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Hochleistungsdiesel-Kurbelgehäuseentwicklung in Aluminium*)

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GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011) HEFT 3/4<br />

<strong>Hochleistungsdiesel</strong>-Kurbelgehäuseentwicklung<br />

<strong>in</strong> Alum<strong>in</strong>ium *)<br />

Druckguss-Kurbelgehäuse für 180bar Zünddruck<br />

Highpowerdiesel Crankcase Development <strong>in</strong> Alum<strong>in</strong>ium*)<br />

High Pressure Diecast Crankcase for 180 bar Peak Fir<strong>in</strong>g Pressure<br />

Dipl.-Ing. Dr.techn. Wolfgang Schöffmann,<br />

Studium Masch<strong>in</strong>enbau und Dissertation über Motorenleichtbau<br />

an der TU Graz. 1987 E<strong>in</strong>stieg als<br />

Projekt<strong>in</strong>genieur bei AVL, 1992 bis 1995 Senior Ingenieur<br />

Strukturanalyse/Berechnung, 1995 bis 2001<br />

Projektleiter Konstruktion Antriebssysteme PKW,<br />

2001 bis 2005 Leiter Konstruktion Vorentwicklung,<br />

Antriebssysteme PKW, seit 2006 Leiter der Motorenkonstruktion.<br />

Daneben Lehrauftrag für Kolbenund<br />

Verbrennungskraftmasch<strong>in</strong>en an der FH-Joanneum <strong>in</strong> Graz.<br />

CO-AUTOREN:<br />

Michael Howlett, BSc, Leiter Konstruktion PKW-Dieselmotoren<br />

Dipl.-Ing. Karl Weihrauch, Leiter Konstruktion PKW-Ottomotoren<br />

Ing. Robert Berger, Leiter Konstruktion Zyl<strong>in</strong>derkurbelgehäuse<br />

Dipl.-Ing. Harald Pramberger, Leiter Berechnung NVH<br />

Dipl.-Ing. Franz Zieher, Leiter Berechnung und Mechanikentwicklung<br />

Dipl.-Ing. Dr. Helfried Sorger, Executive Chief Eng<strong>in</strong>eer Konstruktion,<br />

Berechnung u. Mechanikentwicklung<br />

Schlüsselwörter: Druckgusskurbelgehäuse für Diesel-Hochleistungsvariante<br />

/ Konzeptvergleich Druckguss zu Schwerkraftguss<br />

/ Virtuelle Entwicklungsphase Design-Optimierung und Simulation<br />

/ Vergleich der Auslegungsgrenzen zu etablierten Schwerkraft-<br />

oder ND-Gießverfahren / E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Verifikation an<br />

Prototypen<br />

Kurzfassung<br />

Die bestimmenden Entwicklungstreiber für den weltweiten<br />

PKW Markt s<strong>in</strong>d Kostenreduktion, Reduktion der Emissionen<br />

und Verbrauchsm<strong>in</strong>imierung. Die Europäische Union limitiert<br />

ab 2012 den CO 2 -Flottenausstoß auf 130 g/km, mit kont<strong>in</strong>uerlichen<br />

Reduktionen danach. Die Herausforderung für die Motorenentwickler<br />

besteht dabei <strong>in</strong> der weiteren Effizienzsteigerung<br />

unter steigendem Kostendruck.<br />

Für weitere Verbrauchsoptimierung stellt „Downsiz<strong>in</strong>g“,<br />

die Reduktion von Hubraum und Zyl<strong>in</strong>derzahl mit durchgehendem<br />

E<strong>in</strong>satz von Turboaufladung auch <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>en<br />

möglichen Weg dar. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Familienarchitektur ist<br />

dabei e<strong>in</strong>e Lastenheftforderung für zukünftige Otto- und Dieselmotorfamilien.<br />

Alum<strong>in</strong>ium-Kurbelgehäuse haben sich <strong>in</strong> der kostensensitiven<br />

Großserie <strong>in</strong>sbesondere im Druckgußverfahren etabliert.<br />

Die Randbed<strong>in</strong>gungen des Druckgussverfahrens, wie die offene<br />

Zyl<strong>in</strong>derdeckstruktur, s<strong>in</strong>d dabei als limitierende Faktoren<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der mechanischen Beanspruchung zu betrachten.<br />

