Erkrankung ihren Erziehungsaufgaben nachzukommen. Auf<br />
diese Weise sollte neben <strong>der</strong> Fachkräfteperspektive auch die Perspektive <strong>der</strong><br />
psychisch kranken Eltern aufgenommen werden.<br />
Insgesamt wurde an jedem Standort ein Gruppeninterview mit Müttern geführt. Es<br />
beteiligten sich einmal drei, einmal vier und einmal acht Mütter. Ein Vater nahm an<br />
dem Gruppeninterview teil, beteiligte sich allerdings nicht aktiv am Gespräch. Die<br />
Gruppeninterviews erwiesen sich insgesamt als eine geeignete aktivierende<br />
Methode. So entwickelte sich in jedem Gruppeninterview auch ein Austausch unter<br />
den Müttern. Die Erfahrungen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en wurden aufmerksam wahrgenommen und<br />
praktische Tipps ausgetauscht.<br />
Als <strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> Gruppeninterviews mit den Müttern lassen sich resümieren:
�Der Kontakt zum Jugendamt ist für viele Mütter von <strong>der</strong> Angst bestimmt, ihr<br />
Kind zu verlieren. So beschreiben sie eindrücklich, wie sie zu beweisen<br />
suchen, dass sie selbst für ihr Kind sorgen können. Auch verschweigen<br />
manche Mütter Schwierigkeiten, die sie bei sich selbst feststellen, auf Grund<br />
<strong>der</strong> Sorge, dass dies gegen sie verwendet werden könnte.<br />
�Die Mütter sehen sehr wohl ihre Schwierigkeiten und bei entsprechendem<br />
Vertrauen können sie das Jugendamt auch als Hilfeinstanz wahrnehmen. Von<br />
beson<strong>der</strong>er Bedeutung erscheint dabei, in wie weit sie auf ihre psychische<br />
Erkrankung reduziert und sich als „psychisch Kranke“ stigmatisiert erleben,<br />
aber auch in wie weit neben den mit <strong>der</strong> Krankheit verbundenen<br />
Schwierigkeiten gelingende Alltags- und Erziehungssequenzen wertgeschätzt<br />
werden.<br />
�Die befragten Mütter haben Erfahrungen mit unterschiedlichen Hilfeangeboten<br />
gemacht. Dabei wurden die Erziehungsberatungsstellen als eine Möglichkeit<br />
herausgestellt, einen kontinuierlichen Ansprechpartner für die ganze Familie zu<br />
haben. Die Sozialpädagogische Familienhilfe wurde einerseits als hilfreich und<br />
nützlich, an<strong>der</strong>erseits aber auch als zusätzliche Belastung erlebt. Aus den<br />
Erzählungen <strong>der</strong> Mütter ergeben sich insbeson<strong>der</strong>e Hinweise auf die<br />
Bedeutung einer guten Auftragsklärung sowie einer hohen Transparenz bzgl.<br />
des Handlungskontextes (Dienstleistungs- o<strong>der</strong> Zwangskontext) und <strong>der</strong> Rolle<br />
<strong>der</strong> SPFH-Fachkraft. Im Blick auf eine notwendig werdende<br />
Fremdunterbringung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> zeigte sich, dass für manche Mütter eine<br />
Pflegefamilie für an<strong>der</strong>e die Heimerziehung akzeptabler ist. Als sehr hilfreich<br />
haben Mütter das soziale Kompetenztraining erlebt, das ihnen neue<br />
Möglichkeiten zur Bewältigung von Alltagssituationen mit ihren Kin<strong>der</strong>n<br />
eröffnet.<br />
�Ganztagsbetreuungsangebote in Kin<strong>der</strong>tagesstätten (incl. Hort) und<br />
Ganztagsschulen sind für psychisch kranke Mütter eine wichtige<br />
Entlastungsmöglichkeit.<br />
�Im Blick auf einen möglichen Krankenhausaufenthalt ist es für die psychisch<br />
kranken Mütter sehr wichtig zu wissen, wie ihre Kin<strong>der</strong> im Bedarfsfall gut<br />
versorgt werden können. Positive Erfahrungen haben sie hier mit Tagesmüttern<br />
gemacht. An<strong>der</strong>e suchen gemeinsam mit dem Jugendamt eine Pflegefamilie,<br />
die als Patenfamilie fungiert. Manche Mütter wünschen sich die Möglichkeit, ihr<br />
Kind mitnehmen zu können, insbeson<strong>der</strong>e wenn die Kin<strong>der</strong> noch sehr klein<br />
sind.<br />
�Die Mütter tun sich schwer, mit ihren Kin<strong>der</strong>n über ihre Krankheit zu sprechen.<br />
Hier wünschen sie sich konkrete Unterstützung.<br />
�Als bedeutsam haben die Mütter schließlich auch herausgestellt, dass sie und<br />
auch ihre Kin<strong>der</strong> über Vertrauenspersonen und Ansprechpartner verfügen.<br />
Dazu gehört eine kontinuierliche und verlässliche ärztliche Betreuung ebenso<br />
wie eine psychotherapeutische bzw. beraterische Begleitung und Anlaufstellen<br />
für das Kind außerhalb <strong>der</strong> Familie.
