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Ausgabe SCHWEIN<br />
03 2013<br />
Erscheint quart<strong>als</strong>weise<br />
ISSN 1867-3996<br />
Würmer unbedingt<br />
bekämpfen<br />
0<br />
Kurz notiert<br />
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Das Immunsystem<br />
sitzt<br />
im Darm<br />
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Funktionales<br />
Protein macht<br />
Ferkel fit<br />
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Geburtsüberwachung<br />
und Ferkelerstversorgung<br />
Für einen guten Start<br />
ins Schweineleben<br />
0<br />
Impfung gegen Circoviren<br />
und Mykoplasmen<br />
kontrovers diskutiert
2 | 3<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Würmer unbedingt bekämpfen<br />
Trotz eines immer besser werdenden Entwurmungsmanagements ist das Thema Wurmbefall beim<br />
Schwein immer noch hochaktuell. Vor allem die Milkspots <strong>als</strong> Folge eines Spulwurmbefalls und die<br />
dadurch nötigen Leberverwürfe stehen auf den Schlachthofbefunden weit oben. Grund genug, sich <strong>als</strong><br />
Schweinehalter gut auszukennen, welche Würmer bei Schweinen vorkommen und wie sie zu erkennen<br />
und zu bekämpfen sind.<br />
Foto: Engels<br />
Ältere Zuchtschweine sind in der Regel spulwurmfrei, sie können sich aber jederzeit nach wurmfreier Aufzucht infizieren, z.B. wenn sie plötzlich<br />
Auslauf erhalten.
Der Spulwurm des Schweines (Ascaris<br />
suum) ist der wichtigste Parasit in der strohlosen<br />
Mastschweinehaltung. In der modernen<br />
Schweinehaltung mit regelmäßiger Entwurmung<br />
und dem Rein-Raus-Verfahren hat sich<br />
das Auftreten des Spulwurmes zwar verringert,<br />
trotzdem aber gibt es noch genügend verwurmte<br />
Bestände. Der Wurm lebt im<br />
Dünndarm, existiert vom Darminhalt und<br />
wächst innerhalb von 8 bis 9 Wochen zum<br />
geschlechtsreifen Wurm heran, der Eier legt.<br />
Diese wiederum werden mit dem Kot ausgeschieden,<br />
gelangen über die Aufnahme dieses<br />
belasteten Kotes wieder in andere Schweine,<br />
wo sie sich zu Larven entwickeln, über Leber<br />
und Lunge und schließlich Speiseröhre im<br />
Körper wandern und sich <strong>als</strong> Würmer wieder<br />
im Dünndarm ansiedeln. Pathogen wirken<br />
die Larven in Lunge und Leber. Mit einsetzender<br />
Immunität entstehen auf der Leberoberfläche<br />
durch Gewebereaktionen auf die<br />
Larvenwanderung die schlachtwertmindernden<br />
Milchflecken (Milkspots). Die wandernden<br />
Larven können in der Lunge so schädlich<br />
wirken, dass sich Lungenentzündungen verschlimmern.<br />
Die eigentlichen Spulwürmer im<br />
Dünndarm schädigen das Schwein hauptsächlich<br />
durch den Entzug von Nahrung, was<br />
ärgerlich für den Landwirt ist, denn die<br />
Futterverwertung verschlechtert sich. Die<br />
Immunisierung der Schweine hängt ab von<br />
der Menge an Würmern, denen sie ausgesetzt<br />
sind. Je mehr, desto schneller ist das Schwein<br />
immun.<br />
0<br />
Milkspots <strong>als</strong> Zeichen für<br />
Spulwurmbefall<br />
So kann es passieren, dass Läuferschweine<br />
zwar Würmer haben, aber eine Darmbarriere<br />
bilden, so dass die Larven diese nicht mehr<br />
überwinden können. Die bis dahin vorhandenen<br />
Milkspots können innerhalb von 6<br />
Wochen wieder abheilen.<br />
Tabelle: Wurmarten, die das Schwein schädigen<br />
(Quelle: Lehrbuch der Schweinekrankheiten, 2004, Paul Parey Verlag)<br />
Name Lateinischer Name Erkrankung<br />
Spulwurm Ascaris suum Askaridose<br />
Roter Magenwurm<br />
Knötchenwürmer<br />
Zwergfadenwürmer<br />
Hyostrongylus<br />
rubidus<br />
Oesophagostomum<br />
dentatum und<br />
O. quadrispinulatum<br />
Strongyloides<br />
ransomi<br />
Hyostrongylose<br />
Ösophagostomose<br />
Strongyloidose<br />
Betroffene Altersgruppe<br />
Ferkel und junge<br />
Mastschweine<br />
Jedes Alter, häufig bei<br />
Sauen mit Weidegang<br />
Ferkel, ältere Mastund<br />
Zuchtschweine<br />
Junge Saugferkel<br />
Peitschenwurm Trichuris suis Trichurose Alle Altersgruppen<br />
Andererseits kann eine geringgradige<br />
Verwurmung des Bestandes mit nur wenigen<br />
Ausscheidern durch den konstant geringen<br />
Infektionsdruck die Leberveränderungen bis<br />
zum Schlachtalter bilden. Werden Milkspots<br />
am Schlachtband festgestellt, hat <strong>als</strong>o ein<br />
Spulwurmbefall in den letzten 6 Wochen vorgelegen.<br />
Sind die Lebern über längere Zeit<br />
immer frei von Milkspots, kann von einer<br />
Spulwurmfreiheit für den Bestand ausgegangen<br />
werden.<br />
Ältere Zuchtschweine sind in der Regel<br />
spulwurmfrei, sie können sich aber jederzeit<br />
nach wurmfreier Aufzucht infizieren, z.B.<br />
wenn sie plötzlich Auslauf erhalten. Die<br />
Symptome vom Spulwurmbefall sind schwer<br />
von einer Lungenentzündung zu unterscheiden,<br />
da die Schweine – häufig betroffen sind<br />
Ferkel und junge Mastschweine – ebenfalls im<br />
akuten Fall Atemnot, Appetitlosigkeit, Husten<br />
und Fieber zeigen.<br />
Ein mäßiger Befall von Spulwürmern<br />
wird oft gar nicht bemerkt. Wichtig ist es deshalb,<br />
bei Verdacht auf Spulwürmer eine<br />
Kotprobe zu ziehen und zwar eine Sammelkotprobe<br />
je Bucht, um ein repräsentatives Bild<br />
zu bekommen.<br />
Denn nicht jedes Schwein muss schon<br />
Ausscheider von Eiern sein. Eine weitere<br />
Nachweismethode ist die Sektion verendeter<br />
Schweine. Hier finden sich im Dünndarm 15<br />
bis 30 cm lange etwa 4 mm dicke gelbliche<br />
Würmer.<br />
Tückische<br />
Larvenruhestadien<br />
Der rote Magenwurm (Hyostrongylus<br />
rubidus) stellt vor allem für die Schweine eine<br />
Gefahr dar, die einen Auslauf haben oder auf<br />
der Weide sind, <strong>als</strong>o z.B. Sauen mit Weidegang,<br />
denn die Larven entwickeln sich innerhalb<br />
von 4 bis 5 Tagen im Kot und werden von<br />
dort oral aufgenommen. Im Stall würde dieser<br />
infizierte Kot durch den Spaltenboden in<br />
der Regel nicht so lange liegen bleiben, daher<br />
sind hier Infektionen seltener. Die Larven saugen<br />
schließlich im Magen des Schweins Blut,<br />
weshalb die Schleimhäute im Magen stark<br />
gereizt werden. Bei wiederholten Infektionen<br />
bilden die Larven in der Schleimhaut ein<br />
Ruhestadium, das zu einem späteren Zeitpunkt<br />
reaktiviert werden kann.