Für Hochleistungsvarianten werden daher im allgeme<strong>in</strong>en<br />

Schwerkraft- oder Niederdruck-Gießverfahren bevorzugt.<br />

Gegenstand e<strong>in</strong>es Entwicklungsprojekts war die Darstellung<br />

e<strong>in</strong>es Reihen-4-Zyl<strong>in</strong>der-Druckgusskurbelgehäuses für<br />

alle Varianten e<strong>in</strong>es PKW-Dieselmotors e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>er 2-<br />

stufig aufgeladenen Hochleistungsvariante.<br />

Dieser Artikel beschreibt <strong>in</strong>sbesondere die virtuelle Entwicklungsphase<br />

und Schwerpunkte der Design-Optimierung,<br />

gibt aber auch E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Umsetzung der Prototypen und<br />

die Entwicklungsergebnisse vom Komponentenprüfstand bis<br />

zum gefeuerten Motor.<br />

*) Vorgetragen von W. Schöffmann auf der 6. VDI-Tagung „Gießtechnik<br />

im Motorenbau“, Magdeburg, 8./9. Februar 2011.<br />

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des VDI-Verlages Düsseldorf<br />

aus VDI-Berichte 2122 / 2011, Seite 261/282 [5].<br />

Abstract<br />

The ma<strong>in</strong> drivers of new eng<strong>in</strong>e development for the worldwide<br />

passenger car market are cost reduction, emissions reduction<br />

and m<strong>in</strong>imal fuel consumption. The European Union<br />

will <strong>in</strong>troduce a fleet-average limit of 130 g/km CO 2 <strong>in</strong> 2012<br />

which will be progressively reduced. The challenge for eng<strong>in</strong>e<br />

developers is to improve efficiency under <strong>in</strong>creas<strong>in</strong>g cost<br />

pressure.<br />

Downsiz<strong>in</strong>g is a very promis<strong>in</strong>g route for further fuel consumption<br />

reduction. Here the eng<strong>in</strong>e capacity is reduced and<br />

turbocharg<strong>in</strong>g and direct <strong>in</strong>jection technology will be <strong>in</strong>troduced<br />

across the board. This leads to a clear requirement for a<br />

unified architecture for new gasol<strong>in</strong>e- and diesel eng<strong>in</strong>e families.<br />

Alum<strong>in</strong>ium cyl<strong>in</strong>der blocks produced by high pressure die<br />

cast<strong>in</strong>g have become well established <strong>in</strong> the cost sensitive<br />

high volume sector. The requirements of the HPDC process,<br />

especially the open deck structure, represent a limitation on<br />

the maximum mechanical load<strong>in</strong>g of these blocks. For the<br />

highest power variants, closed-deck blocks produced by lowpressure<br />

or gravity cast<strong>in</strong>g are currently state of the art.<br />

AVL was set the objective to develop a 4-cyl<strong>in</strong>der HPDC<br />

cyl<strong>in</strong>der block for all variants of a passenger car diesel eng<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>clud<strong>in</strong>g a high power variant with 2-stage turbocharg<strong>in</strong>g.<br />

This paper describes the virtual development process and<br />

the ma<strong>in</strong> design features <strong>in</strong> detail as well as giv<strong>in</strong>g a short<br />

overview of the results obta<strong>in</strong>ed on the component rig test<br />

and eng<strong>in</strong>e dynamometer tests.<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Alum<strong>in</strong>ium hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten als Zyl<strong>in</strong>derkurbelgehäuse<br />

(ZKG)-Werkstoff für PKW-Motoren sehr gut etabliert.<br />

Neben Ottomotoren setzte sich der Trend im letzten Jahrzehnt<br />

bei Dieselmotoren fort. Aktuell wird etwa die Hälfte aller<br />

ZKG aus Alum<strong>in</strong>ium gefertigt; bis 2015 wird e<strong>in</strong> steigender Anteil<br />

erwartet.<br />

Die Hauptvorteile von Alum<strong>in</strong>ium als ZKG-Werkstoff s<strong>in</strong>d<br />

se<strong>in</strong> signifikant niedrigeres Gewicht als das von Gusseisen und<br />

se<strong>in</strong>e höhere spezifische Steifigkeit bzw. Festigkeit. Da das ZKG<br />

bis zu 25% zum Gesamtgewicht e<strong>in</strong>es typischen PKW-Motors<br />

beiträgt (Bild 1), ist hier das größte Reduktionspotenzial zu f<strong>in</strong>den;<br />

bei e<strong>in</strong>em 2,0 L Dieselmotor <strong>in</strong> der Größenordnung von bis<br />

zu 20 kg.<br />

Bild 1: Gewichtsanteil Kurbelgehäuse am Gesamtmotor (IL4 mit GG ZKG)<br />

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HEFT 3/4 GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011)<br />

