Der Ball ist rund
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Heller zu nennen, der, obwohl über keine wie immer geartete Fußballerfahrung verfügend,<br />
dennoch das künstlerische Programm der WM 2006 in Deutschland gestaltete. Auf seine<br />
Initiative hin verfassten auch österreichische Schriftsteller kurze, prägnante Statements zum<br />
Thema Fußball.<br />
Die ansonsten dem Sport kritisch gegenüberstehende Nobelpre<strong>ist</strong>rägerin Elfriede Jelinek<br />
(Sportstück), dachte intensiv über die Wahrheit nach, die auf dem Platze liege. Franzobel,<br />
ausgewiesener Fußball-Experte, sang seinen: "Toni Polster Song" und Ilse Aichinger sann<br />
poetisch über die magische Zeitspanne der obligaten "90 Minuten" nach.<br />
Es <strong>ist</strong> heute durchaus nicht unüblich, dass Schriftsteller sich schreibend - selbstverständlich<br />
auch in der Praxis, mit dem Fußball befassen. Kommentare in den Zeitungen von Robert<br />
Menasse, Franzobel oder dem German<strong>ist</strong>en Wendelin Schmidt-Dengler (treuer Rapid-<br />
Anhänger) gehören mittlerweile zum Alltag.<br />
Interessant <strong>ist</strong> auch Altme<strong>ist</strong>er Peter Handkes Peter geheimnisumwitterte Beziehung zum<br />
Leder. Weltbekannt <strong>ist</strong> sein Roman : "Die Angst des Tormanns vorm Elfmeter" - ein Werk, das<br />
absolut nichts mit Fußball zu tun hat. Wegen dieses Romans könnte man darauf schließen,<br />
dass Handke keine Ahnung vom Fußball hat: nicht der Tormann hat Angst, sondern der<br />
Schütze - es gibt aber sehr intensive literarische Kleinodien aus der Hand des Dichters, die<br />
Gegenteiliges verraten. So verblüfft Handke mit seinem Gedicht: "Die Aufstellung des 1. FC<br />
Nürnberg vom 27. 1. 1968", souverän mit detaillierter Sachkenntnis:<br />
Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27. 1. 1968<br />
WABRA<br />
LEUPOLD POPP<br />
LUDWIG MÜLLER WENAUER BLANKENBURG<br />
STAREK STREHL BRUNGS HEINZ MÜLLER VOLKERT<br />
Spielbeginn:<br />
15 Uhr<br />
Und wer könnte bei der folgenden symbol<strong>ist</strong>ischen Sequenz, die überaus tiefgründig sich über<br />
den Fußball äußert, dem Dichter widersprechen?<br />
- "Wie alles, was <strong>rund</strong> <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> auch der Fußball ein Sinnbild für das Ungewisse, für das Glück<br />
und die Zukunft."<br />
Überrascht stellt man ebenso fest, dass ein unverrückbarer Markstein österreichischer<br />
Ge<strong>ist</strong>esgeschichte, das Hauptwerk des Nobelpre<strong>ist</strong>rägers Elias Canetti: "Masse und Macht" -<br />
von der tatsächlichen, manchmal auch dämonischen Kraft des Fußballs inspiriert wurde.<br />
Unweit der damaligen Wiener Wohnung des Denkers Canetti lag der Spielplatz des SK Rapids.<br />
Canetti, hellhörig dem Zeitge<strong>ist</strong> gegenüber, nahm das Siegesgeschrei der Rapid-Fans zum<br />
Anlass, ausführlich über die Zusammenhänge von Masse und Macht nachzudenken.<br />
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