4 | 5<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Die Entwicklung geht recht schnell: Nach<br />
etwa 8 Tagen haben sich aus den Eiern im Kot<br />
infektionstüchtige Larvenstadien entwickelt,<br />
die 24 Stunden nach oraler Aufnahme in die<br />
Dickdarmschleimhaut vordringen, um sich<br />
dort endgültig zu entwickeln und dort zu saugen.<br />
Die Schädigungen dieses Wurms sind<br />
nicht so hoch, aber die Dickdärme sind aufgrund<br />
der typischen Knötchen nicht mehr für<br />
die Wurstproduktion zu verwenden. Eine<br />
Kotuntersuchung gibt bei Verdacht auf Befall<br />
Aufschluss, die Bekämpfung erfolgt mit<br />
Ivermectin oder anderen Avermectinen, die<br />
sowohl Wurm <strong>als</strong> auch Larvenstadien abtöten.<br />
Foto: Engels<br />
Der rote Magenwurm stellt vor allem für die Schweine eine Gefahr dar, die einen Auslauf<br />
haben oder auf der Weide sind, <strong>als</strong>o z.B. Sauen mit Weidegang.<br />
Beim Roten Magenwurm geschieht dies<br />
häufig während der Laktation. Symptome<br />
sind Abmagerung, Blutarmut, Durchfall und<br />
Fruchtbarkeitsstörungen. Plötzliche Todesfälle<br />
durch Magengeschwüre sind möglich.<br />
Auch hier ist es so, dass ein wiederholter<br />
schwacher Befall zu keiner Immunität des<br />
Wirttieres führt, eine starke Infektion allerdings<br />
schon. Dies führt nach und nach zum<br />
Rückgang der Wurmzahl. Nachweisen lässt<br />
sich der Befall über Kotproben und bei einer<br />
Sektion fallen im Magen 4 bis 11 mm lange<br />
Würmer in der Magenschleimhaut auf. Die<br />
Therapie erfolgt mit den gängigen Entwurmungsprodukten<br />
(außer Piperazinsalze),<br />
wobei die Larvenstadien, die sich in Ruhe<br />
befinden, von keinem Produkt erfasst werden.<br />
Die Knötchenwürmer (Oesophagostomum<br />
dentatum und O. quadrispinulatum)<br />
kommen vorwiegend bei älteren Mastschweinen<br />
oder Zuchtschweinen vor. Die<br />
Infektion verläuft nach außen oft symptomlos,<br />
infizieren sich allerdings Ferkel, so zeigen<br />
sie Appetitlosigkeit, Durchfall und Abmagerung.<br />
Die Knötchenwürmer verursachen<br />
charakteristische Veränderungen der Dickdarmschleimhaut<br />
(Knötchen), die durch das<br />
Einwandern des Wurms während der Entwicklungsphase<br />
entsteht.<br />
Larven über Biestmilch zum<br />
Ferkel<br />
Für den Zwergfadenwurm (Strongyloides<br />
ransomi) sind vor allem Saugferkel empfänglich.<br />
Er hat einen schnellen Entwicklungszyklus.<br />
Die Larven wandern über die<br />
Haut in das Wirtstier ein und wandern zum<br />
Dünndarm, wo sie sich in die Schleimhaut<br />
bohren. Sind Sauen mit dem Wurm infiziert,<br />
gelangt ein Teil der Larven in das Bauchfettgewebe<br />
und ruht dort bis zu einsetzenden<br />
Laktation. Dann wandern diese Larven in die<br />
Milchdrüsen ein und gelangen mit der<br />
Biestmilch direkt in den Dünndarm der<br />
Ferkel, wo sie schon ab dem 3. Tag mit der<br />
Eiausscheidung beginnen. Auch hier ist es so,<br />
dass eine starker Infektionsdruck über die<br />
Haut zu einer Immunität führt, die Infektion<br />
über die Biestmilch aber nicht, die Ferkel können<br />
trotzdem noch über die Haut infiziert werden.<br />
Als Symptom zeigen sich nach Einwanderung<br />
der Larven in die Haut Quaddeln und<br />
Rötung der Haut von Bauch, Brust und<br />
Innenschenkel.
Die Folgen starken<br />
Wurmbefalls in der Mast:<br />
0<br />
schlechtere Futterverwertung<br />
vermindertes Wachstum<br />
(Kümmern, ungleiche Gruppen)<br />
mehr Sekundärinfektionen,<br />
Verschlimmerung von<br />
Atemwegsinfektionen<br />
höherer Arzneimittelaufwand<br />
Verlustraten steigen<br />
Schlachterlöse sinken<br />
vermehrte Leberverwürfe<br />
Die Wanderung der Larven durch die<br />
Lunge kann dort zu Blutungen führen und<br />
Husten auslösen. Später, wenn die Würmer<br />
im Dünndarm saugen, bekommen die<br />
Schweine Durchfall. Bei Ferkeln ist dies meist<br />
in der 2. Lebenswoche soweit. Sie fangen an zu<br />
kümmern, zeigen Blutarmut und können<br />
sogar plötzlich verenden – dann sollte immer<br />
auch an eine Infektion mit dem Zwergfadenwurm<br />
gedacht werden. Über den Nachweis<br />
der Eier im Kot, die eine U-förmige Larve enthalten,<br />
kann der Verdacht bestätigt werden.<br />
Alle gängigen Wirkstoffe wirken gegen den<br />
Wurm, nur die Piperazinsalze nicht.<br />
Der Peitschenwurm (Trichuris suis) setzt<br />
sich an der Dickdarmschleimhaut fest und<br />
kann dort 4 bis 5 Monate leben. Ein massiver<br />
Befall ist allerdings eher unwahrscheinlich,<br />
auch weil die Eier dieses Wurms gegen<br />
Sonnenlicht und Austrocknung empfindlich<br />
sind. Daher bieten nur feuchte, schattige<br />
Erdausläufe oder selten gereinigte Laufställe<br />
passende Entwicklungsbedingungen.<br />
Mit Chemie und<br />
Konsequenz bekämpfen<br />
Bei Leberbeanstandungen von über 5 %<br />
am Schlachthof sollten Entwurmungsmaßnahmen<br />
im Bestand forciert werden. Die<br />
Therapie bzw. Vorbeugung bei Wurmbefall ist<br />
für alle Würmer gleich, nur das Präparat<br />
unterscheidet sich je nach Wurmart: Sauen<br />
werden entweder zweimal jährlich <strong>als</strong> Bestandbehandlung<br />
entwurmt oder vor der Einstallung<br />
in den Abferkelstall und äußerlich<br />
gewaschen, um das Abferkelabteil frei von<br />
Wurmeiern zu halten, und die Läuferschweine<br />
bei der Einstallung in die Mast. Ideal<br />
ist es, ein Präparat zu verwenden, welches<br />
direkt gegen die Würmer und die Larven<br />
wirkt und diese abtötet. Alle gängigen Wirkstoffe<br />
wie Ivermectin, Fenbendazol, Doramectin,<br />
Flubendazol, Levamisole und Piperazinsalze<br />
wirken gegen den Spulwurm. Bei<br />
den anderen Würmern ist das Produkt genau<br />
auszuwählen, weil es hier unterschiedliche<br />
Wirksamkeiten gibt. Die Behandlung erfolgt<br />
per Injektion oder aber auch über das Futter<br />
<strong>als</strong> Langzeitbehandlung über 10 Tage oder<br />
eintägig je nach Zielsetzung der Entwurmungsstrategie.<br />
Ist der Bestand stark befallen,<br />
können unter Umständen eine 2. Entwurmung<br />
oder noch weitere nötig sein. Ideal ist<br />
es, sich mit dem Tierarzt über die passende<br />
Entwurmungsstrategie zu beraten.<br />
Neben der chemischen Entwurmung sind<br />
regelmäßige gründliche Reinigungs- und<br />
Desinfektionsmaßnahmen in den Ställen sehr<br />
wichtig, denn ohne die gründliche Reinigung<br />
und Desinfektion mit wurmwirksamen Produkten<br />
ist die Wurmbekämpfung sinnlos. Dazu<br />
sind in der DVG-Liste geeignete Produkte<br />
aufgeführt.<br />
Spulwurmeier sind sehr widerstandsfähig<br />
gegen Austrocknung, sie bleiben jahrelang<br />
infektiös und lassen sich nur durch Hitze oder<br />
schwefelkohlenstoffhaltige Desinfektionsmittel<br />
abtöten. Eine sichere Bestandsanierung<br />
ist daher so gut wie nicht möglich, auch wenn<br />
der letzte nachgewiesen Befall schon längere<br />
Zeit her ist. Verwurmte Erdausläufe sind gar<br />
nicht zu desinfizieren, daher sollten Sauen mit<br />
Ferkeln dort nicht hin.<br />
Fazit<br />
Der Befall mit Magen-Darm-Parasiten in<br />
der Schweinehaltung ist immer noch ein aktuelles<br />
Thema. Verschiedene Würmer schädigen<br />
Schweine jeden Alters. Freilandhaltung aber<br />
auch nur stundenweiser Auslauf bedingen<br />
eine höhere Verwurmungsrate <strong>als</strong> reine Stallhaltung.<br />
Auf Teilspaltenböden und in Stroh ist<br />
die Reinfektionsgefahr deutlich stärker <strong>als</strong> auf<br />
Vollspaltenböden.<br />
Neben der chemischen Bekämpfung mit<br />