Bild 2: Diesel-ZKG im CPS-Verfahren;<br />

Daimler OM642 3.0 V6,<br />

BMW N47 2.0 R4<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der mechanischen<br />

und thermischen Belastbarkeit<br />

stellt dieses Konzept<br />

den Vergleichsmaßstab<br />

für Hochleistungskonzepte<br />

dar.<br />

Der größte Nachteil von Alum<strong>in</strong>ium h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d die höheren<br />

Kosten von Legierung und Gussprozess im Vergleich zum<br />

Grauguss-Block. Um e<strong>in</strong> leichtes und kostengünstiges ZKG zu<br />

ermöglichen, wird die überwiegende Zahl (mehr als 90%) aller<br />

PKW-ZKG aus Alum<strong>in</strong>ium im Druckgießverfahren mit e<strong>in</strong>gegossenen<br />

Graugusslaufbuchsen produziert.<br />

Die erreichbaren Werkstoffeigenschaften s<strong>in</strong>d für die meisten<br />

Anwendungen – vor allem Ottomotoren aber auch Dieselmotoren<br />

mit Zyl<strong>in</strong>derdrücken bis etwa 150 bar – völlig ausreichend.<br />

Aktuell ist allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Anstieg der thermischen als auch<br />

mechanischen Beanspruchungen aufgrund des Trends zu<br />

Downsiz<strong>in</strong>gkonzepten mit steigenden spezifischen Leistungen<br />

zu sehen [1]. Bei <strong>Hochleistungsdiesel</strong>motoren s<strong>in</strong>d aktuell Drücke<br />

bis 200 bar gefordert. Bei den aufgeladenen Ottomotoren<br />

steigen die Drücke ebenfalls, <strong>in</strong> diesem Fall mit gleichzeitig starkem<br />

Anstieg der thermischen Belastung der Laufbuchse.<br />

Solche Hochleistungsanwendungen stellen e<strong>in</strong>e große Herausforderung<br />

für die Anwendung von Druckgusszyl<strong>in</strong>derblöcken<br />

dar. Die Gussprozeß-bed<strong>in</strong>gte „open-deck“ Struktur, sowie<br />

die typischen Materialeigenschaften (Porosität, Wechselfestigkeit,<br />

Wärmebehandlungsfähigkeit) limitieren die Belastungsgrenzen.<br />

Für solche Anwendungen bietet e<strong>in</strong> Sandgussprozess klare<br />

Vorteile durch die größeren konstruktiven Möglichkeiten mit<br />

dem E<strong>in</strong>satz von Kernen und dadurch e<strong>in</strong>er geschlossenen Topdeckstruktur,<br />

sowie die deutlich besseren Materialeigenschaften<br />

und die Wärmebehandlungsmöglichkeiten.<br />

Aus diesen Gründen stellt für Hochleistungsmotoren mit<br />

Alum<strong>in</strong>ium-ZKG das Kernpaket-Gussverfahren (CPS) im allgeme<strong>in</strong>en<br />

die leistungsfähigste Lösung dar, wie aktuelle Serienbeispiele<br />

zeigen (Bild 2).<br />

AVL stellte vor e<strong>in</strong>igen Jahren e<strong>in</strong> hochbelastbares Leichtbaukonzept<br />

(Bild 3) für Alum<strong>in</strong>ium- sowie Magnesiumwerkstoffe<br />

<strong>in</strong> dieser Veranstaltungsreihe vor, das <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit Fa. NEMAK im CPS-Verfahren ausgeführt und erprobt wurde<br />

[2].<br />

Entwicklungsziel<br />

Gefordert war e<strong>in</strong>e Konstruktion, die die Möglichkeiten e<strong>in</strong>es<br />

Al-Druckguss-Kurbelgehäuses mit Wärmebehandlung voll ausreizt.<br />

Sie soll <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Motorbaureihe auch dem hohen Spitzendruck<br />

e<strong>in</strong>er Diesel-Hochleistungsvariante mit seriell-sequentieller<br />

Aufladung standhalten und gleichzeitig den Gewichtvorteil<br />

behalten, mit exzellenten Büchsenverzügen und zulässigen<br />

Dichtspaltschw<strong>in</strong>gungen und Belastungen im Bereich der Zyl<strong>in</strong>derkopfdichtung.<br />