Neben <strong>der</strong> Befragung von psychisch kranken Eltern war in <strong>der</strong> ersten<br />
Projektphase auch eine Befragung von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen vorgesehen<br />
gewesen. Diese konnte bisher noch nicht umgesetzt werden, da methodische Fragen<br />
noch nicht abschließend geklärt werden konnten (Auswahl eines geeigneten<br />
Ausdrucksmittels, Vertrauenspersonen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen als<br />
Mittelspersonen etc.). Dieses Vorhaben soll in <strong>der</strong> zweiten Projektphase<br />
weiterverfolgt werden.<br />
<strong>Ergebnisse</strong> <strong>der</strong> Zielgruppenanalysen<br />
Um die Zielgruppe „Kin<strong>der</strong> psychisch kranker Eltern“ genauer beschreiben zu<br />
können, wurde sowohl in den beteiligten Kliniken <strong>der</strong> Erwachsenenpsychiatrie als<br />
auch in allen vier beteiligten Jugendämtern, drei Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrien,<br />
einer Erziehungsberatungsstelle und zwei Lebensberatungsstellen eine so genannte<br />
Zielgruppenanalyse durchgeführt. Dazu wurde ein Erhebungsraster entwickelt,<br />
anhand dessen in allen mitwirkenden Institutionen über einen vereinbarten Zeitraum<br />
systematisch die relevanten Daten erfasst wurden. Für die Kliniken <strong>der</strong><br />
Erwachsenenpsychiatrie bezog sich diese Erhebung auf alle im Zeitraum zwischen<br />
dem 15. Juli und 15. Oktober 2006 entlassenen Patientinnen und Patienten. In den<br />
beteiligten Jugendämtern wurde <strong>der</strong> Bogen zu jedem Kind, das in <strong>der</strong> Zeit zwischen<br />
dem 1. September und 30. November 2006 in <strong>der</strong> kollegialen Fallberatung Thema<br />
war, bearbeitet. In <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie wurden wie<strong>der</strong>um zu allen<br />
Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen, die im Zeitraum vom 15. Juli bis 15. Oktober 2006<br />
entlassen wurden, die notwendigen Daten erhoben. Die Beratungsstellen schließlich<br />
erfassten alle zum Stichtag 30. September 2006 laufenden Beratungen.<br />
Mit dem Erhebungsbogen wurden Daten zur Person des erkrankten Elternteils<br />
einschließlich <strong>der</strong> psychiatrischen Diagnose, zur Person des Kindes, zum Wohnort<br />
des Kindes bzw. <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, zur Versorgung und Betreuung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> während<br />
eines Klinikaufenthaltes des erkrankten Elternteils, zur Kooperation zwischen<br />
Jugendhilfe und Erwachsenenpsychiatrie sowie zu flankierenden Maßnahmen<br />
erfasst. Die Fragestellungen wurden im Einzelnen an die jeweiligen Institutionen<br />
angepasst, um den unterschiedlichen Zugängen zur Zielgruppe gerecht zu werden<br />
und diese auch abbilden zu können. Im Einzelnen konnten daraus folgende<br />
Erkenntnisse gewonnen werden:<br />
Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Zielgruppenanalyse in den Kliniken <strong>der</strong><br />
Erwachsenenpsychiatrie:<br />
Insgesamt wurden hier Daten bei 563 Entlassungen von erwachsenen<br />
Patientinnen und Patienten aufgenommen. Dabei ging es in 113 Fällen um psychisch<br />
kranke Elternteile. Die Situation dieser Eltern zeichnet sich durch folgende Aspekte<br />
aus:<br />
�Rund ein Fünftel <strong>der</strong> Patientinnen und Patienten in <strong>der</strong> Kliniken <strong>der</strong><br />
Erwachsenenpsychiatrie hat min<strong>der</strong>jährige Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> lebt mit min<strong>der</strong>jährigen<br />
Kin<strong>der</strong>n in Haushaltsgemeinschaft. Davon sind 60% Frauen, entsprechend
40% Männer. Mehr als ein Drittel von ihnen (37,5%) hat einen<br />
