Theater für die Unternehmenskultur - Theater-Interaktiv GbR
Theater für die Unternehmenskultur - Theater-Interaktiv GbR
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MuM<br />
UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />
Großgruppenveranstaltungen wie<br />
Info-Tage oder der Jahres-Kickoff<br />
sind in einer Firma Kristallisationspunkte<br />
der <strong>Unternehmenskultur</strong>.<br />
Hier trifft sich ein<br />
Teil des Unternehmens oder gar <strong>die</strong><br />
gesamte Belegschaft. Diese Öffentlichkeit<br />
sollte ein Firmenchef nicht dem Zufall<br />
überlassen. Die angestrebte Firmenkultur<br />
kann der Chef mit <strong>die</strong>sem Event erlebbar<br />
gestalten oder zumindest zum Leben<br />
erwecken. Denn ein Betrieb und seine<br />
Führungskräfte wirken nicht nur durch<br />
das, was sie sagen, sondern vor allem<br />
dadurch, wie sie es kommunizieren und<br />
vorleben. Dabei spielen <strong>die</strong> gewählten<br />
Wege wie Frontalansprache mittels Beamer<br />
oder aktive Beteiligung eine wichtige<br />
Rolle: Denn darin liegt eine Botschaft an<br />
<strong>die</strong> Adressaten. Die Eigenschaften des<br />
Mediums sollten deshalb dem angestrebten<br />
Ziel ebenso wenig widersprechen,<br />
wie <strong>die</strong> Art der Nutzung oder der Kommunikationsstil.<br />
Essay<br />
<strong>Theater</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
<strong>Unternehmenskultur</strong><br />
Mit Unternehmenstheater entwickeln Firmenchefs nicht nur eine<br />
eigene Kultur, sondern sie motivieren Mitarbeiter, kommunizieren<br />
Veränderungen und transportieren Botschaften. VON JÖRG RITSCHER<br />
Beteiligung aktivieren<br />
Von Mitarbeitern wird viel erwartet. Sie<br />
sollen offen sein <strong>für</strong> Veränderungen; sie<br />
sollen unternehmerisch denken, Projekte<br />
und Prozesse motiviert und engagiert<br />
mitgestalten. Die versteckten Botschaften,<br />
<strong>die</strong> in den leider immer noch häufig anzutreffenden<br />
Frontal-Veranstaltungen mit<br />
ausschließlich oder überwiegender Einbahnstraßen-Kommunikationen<br />
von oben<br />
nach unten, manifestieren jedoch einen<br />
anderen Eindruck. Seit Jahrzehnten haben<br />
<strong>die</strong> Menschen durch Schule, Kirche, Militär<br />
und <strong>Theater</strong> eines dabei verinnerlicht:<br />
Zuhören, Aufpassen, Stillsitzen. Der Redner<br />
übt <strong>die</strong> Kontrolle über sein Auditorium<br />
aus. Er fordert Gefolgschaft. Zweifelsohne<br />
sind das Botschaften und Signale, <strong>die</strong><br />
Engagement, Kreativität und Innovation<br />
unterbinden. Führungskräfte, <strong>die</strong> echte Beteiligung<br />
ihrer Mitarbeiter fördern möchten,<br />
be<strong>die</strong>nen sich deshalb in jüngster Zeit<br />
eines kommunikationsfördernden Mediums<br />
<strong>für</strong> ihre Seminare und Events: dem interaktiven<br />
Unternehmenstheater (UT).<br />
Die Referenzlisten der Unternehmenstheater-Anbieter<br />
und <strong>die</strong> Feedback-Kommentare<br />
ihrer Kunden zeigen deutlich: Fast<br />
jede größere Firma hat bereits mit der<br />
<strong>Theater</strong>form gearbeitet und erzielte mit<br />
<strong>die</strong>sem Medium zahlreiche Erfolge.<br />
Kosten variieren<br />
Unter dem Begriff Unternehmenstheater<br />
