Tuberkulose - Vivantes
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<strong>Tuberkulose</strong><br />
ein zunehmendes Problem<br />
Claudius Vidal<br />
claudius.vidal@vivantes.de<br />
<strong>Vivantes</strong> Klinikum Am Urban<br />
Klinik für Innere Medizin - Kardiologie und<br />
konservative Intensivmedizin<br />
Chefarzt : Prof. Dr. Dietrich Andresen
<strong>Tuberkulose</strong><br />
• 24.03.1882 Robert Koch: Mycobacterium tuberculosis<br />
• 1952 Gerhard Domagk: Isonaizinsäurehydrazid (INH)
<strong>Tuberkulose</strong><br />
…ist neben Malaria und HIV/AIDS die weltweit<br />
häufigste Infektionskrankheit mit den meisten<br />
Todesfällen.<br />
• 1/3 der Weltbevölkerung ist infiziert (= 2 Mrd)<br />
• 100 Mio Neuinfektionen jährlich<br />
• 5 – 10 % entwickeln eine aktive TB<br />
• 9,27 Mio Neuerkrankungen 2007 (1,37 Mio HIV)<br />
• fast 2 Mio Todesfälle jährlich
TB - ein zunehmendes Problem<br />
assoziiert mit Armut, Mangelernährung, Migration<br />
Seit den 90iger Jahren v.a.<br />
• Koinfektion mit HIV<br />
• Multiresistente Stämme: MDR und XDR<br />
Therapie langwierig, kompliziert und teuer<br />
eingeschränkte Heilungsaussichten<br />
höhere Mortalität<br />
In resourcenschwachen Ländern häufig<br />
Todesurteil
Pathogenese der TB<br />
Tröpfcheninfektion<br />
Primärinfektion<br />
Primärherd<br />
Primärkomplex<br />
Primärherd + reg. LK<br />
5-6 Wochen<br />
meist Ausheilung ohne Streuung:<br />
Kalkdichte Rundschatten<br />
Schlechte Abwehrlage: Primär-TB<br />
Ausheilung mit Streuung:<br />
Lunge, Knochen, Niere<br />
Miliar-TB, Knochen-TB<br />
Landouzy-Sepsis<br />
Exogene Reinfektion<br />
Gute Abwehrlage:<br />
lebenslang asymptomat.<br />
Immunsuppression<br />
HIV, Med., Alter<br />
Schlechte Abwehrlage: Ausbreitung<br />
Postprimär-TB
Epidemiologie - Inzidenz<br />
2007 weltweit 9,27 Millionen TB-Neuerkrankungen<br />
2 Mio<br />
1,3 Mio<br />
55% Asien<br />
31% Afrika<br />
5% Europa<br />
0,53 Mio<br />
0,46 Mio<br />
WHO Global Tuberculosis Control 2009
Epidemiologie - Inzidenzrate<br />
2007 weltweit 139/100.000<br />
363/100.000<br />
WHO Global Tuberculosis Control 2009
WHO Europäische Region, 2008<br />
EUROPEAN UNION (EU) (dark blue)<br />
Austria<br />
Belgium<br />
Bulgaria<br />
Cyprus<br />
Czech Republic<br />
Denmark<br />
Estonia<br />
Finland<br />
France<br />
Germany<br />
Greece<br />
Hungary<br />
Ireland<br />
Italy<br />
Latvia<br />
Lithuania<br />
Luxembourg<br />
Malta<br />
Netherlands<br />
Poland<br />
Portugal<br />
Romania<br />
Slovakia<br />
Slovenia<br />
Spain<br />
Sweden<br />
United Kingdom<br />
WEST, non-EU (light blue)<br />
Andorra<br />
Iceland<br />
Israel<br />
Monaco<br />
Norway<br />
San Marino<br />
Switzerland<br />
422.830 TB Neuerkrankungen jährlich<br />
72,6% aller TB-Neueerkrankungen im Osten<br />
BALKANS (yellow)<br />
Albania<br />
Bosnia & Herzegovina<br />
Croatia<br />
Macedonia, F.Y.R<br />
Montenegro<br />
Serbia<br />
Turkey<br />
EAST (orange)<br />
Armenia<br />
Azerbaijan<br />
Belarus<br />
Georgia<br />
Kazakhstan<br />
Kyrgyzstan<br />
Moldova<br />
Russian Federation<br />
Tajikistan<br />
Turkmenistan<br />
Ukraine<br />
Uzbekistan<br />
Modif. Nach EuroTB 2009
TB – Inzidenz Europ. Region<br />
120<br />
TB Fälle/100.000<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Osten<br />
Europ. Region<br />
Balkan<br />
EU-27 & West<br />
EU-15<br />
nach EuroTB 2009
Brennpunkt Osteuropa<br />
• Inzidenz 110/100.000 EW (72,6%)<br />
(n=306.887)<br />
• Kasachstan: 282/100.000<br />
• 70.000 MDR-TB jährlich<br />
• in Gefängnissen:<br />
Inzidenzen bis 7000/100.000<br />
Insassen
Inzidenz in Deutschland<br />
5020<br />
RKI Epidemiologisches Bulletin 2007
Eckdaten 2007 Deutschland<br />
Anzahl %Anteil Inzidenz<br />
▶ Staatsangehörigkeit (n=4.837)<br />
– Deutsche Staatsangehörige 3.183 65,8 % 4,2<br />
– Ausländische Staatsangehörige 1.654 34,2 % 22,8<br />
▶ Geburtsland (N=4.850)<br />
– in Deutschland geboren 2.760 56,9 %<br />
– im Ausland geboren 2.090 43,1 %<br />
▶ Resistenzlage (N=3.242)<br />
– Multiresistenz 66 2,0 %<br />
– Jegliche Resistenz 379 11,7 %<br />
(INH, EMB, RMP, PZA, SM)<br />
RKI Epidemiologisches Bulletin 2007
MDR und XDR-TB<br />
MDR-TB: multidrug-resistant tuberculosis<br />
Resistenz gegen die Erstlinien-Medikamente<br />
Rifampicin und Isoniacid<br />
XDR-TB: extensively drug-resistant tuberculosis<br />
MDR-TB<br />
+ Resistenz gegen Fluorchinolone (Cipro-, Levofloxacin)<br />
+ Resistenz geg. mindestens 1 der 3 i.v.- Medikamente<br />
Capreomycin, Kanamycin, Amikacin
MDR-TB - Ursachen<br />
• Wirt-spezifische genetische Faktoren<br />
Assoziation mit HLA-Genen Kim et al. Hum Immunol 2005;66<br />
• Keim-spezifische Faktoren<br />
- W-Beijing-Genotyp Cox et al. Respir Res 2005; 6:134<br />
- Spontanmutationen<br />
• Inkomplette oder inadäquate Behandlung<br />
- keine/falsche Kombinationstherapie<br />
- Noncompliance<br />
- zu kurz, zu wenig, nicht rechtzeitig<br />
- Fehlbehandlung<br />
- qualitativ schlechte Medikamente
MDR-TB<br />
2007 weltweit 500.000 MDR-TB Fälle (= 5% aller TB-Fälle)<br />
130.000 Todesfälle/Jahr<br />
43.000<br />
Indien u. China<br />
50% MDR<br />
112.000<br />
131000<br />
WHO Report No.4 2008
Georgia<br />
30%<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
MDR-TB Ost-Europa, 2006<br />
% MDR<br />
Kyrgyzstan<br />
Azerbaijan<br />
Moldova<br />
Ukraine -<br />
Donetsk region<br />
Russian Fed. -<br />
Tomsk region<br />
Uzbekistan<br />
Kazakhstan<br />
Russian Fed. -<br />
Mary El region<br />
Armenia<br />
Russian Fed. -<br />
Orel region
XDR-TB<br />
40.000 XDR-TB jährlich in 55 Ländern<br />
Estland 24% XDR<br />
WHO Report No.4 2008
Koinfektion TB und HIV<br />
• 12 Mio Koinfektionen weltweit<br />
79% in Afrika, 11% Südostasien<br />
• 1,37 Mio Koinfektionen jährl. (15%)<br />
davon 456.000 Todesfälle (33%)<br />
• TB ist die häufigste Todesursache<br />
für AIDS-Patienten
TB und HIV<br />
• Reaktivierung einer latenten TB-Infektion<br />
• erneute TB nach Reinfektion<br />
• Beschleunigtes Fortschreiten der HIV-Infektion<br />
(Replikationsrate und genetische Variabilität der<br />
HI-Viren am Ort der TB-Erkrankung erhöht)<br />
• Beeinträchtigung der zellulären MDR-TBspezifische<br />
Immunantwort durch HIV
Diagnostik<br />
Mikroskopie<br />
Färbung auf säurefeste Stäbchen (z.B. Ziehl-Neelsen)<br />
• Vorteil: kostengünstig und schnell, Spezifität 99%<br />
• Nachteil: geringe Sensitivität: 10 4 –10 5 Keime/ml nötig<br />
keine Resistenztestung möglich
Diagnostik<br />
Kultur<br />
konventionell auf festen u. flüssigen Spezialmedien<br />
Vorteil: nur 10 1 Keime/ml notwendig, Sensitivität 80-90%<br />
Nachteil: Dauer 4 – 10 Wochen<br />
Nukleinsäurenachweis<br />
mittels DNA-Sonde oder PCR<br />
Vorteil: Dauer nur wenige Stunden, 10 1 Keime/ml notwendig,<br />
70-100% Sensitivität<br />
Nachteil: nicht geeignet zur Therapie Kontrolle, keine<br />
Unterscheidung zw. Lebenden und toten Erregern
Diagnostik<br />
Neue Methoden zur Resistenztestung:<br />