E<strong>in</strong>e motornahe Integration der Öl- und<br />

Wasserführungen wurde angestrebt, um e<strong>in</strong>e zusätzliche Versteifung<br />

der Struktur zu erreichen. Das Kurbelgehäuse bildet zusammen<br />

mit e<strong>in</strong>em Alum<strong>in</strong>ium Bedplate mit e<strong>in</strong>gegossenen Lagerdeckeln,<br />

e<strong>in</strong>em Alum<strong>in</strong>ium Kettendeckel und e<strong>in</strong>er Alum<strong>in</strong>ium<br />

Ölwanne e<strong>in</strong>en steifen und bezüglich Geräusch und Vibration<br />

(NVH)*) vorteilhaften Verbund, der direkt an das<br />

Getriebekupplungsgehäuse angeflanscht wird.<br />

Entwicklungsziel war die Konstruktion, Simulation und Erprobung<br />

e<strong>in</strong>es Kurbelgehäuses, das die oben genannten Anforderungen<br />

erfüllt. E<strong>in</strong>e seriennahe Konstruktion des Kurbelgehäuses<br />

und Bedplates wurde <strong>in</strong> enger Abstimmung mit der Gießerei<br />

entwickelt<br />

Konstruktion und Simulation<br />

Hauptmerkmale der ausgeführten Konstruktion<br />

Das Druckgießverfahren schreibt die Ausformbarkeit <strong>in</strong> Stahl<br />

zw<strong>in</strong>gend vor. Die Open Deck Bauweise ist daher im allgeme<strong>in</strong>en<br />

Randbed<strong>in</strong>gung des Verfahrens. Die durch das Druckgießverfahren<br />

bed<strong>in</strong>gten Darstellungsmöglichkeiten wurden bereits<br />

vor Beg<strong>in</strong>n der Konzeptphase evaluiert. Dabei wurden Themen<br />

wie Werkstoff und gießgerechte Auslegung, Struktursteifigkeit<br />

und Akustik untersucht. Darüber h<strong>in</strong>aus gab es die Lastenheftanforderung<br />

e<strong>in</strong>er grosserientauglichen Konstruktion, die es ermöglichte,<br />

bereits <strong>in</strong> der Prototypenphase Kurbelgehäuse aus seriennahen<br />

Werkzeugen sowie e<strong>in</strong>em seriennahen Gießprozess<br />

mit Wärmebehandlung zur Verfügung zu haben.<br />

Das gewählte ZKG Konzept zeichnet<br />

sich durch folgende Eigenschaften aus:<br />

• Open Deck ZKG mit Bedplate (Bild 4)<br />

• Zyl<strong>in</strong>dervolumen ~400 cm 3 , mit Zyl<strong>in</strong><br />

derstegbreite 10 mm<br />

• E<strong>in</strong>gegossene Zyl<strong>in</strong>derbüchse aus<br />

Grauguss mit 2,7 mm Nom<strong>in</strong>alwandstärke<br />

• 4 mm Nom<strong>in</strong>alwandstärke mit 1°<br />

Ziehschrägen (im Wassermantelbereich<br />

0,5°)<br />

• Als Werkstoff wurde e<strong>in</strong>e AlSi12Cu3<br />

Legierung mit T6 Wärmebehandlung<br />

gewählt. Die damit erreichten Werkstoffeigenschaften<br />

liegen somit deutlich<br />

höher als bei e<strong>in</strong>er Standard-<br />

Bild 3: Kurbelgehäusekonzept für den Leichtbau-Forschungsmotor<br />

*) NVH = Noise Vibration Harshness<br />

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GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011) HEFT 3/4<br />

Druckgusslegierung und lassen sich im Gießprozess durch<br />

Warmauslagerung und Lösungsglühen e<strong>in</strong>stellen. Als Vorteile<br />

s<strong>in</strong>d hier ger<strong>in</strong>gere Eigenspannungen, e<strong>in</strong> homogenes Gefüge<br />

und höhere Wechselfestigkeiten zu nennen. Die Biegewechselfestigkeit<br />

konnte so um ca. 35% gesteigert werden.<br />

Diese hat e<strong>in</strong>en wesentlichen E<strong>in</strong>fluss auf die hoch beanspruchten<br />

Hauptlagerwände sowie die ebenfalls kritischen<br />

Zyl<strong>in</strong>derstegbereiche, <strong>in</strong>sbesondere nahe am Feuerdeck.<br />

• ZKG Gewicht mit Zyl<strong>in</strong>derbüchsen ca. 18 kg<br />

• Gesamtgewicht mit montiertem Bedplate (<strong>in</strong>kl. E<strong>in</strong>gussteile<br />

und Hauptlagerschrauben) ca. 27 kg<br />

• Die Außenwände wurden durch die Ölrückläufe und die <strong>in</strong>tegrierten<br />