Entwurmungsprodukten ist ein konsequentes<br />
Hygienemanagement mit Rein-Raus-<br />
Stallbelegungen und Reinigung und Desinfektion<br />
ein absolutes Muss. Trotzdem, die<br />
negative Wirkung auf die Mastleistung wird<br />
vielfach überschätzt. Häufig kommt neben<br />
einer Verwurmung des Bestandes auch eine<br />
Atemwegsproblematik durch schlechte Haltungsbedingungen<br />
dazu sowie ein insgesamt<br />
eher schlechtes Management, so dass die Verwurmung<br />
nur die Spitze des Eisbergs ist.<br />
Dr. Heike Engels<br />
<br />
Auf Teilspaltenböden und in Stroh ist die Reinfektionsgefahr deutlich stärker <strong>als</strong> auf Vollspaltenböden.<br />
Foto: Engels
6 | 7<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Kurz notiert<br />
Das Immunsystem sitzt im Darm<br />
Der Darm ist nicht nur für die Verdauung<br />
zuständig, er verfügt über ein eigenständiges<br />
Immunsystem, das mit weiteren Immunsystemen<br />
des Körpers in Kontakt steht. In den<br />
Darmschleimhäuten befinden sich mehr <strong>als</strong><br />
die Hälfte aller Immunzellen des Körpers – 70<br />
bis 80 % der Immunzellen sind im Darm stationiert,<br />
der Rest sitzt in der Nase und den<br />
Bronchien. Er bietet die größte Kontaktfläche<br />
zur Außenwelt und ist damit entscheidend<br />
bei der Immunabwehr. Viele Antikörper werden<br />
hier gebildet. Das Immunsystem des<br />
Darmes hat die Aufgabe, einerseits die normale<br />
Darmflora und die Nahrungsbestandteile<br />
zu tolerieren, andererseits gefährliche<br />
Krankheitserreger zu erkennen und über eine<br />
Entzündungsreaktion zu vernichten. Der<br />
Darm wird durch eine Epithelzellschicht ausgekleidet,<br />
die eine schützende Schleimschicht<br />
(Mukos) produziert, auch <strong>als</strong> Magen-Darm-<br />
Schranke bekannt. Die Besiedelung des Ferkeldarmes<br />
geschieht über die Biestmilch, die<br />
viele maternale Antikörper enthält.<br />
In der Darmschleimhaut befinden sich<br />
sogenannte „Gedächtniszellen”, die jeden<br />
Krankheitserreger, mit dem sie jem<strong>als</strong> in<br />
Kontakt waren, wiedererkennen. Dringt ein<br />
solcher Erreger in den Darm ein, werden auf<br />
ein Erkennungssignal der Gedächtniszellen<br />
Antikörper gebildet, die sich auf der Schleimhaut<br />
ansiedeln und das Eindringen des Erregers<br />
verhindern.<br />
Die Besiedelung des Ferkeldarmes geschieht über die Biestmilch, die viele maternale Antikörper<br />
enthält.<br />
Schädigt nun ein Erreger die Darmschleimhaut,<br />
so dass diese sich entzündet,<br />
bedeutet dies einen enormen Eingriff in das<br />
Darmimmunsystem mit der Folge, dass es<br />
nicht mehr richtig arbeiten kann – die<br />
Schweine erkranken viel leichter. Ein intaktes<br />
Darmimmunsystem ist daher von zentraler<br />
Bedeutung für das Gesamtimmunsystem des<br />
Körpers.<br />
Stress, Sauerstoffmangel im Darm, Futterwechsel,<br />
ungünstige Futterzusammensetzung<br />
oder toxische Komponenten wie Pilze<br />
oder Schwermetalle lassen ebenfalls die<br />
Schranke zusammenbrechen, schädliche<br />
Mikroorganismen wie Clostridien oder E. coli<br />
nehmen dann Überhand, Durchfall kann entstehen.<br />
Ein gut durchdachter Futterwechsel<br />
sowie eine optimale Zusammensetzung des<br />
Futters abgestimmt auf Ferkel, Sauen oder<br />
Mastschweine ist daher auch für das Immunsystem<br />
von erheblicher Bedeutung.<br />
Quelle: TGA<br />
Foto: Engels
Kurz notiert<br />
Funktionales Protein<br />
macht Ferkel fit<br />
Foto: Engels<br />
Neue Proteinquellen tierischer Herkunft sind<br />
sehr gut verdaulich.<br />
In der Ferkelaufzucht hat sich von Seiten<br />
der Fütterung besonders der Zeitraum<br />
unmittelbar nach dem Absetzen von der Sau<br />
<strong>als</strong> problematisch herausgestellt. Hier ist es<br />
unbedingt notwendig, eine Umstellung von<br />
reiner Milchfütterung auf andere Futtermittel<br />
optimal zu realisieren. Dabei ist von besonderer<br />
Bedeutung, die Futteraufnahme gleichmäßig<br />
zu steigern, für eine bestmögliche<br />
Verdauung besonders beim Protein zu sorgen<br />
und somit letztendlich Darmstörungen – klinisch<br />
sichtbar in Durchfallerscheinungen bis<br />
hin zu Ödemerkrankungen – gezielt vorzubeugen.<br />
Hier steht besonders die Verwendung<br />
hochverdaulicher Proteinfuttermittel<br />
im Mittelpunkt der Betrachtung. Protein<br />
aus herkömmlichem Sojaextraktionsschrot<br />
im Absetzfutter ist dafür nicht so geeignet,<br />
Sojaproteinkonzentrate und Kartoffeleiweißprodukte<br />
sowie speziell futtermittelrechtlich<br />
zugelassene Proteinquellen tierischer<br />
Herkunft wie hochwertige Fischmehle<br />
und Blutplasma zeigen hier deutliche Vorteile.<br />
Allerdings stehen heute neben Blutplasma<br />
weitere neue hochverdauliche Proteinquellen<br />
tierischer Herkunft im Markt zur Verfügung,<br />
die den gesetzlichen Anforderungen der EU-<br />
Verordnungen 999/2001 und 1292/2005 entsprechen,<br />
ein für die Anforderungen der<br />
Absetzferkel speziell in der vorstehend<br />
benannten kritischen Phase sehr gut geeignetes<br />
Aminosäurenmuster mit sehr hoher<br />
Verdaulichkeit aufweisen und basierend auf<br />
den vorstehend genannten Verordnungen in<br />
der Futterherstellung auch dann Verwendung<br />
finden können, wenn u.a. Wiederkäuerfutter<br />
auf den identischen Produktionswegen hergestellt<br />
werden. Hierbei handelt es sich um<br />
hydrolysierte Proteine, die aus der Darmmukosa<br />
vom Schwein gewonnen werden.<br />
Eine in diese Produktgruppe gehörende<br />
Neuentwicklung ist von der GELAMIN -<br />
Gesellschaft für Tierernährung mbH in<br />
Wildeshausen - unter dem Markennamen<br />
MucoDigest® aktuell im Markt eingeführt<br />
worden. Bei diesem Produkt wird in einem<br />
neu entwickelten sogenannten ‚coatingmixing-Prozess'<br />
hydrolysiertes, sprühgetrocknetes<br />
Protein aus der Darmmukosa vom<br />
Schwein mit hochverdaulichem Sojaproteinkonzentrat<br />
(non GMO) zu einem neuen Produkt<br />
mit u.a. sehr guten technischen Verarbeitungseigenschaften<br />
in der Mischfutterherstellung<br />
oder auch Futterbereitung<br />
auf dem landwirtschaftlichen Betrieb verbunden.<br />
Das neuentwickelte Produkt Muco-<br />
Digest® zeichnet sich nährstoffseitig u.a.<br />
durch einen mit ca. 62 % sehr hohen<br />
Proteingehalt, einem für Absetzferkel optimalen<br />
Aminosäurenmuster – u.a. mit hohem<br />
Gehalt an Valin, Leucin und Isoleucin – bei<br />
sehr hoher Verdaulichkeit sowie durch eine<br />
sehr gute Futteraufnahme aus.<br />
Versuch testet Produkt<br />
Im vorliegenden Versuch sollte daher der<br />
Einfluss dieses neuentwickelten hochverdaulichen<br />
Proteinfuttermittels MucoDigest® auf<br />
die Gewichtsentwicklung abgesetzter Ferkel<br />
in den ersten 18 Tagen nach dem Absetzen im<br />
Vergleich zu einer Kontrollration mit u.a.<br />
hochverdaulichem pflanzlichen Sojaproteinkonzentrat<br />
(non GMO) und im Vergleich zu<br />
einer weiteren Versuchsgruppe mit Blutplasma<br />
untersucht werden. Weiterhin sollte<br />
im Versuch der Frage nachgegangen werden,<br />
inwieweit die unterschiedlichen hochverdaulichen<br />
Proteinfuttermittel einen Einfluss auf<br />
die Leistungsentwicklung der Ferkel in der<br />
Phase ab dem 18. Aufzuchttag bis zum Aufzuchtende,<br />
in der die Ferkel aller Versuchsvarianten<br />
das identische Aufzuchtfutter erhielten,<br />
haben können. Der Versuch wurde<br />
mit insgesamt 300 Kreuzungsferkel, die in<br />
drei Fütterungsgruppen und fünf Wiederholungen<br />
zeitversetzt aufgestallt wurden,<br />
durchgeführt.