sind verschiedene Spielarten bedarfsorientierter<br />
<strong>Theater</strong>arbeit <strong>für</strong> Firmen und<br />
andere Organisationen zusammengefasst.<br />
Es gibt Formen, bei denen Mitarbeiter oder<br />
Manager ihr Thema unter Anleitung eines<br />
Experten selbst inszenieren. Dabei spielen<br />
sie entweder eine kurze Szene oder führen<br />
ein ganzes Stück vor Kollegen auf. In <strong>die</strong>sen<br />
Workshops fließen Teambuilding, inhaltliche<br />
Auseinandersetzung und kreative<br />
Unternehmenskommunikation zusammen.<br />
Bei einer anderen UT-Art agieren professionelle<br />
Schauspieler. Dies reicht von<br />
der One-Man-Show eines Kabarettisten bis<br />
hin zu aufwändig vorbereiteten und mit<br />
Regisseuren inszenierten Stücken mit einem<br />
ganzen Ensemble von Spielern. Bei<br />
<strong>die</strong>ser Variante inszenieren <strong>die</strong> Akteure aktuelle<br />
Themen wie Fusion, Outsourcing,<br />
Führungsverhalten.<br />
Je nach Dauer, Ausstattung, Anzahl der<br />
Spieler und Anzahl der Aufführungen variieren<br />
<strong>die</strong> Kosten <strong>für</strong> UT-Inszenierungen.<br />
Das Minimum <strong>für</strong> ein in sich abgeschlossenes<br />
Stück liegt bei rund 10 000 Euro. Bei<br />
großen Produktionen laufen schnell Kosten<br />
von 50 000 Euro auf. Kein Wunder, dass<br />
zahlreiche Mittelständler <strong>die</strong>se Kosten<br />
scheuen. Diverse Anbieter bedarfsorientierter<br />
<strong>Theater</strong>arbeit haben sich deshalb in<br />
den letzten Jahren zielgruppen-, marktund<br />
teilnehmerorientiert weiterentwickelt.<br />
Sie bieten Formen an, <strong>die</strong> mit einem Preis<br />
von 5000 Euro dem mittelständischen<br />
Geldbeutel entgegenkommen.<br />
Jörg Ritscher<br />
e Jörg Ritscher ist Gründer und Gesellschafter<br />
von THEATER-INTERAKTIV<br />
mit Sitz in München und in Diedorf bei<br />
Augsburg. Der Experte <strong>für</strong> Unternehmenstheater<br />
schreibt Fachbeiträge, leitet<br />
Fortbildungen zu Firmentheater, Spontaneität<br />
und Improvisation und moderiert<br />
interaktive <strong>Theater</strong>auftritte und Firmenevents.<br />
Er ist Mit-Autor des Buches<br />
Unternehmenstheater interaktiv – Themenorientierte<br />
Improvisation (TOI) in der<br />
Personal- und Organisationsentwicklung<br />
(Beltz Verlag, 24,90 Euro).<br />
Eines <strong>die</strong>ser Angebote ist <strong>die</strong> „Themenorientierte<br />
Improvisation“. Sie lässt sich besser<br />
als interaktiver Lernprozess im Großgruppenformat<br />
denn als <strong>Theater</strong>aufführung<br />
im klassischen Sinne verstehen:<br />
Die Zuschauer können und sollen jederzeit<br />
das Bühnengeschehen unterbrechen, indem<br />
sie „Stopp!“ rufen. Sie gestalten<br />
durch ihre Vorschläge <strong>die</strong> Charaktere sowie<br />
deren Handlungen, Verhaltensweisen und<br />
Aussagen auf der Bühne mit, reflektieren,<br />
verändern und verbessern. Dadurch erreichen<br />
sie, dass das <strong>Theater</strong>ensemble so dicht<br />
wie möglich und nötig an den Unternehmensalltag<br />
herankommt. Geleitet wird<br />
<strong>die</strong>ser lebendige Kommunikationsprozess<br />
von einem Moderator, der <strong>die</strong> Interaktion<br />
zwischen Schauspielern und Publikum unterstützt<br />