Migrationshintergrund.<br />
�Die Entlassdiagnosen dieser Patientinnen und Patienten beschreiben zu je<br />
einem Viertel psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope<br />
Substanzen einerseits und Schizophrenie, schizotype und wahnhafte<br />
Störungen an<strong>der</strong>erseits. Noch bei knapp einem Fünftel (18,5%) wurden<br />
affektive Störungen diagnostiziert. Etwas geringer fällt <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />
Patientinnen und Patienten mit Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen aus<br />
(16,7%). Eine eher geringe Bedeutung kommt neurotischen, Belastungs- und<br />
somatoformen Störungen zu (11,1%) sowie den Intelligenzstörungen (1,9%).<br />
�40% <strong>der</strong> Patientinnen und Patienten haben nur ein Kind, entsprechend haben<br />
60% <strong>der</strong> Patientinnen und Patienten zwei und mehr Kin<strong>der</strong>. Dies bedeutet,<br />
dass in <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Fälle von <strong>der</strong> psychischen Erkrankung des Elternteils<br />
mehrere Kin<strong>der</strong> betroffen sind.<br />
�Gut ein Viertel <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ist unter 6 Jahre alt. Sie unterliegen somit noch nicht<br />
<strong>der</strong> Schulpflicht bzw. <strong>der</strong> verpflichtenden Inanspruchnahme eines öffentlichen<br />
Bildungsangebotes. Für diese Altersgruppe ist es darum von beson<strong>der</strong>er<br />
Bedeutung, Angebote und Zugänge zu erschließen, die den Kin<strong>der</strong>n<br />
Gelegenheit geben außerhalb ihrer Familie Bezugspersonen zu gewinnen und<br />
sich ggf. diesen auch anvertrauen zu können.<br />
�Fast die Hälfte <strong>der</strong> jungen Menschen ist zwischen neun und 15 Jahre alt. Dies<br />
bedeutet, dass diese jungen Menschen sich zusätzlich zu ihren<br />
altersspezifischen Entwicklungsaufgaben auch mit spezifischen<br />
Lebensbewältigungsaufgaben auseinan<strong>der</strong>setzen müssen, wie sie sich aus <strong>der</strong><br />
psychischen Erkrankung des Elternteils ergeben. Dazu gehören insbeson<strong>der</strong>e<br />
Aspekte <strong>der</strong> Begleitung und Unterstützung <strong>der</strong> jungen Menschen in ihren<br />
eigenen Entwicklungsprozessen, aber auch Aspekte <strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Eltern und daraus resultierende Fragen <strong>der</strong> sozialen Sicherung etc.<br />
�Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist festzustellen, dass einzelne<br />
Altersgruppen unter allen hier erfassten Kin<strong>der</strong>n psychisch kranker Eltern<br />
überproportional vertreten sind. Dies trifft zum einen für die Altersgruppe <strong>der</strong> 3bis<br />
unter 6-Jährigen sowie <strong>der</strong> 6- bis unter 9-Jährigen und zum an<strong>der</strong>en für die<br />
Altersgruppe <strong>der</strong> 15- bis unter 18-Jährigen zu. Das heißt in diesen<br />
Altersgruppen ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> jungen Menschen an allen jungen Menschen<br />
mit einem psychisch kranken Elternteil höher als <strong>der</strong> Anteil dieser Altersgruppe<br />
in <strong>der</strong> Bevölkerung bezogen auf alle Min<strong>der</strong>jährigen im Bereich <strong>der</strong><br />
Modellstandorte.<br />
�Im Blick auf den Wohn- und Lebensort <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> interessierte insbeson<strong>der</strong>e,<br />
in wie weit die Kin<strong>der</strong> mit dem psychisch kranken Elternteil zusammenleben<br />
o<strong>der</strong> aber bei Verwandten o<strong>der</strong> in öffentlichen Formen <strong>der</strong> Fremdunterbringung<br />
leben. Danach lebt nur knapp die Hälfte <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> mit dem psychisch kranken<br />