8 | 9<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Kurz notiert<br />
Es wurden drei unterschiedliche Absetzfutter<br />
konzipiert, die vom Absetztag bis zum<br />
18. Tag gefüttert wurden. Dabei wurde 5 %<br />
Sojaproteinkonzentrat (SPC - non GMO) in<br />
der Kontrollgruppe durch 2,5 % SPC (non<br />
GMO) plus 2,5 % Blutplasma in Versuchsgruppe<br />
1 bzw. 5 % MucoDigest® in der<br />
Versuchsgruppe 2 ersetzt. Die drei unterschiedlichen<br />
Versuchsfutter wurden bis zum<br />
Tag 18 nach Absetzen ad libitum aus<br />
Trockenautomaten angeboten. Vom Tag 19<br />
bis Tag 21 erfolgte dann ein Verschnitt auf das<br />
nachfolgende und an alle Gruppen verabreichte<br />
identische Ferkelaufzuchtfutter II, das<br />
dann bis Versuchsende (Ausstallung am Tag<br />
43 nach Absetzen) weiter ad libitum gefüttert<br />
wurde. Aufgrund der Fütterungstechnik im<br />
Versuchsbetrieb wurden den Ferkeln alle<br />
Futtersorten pelletiert angeboten.<br />
®<br />
MucoDigest -Gruppe tendenziell<br />
überlegen<br />
Während die Tiere mit Blutplasmafütterung<br />
im ersten Fütterungsabschnitt bis<br />
zum 19. Tag mit 310 g eine signifikant höhere<br />
Tageszunahme erzielten <strong>als</strong> die Kontrolltiere<br />
(284 g je Tag), war es bei den MucoDigest®-<br />
Tieren in dieser Aufzuchtphase mit 303 g je<br />
Tag eine tendenzielle Überlegenheit. Im zweiten<br />
Abschnitt (20.-43.) Tag wuchsen die<br />
Ferkel der MucoDigest®-Gruppe mit 692 g je<br />
Tag gegenüber der Blutplasmagruppe mit 660<br />
g je Tag allerdings signifikant besser. Beide<br />
Gruppen unterschieden sich zur Kontrolle<br />
(683 g je Tag) tendenziell. Im Gesamtwachstum<br />
über die volle Versuchszeit von 43<br />
Tagen gab es keine statistisch zu sichernden<br />
Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe<br />
und den beiden Versuchsgruppen. Allerdings<br />
zeigten die Ferkel der MucoDigest-Gruppe in<br />
der gesamten Aufzuchtphase eine tendenzielle<br />
Überlegenheit (p
Geburtsüberwachung und<br />
Ferkelerstversorgung<br />
Für einen guten Start ins<br />
Schweineleben<br />
In den letzten Jahren sind die Sauen immer fruchtbarer geworden, Spitzenbetriebe erreichen heute 30<br />
Ferkel pro Sau und Jahr. Die genetische Veranlagung ist eine Voraussetzung für diese Leistungen, die<br />
professionelle Geburtsüberwachung und Ferkelerstversorgung ein weiterer Hauptpfeiler für hohe<br />
Absetzergebnisse, weiß Angelika Sontheimer.<br />
Wenn die Sau mehr Ferkel am Gesäuge hat, <strong>als</strong> sie selber ernähren kann, dann muss zugefüttert oder ein Wurfausgleich gemacht werden.<br />
Foto: Sontheimer
10 | 11<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Die immense Zunahme der biologischen<br />
Leistungen in der Ferkelerzeugung in den letzten<br />
20 Jahren hat auch ihre Kehrseite: Die<br />
höhere Fruchtbarkeit der Sauen führte zwar<br />
zu größeren, oft aber uneinheitlichen Würfen.<br />
Die untergewichtigen Ferkel mit weniger <strong>als</strong><br />
1.000 Gramm Geburtsgewicht haben ohne<br />
menschliches Zutun geringere Überlebenschancen.<br />
Durch die höhere Anzahl Ferkel<br />
wird die Geburtsdauer verlängert, es kann zu<br />
Wehenschwäche kommen. Eine unterschiedliche<br />
Biestmilchaufnahme führt zu unterschiedlicher<br />
Immunität bei den Ferkeln. Da<br />
mehr Ferkel <strong>als</strong> funktionelle Zitzen vorhanden<br />
sind, muss mit Wurfausgleich, Ammensauen,<br />
mutterloser Aufzucht oder einem Zufütterungssystem<br />
gearbeitet werden, um alle<br />
Ferkel bestmöglich zu versorgen und das Absetzgewicht<br />
wieder möglichst gleichmäßig zu<br />
haben. Kurzum: Die heute üblichen großen<br />
Würfe stellen sehr hohe Anforderungen an<br />
die physiologische Leistung der Muttersau<br />
und an das tierhalterische Können des<br />
Landwirts rund um die Geburt.<br />
Vorbereitung auf die Geburt<br />
Eine Grundvoraussetzung für hohe Leistungen<br />
ist die Hygiene im Abferkelstall.<br />
Schon während der Trächtigkeit sollte die<br />
Sau entwurmt werden. Die gründliche Reinigung<br />
und Desinfektion im Abferkelabteil ist<br />
in den Betrieben heute selbstverständlich,<br />
doch auf Kleinigkeiten wie im Winter auf<br />
Mittel mit höherer Kältetoleranz zu achten,<br />
lassen sich immer verbessern.<br />
Die Sauen sollten ebenfalls geduscht werden,<br />
bevor sie in den 20 bis 22 °C warmen<br />
Abferkelstall kommen. Für jedes Abteil sollten<br />
eigene Geräte verwendet werden, die zum<br />
Beispiel in unterschiedlichen Farben gekennzeichnet<br />
werden können. Generell gilt wie<br />
auch in jedem anderen Produktionsstadium<br />
auch: auf gutes Stallklima und Haltungsumwelt<br />
achten und ausreichend Wasser in<br />
guter Qualität anbieten.<br />
Geburtseinleitung:<br />
Gut Ding will Weile haben<br />
In den heutigen Sauenbeständen ist die<br />
Geburtssynchronisation Standard. Sie ergibt<br />
sich durch die größeren Gruppen im jeweiligen<br />
Wochenrhythmus. Viele Betriebe leiten<br />
die Geburten hormonell ein. Die Geburtseinleitung<br />
mit Prostaglandin und Depot-<br />
Oxytocin sollte frühestens am 114. Trächtig-<br />
keitstag, besser aber am 115. Tag stattfinden.<br />
Neuere Untersuchungen und Berichte aus der<br />
Praxis weisen darauf hin, dass die hochleistenden<br />
fruchtbaren Herkünfte ein oder zwei<br />
Tage länger tragen, vor allem, wenn die Würfe<br />
groß sind. Gerade bei diesen Tieren kann es zu<br />
sehr geringen Geburtsgewichten und schwachen<br />
Ferkeln kommen, wenn die Geburt zu<br />
früh eingeleitet wird. Aus diesem Grund sollten<br />
rund 40 Prozent der Sauen eines Abteils<br />
ohne Einleitung mit der Geburt begonnen<br />
haben, um einer zu frühen Geburtseinleitung<br />
vorzubeugen. Auch die Kolostrumproduktion<br />
wird durch eine zu frühe hormonelle<br />
Geburtseinleitung in ihrer normalen Ausbildung<br />
gestört.<br />
Geburtsüberwachung:<br />
unauffällig aber wirkungsvoll<br />
Dem natürlichen Verhalten der Schweine<br />
folgend wird heute eine Vielzahl von Abferkelsystemen<br />
angeboten. Eingestreute Freilaufbuchten<br />
ermöglichen der Sau, ihr arttypisches<br />
Verhalten rund um die Geburt auszuleben,<br />
aber auch bei der Fixierung im<br />
Kastenstand kann der Stress für die Sau durch<br />
Foto: Sontheimer<br />
Satt und zufrieden. So soll es sein.