und steuernd eingreift. Die Mitarbeiter<br />
wandeln sich von Zuschauenden<br />
zu Regisseuren, von Zeugen zu Konstrukteuren,<br />
von Beobachtern zu Akteuren.<br />
Signale setzen<br />
Diese Veränderung des oft stummen Auditoriums<br />
hat Signalwirkung. Sie trägt entscheidende<br />
Botschaften in sich: „Was ihr<br />
denkt, ist wichtig”; „Ihr seit <strong>die</strong> bedeutendsten<br />
Ressourcen unseres Unternehmens.“<br />
In dem von Schauspielern und Publikum<br />
gemeinsam gestalteten Szenario tauchen<br />
<strong>die</strong> Haltungen, typische Verhaltensweisen<br />
und Werte des Unternehmens auf.<br />
Das Erleben und Erkennen der eigenen<br />
42 Markt und Mittelstand, Septemberausgabe 2003
MuM<br />
UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />
Kultur im Spiegel des <strong>Theater</strong>s fördert das<br />
Selbstbewusstsein des Systems Firma. Es<br />
erzeugt Aufmerksamkeit, steigert <strong>die</strong><br />
Selbstwahrnehmung und ermöglicht substanzielle<br />
Veränderung.<br />
Konflikte beseitigen<br />
Dass dem so ist, zeigt eine Zuschauerbefragung<br />
unter angehenden Wirtschaftsprüfern,<br />
<strong>die</strong> an einer zweistündigen Aufführung<br />
der Themenorientierten Improvisation<br />
teilgenommen haben. Von den<br />
rund 120 Zuschauern stuften 92 Prozent<br />
<strong>die</strong> Beteiligung des Publikums als hoch ein.<br />
Genauso viele Teilnehmer gaben an, dass<br />
sie sich selbst während der Veranstaltung<br />
geistig intensiv mit dem Bühnengeschehen<br />
auseinander gesetzt haben. Die Ziele<br />
„Konflikte erkennen“ und „Konflikte lösen“<br />
erreichte <strong>die</strong> Vorstellung laut 86 Prozent<br />
der Teilnehmer. Insgesamt zufrieden mit<br />
der Themenorientierten Improvisation<br />
zeigten sich immerhin 95 Prozent. Diese<br />
Werte sind – beispielsweise mit einem<br />
Fachvortrag – nur schwer zu schaffen und<br />
belegen, wie attraktiv <strong>die</strong>ses interaktive<br />
Medium <strong>für</strong> Unternehmer ist.<br />
• Die Schauspieler spiegeln <strong>die</strong> Ist-Situation<br />
im Unternehmen und machen sie so<br />
bewusster (Feedback, Beobachtung und<br />
Reflexion).<br />
• Die Mitarbeiter können besser vorhandene<br />
oder potenzielle Konflikte aus unterschiedlichen<br />
Perspektiven (Innen<strong>die</strong>nst<br />
und Außen<strong>die</strong>nst) nachvollziehen<br />
(Perspektivenwechsel, Perspektivenvielfalt,<br />
Kooperationsbereitschaft).<br />
• Die emotionalisierende Darstellung erzeugt<br />
ein Verständnis <strong>für</strong> <strong>die</strong> Notwendigkeit<br />
und Dringlichkeit anstehender<br />
Veränderungen.<br />
• Das <strong>Theater</strong> zeigt Ressourcen auf und<br />
Essay<br />
fördert <strong>die</strong>se: Die Beteiligung der Zuschauer<br />
an der Visualisierung der Ist-Situation<br />
und auch an der Erarbeitung von<br />
Lösungen aktiviert vorhandene Potenziale<br />
(Kommunikation, Ressourcenaktivierung<br />
und -stärkung).<br />
• Das Stück setzt Lösungsansätze in Szene.<br />
Ideen beispielsweise <strong>für</strong> kommunikative<br />
Probleme werden nicht nur theoretisch<br />
diskutiert sondern live im <strong>Theater</strong>labor<br />
getestet.<br />
• Die Firmenchefs nutzen <strong>die</strong> Potenziale<br />