Blow-by Kanäle versteift. Rippen an der Außenform<br />

wurden gezielt angebracht, um die globale Steifigkeit<br />

des ZKG zu erhöhen, sowie um lokale Verformungen und<br />

Schw<strong>in</strong>gungen zu m<strong>in</strong>imieren<br />

• Deutlich reduzierter Wassermantel mit S<strong>in</strong>usform zur Verbesserung<br />

der Zyl<strong>in</strong>derverformung<br />

Bild 5: Kernschema<br />

Bild 4: Kurbelgehäuse<br />

mit e<strong>in</strong>gegossenen Büchsen<br />

Bed<strong>in</strong>gt durch das Druckgießverfahren gibt es 3 Hauptzugrichtungen<br />

(Bild 5). Besonderheit <strong>in</strong> X-Richtung ist die Hauptölgalerie,<br />

die nicht bearbeitet werden musste. Die Y-Richtung be<strong>in</strong>haltet<br />

die Anschlüsse für die Wasserpumpe und den Ölkühler<br />

sowie die Turboladerölversorgung. In Hochrichtung (Z) bef<strong>in</strong>det<br />

sich der Wassermantel mit den Olrücklaufkanälen und<br />

Blow-by Kanälen. Bed<strong>in</strong>gt durch den beengten Bauraum und<br />

zur Vermeidung e<strong>in</strong>er zusätzlichen geneigten Zugrichtung wurden<br />

e<strong>in</strong>ige Versorgungsleitungen gebohrt.<br />

Der Kühlwassermantel ist am unteren Ende s<strong>in</strong>usförmig gestaltet.<br />

Als Vorteile dieser Ausführung s<strong>in</strong>d strukturelle Verbes-<br />

serungen im Bereich der Zyl<strong>in</strong>derkopfschraubenanb<strong>in</strong>dung sowie<br />

deutlich verbesserte Büchsenverformungen zu nennen. E<strong>in</strong><br />

Schwerpunkt bei der ZKG-seitigen Auslegung des Kühlwasserkreislaufes<br />

war, ke<strong>in</strong>e externen Kühlwasserleitungen zu verbauen.<br />

Durch e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> den Wassermantel e<strong>in</strong>gesetzten Kunststoffe<strong>in</strong>satz<br />

auf der E<strong>in</strong>strömseite wird der Wasserstrom zwischen<br />

E<strong>in</strong>- und Auslassseite gezielt gesteuert. Der Kühlmittelrücklauf<br />

aus dem Zyl<strong>in</strong>derkopf zum Thermostatgehäuse wurde<br />

ebenfalls <strong>in</strong> das ZKG <strong>in</strong>tegriert (Bild 6).<br />

Durch die Integration von Öl- und Kühlwasserpfaden, den<br />

Anbau von Ölfilter und Ölwärmetauscher, sämtlicher Nebenaggregate<br />

und den im Kettenkasten <strong>in</strong>tegrierten Flansch für die<br />

Hochdruckpumpe wird e<strong>in</strong>e zusätzliche Versteifung der Gesamtstruktur<br />

erreicht. Öl und Blow-by Gase werden getrennt geführt.<br />

Die Blow-by Gase werden aus dem geschützten Bereich,<br />

unweit des Hauptlagers, abgezogen und <strong>in</strong> den Zyl<strong>in</strong>derkopf geführt.<br />

Das aus dem Zyl<strong>in</strong>derkopf zurückfließende Öl wird über<br />

mitgegossene Kanäle durch das Bedplate nach unten geleitet, um<br />

das Risiko e<strong>in</strong>er Ölverschäumung zu m<strong>in</strong>imieren (Bild 7).<br />

Zwischen den Zyl<strong>in</strong>dern wurde e<strong>in</strong>e optionale Stegkühlung<br />

mittels Bohrungen vorgehalten. Erste Temperaturmessungen am<br />

gefeuerten Motor bestätigten die Ergebnisse der FE-Berechnung<br />

und zeigten, dass die Maximaltemperaturen auch ohne Kühlbohrungen<br />

im Stegbereich deutlich unter den Limits lagen.<br />

Zur Verr<strong>in</strong>gerung der Ventilationsverluste zwischen den Zyl<strong>in</strong>dern<br />

wurde e<strong>in</strong>e Entlastungsbohrung <strong>in</strong> Kurbelwellenachse<br />