geeignetes Nestbaumaterial verringert werden.<br />
Homöopathisch arbeitende Tierärzte<br />
empfehlen für die Beruhigung der Sau die<br />
Gabe von Nux vomica (Brechnuss). Für die<br />
Geburtsüberwachung nutzen einige Betriebe<br />
Videosysteme und führen nach festgelegtem<br />
Zeitraster Kontrollgänge durch. Kameras<br />
erfassen das Geburtsgeschehen aber meist nur<br />
grob im Abteilüberblick. Die intensive persönliche<br />
Geburtsüberwachung ist die bessere<br />
Methode und für die angestrebten höchsten<br />
Ergebnisse unabdingbar. Da Stress bekanntlich<br />
die Geburt hemmt, ist Unruhe zu vermeiden.<br />
Am effektivsten ist die Geburtsüberwachung<br />
mit einem den Tieren bekannten<br />
Betreuer, der ruhig und planmäßig vorgeht.<br />
Stockende Geburt unterstützen<br />
Je nach Anzahl der Ferkel dauert eine normale<br />
Sauengeburt drei bis vier Stunden, bei<br />
sehr großen Würfen auch 4,5 Stunden. Die<br />
Zeit zwischen der Geburt der einzelnen Ferkel<br />
beträgt normalerweise 15 bis 20 Minuten und<br />
sollte nicht mehr <strong>als</strong> 30 Minuten betragen.<br />
Längere Geburtsverzögerungen führen zu<br />
Sauerstoffmangel und Totgeburten. Bei den<br />
noch lebend geborenen Ferkeln ist die<br />
Sauerstoffversorgung entscheidend für die<br />
Regulation der Körpertemperatur und die<br />
Gesäugesuchaktivität. Als Faustformel gilt: Ist<br />
das letzte Ferkel schon trocken oder hat die<br />
Sau erkennbar Wehenschwäche, sollte Geburtshilfe<br />
geleistet werden. Das Hormon<br />
Oxytocin wirkt wehenunterstützend, ein<br />
Zuviel davon kann aber auch einen Gebärmutterkrampf<br />
auslösen. Deswegen sollte die<br />
Vorgehensweise nur in begründeten Einzelfällen<br />
und in Absprache mit dem bestandsbetreuenden<br />
Tierarzt abgestimmt werden, der<br />
Die richtige Geburtsvorbereitungsfütterung hilft, MMA-Erkrankungen zu vermeiden.<br />
ein in Abhängigkeit von der Sauenherkunft<br />
und des Gesamtgesundheitsstatus angepasstes<br />
Geburtsmanagementkonzept erstellt. Um<br />
keine Keime in den Genitaltrakt einzuschleppen,<br />
ist bei der Geburtshilfe absolute Hygiene<br />
angesagt.<br />
Zunächst wird die äußere Scham gereinigt,<br />
bei der Untersuchung ein Einweghandschuh<br />
mit reichlich Gleitgel verwendet.<br />
Wenn die Sau kotet, sollte der Kot entfernt<br />
werden, damit die Ferkel nicht sofort Keimen<br />
ausgesetzt sind.<br />
Foto: Sontheimer
13 | 14<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Beim Zähne schleifen halten sich Nutzen und Gefahren die Waage. Wenn die Zahnhöhle eröffnet wird, können Keime eindringen. Deswegen<br />
sollte Zähne schleifen nur im begründeten Einzelfall durchgeführt werden. (Foto: Sontheimer)<br />
MMA vermeiden, rechtzeitig<br />
erkennen und behandeln<br />
Ist die Geburt für Sau und Ferkel gut überstanden,<br />
bleibt die Wochenbett-Nachsorge.<br />
Der Tierhalter sollte genau auf MMA-<br />
Symptome (Mastitis, Metritis, Agalaktie) achten.<br />
Ein eitriger Ausfluss zeigt zum Beispiel<br />
sichtbar eine infektiöse Gebärmutterentzündung<br />
an.<br />
Jede Gebärmutterentzündung erschwert<br />
das spätere wieder trächtig werden. Die normale<br />
Rückbildung des Genitaltraktes erhöht<br />
umgekehrt den Besamungserfolg. Der Sauenhalter<br />
sollte deswegen bis zu drei Tage nach der<br />
Geburt zwei Mal täglich Fieber messen und<br />
wenn die Körpertemperatur über 39,3 °C<br />
liegt, antibiotisch behandeln. Auch bei Sauen,<br />
bei denen Geburtshilfe angewandt und Wehenschwäche<br />
oder Nachgeburtsverhalten<br />
beobachtet wurde, ist ein Antibiotikum,<br />
Entzündungshemmer oder abschwellendes<br />
Schmerzmittel angezeigt. Die Auswahl der<br />
Medikamente erfolgt durch den betreuenden<br />
Tierarzt. In manchen Fällen wird er auch empfehlen,<br />
Prostaglandin zu verabreichen, um die<br />
Reinigung und Rückbildung der Gebärmutter<br />
zu unterstützen und Ausfluss vorzubeugen.<br />
Die Messung des pH-Wertes der Sauenmilch<br />
gibt ebenfalls Hinweise auf MMA-Erkrankungen.<br />
Die Sauenmilch von gesunden Sauen<br />
hat nach der Geburt einen pH-Wert um 6,4<br />
hat, bei kranken Sauen ist er deutlich höher.<br />
Das richtige<br />
Fütterungskonzept wählen<br />
Sauen sind Hochleistungstiere. Ihre<br />
hohen Leistungen können sie aber nur mit<br />
einer optimalen Fütterung und einer guten<br />
Körperkondition bringen. Je nach Haltungsund<br />
Fütterungssystem hat jeder Betrieb sein<br />
angepasstes Fütterungskonzept. Gleich ist<br />
allen, dass die Futterumstellung von rohfaserreichem<br />
Tragefutter auf energie- und proteinreiches<br />
Laktationsfutter so schonend <strong>als</strong> möglich<br />
vollzogen wird.<br />
Manche Betriebe verschneiden die beiden<br />
Futtersorten, manche setzen ein spezielles<br />
Geburtsvorbereitungsfutter ein. Das energiereiche<br />
Laktationsfutter hat einen höheren<br />
Energie- und Laktosegehalt in der Biestmilch<br />
Impressum<br />
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VetM GmbH & Co. KG<br />
Friederikenstraße 9-11<br />
26871 Papenburg<br />
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ISSN 1867-3996<br />
Titelfoto: © Peter Bosch - fotolia.de
zur Folge. Bewährt hat sich auch eine höhere<br />
Vitamin A und E-Versorgung, die sich ebenfalls<br />
im Kolostrum niederschlägt. Je besser die<br />
Calciumversorgung in der Hochtragendenphase<br />
ist, umso besser ist die Wehentätigkeit<br />
und das spätere Milch einschießen.<br />
Im Herdenmanagement ist generell auf eine<br />
gute Kondition der Tiere über alle Produktionsphasen<br />
hinweg zu achten. Dies ist<br />
mit einer regelmäßigen Konditionsbeurteilung<br />
gut überprüfbar. Der Body Condition<br />
Score-Wert der Sauen sollte zur Geburt zwischen<br />
3 und 4 liegen, das Rückgrat nicht sichtaber<br />
tastbar sein.<br />
Einige Betriebe messen die Rückenspeckdicke<br />
<strong>als</strong> Maß für die Kondition. Sie sollte<br />
16 bis 20 mm zum Ende der Trächtigkeit<br />
aufweisen, um gute Wurfgewichte zu haben.<br />