Elternteil in Haushaltsgemeinschaft. Knapp ein Drittel <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> lebt bei<br />
Verwandten. Rund 15% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> lebt in einer Pflegefamilie o<strong>der</strong> in<br />
Heimerziehung. Formen <strong>der</strong> Fremdunterbringung spielen somit für Kin<strong>der</strong>
psychisch kranker Eltern eine große Rolle, insbeson<strong>der</strong>e auch Arrangements<br />
innerhalb <strong>der</strong> erweiterten Familie.<br />
�In zwei Drittel <strong>der</strong> Fälle werden die Kin<strong>der</strong> während des Klinikaufenthaltes des<br />
psychisch kranken Elternteils durch das an<strong>der</strong>e Elternteil o<strong>der</strong> ein Stiefelternteil<br />
versorgt und betreut. In einem Fünftel <strong>der</strong> Fälle werden die Kin<strong>der</strong> durch<br />
an<strong>der</strong>e Verwandte o<strong>der</strong> nicht-verwandte Personen aus dem sozialen Umfeld<br />
versorgt. Somit wird ein hoher Anteil <strong>der</strong> Betreuungs- und<br />
Versorgungsleistungen durch die Familien selbst und ihr soziales Umfeld<br />
erbracht. Angesichts <strong>der</strong> vielfältigen Bewältigungsanfor<strong>der</strong>ungen, die an die<br />
Familien in dieser Situation gestellt sind, gilt es hier genauer nachzufragen,<br />
welche Unterstützungsleistungen die Familien benötigen, um dieser Aufgabe<br />
gerecht werden zu können.<br />
�In fast drei Viertel <strong>der</strong> Fälle werden die Patientinnen und Patienten <strong>der</strong><br />
Erwachsenenpsychiatrie im Rahmen einer Krisenintervention in die Klinik<br />
aufgenommen. Gut 60% <strong>der</strong> Patientinnen und Patienten waren bereits zum<br />
wie<strong>der</strong>holten Male in <strong>der</strong> Klinik. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage an<br />
Bedeutung, wie <strong>der</strong> Fall eines möglichen weiteren Klinikaufenthaltes vorbereitet<br />
und ein so genannter Krisenplan unter Beteiligung aller relevanten Personen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e auch <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> erarbeitet werden kann, um entsprechend<br />
(Handlungs-)Sicherheit zu gewinnen.<br />
Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Zielgruppenanalyse in den Jugendämtern:<br />
Insgesamt wurden hier Daten zu 185 kollegial beratenen Familiensituationen<br />
erfasst. Dabei ging es um 68 Familien, in denen eine Erziehungsperson von<br />
psychischer und/o<strong>der</strong> Suchterkrankung betroffen ist bzw. ein Verdacht darauf<br />
besteht. Zu diesen 68 Familien gehören insgesamt 139 Kin<strong>der</strong>. Die Situation <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong> und ihrer Familie kann mit folgenden Aspekten genauer beschrieben werden:<br />
�Im Erhebungszeitraum ging es bei gut einem Drittel <strong>der</strong> Familien und 44% <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong>, die Gegenstand <strong>der</strong> kollegialen Fallberatung waren, um (den Verdacht<br />
auf) eine psychische und/o<strong>der</strong> Suchterkrankung eines Elternteils. Diese Anteile<br />
stellen allerdings einen Durchschnittswert über vier Jugendamtsbereiche dar,<br />
die sich bei differenzierter Betrachtung <strong>der</strong> einzelnen Jugendämter deutlich<br />
unterscheiden. So liegt <strong>der</strong> Anteil in den Stadtjugendämtern Bad Kreuznach<br />
und Ludwigshafen bezogen auf die Familien bei über 40% und bei den Kin<strong>der</strong>n<br />
bei über 50%. In den Landkreisjugendämtern war das Thema psychische<br />
Erkrankung entsprechend weniger relevant.<br />
�In über 80% <strong>der</strong> Fälle betraf die psychische Erkrankung bzw. <strong>der</strong> Verdacht<br />
