HiN Januar 2010 - HG Winsen
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NATIONALMANNSCHAFT<br />
NUR PLATZ 10 FÜR DEUTSCHE HANDBALLER BEI EM IN ÖSTERREICH<br />
Erwartungen wurden nicht erfüllt<br />
Titelträume waren ohnehin nicht<br />
angesagt, auch das Erreichen des<br />
Halbfinales bei der Handball-Europameisterschaft<br />
in Österreich<br />
musste nicht zwingend erwartet<br />
werden, aber das Ende war doch<br />
ernüchternd: Mit Platz zehn verbuchten<br />
Deutschlands Handball-<br />
Männer das schlechteste Abschneiden<br />
bei einer EM seit Einführung<br />
dieses Kontinentalwettbewerbs.<br />
Die Mannschaft von Heiner<br />
Brand zählt damit vorerst nicht<br />
mehr zu Europas Spitze und hat<br />
sogar nur mit Glück den Absturz<br />
aus den Top Ten verhindert. In<br />
seinem letzten Spiel der EM in<br />
Österreich vergab der WM-Fünfte<br />
in Innsbruck beim 26:26<br />
(16:14) gegen Tschechien seinen<br />
zweiten Turniersieg kläglich. Mit<br />
nur einem Sieg, zwei Unentschieden<br />
und drei Niederlagen<br />
beendete die DHB-Auswahl die<br />
EURO <strong>2010</strong>. Und nur dank des<br />
40:32-Sieges von Spanien gegen<br />
Slowenien blieb die deutsche<br />
Mannschaft unter den ersten<br />
zehn der Länderrangliste.<br />
Dabei muss das Team von<br />
Bundestrainer Heiner Brand als<br />
Fünfter der Hauptrundengruppe II<br />
mit 2:8 Punkten sogar Gastgeber<br />
Österreich den Vortritt lassen, der<br />
als Fünfter der anderen Staffel 3:7<br />
Zähler sammelte. Einen besseren<br />
Rang vergab die deutsche Mannschaft<br />
in der Schlussminute gegen<br />
Tschechien, weil Michael<br />
Müller die Chance zum Siegtreffer<br />
leichtfertig vertändelte.<br />
„Leider hat ein Spieler nicht<br />
die nötige taktische Disziplin gehabt.<br />
Das ist symptomatisch für<br />
dieses Turnier und das ärgert<br />
mich“, monierte Bundestrainer<br />
Heiner Brand. Und Kapitän Michael<br />
Kraus musste kleinlaut zugeben:<br />
„Das war insgesamt eine<br />
enttäuschende EM für uns.“<br />
Nationalkeeper Johannes Bitter,<br />
einer der ganz wenigen Leistungsträger,<br />
die im deutschen<br />
Team ihr Potenzial ausschöpften,<br />
war die Enttäuschung ins Gesicht<br />
geschrieben. Dabei ging der gebürtige<br />
Oldenburger und Ex-Vareler<br />
hart mit seinen Mitspielern<br />
ins Gericht. „Ich hatte nicht das<br />
Gefühl, dass jeder alles gibt,<br />
wirklich alles versucht, um weiterzukommen“,<br />
schimpfte die<br />
deutsche Nummer eins vom HSV<br />
Hamburg. Einige Mitspieler seien<br />
nach Niederlagen viel zu schnell<br />
zur Tagesordnung übergegangen<br />
und hätten Konzentration und<br />
Fokussierung vermissen lassen,<br />
sagte der Nationaltorwart. Laut<br />
Bitter fehle es einigen Kollegen<br />
„an Grundlegendem. Da sind<br />
Dinge passiert, die einem Nationalspieler<br />
nicht passieren dürfen“,<br />
so Bitter: „Das hat nichts<br />
mit mangelnder Erfahrung zu<br />
tun.“<br />
Ähnlich deutlich analysierte<br />
es Ex-Nationalspieler Stefan<br />
Kretzschmar. Die im Schnitt mit<br />
über 26 Jahren nicht sonderlich<br />