von Großgruppenveranstaltungen ressourcenorientiert.<br />
Es findet eine intensive<br />
thematische Auseinandersetzung statt.<br />
Die speziell <strong>für</strong> <strong>die</strong>se interaktive Form szenischer<br />
Arbeit ausgebildeten Schauspieler<br />
agieren auf der Bühne als Stellvertreter eines<br />
Abteilungsleiters, eines Außen<strong>die</strong>nstlers,<br />
eines Kunden – je nach dem, welches<br />
Problemfeld, welcher Konfliktkorridor von<br />
Anbieter und Auftraggeber identifiziert<br />
wurde. Die gespielten Rollen sind fiktiv<br />
und realistisch zugleich. Auch der gespielte<br />
Konflikt ist somit fiktiv – jedoch hat er starken<br />
realen Bezug, den jeder Teilnehmer im<br />
Prozess der Visualisierung selbst herstellen<br />
kann.<br />
Firmenalltag erleben<br />
Distanz und Nähe zum Unternehmensalltag<br />
sind erforderlich, um den Teilnehmern<br />
eine Identifikation und eine produktive<br />
Auseinandersetzung mit dem Thema zu ermöglichen.<br />
Damit <strong>die</strong>s auch wirklich funktioniert,<br />
finden im Vorfeld der Unternehmenstheater-Veranstaltung<br />
intensive Gespräche<br />
mit dem Auftraggeber und Proben<br />
mit Schauspielern und Moderator statt.<br />
Doch machen <strong>die</strong> Mitarbeiter bei der<br />
Themenorientierten Improvisation überhaupt<br />
mit Die Erfahrung zeigt, dass <strong>die</strong>s<br />
Jörg Ritscher<br />
der Fall ist – meist mehr als <strong>die</strong> Führungskräfte<br />
erwarten. Die Praktiker nehmen den<br />
interaktiv-theatralen Visualisierungsprozess<br />
ausgesprochen gut an, da praktisch<br />
und nicht theoretisch der Alltag im Unternehmen<br />
abgebildet wird. „Das ist doch nur<br />
Spielerei, Entertainment“, könnten rationalistische<br />
Kritiker dennoch entgegnen.<br />
Emotionen ausleben<br />
Aber: Gerade jene Stellen machen Sinn,<br />
an denen <strong>die</strong> Zuschauer über eine Übertreibung<br />
oder eine klischeehafte Verhaltensweise<br />
lachen. Humor öffnet den Menschen<br />
neue Perspektiven und Blickwinkel.<br />
Sie entdecken eigene Verhaltensweisen in<br />
der Anonymität des Zuschauerraums. Der<br />
distanzierte Blick des Beobachters ermöglicht<br />
einen Perspektivenwechsel und<br />
Innovation. Im Geschäftsverkehr erscheinen<br />
Spontaneität, Initiative und Emotionen<br />
oft störend, destruktiv oder einfach<br />
peinlich. Aber: Emotionen sind eine Tatsache.<br />
Die öffentliche Darstellung und<br />
Thematisierung von Angst, Freude, Spannungen<br />
und inneren Konflikten auf der<br />
UT-Bühne drückt Wertschätzung <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Mitarbeiter als Menschen aus, <strong>die</strong> <strong>die</strong>sen<br />
Emotionen im Büroalltag immer wieder<br />
ausgesetzt sind. Und auf <strong>die</strong> Menschen<br />
kommt es an. Ihre persönlichen Ressourcen<br />
bewusst und zugänglich zu machen,<br />
sie zu fördern und zu entwickeln, ist der<br />
einzige gangbare Weg. Der Management-<br />
Experte Fredmund Malik bringt es auf den<br />
Punkt: Menschen werden durch <strong>die</strong> Beseitigung<br />
von Schwächen niemals erfolgreich<br />
sein, sondern durch <strong>die</strong> Entwicklung<br />
ihrer Stärken.<br />
Ihr Ansprechpartner in der Redaktion:<br />
michael.reidel@marktundmittelstand.de