<strong>in</strong> den Hauptlagerstuhl e<strong>in</strong>gebracht.<br />

Bild 6: Kühlmittelfluss im ZKG<br />

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HEFT 3/4 GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011)<br />

Besonderes Augenmerk wurde auf den Übergang<br />

Hauptlagerölversorgung zur Hauptlagerbohrung gelegt.<br />

Die auftretenden Spannungen <strong>in</strong> diesem Übergangsbereich<br />

wurden mittels e<strong>in</strong>er mitgegossenen Entlastungssichel<br />

reduziert (Bild 8).<br />

Als Zyl<strong>in</strong>derlauffläche wurde e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gegossene<br />

Graugussbuchse mit rau gegossener Oberfläche gewählt<br />

(Bild 9). Diese ist zum Feuerdeck hochgezogen.<br />

Um e<strong>in</strong>en sauberen Abschluss ohne undef<strong>in</strong>ierte Öffnungen<br />

durch die Noppen am Feuerdeck nach Bearbeitung<br />

zu vermeiden, wurde das obere Ende der<br />

Buchse bearbeitet und damit die Wandstärke von 2,7<br />

auf 2,0 mm auf e<strong>in</strong>er Höhe von 3 mm e<strong>in</strong>gezogen. Zusätzlich<br />

konnte dadurch sichergestellt werden, dass<br />

der Stopper der Zyl<strong>in</strong>derkopfdichtung zu gleichen<br />

Teilen auf der Büchse und am Alum<strong>in</strong>ium unter Berücksichtigung<br />

der Toleranzen aufliegt (Bild 10).<br />

Die Open-Deck Bauweise und die damit offene<br />

Deckplatte macht es notwendig, die Zyl<strong>in</strong>derrohre <strong>in</strong><br />

den nicht abgestützten Bereichen, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong><br />

Querrichtung, zu versteifen, um die Büchsenverformung<br />

zu m<strong>in</strong>imieren. Dies wurde durch e<strong>in</strong>e gezielte<br />

lokale Aufdickung der Wandstärke um den L<strong>in</strong>er realisiert<br />

(Bild 11).<br />

Um die globale Steifigkeit als auch die Steifigkeit<br />

im Bereich der Hauptlager zu optimieren, wurde e<strong>in</strong>e<br />

Bedplate-Konstruktion gewählt, die im Standard<br />

Druckgießverfahren hergestellt wird (Bild 12). Als<br />

Werkstoff wurde ebenfalls e<strong>in</strong>e AlSi12Cu3 Legierung,<br />

hier ohne Wärmebehandlung, verwendet. Im Bereich<br />

der Lagerstellen s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>sätze aus GJS-450 mite<strong>in</strong>gegossen.<br />

Das Bedplate wird mit dem ZKG mittels M12<br />

Hauptlagerschrauben und weiteren M8 Schrauben,<br />

welche außen am Dichtflansch positioniert s<strong>in</strong>d, verschraubt.<br />

Zur exakten Positionierung des Bedplates<br />

wurden 2 Passhülsen pro Hauptlager verbaut.<br />

Bild 7: Öl- und Blow-by Kanäle<br />

Bild 8: Entlastungssichel im Übergangsbereich Hauptlagerölversorgung – Hauptlagerbohrung<br />

Gießprozess<br />

Um das Entwicklungsziel zu erreichen, erfolgte die<br />

Konstruktion <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit mit der<br />

Gießerei. Kernthemen waren die E<strong>in</strong>schränkung bzw.<br />

ØB +1<br />

2 Stopper<br />

Bild 9: Zyl<strong>in</strong>derlaufbüchse und Detailansicht der Außenseite<br />

der Rauhgussbuchsen<br />

ØB = Bohrung<br />

2.7<br />

2<br />

Bild 10: E<strong>in</strong>bausituation<br />

der Büchsen sowie ZKD<br />

Auflage<br />

Bild 11: Verdickte L<strong>in</strong>er an nicht abgestützten Bereichen<br />

Bild 12: Bedplate mit E<strong>in</strong>gussteilen<br />

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GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011) HEFT 3/4<br />