darauf die Mutter, in gut 40% <strong>der</strong> Fälle den Vater. In gut zwei Drittel <strong>der</strong> Fälle<br />
war keine psychiatrische Diagnose bekannt, d.h. das Thema „psychische<br />
Erkrankung“ gewinnt hier auf Grund <strong>der</strong> Einschätzungen und Beobachtungen<br />
<strong>der</strong> fallführenden Fachkräfte im Jugendamt Bedeutung.<br />
�Bezogen auf das Alter <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ist festzustellen, dass die 9- bis 12-Jährigen<br />
mit gut einem Fünftel die größte Gruppe darstellen, gefolgt von den 12- bis 15-<br />
Jährigen mit knapp einem Fünftel, den 6- bis 9-Jährigen mit 16% und den 15-
is 18-Jährigen mit 14,5%. Knapp ein Viertel <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ist noch unter sechs<br />
Jahre alt, dabei liegt <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> unter 3-Jährigen bis 10% und <strong>der</strong> <strong>der</strong> 3- bis<br />
6-Jährigen bei 13%. Angesichts dieser Verteilung auf alle Altersgruppen ist für<br />
die Entwicklung einer bedarfsgerechten Unterstützungsstruktur für Kin<strong>der</strong><br />
psychisch kranker Eltern die Orientierung an den altersspezifischen<br />
Fragestellungen und Bewältigungsmustern zentral. Darüber hinaus ist die<br />
Zusammenarbeit mit den Regelinstitutionen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesbetreuung sowie<br />
<strong>der</strong> Schule von beson<strong>der</strong>er Bedeutung.<br />
�Gut 70% <strong>der</strong> hier betrachteten Familien hat zwei und mehr Kin<strong>der</strong>. Der Anteil<br />
<strong>der</strong> Familien mit drei und mehr Kin<strong>der</strong>n liegt noch bei 43%. Familien, die mit<br />
dem Jugendamt in Kontakt sind und bei denen eine psychische o<strong>der</strong><br />
Suchterkrankung eine Rolle spielt, sind somit beson<strong>der</strong>s häufig kin<strong>der</strong>reiche<br />
Familien. Dies bedeutet, dass in <strong>der</strong> Entwicklung von Hilfeangeboten meist<br />
mehrere Kin<strong>der</strong> mit ihren spezifischen Ausdrucks- und Bewältigungsformen<br />
sowie Unterstützungsbedarfen Beachtung finden müssen.<br />
�Auch im Blick auf die für das Jugendamt relevante Zielgruppe ist die Frage<br />
nach dem Wohn- und Lebensort <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> zentral. Dazu ist festzustellen, dass<br />
70% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> mit mindestens einem Elternteil zusammenleben,<br />
entsprechend leben 30% bei Verwandten/Bekannten/Dritten o<strong>der</strong> aber in einer<br />
Form <strong>der</strong> Fremdunterbringung (Pflegefamilie, Erziehungsstelle, Heimerziehung<br />
o.ä.). Nur bei einer kleinen Anzahl von Familien gibt es für die einzelnen Kin<strong>der</strong><br />
einer Familie unterschiedliche Lösungen. Bezogen auf die Familien bedeutet<br />
dies, dass bei einem Viertel <strong>der</strong> Familie kein Kind mehr in <strong>der</strong> Familie lebt, bei<br />
knapp 70% <strong>der</strong> Familien leben alle Kin<strong>der</strong> mit mindestens einem Elternteil<br />
zusammen. Es bleiben somit gut 5% <strong>der</strong> Familien, in denen ein Teil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />
mit mindestens einem Elternteil zusammenlebt, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Teil dagegen bei<br />
Verwandten, Bekannten, einer Pflegefamilie o<strong>der</strong> in Heimerziehung lebt.<br />
�Im Durchschnitt sind neben Jugendamt und Erwachsenenpsychiatrie noch zwei<br />
weitere Institutionen in o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Familie tätig. Bei gut drei Viertel <strong>der</strong><br />
Familien besteht eine Zusammenarbeit mit Einrichtungen und Diensten <strong>der</strong><br />