Zu fett dürfen die Sauen nicht sein, denn je<br />
fetter die Sauen in die Laktation gehen, umso<br />
mehr Fett wird auch ins Gesäuge eingelagert.<br />
Die Gesäugeleiste hat dann im Verhältnis<br />
weniger milchbildendes Gewebe, die Milchleistung<br />
sinkt. Hieraus leitet sich eine leistungsorientierte<br />
Laktationsfütterung nach<br />
dem Prinzip mehr Ferkel, mehr Futter, ab.<br />
Während der Säugezeit dürfen die Sauen<br />
dann maximal 1 BCS-Punkt verlieren.<br />
Möglichst frühe<br />
Biestmilchgabe<br />
Biestmilch ist der Dreh und Angelpunkt<br />
für den guten Start der Ferkel. Sie enthält<br />
sowohl mehr Gesamtprotein mit den für die<br />
Ferkel wichtigen Immunglobulinen, <strong>als</strong> auch<br />
mehr Energie. In den ersten 24 Lebensstunden<br />
sollte das Ferkel 300 g Kolostrum aufnehmen.<br />
Je eher desto besser, denn innerhalb<br />
der ersten Lebensstunden werden die kolostralen<br />
Antikörper noch über die Darmschleimhaut<br />
in den Blutkreislauf übernommen.<br />
Schon während der Geburt können die<br />
Zitzen angemolken werden, um sie „leichtgängiger“<br />
zu machen. Die Ferkel müssen<br />
dann weniger Energie aufwenden, um an die<br />
Milch zu kommen. Vorausschauende Tierhalter<br />
legen einen Biestmilchvorrat von geeigneten<br />
Altsauen in 5 ml-Einwegspritzen an,<br />
um sie lebensschwachen Ferkeln direkt zu verabreichen.<br />
Die Biestmilch-Portionen lassen<br />
sich auch für den nächsten Durchgang einfrieren.<br />
Satte Ferkel sind zufriedene<br />
Ferkel<br />
Saugen alle Ferkel Ist das Gesäuge an<br />
einer Stelle verhärtet Sind die Ferkel ruhig<br />
oder kommt es zu starken Beißkämpfen an<br />
den Zitzen Ab dem zweiten Lebenstag kann<br />
Ferkelmilch, nach ein paar Tagen Prestarter<br />
eingesetzt werden. Oberste Maxime ist auch<br />
hier: streng auf die Hygiene achten, Reste wegwerfen.<br />
Manche Futtermittelfirmen bieten<br />
auch Ergänzungsfuttermittel zur Erstversorgung<br />
mit Immunglobulinen, Vitaminen,<br />
Darmstabilisatoren und Energie an. Später<br />
kann der Tierhalter Spielmaterial zur Befriedigung<br />
des Wühl- und Spieltriebs anbieten.<br />
Gezielte<br />
Ferkelerstversorgung<br />
Während der Geburt sollte im Ferkelnest<br />
eine Temperatur von mehr <strong>als</strong> 30 °C sein. Dies<br />
wird durch Wasserbetten, Fußbodenheizung<br />
oder Rotlichtlampen gewährleistet.<br />
Die Ferkel werden bei einer systematischen<br />
Geburtsüberwachung von den Fruchthüllen<br />
gesäubert, die Atemwege von Schleim<br />
befreit und je nach Haltung mit Stroh oder<br />
einem handelsüblichen alkalischen Einstreumittel<br />
abgetrocknet und gegebenenfalls aufgewärmt<br />
um den Kreislauf anzuregen. Wenn<br />
der Nabel noch nicht abgerissen ist, abnabeln.<br />
Dabei sollte die Nabellänge ca. 10 cm betragen<br />
und insbesondere bei häufig auftretenden<br />
Infektionen sollte der Nabel desinfiziert werden.<br />
Viele Betriebe sperren die Ferkel für die<br />
Dauer der Geburt zunächst ein, damit die Sau<br />
in Ruhe abferkeln kann. Hinterher werden sie<br />
ans Gesäuge angelegt, die kleinsten Ferkel<br />
zuerst. Um die Ferkelverluste zu verringern,<br />
sind einige Betriebe dazu übergegangen, die<br />
Ferkel bei den ersten Fütterungszeiten komplett<br />
zu fixieren. Erst wenn die Sau wieder<br />
ruhig ist bzw. liegt, werden die Ferkel wieder<br />
freigelassen. Gerade bei zu früh eingeleiteten<br />
Geburten kann es zu Spreizern kommen.<br />
Diese werden mit Klebeband fixiert.<br />
Wurfausgleich und Ammen<br />
Ob Ammensauen, Teilabsetzen, Zufütterung,<br />
mutterlose Aufzucht im Brutkasten<br />
und an der künstlichen Amme, welches<br />
Ammensystem für welchen Betrieb geeignet<br />
ist, hängt von der Betriebsstruktur und den<br />
Neigungen des Betriebsleiters ab. Der Wurfausgleich<br />
sollte, egal ob nun die kleinsten oder<br />
die besonders großen Ferkel umgesetzt werden,<br />
erst nach 24 Stunden vorgenommen werden,<br />
wenn alle Sauen des Abteils abgeferkelt<br />
haben und die Ferkel alle Biestmilch aufgenommen<br />
haben. So lassen sich Überkreuz-<br />
Infektionen wirksam eindämmen. Fachberater<br />
Rudolf Wiedmann empfiehlt ein etwas<br />
anderes Vorgehen: Nur gesunde, satte Ferkel<br />
kommen für den Wurfausgleich in Frage.<br />
Dazu müssen neu geborene Ferkel drei satte<br />
Mahlzeiten Kolostrum aufgenommen haben.<br />
Da dies bei sehr großen Würfen mit mehr<br />
Ferkeln <strong>als</strong> funktionsfähigen Zitzen nicht<br />
sichergestellt ist, sollten große Wurfgeschwister<br />
ein- oder zweimal ins Ferkelnest weggesperrt<br />
werden. Während dieser Zeit können<br />
die kleineren Wurfgeschwister Kolostrum bis<br />
zur Sättigung aufnehmen. Erst nach mindestens<br />
drei satten Mahlzeiten am Gesäuge ihrer<br />
leiblichen Mutter sind die Ferkel so versorgt,<br />
dass sie bei einer Amme gut weiterwachsen.<br />
Spätestens 48 Stunden nach der Geburt muss<br />
der Wurfausgleich innerhalb des Abteils dann<br />
abgeschlossen sein, weil die Ferkel sonst zu<br />
unterschiedlich im Alter sind.<br />
Das weitere Ferkelleben<br />
Nicht mehr generell, sondern nur <strong>als</strong> in<br />
Einzelindikation sollten die Zähne abgeschliffen<br />
werden, weil bei dieser Maßnahme auch<br />
das Streptokokkeneintragsrisiko steigt. Aus<br />
diesem Grund müssen bei allen veterinärmedizinischen<br />
Maßnahmen wie Schwanz kürzen,<br />
Ohrenmarken einziehen, kastrieren,<br />
Eisenverabreichung oder impfen, die Messer<br />
oder Nadeln nach jedem Wurf, spätestens<br />
nach jedem Abteil gewechselt werden.<br />
Fazit<br />
Die biologischen Leistungen in der Ferkelerzeugung<br />
haben in den letzten 20 Jahren<br />
immens zugenommen. Die höhere Fruchtbarkeit<br />
der Sauen führte zwar zu größeren, oft<br />
aber uneinheitlichen Würfen. Eine hohe Ferkelzahl<br />
muss gut versorgt werden, um unnötige<br />
Verluste zu vermeiden. Und auch die Sau<br />
benötigt mehr Aufmerksamkeit, wenn sie alle<br />
Ferkel aufziehen soll. Werden alle empfohlenen<br />
Maßnahmen beachtet, sind gesunde<br />