M<strong>in</strong>imierung der Schrumpfporositäten <strong>in</strong> hochbelasteten Zonen,<br />

das Büchsenkonzept sowie die gießtechnische Entwicklung<br />

des Bedplates samt E<strong>in</strong>gussteilen.<br />

Als Ziel galt es, e<strong>in</strong>e fe<strong>in</strong>e Mikrostruktur mit kugelförmigen<br />

eutektischen Phasen zu erreichen, um die Zugfestigkeit, Dehngrenze<br />

und Bruchdehnung sowie Umlaufbiegefestigkeit gegenüber<br />

Standard AlSi12Cu3 deutlich zu steigern.<br />

Dabei wurden folgende Prozessparameter entwickelt:<br />

• Gießgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

• Formfüllungszeit<br />

• Erstarrungszeit<br />

• Materialtemperatur der E<strong>in</strong>gussteile<br />

• Werkzeugtemperatur<br />

Für e<strong>in</strong> gutes Formfüllungsvermögen über den relativ langsamen<br />

Gießprozess wurden e<strong>in</strong> großer Anguss und e<strong>in</strong>e optimierte<br />

Struktur des ZKG an der Angussseite realisiert. Dieser wurde<br />

mittels Füll- bzw. Erstarrungssimulation bereits <strong>in</strong> der virtuellen<br />

Phase parallel mit der Bauteilkonstruktion optimiert.<br />

Die Büchsen werden vor dem E<strong>in</strong>setzen vorgeheizt, um das<br />

Formfüllungsvermögen zu steigern und den Korrosionsschutz<br />

der Büchsen vor dem Gießen abzudampfen.<br />

Materialeigenschaften<br />

Das Material entspricht im Wesentlichen dem Standard für<br />

AlSi12Cu3, mit Massnahmen zur Verr<strong>in</strong>gerung der Dendritenarmabstände.<br />

Festigkeitswerte der verwendeten Legierung und Gießprozess:<br />

AlSi12Cu3 – T6<br />

Rm:<br />

310 MPa<br />

Rp0.2:<br />

240 MPa<br />

A: >2%<br />

HBW 5/250 >120<br />

Umlaufbiegefestigkeit: 135 MPa<br />

Dendritenarmabstände im Bereich von 15–20 µm und e<strong>in</strong>e extrem<br />

ger<strong>in</strong>ge Porosität um die 0,01% <strong>in</strong> den gezogenen Proben<br />

(Bild 13) bestätigen zusätzlich die guten Festigkeitswerte.<br />

Bild 14: Kräfte im Block-Bedplate-Verband<br />

Bild 13:<br />

Dendritenarmabstände<br />

und Porosität (Probe)<br />

Kurbelgehäuse Hauptlagerwand<br />

E<strong>in</strong> <strong>Hochleistungsdiesel</strong>motor mit gewichtsoptimierten Komponenten<br />

erfordert e<strong>in</strong>e Strukturoptimierung mit modernsten<br />

Simulationsmethoden. Bei der Hauptlagerwandberechnung<br />

werden Verformungen, Festigkeit und Dauerhaltbarkeit des<br />

Block-Bedplate-Verbandes unter maximalen Betriebsbelastungen<br />

optimiert (Bild 14).<br />

Dabei werden die Belastungen<br />

durch Eigenspannungen, Schraubenvorspannung,<br />

Lagerschalenpreßsitz<br />

und dynamische Lagerkräfte<br />

betrachtet (Bild 15). Die<br />

Öldruckverteilung <strong>in</strong> den Hauptlagern<br />

wurde mit e<strong>in</strong>er Kurbeltriebsdynamiksimulation<br />

mit der<br />

MKS*)-Software AVL-EXCITE<br />

für den gesamten Betriebsbereich<br />

des Motors bestimmt (elastohydrodynamische<br />

(EHD) Lagerberechnung).<br />

*) Mehrkörper-Simulations-Software<br />

Bild 15: Spannungen im Kurbelgehäuse<br />

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HEFT 3/4 GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011)<br />

Die guten Materialeigenschaften des Kurbelgehäuses ermöglichen<br />

ausreichend große Ventilationsöffnungen (verursachen<br />

Spannungskonzentrationen!) <strong>in</strong> der Hauptlagerwand, gewichtsoptimierte<br />

Lagerdeckelgusse<strong>in</strong>legeteile und ausreichend hohe<br />

Schraubenkräfte (kritisch für Festigkeit im Schraubengew<strong>in</strong>de<br />

und Pressung <strong>in</strong> der Teilfuge) für die rutschsichere Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit den Bedplate-E<strong>in</strong>legeteilen.<br />

Besondere Formoptimierung erfordert das Bedplate im Bereich<br />

der Gusslagerdeckel (E<strong>in</strong>gussteile) durch die hohen Eigenspannungen<br />

vom Gussprozess und im Bereich der Anb<strong>in</strong>dung<br />

an die Schürzen durch die dynamische Belastung<br />

(Bild 16). Die Lagerwände müssen e<strong>in</strong>e gewisse Nachgiebigkeit<br />

unter Biegebelastung <strong>in</strong> den Hauptlagern aufweisen, um bei der<br />