Jugendhilfe. Gut 40% <strong>der</strong> Familien nehmen die Leistung einer Beratungsstelle<br />
in Anspruch. Ein Fünftel <strong>der</strong> Familie steht in Kontakt mit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und<br />
Jugendpsychiatrie, knapp ein Fünftel mit dem Gesundheitsamt. Einrichtungen<br />
und Dienste <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe wurden seitens <strong>der</strong> Jugendämter nur<br />
vereinzelt angegeben.<br />
Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Zielgruppenanalyse in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie:<br />
Insgesamt wurden hier Daten bei 144 Entlassungen von Kin<strong>der</strong>n und<br />
Jugendlichen aufgenommen. Davon hatten 51 junge Menschen ein Elternteil, das<br />
von psychischer und/o<strong>der</strong> Suchterkrankung betroffen ist bzw. ein Verdacht darauf<br />
besteht. Die Situation <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und ihrer Familie kann mit folgenden Aspekten<br />
genauer beschrieben werden:<br />
�Der Anteil <strong>der</strong> jungen Menschen mit einem psychisch kranken Elternteil (bzw.<br />
Verdacht darauf) liegt bei knapp einem Drittel. Bei gut 80% <strong>der</strong> jungen
Menschen ist dies die Mutter, bei gut 30% <strong>der</strong> jungen Menschen <strong>der</strong> Vater. In<br />
knapp 40% <strong>der</strong> Fälle war eine psychiatrische Diagnose bekannt.<br />
�Gut drei Viertel <strong>der</strong> jungen Menschen war zum ersten Mal in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und<br />
Jugendpsychiatrie, entsprechend knapp ein Viertel aber auch schon wie<strong>der</strong>holt.<br />
�Bei den Entlassdiagnosen <strong>der</strong> jungen Menschen fallen beson<strong>der</strong>s auf:<br />
kombinierte Störung des Sozialverhaltens und <strong>der</strong> Emotionen (34%),<br />
Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (28%) sowie neurotische,<br />
Belastungs- und somatoforme Störungen (20%).<br />
�Bezogen auf die Altersstruktur <strong>der</strong> jungen Menschen zeigt sich ein deutlicher<br />
Schwerpunkt in <strong>der</strong> Altersgruppe <strong>der</strong> 12- bis 15-Jährigen (44%), gefolgt von<br />
den 15- bis 18-Jährigen (27%), den 9- bis 12-Jährigen (17%) und 6- bis 9-<br />
Jährigen (12%). Differenziert man allerdings die Altersangaben nach<br />
Geschlecht zeigt sich für Mädchen und Jungen ein deutlich unterschiedliches<br />
Bild. So liegt <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Jungen über alle Altersgruppen zwischen 20 und<br />
30%. Mädchen sind dagegen zu fast 60% zwischen 12 und 15 Jahre alt,<br />
weitere 30% 15 bis 18 Jahre. Jüngere Mädchen sind nur vereinzelt in <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie (0% 6- bis 9-Jährige, 12,5% 9- bis 12-Jährige).<br />
�Auch die jungen Menschen, die zur Behandlung in die Kin<strong>der</strong>- und<br />
Jugendpsychiatrie kommen, haben meist Geschwister (86%). Der Anteil <strong>der</strong><br />
Familien mit zwei Kin<strong>der</strong> liegt hier bei 50%, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Familien mit drei und mehr<br />
Kin<strong>der</strong>n bei gut einem Drittel.<br />
�Fast 80% <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> leben mit mindestens einem Elternteil zusammen, 18%<br />
leben in einer Form <strong>der</strong> Fremdunterbringung (Pflegefamilie o<strong>der</strong><br />
Heimerziehung), lediglich 4% leben bei Verwandten, Bekannten o<strong>der</strong> Dritten.<br />
Im Unterschied zu den <strong>Ergebnisse</strong>n <strong>der</strong> Zielgruppenanalyse im Jugendamt<br />
leben hier die Geschwister bei ungefähr einem Fünftel <strong>der</strong> Familie an<br />
unterschiedlichen Orten. Das heißt ein Teil lebt bei mindestens einem<br />
