12 trendS 2012 Foto: ligne roset/ roset Möbel Gmbh sInd wIr nocH InnovatIv? im Gespräch mit professor dr. peter zec
Die imm cologne gilt als Trendbarometer des modernen Möbel- und Interior-Designs. Eine Infoadresse für Experten, das „größte Möbelhaus der Welt“ (Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Kölnmesse) für die privaten Besucher. Der trendbewusste Verbraucher sieht sich jedoch in einem kleinen Konflikt: Auf der einen Seite und immer wieder neue Trends, auf der andere Seite vielfach propagierte Slogans wie „Wohne nachhaltig“ oder „Aus Alt mach Neu“. Der sogenannte Shabby-Chic ist salonfähig geworden. Vintage ist in. Derart auf Recycling programmiert – warum sollten mich neue Trends noch interessieren? Eigentlich ist ja die ganze Trend- Thematik ein reines Marketing-Tool für die Industrie. Für den Verbraucher als solchen spielen Trends eine nachgeordnete Rolle. Man wechselt ja nicht jedes Jahr seine Möbel aus, nur weil ein neuer Trend entsteht. Insofern ist es interessant, dass man über die Berichterstattung von Trends das Interesse an Möbeln immer wach hält. Normalerweise richtet man sich ein und hat so für die nächsten 20 Jahre ausgesorgt. So wären Möbel ein Low-Interest-Produkt, durch diese Trend-Inszenierung bleibt das Thema Möbel jedoch immer aktuell. Wenn wir schon nicht jedem Trend folgen, so ist es doch interessant, diese Trends in den Magazinen zu sehen und so Kopfkino zu ermöglichen. Ist es nicht paradox, dass – ähnlich wie beim Used-Look für Jeans – neue Möbel auf alt getrimmt werden, um sie shabby-charmant für viel Geld feilzubieten? Das ist paradox. Es zeigt eigentlich, dass die Branche ein bisschen ausgebrannt ist, was neue Trends angeht. Immer wenn Retro-Looks entstehen, ist dies ein sicheres Indiz für ein Innovations-Defizit. Wo liegt Ihrer Meinung nach die Ästhetik, und hat ein derartiger Trend Sinn und Bestand? Aus meiner Sicht macht er wenig Sinn. Wenn man sich neu einrichtet, ist es doch viel spannender, auf aktuelle Designs zurückzugreifen. Authentisch ist man eher, wenn man auf den Trödelmarkt geht und dort die Originale erwirbt, die meistens noch günstiger sind. Auf der anderen Seite: Evergreens. Ob Arco-Stehleuchte, Eames Chair, eine Teekanne von Wagenfeld oder ein Stuhl namens Schwan aus der Feder von Arne Jacobsen, ob als Geldanlage, Statussymbol oder Ausdruck der Individualität – Designklassiker scheinen wieder im Trend zu liegen. Eine Zeitschrift sprach gar vom „Wettrüsten im Wohnzimmer“. Was bewegt Menschen, bei einem so vielfältigen neuen Angebot auf Möbel längst vergangener Zeiten zurückzugreifen? Diese Menschen wollen Geschmackssicherheit kaufen. Wenn man auf diese Klassiker setzt, weiß man zumindest, dass man nichts falsch gemacht hat. Und darüber hinaus bringt man so auch ein gewisses Möbel- und Stilbewusstsein zum Ausdruck. Und gleichzeitig, über die Jahre hinweg, verbindet man damit auch einen bestimmten Lebensstil. Charles Eames steht z. B. für die Welt der Intellektuellen, für einen architektur-affinen Kosmos mit einem hohen Bewusstseinsgrad für Innenarchitektur. prof. dr. peter Zec designexperte und professor für wirtschaftskommunikation Das Design Zentrum Nordrhein Westfalen mit Sitz in Essen hat sich laut Satzung „die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Bildung betreffend Design, die Förderung der Erziehung betreffend den Umgang mit Design sowie die Förderung der Designkunst und Designkultur“ zur Aufgabe erkoren. Mit dem „red dot“ zeichnet das Design Zentrum alljährlich exzellente Beiträge aus den Bereichen Produktdesign und Kommunikationsdesign aus. Seit 1991 ist der Designexperte und Professor für Wirtschaftskommunikation Professor Dr. Peter Zec Geschäftsführer des Zentrums. Foto: Michael dannenmann (oh) Gibt es ein Möbelstück aus der jüngsten Vergangenheit, das das Zeug zum Evergreen hat? Das Sofa „PLOUM“, das die beiden Designer Ronan und Erwan Bouroullec für den französischen Möbelhersteller und Inneneinrichter Ligne Roset gestaltet haben und für das sie innerhalb des red dot design award mit einem „red dot: best of the best“ ausgezeichnet wurden, hat definitiv das Zeug zum Evergreen. Abschließend ein Tipp: Worauf sollte ich achten, wenn ich mir ein „wert“-volles Möbelstück leisten möchte? Das sollte kein stilistischer Firlefanz sein. Man sollte keine Experimente machen, die in irgendeiner Form „aufsehenerregend“ sind, da sieht man sich schnell satt daran. Und das allerwichtigste ist die Verarbeitungsqualität. Es gibt sehr viele Möbel, auch von namhaften Herstellern, die schön anzuschauen und auch gut handzuhaben, die aber sehr lausig verarbeitet sind. Gerade bei Polstermöbeln sollte man auf eine Top-Verarbeitung und die adäquaten Materialien achten. 13 trendS 2012