junge Auswahl müsse „spielerisch<br />
das Grundlegende neu erlernen.<br />
Die elementarsten Sachen<br />
sind dieser Mannschaft abhanden<br />
gekommen“, sagte<br />
Kretzschmar. Das Angriffsspiel<br />
habe überhaupt nicht funktioniert.<br />
Zwar habe die aktuelle<br />
deutsche Mannschaft Talent,<br />
„aber den Rest muss sie sich antrainieren“.<br />
Motivationsversuche erfolglos: Johannes<br />
Bitter fragte nach dem ernüchternden<br />
Abschneiden der Nationalmannschaft,<br />
ob einige Spieler wirklich<br />
alles gegeben haben<br />
© Oliver Farys<br />
Zudem fehle es dem Team an<br />
Führungsspielern wie zu seiner<br />
Zeit Christian Schwarzer, Markus<br />
Baur oder Daniel Stephan. Kretzschmar:<br />
„Jeder vergräbt sich und<br />
kocht sein eigenes Süppchen.“<br />
Kapitän Michael Kraus sei zwar<br />
„der vielleicht talentierteste Spieler<br />
der Welt“, aber er habe das<br />
Spiel noch nicht ganz verstanden<br />
und stehe sich teilweise selbst im<br />
Weg. Der Bundestrainer will die<br />
Ereignisse und Ergebnisse in<br />
Österreich nun zunächst in Ruhe<br />
analysieren und dann weitere<br />
Schritte planen. Personelle Konsequenzen<br />
schloss Brand jedoch<br />
aus. „Ich werde mit dieser<br />
Mannschaft weiterarbeiten“,<br />
kündigte er an und verwies darauf,<br />
dass er das Team mit der<br />
Perspektive Olympia 2012 in<br />
London zusammengestellt hat<br />
und aufbaut. Dennoch will Brand<br />
bereits bei der WM in Schweden<br />
deutliche Fortschritte präsentieren<br />
und weder dieses Turnier<br />
noch die kommende EM 2012 in<br />
Serbien als Durchgangsstation<br />
nehmen. „Das geht in Deutschland<br />
nicht. Wir müssen eine<br />
Handball-Macht sein, und das<br />
geht nur mit der Konzentration<br />
aller Kräfte. Ich gehe davon aus,<br />
dass wir bei der WM im nächsten<br />
Jahr eine andere Mannschaft<br />
sehen werden.“<br />
Personell setzt der Gummersbacher<br />
für die nahe Zukunft wieder<br />
auf die Verstärkung durch<br />
die Rückkehrer Sebastian Preiß<br />
und Pascal Hens. Während der<br />
Kreisspieler aus Lemgo wegen<br />
der Folgen einer Achillessehnen-<br />
Operation in Österreich fehlte,<br />
war Hamburgs Rückraum-Ass<br />
Hens aus Gründen der Regeneration<br />
nach mehreren Verletzungen<br />
nicht dabei. „Vereinbart ist,<br />
dass er bei dieser EM aussetzt<br />
und danach zurückkehrt. Er hat<br />
ja keinen kurzzeitigen Rücktritt<br />
aus der Nationalmannschaft bekanntgegeben“,<br />
sagte Brand.<br />
Ein Bild mit Symbolkraft Wie hier Holger Glandorf geriet das deutsche Team nach dem Erreichen der Hauptrunde<br />
gehörig ins Stolpern.<br />
© Oliver Farys<br />
Deutsche<br />
EM-Platzierungen<br />
auf einen Blick<br />
1994 Platz 9 in Portugal<br />
1996 Platz 8 in Spanien<br />
1998 Platz 3 in Italien<br />
2000 Platz 9 in Kroatien<br />
2002 Platz 2 in Schweden<br />
2004 Platz 1 in Slowenien<br />
2006 Platz 5 in Schweiz<br />
2008 Platz 4 in Norwegen<br />
<strong>2010</strong> Platz 10 in Österreich<br />
8<br />
<strong>HiN</strong> 1/2 – <strong>Januar</strong> / Februar <strong>2010</strong>