Nachteil: teuer und nur in wenigen Zentren<br />
• Radiometrisch z.B. BACTEC-460 (10 Tage)<br />
• Luciferase Reporter Assay (2 Tage)<br />
• FASTPlaqueTB-RIF: RMP-Sensibilität<br />
• Sequenzierung: RFLP-Analyse
Therapie der resistenten TB<br />
Therapie langwierig, kompliziert und teuer<br />
• Dauer bis zu 2 Jahre<br />
• Second-Line Med. mit erheblichen UAWs<br />
• Kosten bis zu 100-fach höher<br />
• geringerer Therapieerfolg (50-60% Heilung)<br />
Umfassende Patientenbeaufsichtigung<br />
und Unterstützung
Direkt überwachte Kurzzeittherapie<br />
DOTS: Directly observed treatment short course<br />
• 1995 von der WHO eingeführt<br />
• Kostenlose Medikamente<br />
• in den ersten 1-2 Mo. Tabletteneinnahme unter Aufsicht<br />
• in den meisten euopäischen Ländern umgesetzt<br />
Hindernisse für weitere Ausweitung:<br />
Personalmangel, unzureichende Labordienste, Koinfektion<br />
mit HIV, TB in Gefängnissen<br />
Kein Zugang zu DOTS:<br />
Ressourcenmangel, instabile Arzneimittelversorung,<br />
abgelegene Wohnorte, soziale Stigmatisierung
Therapie der resistenten TB<br />
Bei hochgradigem V.a. MDR-TB<br />
• Herkunftsland (hohe TB-/MDR-Inzidenz)<br />
• frühere TB-Therapie über > 4 Wochen<br />
• Kontakte zu Pat. mit nachgewiesener Resistenz<br />
• keine Sputumkonversion nach 3 Monaten Therapie<br />
noch vor dem Ergebnis der Sensibilitätsprüfung<br />
Standard-Vierfach-Medikation (INH, RMP, EMB, PZA)<br />
+ zusätzlich 3 Medikamente, gegen die der TB-Stamm<br />
höchstwahrscheinlich senibel ist<br />
ggf. Chirurgie<br />
Keine einheitlichen und evidenzbasierten Richtlinien!
Therapie der resistenten TB<br />
Gruppe 1 Mittel der 1. Wahl, oral INH, RIF/RFB, EMB, PZA<br />
Gruppe 2 Intravenöse Applikation SM, KAN, AMI, CAP<br />
Gruppe 3 Chinolone CIP, OFL, LEV, MOXI, GATI<br />
Gruppe 4 Andere Mittel der 2. Wahl ETA, PTH, CYS, PAS, LIN<br />
Gruppe 5 Verstärkende Substanzen AMX/CL, CFZ, CLA<br />
Caminero JA. Int J Tuberc Lung Dis 2006; 10:829-37<br />
Resistenz gegen<br />
G1: 1. Wahl<br />
G2: i.v. Med.<br />
G3: Chinolone<br />
G4: andere 2. Wahl<br />
nur je 1 Substanz<br />
wenn < 4 Mediamente aus G1-G4<br />
G5: versärkende Subst.
Maßnahmen zur Kontrolle der TB<br />
Globale Präventionsprogramme: Stop-TB Strategy (WHO)<br />
Therapie nach internat. Standards der TB-Versorgung<br />
• geeignte Diagnose- und Therapieangebote für alle Pat.<br />
• regelmäßiges und rechtzeitiges Angebot aller TB-Med.<br />
• ordnungsgemäße Handhabung der Medikamente<br />
und Unterstützung der Patienten<br />
• MDR- und XDR-Patienten sollen in Zentren behandelt<br />
werden, minimaler Kontakt zu anderen Patienten<br />
Entwicklung neuer molekularbiolog. Methoden v.a. zur<br />
Resistenztestung
WHO: Global TB Control<br />
1. Fallende Inzidenz bis 2015<br />
2. Halbierung der TB Prävalenz<br />
und der Todesfälle im Vgl. zu 1990<br />
3. > 70% mit pos. TB-Nachweis sollen erkannt<br />
und in DOTS-Programmen behandelt werden<br />
4. >85% sollen erfolgreich behandelt werden
Aktuelle Situation<br />
• Langsam fallende Inzidenz weltweit<br />
(142/100.000 139/100.000)<br />
• 3 der 6 WHO-Regionen sind auf dem Weg, die erzielte Red.<br />
der Inzidenz und der Todesfälle bis 2015 zu erreichen<br />
• 37% der TB-Fälle nicht in DOTS-Programmen<br />
• Bis 96% der MDR-Fälle werden nicht nach internationalen<br />
Standards diagnostiziert und behandelt<br />
• Die Mehrheit der HIV+ TB-Pat. kennt den HIV-Status nicht<br />
• die Mehrheit der HIV+ TB-Pat. die ihren HIV-Status kennt,<br />
hat keinen Zugang zu ART