Sauen mit einheitlichen Würfen und hohen<br />
Absetzgewichten der Mühe wertvoller Lohn. <br />
Angelika Sontheimer
14 | 15<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Impfung gegen Circoviren<br />
und Mykoplasmen<br />
kontrovers diskutiert<br />
Sind Porzine Circoviren und Mykoplasmen noch immer ein Thema in den Schweinebeständen Die Frage<br />
ist klar mit Ja! zu beantworten. Doch woran liegt es Dr. Annette Brune gibt eine Antwort.<br />
Foto: swisshippo<br />
Circoviren schädigen das Immunsystem und beeinträchtigen damit ebenso die Immunabwehr der Tiere gegen verschiedene andere Erreger, so dass
In Deutschland haben in den letzten Jahren gezielte Managementmaßnahmen<br />
und Impfprogramme in den Schweinehaltenden<br />
Betrieben zu einer deutlichen Verbesserung der Tiergesundheit geführt.<br />
Neben der Mycoplasmenimpfung der Ferkel ist mittlerweile die<br />
Impfung gegen Circoviren ein Muss, was sich <strong>als</strong> ein erfolgreiches<br />
Mittel zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in Aufzucht und Mast<br />
erwiesen hat.<br />
Ebenso ist es auch in der Sauenherde sinnvoll, neben der routinemäßig<br />
durchgeführten Impfung gegen Parvovirose und Rotlauf weitere,<br />
betriebsindividuelle Impfungen z.B. gegen Influenza oder PRRSV<br />
durchzuführen, um den Infektionsdruck im Betrieb so gering wie möglich<br />
zu halten und die Herdengesundheit zu stabilisieren. Eine im<br />
Sauenbereich jedoch häufig noch vernachlässigte Impfmaßnahme ist<br />
die PCV2-Impfung der Sauen.<br />
PCV2-bedingte Erkrankungen<br />
Circoviren können in der Ferkelaufzucht und Mast an verschiedenen<br />
Krankheitsbildern beteiligt sein.<br />
<br />
diese anfälliger für Darmentzündungen werden.
16 | 17<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Foto: rr<br />
Über die Sau können die Ferkel sich schon sehr früh z.B. über den Kot oder die Biestmilch mit Circoviren infizieren.<br />
Vor allem das Auseinanderwachsen und<br />
Kümmern der Tiere, auch unter PMWS (postweaning<br />
multisystemic wasting syndrome)<br />
bekannt, führt zu erheblichen wirtschaftlichen<br />
Verlusten. Circoviren schädigen das Immunsystem<br />
und beeinträchtigen damit ebenso<br />
die Immunabwehr der Tiere gegen verschiedene<br />
andere Erreger, so dass diese anfälliger<br />
für andere Erkrankungen wie z.B. Lungenoder<br />
Darmentzündungen werden.<br />
Über die Sau können sich die Ferkel schon<br />
sehr früh z.B. über den Kot und die Biestmilch<br />
mit Circoviren infizieren. Aber auch eine spätere<br />
Ansteckung in Aufzucht und Mast kann<br />
zu klinischen Erkrankungen und Verlusten<br />
führen. In jüngster Zeit wird von verschiedenen<br />
tiermedizinischen Arbeitsgruppen, die<br />
sich intensiv mit PCV2 und dessen Auswirkungen<br />
befassen, ein besonderes Augenmerk<br />
auf subklinische Erkrankungen und<br />
schleichende Leistungsdepressionen nach<br />
PCV2-Infektionen gelegt. Diese werden im<br />
Betrieb oft nicht ausreichend beachtet, verursachen<br />
jedoch ebenfalls hohe wirtschaftliche<br />
Schäden, da die Tierleistungen wie tägliche<br />
Zunahmen und Futterverwertung beeinträchtigt<br />
sind. Nach wie vor ist nicht geklärt,<br />
inwieweit Circoviren für das Erscheinungsbild<br />
des PDNS (Porzines Dermatitis und<br />
Nephropathie Syndrom) verantwortlich sind.
Im Bereich der Sauengesundheit wird<br />
immer häufiger von PCV2-bedingten Fruchtbarkeitsstörungen<br />
in Form von Aborten oder<br />
einer erhöhten Anzahl an mumifizierten, totgeborenen<br />
oder lebensschwachen Ferkeln berichtet.<br />
Da diese Reproduktionsstörungen sehr<br />
variabel und unspezifisch sein können, werden<br />
sie oft für die Folgen einer subklinischen<br />
PRRSV-Infektion, einer Infektion mit Parvoviren<br />
oder Influenza gehalten und das<br />
Circovirus <strong>als</strong> Ursache erst nach intensiver<br />
Diagnostik und Ausschluss anderer Erreger<br />
festgestellt.<br />
Impfstrategien gegen<br />
Circoviren<br />
Neben konsequenten Managementmaßnahmen,<br />
die ebenfalls unabdingbar sind,<br />
um den Infektionsdruck zu senken, stehen im<br />
Kampf gegen Circoviren vier Impfstoffe zur<br />
Verfügung. Der erste in Europa zugelassene<br />
Circo-Impfstoff kann sowohl zur Impfung<br />
von Sauen – auch während der Trächtigkeit –<br />
<strong>als</strong> auch zur aktiven Immunisierung von<br />
Schweinen (sogenannte „Ferkelimpfung“)<br />
eingesetzt werden.<br />
Die drei weiteren PCV2-Impfstoffe sind<br />
nur für die „Ferkelimpfung“ zugelassen.<br />
Somit sind in jeden Bestand gegen Circoviren<br />
gezielte maßgeschneiderte Impfstrategien<br />
zum Schutz der Sauenherde und der Ferkel<br />
möglich. Mit der aktiven Immunisierung der<br />
Ferkel („Ferkelimpfung“) gegen Circoviren<br />
bilden die Ferkel selbst eine aktive, <strong>als</strong>o eigene<br />
Immunität aus. Die Impfung wird in den meisten<br />
Betrieben um den Absetztermin durchgeführt.<br />
Je nach Impfstoff ist ein unterschiedliches<br />
Dosisvolumen zur aktiven Immunisierung<br />
der Ferkel notwendig (s. Herstellerangaben).<br />
Dieses unterschiedliche Dosisvolumen<br />
der verschiedenen PCV2-Impfstoffe ist<br />
für den entsprechenden Impfstoff jeweils<br />
genau mit dem in dieser Dosis enthaltenden<br />
Antigen, dessen Konzentration und Aufbereitung<br />
und dem verwendeten Adjuvans in seiner<br />
Wirksamkeit geprüft und zugelassen und<br />
muss entsprechend dieser Prüfung und Zulassung<br />
verimpft werden. Einer der PCV2-<br />
Impfstoffe beispielsweise ist bereits mit einer<br />
kleinen und damit ferkelfreundlichen Dosis<br />
von 0,5 ml i.m. voll wirksam zur Ferkelimpfung<br />
und wird seit einigen Jahren millionenfach<br />
erfolgreich verimpft. Nur bei diesem<br />
Impfstoff werden <strong>als</strong> Antigen die ganzen porzinen<br />
Circoviren Typ 2 und nicht nur Teile<br />
verwendet, so dass es sich um eine Vollvirus-<br />
Vakzine handelt.<br />
<br />
Foto: Merial<br />
Subklinische Form der PCV2-Infektion mit Leistungseinbußen.
18 | 19<br />
aktuell<br />
TIERGESUNDHEIT<br />
SCHWEIN<br />
Die gute Wirksamkeit und der Schutz<br />
gegen Circoviren-bedingte Schäden in Aufzucht<br />
und Mast wurde in zahlreichen<br />
Untersuchungen und im Feld umfangreich<br />
gezeigt.<br />
Die Sauenimpfung mit passiver Immunisierung<br />
der Ferkel ist eine weitere Möglichkeit<br />
zum Schutz der Ferkel. Dazu werden zur<br />
Grundimmunisierung die Jungsauen zweimalig<br />
vor dem Belegen und die Sauen zweimalig<br />
ca. 6 und 2 Wochen vor dem Geburtstermin<br />
mit dem dazu zugelassenen Impfstoff in einer<br />
Dosis von 2 ml i.m. geimpft. Die Wiederholungsimpfungen<br />
erfolgen jeweils einmalig<br />
reproduktionsbezogen vor der Geburt. Dieses<br />
führt zur Bildung hoher und gleichmäßiger<br />
Antikörpermengen in der Sau. Diese Abwehrstoffe<br />
werden über die Biestmilch auf die<br />
Ferkel übertragen. Somit sind die Ferkel frühestmöglich<br />
und von Anfang an geschützt.<br />
Außerdem wurde <strong>als</strong> Zusatznutzen in zahlreichen<br />
Betrieben eine Verbesserung der<br />
Fruchtbarkeitsleistung nach Impfung der<br />
Sauen mit der Vakzine beobachtet.<br />
In Ferkelerzeugerbetrieben mit früher<br />
Infektion und hohem Infektionsdruck in der<br />
Mast ist es daher sinnvoll, sowohl die Sauen <strong>als</strong><br />
auch die Ferkel zu impfen.<br />
Spitzenlappenpneumonie verursacht durch Mycoplasma hyopneumoniae<br />
Foto: Institut für Pathologie, Tierärztliche Hochschule Hannover
Schon lange sollte<br />
Ferkelgrippe kein Problem<br />
mehr sein<br />
Nach wie vor spielt in Ferkelaufzucht und<br />
Mast Mycoplasma hyopneumoniae eine wichtige<br />
Rolle. Mycoplasma hyopneumoniae ist<br />
der bakterielle Erreger der Ferkelgrippe (Enzootische<br />
Pneumonie). Zusammen mit anderen<br />
Atemwegserregern werden sie unter dem<br />
Begriff des Porcinen Respiratorischen Disease<br />
Complexes (PRDC) zusammengefasst. Bereits<br />
über das Muttertier ist eine frühe Infektion<br />
der Ferkel möglich, aber auch eine<br />
Übertragung über die Luft von Betrieb zu<br />
Betrieb muss <strong>als</strong> mögliche Infektionsquelle<br />
berücksichtigt werden. Mycoplasmen beeinträchtigen<br />
nach Besiedlung des Atemtraktes<br />
die Aktivität der Zilien (Flimmerhärchen) in<br />
den oberen Luftwegen, so dass weitere Erreger<br />
(sog. Sekundärerreger) eindringen und die<br />
Lunge schädigen können. Als Folge dessen<br />
entstehen die sogenannten Spitzenlappenpneumonien,<br />
Lungenentzündungen, die häufig<br />
erst bei der Schlachtung festgestellt werden.<br />
Seit vielen Jahren stehen den schweinehaltenden<br />
Betrieben verschiedene Impfstoffe<br />
gegen Mycoplasma hyopneumoniae zur Verfügung,<br />
die je nach Zulassung des Impfstoffes<br />
ein- oder zweimal (one- oder twoshot)<br />
verabreicht werden. Die Impfung ist<br />
dam<strong>als</strong> wie heute <strong>als</strong> sehr sinnvoll anzusehen.<br />
Seit einiger Zeit mehren sich jedoch Berichte<br />
über „Mykoplasmenprobleme“ in<br />
Form von Husten und vermehrtem Auftreten<br />
von Spitzenlappenpneumonien bei Mastschweinen<br />
trotz Impfung. Dieses führt zu<br />
Unzufriedenheit des Mästers und kann dazu<br />
führen, dass dieser Ansprüche gegenüber den<br />
Vermarktern bzw. Ferkelerzeugern erhebt.<br />
Um dem frühzeitig entgegenzuwirken, sollte<br />
der Ferkelerzeuger in Zusammenarbeit mit<br />
seinem Hoftierarzt regelmäßig sein Impfkonzept<br />
überprüfen. Bei der Auswahl einer<br />
erfolgreichen Impfstrategie gegen Mykoplasmen<br />
sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.<br />
Häufig wird ein Mykoplasmenimpfstoff<br />
allein nur unter arbeitstechnischen<br />
Gesichtspunkten ausgewählt, z.B. weil er nur<br />
einmal geimpft (one-shot) werden muss oder<br />
da er mit einem PCV2-Impfstoff gemischt<br />
werden kann. Diese Kriterien sollten nicht an<br />
erster Stelle stehen, sondern der Infektionszeitpunkt<br />
und der Infektionsdruck im Betrieb<br />
müssen die entscheidende Rolle bei der Wahl<br />
des Impfkonzeptes spielen (<strong>als</strong>o one- oder<br />
two-shot Vakzine, Impfzeitpunkte, abzudeckendes<br />
Erregerspektrum). Nur so ist gewährleistet,<br />
dass die Impfung erfolgreich ist.<br />
Gerade in Betrieben mit hohem Mykoplasmendruck<br />
hat sich eine zweimalige Mykoplasmenimpfung<br />
in den vergangenen Jahren<br />
vielfach bewährt und auch <strong>als</strong> effizient und<br />
sehr kostengünstig herausgestellt.<br />
Fazit<br />
In Deutschland wird nahezu flächendeckend<br />
gegen PCV2 und Mycoplasma hyop-<br />
Kümmern bei der klinischen Form einer PCV2-Infektion.<br />
neumoniae geimpft, was zu einer deutlichen<br />
Verbesserung der Tiergesundheit geführt hat.<br />
Dieses spiegelt sich auch in der Steigerung der<br />
Produktionsparameter in den letzten Jahren<br />
wider, sowie in vielen Berichten zu gesunkenen<br />
Medikamenteneinsatz in Impfbetrieben.<br />
Unter der Zielsetzung einer möglichst weitgehenden<br />
Reduktion des Antibiotikaverbrauchs<br />
nehmen prophylaktische Maßnahmen wie<br />
Impfungen eine immer größere Bedeutung<br />
ein.<br />
Doch welche Impfmaßnahmen und Strategien<br />
sind für den jeweiligen Bestand notwendig<br />
Dafür gibt es kein Patentrezept.<br />
Daher sollte jeder Betriebsleiter zusammen<br />
mit seinem Hoftierarzt eine für seinen<br />
Bestand maßgeschneiderte Impfstrategie entwickeln.<br />
Dieses sollte unter Berücksichtigung<br />
der Produktionsrichtung, des Managements<br />
und des Infektionsdrucks im Bestand geschehen.<br />
Neben der Verbesserung der Tiergesundheit<br />
und der damit einhergehenden<br />
Verbesserung der Tierleistungen müssen auch<br />
die Kosten für die jeweilige Vakzine in der<br />
Kosten-Nutzen-Analyse mit berücksichtigt<br />
werden.<br />
<br />
Dr. Annette Brune, Merial GmbH<br />
Foto: Merial