Physiologische Grundlagen der Fruchtbarkeit - Zentrale ...
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wogegen beispielsweise Mathevon et al. (1998) bei Holstein bzw. Ducrocq and Humblot (1995,<br />
1998) bei <strong>der</strong> Rasse Normande deutlich höhere Heritabilitäten schätzten. Die großen<br />
Unterschiede in den veröffentlichten Heritabilitätsschätzwerten können u.a. durch<br />
unterschiedliche Rassen, Altersstruktur und zugrunde liegenden Modelle vermutet werden.<br />
Samenqualitätsmerkmale haben also im Verhältnis zu den meisten an<strong>der</strong>en Fitnessmerkmalen<br />
relativ hohe Heritabilitäten. Dennoch wurde in einigen Untersuchungen festgestellt, dass sie nur<br />
bedingt für die Vorhersage <strong>der</strong> paternalen <strong>Fruchtbarkeit</strong> verwendbar sind (z.B. Christensen et al.,<br />
1999; Stålhammar et al., 1994). Einer <strong>der</strong> Gründe dafür ist die Tatsache, dass einige<br />
Samenqalitätsmerkmale „kompensierbar“ sind (z.B. Caraviello, 2004; Saacke et al., 2000). Dazu<br />
zählt zum Beispiel die Motilität: solange die Anzahl an Spermien in <strong>der</strong> Paillette entsprechend<br />
erhöht werden kann, hat sie keine gravierenden Auswirkungen auf die Befruchtungsfähigkeit.<br />
Gerade diese kompensatorischen Merkmale werden aber üblicherweise routinemäßig bestimmt<br />
und auch anschließend als Grundlage für die Verdünnung verwendet. Ein gewisser Ausgleich<br />
schlechterer Ausgangssamenqualität kann also durch geringere Verdünnung in den<br />
Besamungsstationen erfolgen. Das bedeutet, dass die Varianz einiger Samenqualitätsmerkmale<br />
in den Pailletten reduziert ist. Da die Verdünnung jedoch normalerweise nicht bekannt ist, sind<br />
Rückschlüsse von Ausgangs-Samenqualitätsparametern auf die schlussendlich resultierende<br />
Non-Return-Rate <strong>der</strong> Töchter schwierig. Daneben existieren aber auch nicht kompensierbare<br />
Merkmale, wie z.B. morphologische Mängel, die die Vorwärtsbeweglichkeit nicht<br />
beeinträchtigen, die trotz Verdünnung in direktem Zusammenhang mit den<br />
Befruchtungsergebnissen stehen. Allerdings stehen diese üblicherweise nicht routinemäßig zur<br />
Verfügung.<br />
Um die Beziehung zwischen paternalen <strong>Fruchtbarkeit</strong>szuchtwerten und Samenqualitätsmerkmalen<br />
im Ejakulat vor <strong>der</strong> Verdünnung abschätzen zu können, wurde für den Datensatz <strong>der</strong><br />
Besamungsstation Hohenzell eine Zuchtwertschätzung mit dem BLUP-Tiermodell für alle<br />
Samenmerkmale durchgeführt und die Korrelationen zwischen Zuchtwerten <strong>der</strong> Samenmerkmale<br />
und <strong>der</strong> paternalen <strong>Fruchtbarkeit</strong> ermittelt. Die Korrelationen zwischen den Zuchtwerten waren<br />
allerdings niedrig und reichten von nur 0,08 (Volumen) bis 0,16 (% lebende und Konzentration).<br />
Die Samenqualitätsdaten aus <strong>der</strong> Routinekontrolle scheinen also keine optimalen Merkmale zu<br />
sein, um die Qualität <strong>der</strong> paternalen <strong>Fruchtbarkeit</strong>szuchtwerte zu verbessern. Allerdings muss in<br />
diesem Zusammenhang angemerkt werden, dass die genetischen Korrelationen höher sein<br />
könnten als die angeführten Zuchtwertkorrelationen. Es sind daher weitere Untersuchungen<br />
notwendig, um die Verwendbarkeit <strong>der</strong> Samenqualität für die Zuchtwertschätzung für<br />
<strong>Fruchtbarkeit</strong> abzuklären. Als nächster Schritt wurde daher versucht, die Samencharge, das<br />
heißt, die Pailletten, die an einem Produktionstag aus einem Ejakulat produziert wurden, in <strong>der</strong><br />
Auswertung mit zu berücksichtigen.<br />
4. Berücksichtigung <strong>der</strong> Samencharge<br />
Um den Einfluss <strong>der</strong> Samencharge auf die männliche <strong>Fruchtbarkeit</strong> und den Informationsgehalt<br />
für die Zuchtwertschätzung beurteilen zu können, wurde in Nie<strong>der</strong>österreich seit 1.1.2004 bei<br />
fast je<strong>der</strong> durchgeführten Belegung die entsprechende Chargennummer (Produktionsdatum) <strong>der</strong><br />
Samenportion erfasst und an die NÖ. Genetik Rin<strong>der</strong>besamungs GmbH in Wieselburg gemeldet.<br />
Somit war es möglich, jede Belegung mit den entsprechenden Samenproduktionsdaten <strong>der</strong><br />
Rin<strong>der</strong>besamungsstation Wieselburg zu verknüpfen und den Einfluss verschiedenster<br />
Samenqualitätsmerkmale auf die Non-Return-Rate 90 und Non-Return-Rate 56 zu untersuchen.<br />
Insgesamt wurden etwa 50.000 Belegungen ausgewertet (Stiere mit mindestens 100<br />
Belegungen). Für jede Samencharge standen folgende Informationen <strong>der</strong> Samenqualität zur<br />
Verfügung: Ejakulatvolumen, Samenkonzentration, Motilität, Anteil leben<strong>der</strong> Spermien vor dem<br />
Fürst-Waltl und Gredler – Bedeutung <strong>der</strong> Samenqualität für die <strong>Fruchtbarkeit</strong> 53