Untitled - Frauenhilfe München
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Sachberichte der <strong>Frauenhilfe</strong> München für das Jahr 2011<br />
Erwerbstätigkeit erlebten 30,9 Prozent der Frauen. Sexualisierte Gewalt gaben 19,8 Prozent der<br />
Frauen an.<br />
Die gewaltgeprägte Lebenssituation der Mehrzahl der Nutzerinnen war weiterhin<br />
gekennzeichnet durch lange, chronisch schwere Gewalterfahrungen. Es ist bekannt, dass je<br />
nach Dauer und Schwere der Gewalt Angst und Abhängigkeit auch nach der Trennung weiter<br />
wirken. Teilweise hoch ambivalente Gefühlslagen – der Wunsch nach einer Trennung und die<br />
weiterhin angstgeprägte Bindung – bedeuten eine starke psychische Belastung für die<br />
einzelnen Frauen. Daraus ergibt sich ihr besonderer Beratungsbedarf. Die professionelle<br />
Unterstützung muss einerseits immer mit hoher Akzeptanz an der Ambivalenz der Frauen<br />
ansetzen. Andererseits hat sie sich an den Realitäten zu orientieren und beinhaltet immer ein<br />
gewisses Maß an Konfrontation, um die betroffenen Frauen zu aktivieren, sich und die Kinder<br />
besser zu schützen.<br />
73 Prozent der Frauen hatten Kinder. Von den Müttern gaben 96,5 Prozent an, dass die Kinder<br />
während der Gewalttätigkeiten des Mannes in der Wohnung anwesend waren. 31 Prozent der<br />
Frauen berichten von direkter Gewalt des Vaters gegen die Kinder. Diese Zahlen bestätigen auf<br />
erschreckende Weise, wie notwendig in der Beratung der Blick auf die Situation der Kinder<br />
und die einzelfallbezogene Kooperation mit der Bezirkssozialarbeit ist.<br />
Der Anteil von Frauen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit bzw. anderem kulturellen<br />
Hintergrund betrug 61,2 Prozent. Die Herkunftsländer umfassten 60 Nationen.<br />
Die überwiegende Anzahl der Frauen sprach ausreichend Deutsch. In 42 Beratungen wurde<br />
Übersetzung benötigt.<br />
Zum Zeitpunkt des ersten Beratungskontaktes war bei 46,8 Prozent der Frauen ein polizeilicher<br />
Einsatz erfolgt, davon 61Prozent mit verfügtem Platzverweis des Täters durch die Polizei. 14,9<br />
Prozent der Frauen hatten einen Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG ) gestellt.<br />
Diese Zahlen belegen, dass wir mit unseren Angeboten einen großen Teil von betroffenen<br />
Frauen ansprechen, die trotz lang andauernder Gewalt bisher weder auf das Schutzangebot der<br />
Polizei noch auf die Maßnahmen, die das GewSchG bietet, zurückgreift.<br />
Die offene Sprechzeit am Dienstagnachmittag wurde von den Frauen als niederschwelliges<br />
Angebot mit insgesamt 95 Beratungskontakten um 42 Prozent stärker genutzt als im Vorjahr.<br />
Die Beratungsbedarfe umfassten die zeitnahe Information der Frauen, damit sie fristgerecht die<br />
zivilrechtlichen Maßnahmen nach dem GewSchG beantragen konnten, ebenso wie<br />
Sicherheitsberatung in Verbindung mit psychosozialer Beratung und Krisenintervention. Die<br />
Erfahrung zeigte, dass die Frauen sich oftmals in einer akuten Krisensituation befanden und<br />
schneller Handlungsbedarf bestand.<br />
Telefonische und persönliche Einzelberatung nach Terminvereinbarung fand in insgesamt<br />
853 Beratungskontakten statt. Den Schwerpunkt der Beratungsarbeit stellten wie bisher mit<br />
einem Anteil von 79,5 Prozent Kurzberatungen mit ein bis fünf Terminen dar. In der<br />
Telefonbereitschaft ergaben sich darüber hinaus 1206 Kontakte zu Klientinnen. Die Flexibilität<br />
der Beraterinnen, sowohl persönlich wie telefonisch zu beraten, orientierte sich an der Lebensund<br />
Gefährdungssituation der betroffenen Frauen.<br />
Die Beratungsinhalte umfassten psychosoziale Beratung (96 Prozent), Sicherheitsberatung (63<br />
Prozent), Beratung zum GewSchG (53,2 Prozent) und verstärkt Beratung zur<br />
Existenzsicherung sowie Fragen zum Sorge- und Umgangsrecht bei Trennung vom Partner.<br />
Wesentlich war, mit der Frau eine Risikoeinschätzung bzgl. der Gewaltbereitschaft des Mannes<br />
zu erarbeiten. Die Beraterinnen informierten die Frauen – abgestimmt auf die individuelle<br />
Lebenssituation und die evtl. im Haushalt lebenden Kinder - über Schutz- und<br />
Sicherheitsmaßnahmen. Sie zeigten die zivilrechtlichen Möglichkeiten nach dem GewSchG auf<br />
und erklärten die Verfahrenswege. Die Erfahrung zeigte wie im Vorjahr, dass eine wesentliche<br />
Barriere auf dem Weg zur Trennung die berechtigte Angst vor sozialem Abstieg und damit<br />
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