Elternteil, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Teil lebt bei Verwandten, Bekannten, in einer<br />
Pflegefamilie o<strong>der</strong> in Heimerziehung.<br />
�In <strong>der</strong> überwiegenden Mehrzahl <strong>der</strong> Familie gibt es bereits eine<br />
Zusammenarbeit mit Einrichtungen und Diensten <strong>der</strong> Jugendhilfe (87%).<br />
Beratungsstellen o<strong>der</strong> auch Einrichtungen und Dienste <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />
werden hier allerdings nur vereinzelt angegeben.<br />
Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Zielgruppenanalyse in den Beratungsstellen:<br />
In den beteiligten Lebensberatungsstellen bestanden zum 30. September 2006<br />
insgesamt 167 Beratungsverhältnisse. In <strong>der</strong> beteiligten Erziehungsberatungsstelle<br />
waren es 1067 Beratungsverhältnisse. Davon war das Thema „psychische und/o<strong>der</strong><br />
Suchterkrankung“ in insgesamt 72 Beratungsverhältnissen bedeutsam, wobei sich<br />
diese sehr gleichmäßig auf alle drei Beratungsstellen verteilen. Die Situation <strong>der</strong><br />
Familie und <strong>der</strong> zu ihnen gehörenden Kin<strong>der</strong> kann mit folgenden Aspekten genauer<br />
beschrieben werden:
�Die psychische und/o<strong>der</strong> Suchterkrankung bzw. <strong>der</strong> Verdacht darauf betrifft in<br />
gut 70% <strong>der</strong> Beratungsverhältnisse die Mutter, in 30% <strong>der</strong><br />
Beratungsverhältnisse den Vater. In gut 60% <strong>der</strong> Beratungsverhältnissen ist<br />
eine psychiatrische Diagnose bekannt.<br />
�Bezogen auf das Alter <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> liegt bei den Beratungsstellen <strong>der</strong><br />
Schwerpunkt auf den 9- bis 12-Jährigen (rund 30%). Ein weiteres Fünftel <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong> ist zwischen sechs und neun Jahren alt. Der Anteil <strong>der</strong> 3- bis 6-Jährigen<br />
liegt bei 15%, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> 12- bis 15-Jährigen bei 16%. Familien mit Kin<strong>der</strong>n<br />
unter drei Jahren ebenso wie Familien mit Kin<strong>der</strong>n über 15 Jahren, in denen<br />
das Thema psychische und/o<strong>der</strong> Suchterkrankung relevant ist, nehmen nur zu<br />
geringen Anteilen Leistungen <strong>der</strong> Beratungsstellen in Anspruch.<br />
�Ungefähr ein Drittel <strong>der</strong> Familien, in denen das Thema psychische und/o<strong>der</strong><br />
Suchterkrankung relevant ist und die Leistungen einer Beratungsstelle in<br />
Anspruch nehmen, haben nur ein Kind. Der Anteil <strong>der</strong> Familien mit zwei<br />
Kin<strong>der</strong>n liegt bei 43%, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Familien mit drei und mehr Kin<strong>der</strong>n bei<br />
knapp einem Fünftel.<br />
�Bei 85% <strong>der</strong> Familien leben die Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Herkunftsfamilie bzw. mit<br />
mindestens einem Elternteil zusammen. Dies bedeutet zugleich, dass die<br />
Beratungsstellen auch für Familien bedeutsam sind, <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> (zum Teil)<br />
mit keinem Elternteil zusammenleben, son<strong>der</strong>n mit an<strong>der</strong>en Verwandten und<br />
Bekannten o<strong>der</strong> auch in einer Pflegefamilie o<strong>der</strong> in Heimerziehung.<br />
�In fast drei Viertel <strong>der</strong> Familien, die die Leistung einer Beratungsstelle in<br />
Anspruch nehmen, besteht auch eine Zusammenarbeit mit Einrichtungen und<br />
Diensten <strong>der</strong> Jugendhilfe. Ein Fünftel <strong>der</strong> Familien steht außerdem im Kontakt<br />
mit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie.