Download - Nonnenmacher Rechtsanwälte Karlsruhe
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<strong>Nonnenmacher</strong><br />
<strong>Rechtsanwälte</strong><br />
_<br />
Altersdiskriminierung bei der Besoldung: Lebensaltersstufen bei der<br />
Beamtenbesoldung europarechtswidrig<br />
Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 20.08.2012,<br />
AZ: 9 K 5034/11.F<br />
von Rechtsanwalt Peter Sennekamp<br />
Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />
Nachdem der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 08.09.2011 das<br />
Vergütungssystem des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) als altersdiskriminierend<br />
angesehen hatte, weil der Bundesangestelltentarifvertrag<br />
eine Eingruppierung der Beschäftigten nach dem Lebensalter vorgesehen<br />
hatte und somit jüngere Arbeitnehmer benachteiligt wurden, hatte nun das<br />
Verwaltungsgericht Frankfurt in der oben zitierten Entscheidung die Frage<br />
zu beantworten, ob auch die Richterbesoldung eine unmittelbare Diskriminierung<br />
wegen des Alters darstellt, weil auch in den Besoldungsgruppen<br />
R 1 und R 2 nach Lebensaltersstufen unterschieden wird. Das<br />
Verwaltungsgericht Frankfurt hat insoweit der Klage eines Richters stattgegeben<br />
und festgestellt, dass die Staffelung des Grundgehalts in den<br />
Besoldungsgruppen R 1 und R 2 nach Lebensaltersstufen nach Maßgabe<br />
des § 38 Bundesbesoldungsgesetz in der zum 31.08.2006 geltenden Fassung<br />
eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne des<br />
Artikels 2 Abs. 2 Buchstabe a RL 2000/78/EG darstelle. Als Folge der<br />
unzulässigen Diskriminierung sei das Grundgehalt den Besoldungsgruppen<br />
R 1 und R 2 nach der höchsten Lebensaltersstufe zu bemessen, da nur<br />
insoweit die Besoldungsordnung R keine Diskriminierung bewirke und<br />
die sonstigen Regelungen zur Bemessung des Grundgehalts in dieser Besoldungsgruppe<br />
wegen des Vorrangs des Unionsrechts außer Anwendung<br />
bleiben müssten.<br />
Dr. Hellmut <strong>Nonnenmacher</strong><br />
Dr. Walter Martin<br />
Arno Stengel<br />
Harald Federle<br />
Thomas Hess<br />
Fachanwalt für<br />
Bau- und Architektenrecht<br />
Fachanwalt für<br />
Bank- und Kapitalmarktrecht<br />
Stefan Wahlen<br />
Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
Karlheinz Linke<br />
Hannes Linke<br />
Fachanwalt für Strafrecht<br />
Dr. Stefan Jäger<br />
Fachanwalt für Sozialrecht<br />
Fachanwalt für Medizinrecht<br />
Stefan Neumann<br />
Diplom Finanzwirt (FH)<br />
Fachanwalt für Steuerrecht<br />
Nicolai Funk<br />
Fachanwalt für Familienrecht<br />
Fachanwalt für Erbrecht<br />
Fachanwalt für Steuerrecht<br />
zert. Testamentsvollstrecker (AGT)<br />
Susanne Bellemann-Ruppel<br />
Fachanwältin für<br />
Gewerblichen Rechtsschutz<br />
Heiko Graß<br />
Fachanwalt für Insolvenzrecht<br />
Fachanwalt für Handels- und<br />
Gesellschaftsrecht<br />
Mediator<br />
Peter Sennekamp<br />
Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />
Andrea Kleinhans<br />
Tobias Hepperle<br />
<strong>Nonnenmacher</strong> <strong>Rechtsanwälte</strong><br />
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<strong>Karlsruhe</strong><br />
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D-76185 <strong>Karlsruhe</strong><br />
Fon +49 (0) 721 - 98522-0<br />
Fax +49 (0) 721 - 98522-50<br />
St. Leon-Rot<br />
Opelstraße 8a<br />
D-68789 St. Leon-Rot<br />
Fon +49 (0) 6227 - 841529-0<br />
Fax +49 (0) 6227 - 841529-5<br />
Rechtsanwalt Peter Sennekamp<br />
Sekretariat Kordula Merstorf<br />
+49 (721) 98522-32<br />
sennekamp@nonnenmacher.de<br />
e-mail: rechtsanwaelte@<br />
nonnenmacher.de<br />
www.nonnenmacher.de<br />
Ust-IdNr.: DE 143615900
<strong>Nonnenmacher</strong><br />
<strong>Rechtsanwälte</strong><br />
I.<br />
Sachverhalt<br />
In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt begehrte der Kläger die<br />
Besoldung aus der höchsten Lebensaltersstufe der Besoldungsgruppe R 1 Bundesbesoldungsordnung.<br />
Der Kläger wurde im Jahr 2006 in das Richterverhältnis<br />
auf Probe und im Jahr 2010 in das Richterverhältnis auf Lebenszeit berufen und<br />
zum Richter am Arbeitsgericht ernannt.<br />
Im Jahr 2011 beantragte er, dass ihm rückwirkend sowie zukünftig die Besoldung<br />
aus der Stufe 12 (Lebensalter 49) der Besoldungsgruppe R 1 zu zahlen sei. Die<br />
Bemessung der Besoldung nach dem Lebensalter stelle nämlich eine Diskriminierung<br />
wegen des Alters dar, wie der Europäische Gerichtshof mit Urteilen vom<br />
08.09.2011 (Rs. C-297/10 und C-298/10) zum vergleichbaren Bundesangestelltentarifvertrag<br />
entschieden habe. Rechtsfolge dieses Verstoßes sei eine Anpassung<br />
nach oben.<br />
Während Durchlaufen des Vorverfahrens erhob der Kläger – auch aus Gründen<br />
der Verjährungshemmung – Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt und<br />
begehrte dort zum einen die Feststellung, dass ihm künftig die Besoldung aus der<br />
höchsten Lebensaltersstufe der Besoldungsgruppe R 1 Bundesbesoldungsordnung<br />
zustehe. Zum andern begehrte er zuletzt rückwirkend ab dem Jahr 2008 die Zahlung<br />
eines Betrages von zuletzt € 70.528,49.<br />
II.<br />
Entscheidungsgründe<br />
Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat der Klage vollumfänglich entsprochen. In<br />
seiner Entscheidung hat es insbesondere ausgeführt, dass die Staffelung des<br />
Grundgehalts in den Besoldungsstufen R 1 und R 2 nach Lebensaltersstufen nach<br />
Maßgabe des § 38 Bundesbesoldungsgesetz in der zum 31.08.2006 geltenden Fassung<br />
eine unmittelbare Diskriminierung des Beamten wegen Alters im Sinne des<br />
Artikels 2 Abs. 2 Buchstabe a Richtlinie 2000/78/EG bewirke. Diese Diskriminierung<br />
könne weder nach Artikel 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG noch nach<br />
Rechtsanwalt Peter Sennekamp<br />
Sekretariat Kordula Merstorf<br />
+49 (721) 98522-32<br />
sennekamp@nonnenmacher.de<br />
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Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt werden, da die Besoldung<br />
nach Lebensaltersstufen in Form dieser konkreten Regelung weder in kohärenter<br />
Weise die jeweilige Berufserfahrung honoriere noch durch die richterliche<br />
Unabhängigkeit geboten sei. Als Folge dieser unzulässigen Diskriminierung sei<br />
daher das Grundgehalt in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 nach der höchsten<br />
Lebensaltersstufe zu bemessen, da nur insoweit die Besoldungsordnung R für die<br />
Besoldungsgruppe keine Diskriminierung bewirke und die sonstigen Regelungen<br />
zur Bemessung des Grundgehalts in dieser Besoldungsgruppe wegen des Vorrangs<br />
des Unionsrechts außer Anwendung bleiben müssten. Zudem sei auch ein<br />
Anspruch auf Nachzahlung des Klägers gegeben. Die Ansprüche auf Nachzahlung<br />
der Besoldung aus der höchsten Lebensaltersstufe würden nämlich insoweit lediglich<br />
der allgemeinen Verjährungsbestimmungen der §§ 195, 199 BGB unterliegen,<br />
wonach jedenfalls bei Kenntnis des Anspruches Besoldungsansprüche der<br />
zurückliegenden 3 Jahre nicht der Verjährung unterworfen seien. Den Einwand<br />
der Gegenseite, auch Besoldungsbestandteile müssten zeitnahe geltend gemacht<br />
werden, ließ das VG Frankfurt nicht gelten. Der vom Bundesverfassungsgericht<br />
entwickelte Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung betreffe Fälle einer mit<br />
dem Grundgesetz unvereinbaren Besoldung und gebe im übrigen lediglich dem<br />
Gesetzgeber die Möglichkeit, bei den von ihm zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes<br />
erst noch zu schaffenden Regelungen eine rückwirkende Begleichung<br />
von Ansprüchen ggf. zu beschränken, ohne jedoch zum Erlass derartiger Regelungen<br />
zu verpflichten.<br />
III.<br />
Auswirkungen in der Praxis<br />
1.<br />
In der Besoldungsordnung A wurde anfangs alle 2 Jahre, dann alle 3 Jahre und<br />
später alle 4 Jahre die nächste Stufe erreicht. In der Besoldungsordnungen R und<br />
erhöht sich die Stufenzuordnung alle 2 Jahre.<br />
In den Besoldungsordnungen B und W sowie den Gruppen R3 bis R10 gibt es<br />
keine Stufeneinteilung. Das Urteil des VG Frankfurt ist insoweit konsequent, als<br />
sich die bisherige Besoldung der Richter in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2<br />
Rechtsanwalt Peter Sennekamp<br />
Sekretariat Kordula Merstorf<br />
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sennekamp@nonnenmacher.de<br />
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nach Lebensaltersstufen bemisst. Dies aber stellt eine Diskriminierung aufgrund<br />
des Alters dar, welche grundsätzlich nicht gerechtfertigt werden kann. Die Höhe<br />
der Besoldung in den Richterämtern der Besoldungsstufe R 1 und R 2 ist in Hessen<br />
nämlich ausschließlich am Lebensalter des jeweiligen Richters bzw. der jeweiligen<br />
Richterin orientiert und verstößt daher gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.<br />
Es kann insoweit auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen<br />
werden, dass das jeweilige konkrete Lebensalter mit einer bestimmten Erfahrungsstufe<br />
deckungsgleich ist. Das alleinige Abstellen auf das bloße Lebensalter<br />
stellt jedenfalls keinen Rechtfertigungsgrund im Sinne der Rechtsprechung des<br />
EuGH dar, der ausnahmsweise geeignet ist, eine Altersdiskriminierung zu rechtfertigen.<br />
2.<br />
Selbstverständlich bleibt es dem Gesetzgeber unbenommen, eine gesetzliche (diskriminierungsfreie)<br />
Neuregelung zu treffen, beispielsweise durch die Einführung<br />
von Erfahrungsstufen, bei welchen das Erreichen der nächst höheren Besoldungsstufe<br />
von einer gewissen Dienstzeit abhängig gemacht wird.<br />
3.<br />
Zum jetzigen Zeitpunkt kann den Beamten, bei welchen die Staffelung des<br />
Grundgehalts nach Lebensaltersstufen erfolgt, angeraten werden, möglichst zeitnahe<br />
einen Antrag auf dem Dienstwege zu stellen, mit welchem sowohl rückwirkend<br />
als auch zukünftig die Besoldung nach der höchsten Lebensaltersstufe beantragt<br />
wird. Sollte der Antrag abschlägig beschieden werden, müsste der Anspruch<br />
dann ggf. klageweise weiter verfolgt werden.<br />
Insoweit ist selbstverständlich darauf hinzuweisen, dass trotz der ergangenen Entscheidung<br />
des Verwaltungsgerichts Frankfurt die Erfolgsaussichten eines auf eine<br />
altersdiskriminierungsfreie Berechnung der Bezüge gerichteten Rechtsmittels derzeit<br />
offen sind. Andere Gerichte haben in vergleichbaren Fällen die Verfahren<br />
ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Klärungsbedürftig wird<br />
darüber hinaus weiter die Frage sein, in welchem Umfang eine rückwirkende Geltendmachung<br />
von Besoldungsansprüchen in Betracht kommt und ob die Voraussetzung<br />
der zeitnahen Geltendmachung – d.h. Antragstellung im laufenden Haus-<br />
Rechtsanwalt Peter Sennekamp<br />
Sekretariat Kordula Merstorf<br />
+49 (721) 98522-32<br />
sennekamp@nonnenmacher.de<br />
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haltsjahr – erfüllt sein muss. Dabei ist zu beachten, dass die Voraussetzung der<br />
zeitnahen Geltendmachung von der Verjährung eines Anspruchs zu unterscheiden<br />
ist. Diese beträgt in der Regel 3 Jahre. Weitere Rechtssicherheit könnte sicherlich<br />
die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes bringen, welcher auf Grund<br />
zweier Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgericht Berlin vom 23.10.2012 (AZ:<br />
VG 7 K 425.12 sowie VG 7 K 343.12) sich mit der Problematik zu befassen hat.<br />
Ein Urteil ist vermutlich nicht vor Ablauf des Jahres 2013 zu erwarten.<br />
Wer aber evtl. Ansprüche wahren möchte, muss vorsorglich bei der zuständigen<br />
Stelle einen Antrag auf Neuberechnung der Bezüge stellen.<br />
Gerne sind wir dazu bereit, Sie in einem solchen Verfahren zu vertreten. <strong>Nonnenmacher</strong><br />
<strong>Rechtsanwälte</strong> ist eine u.a. im Verwaltungsrecht spezialisierte Kanzlei.<br />
Herr Rechtsanwalt Sennekamp ist für <strong>Nonnenmacher</strong> <strong>Rechtsanwälte</strong> schwerpunktmäßig<br />
auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts und dort auch auf dem Gebiet<br />
des Beamtenrechts tätig. In diesem Bereich betreuen die Spezialisten bei <strong>Nonnenmacher</strong><br />
<strong>Rechtsanwälte</strong> regional und überregional Mandanten zu allen Fragen<br />
des Beamten- und Besoldungsrechts.<br />
Peter Sennekamp<br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />
<strong>Karlsruhe</strong>, den 25.07.2013<br />
Rechtsanwalt Peter Sennekamp<br />
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