Interaktion mit der gewichts- und reibungsoptimierten Kurbelwelle<br />

nicht die Hauptlagerschalen unzulässig hoch zu beanspruchen.<br />

Hier ist e<strong>in</strong>e Interaktion mit der KW-Dynamikberechnung<br />

erforderlich, um die Belastungen ausreichend genau abzubilden.<br />

Zyl<strong>in</strong>derkopf – Kurbelgehäuse Verband<br />

Bei der Kopf-Block-Verbandsrechnung werden Temperaturen,<br />

Verformungen, Festigkeit, Dauerhaltbarkeit, Buchsenverzüge,<br />

Dichtungspressung und Dichtspaltschw<strong>in</strong>gung optimiert.<br />

Für die Temperaturfeldberechnung werden als Randbed<strong>in</strong>gungen<br />

Ergebnisse der CFD*)-Kühlwasserströmungsberechnung<br />

und der Verbrennungssimulation übernommen. Die Optimierung<br />

von Kühlmittelströmung und Wandtemperaturen erfolgt<br />

im Zusammenspiel von FEA und CFD-Berechnung. Die Wandtemperaturergebnisse<br />

im Bereich des Wassermantels wurden für<br />

die CFD-Strömungsanalyse als Randbed<strong>in</strong>gung bereitgestellt.<br />

*) Computed Fluid Dynamics<br />

Sowohl im Steg zwischen den Zyl<strong>in</strong>dern<br />

(Gefahr von Kriecheffekten<br />

im Alum<strong>in</strong>ium) als auch an den Zyl<strong>in</strong>derlaufbuchsenoberflächen<br />

(Gefahr<br />

von Ölzersetzung) konnten akzeptable<br />

Temperaturen erzielt werden.<br />

Die Querbohrungen <strong>in</strong> den Stegen<br />

werden trotz der hohen Leistungsdichte<br />

nicht benötigt. Durch<br />

den kurzen Wassermantel wird e<strong>in</strong><br />

eher höheres Temperaturniveau im<br />

unteren L<strong>in</strong>erbereich erreicht, was<br />

sich positiv auf die Kolben- und<br />

R<strong>in</strong>greibung auswirkt. Im oberen<br />

L<strong>in</strong>erbereich werden durch die starke,<br />

optimierte Strömung mit Ausnahme<br />

der Stegbereiche zwischen<br />

den Zyl<strong>in</strong>dern hohe Temperaturen<br />

vermieden, was sich positiv auf Kolbenkühlung<br />

und Kolbenführung (durch die relativ gleichmäßige<br />

thermische Ausdehnung auf Druck- und Gegendruckseite über<br />

die gesamte L<strong>in</strong>erhöhe) auswirkt (Bild 17).<br />

Bei der Festigkeitsberechnung werden die Belastungen durch<br />

Temperatur, Schraubenmontage und Gasdruck, sowie die Blockeigenspannungen<br />

(nach Wärmebehandlung und Bearbeitung)<br />

berücksichtigt.<br />

Im L<strong>in</strong>erbereich nahe dem Oberdeck treten sowohl die höchsten<br />

statischen Spannungen durch Schraubenmontage und Temperatur,<br />

die höchsten Eigenspannungen durch die e<strong>in</strong>gegossenen<br />

Gussl<strong>in</strong>er und die höchsten dynamischen Spannungen<br />

durch Gasdruck auf (Bild 18). Am Wassermantelboden s<strong>in</strong>d<br />

weitere kritische Stellen, obwohl durch die S<strong>in</strong>usform e<strong>in</strong> konzentrierter<br />

Kraftfluss zwischen Schraubenbutzen und Zyl<strong>in</strong>derrohren<br />

vermieden wird. Spezielle Formoptimierung war im Bereich<br />

der Vorderwand, der H<strong>in</strong>terwand und der Wasserpumpe<br />

nötig. Mit der hohen statischen und dynamischen Materialfestigkeit<br />

des wärmebehandelten Werkstoffes konnten ausreichende<br />

Sicherheiten gegen plastische Verformungen und für Dauerhaltbarkeit<br />

erreicht werden.<br />

Bild 16: Spannungen im Bedplate<br />

Bohrungsverformung<br />

Durch des optimierte Temperaturfeld und die Designmaßnahmen<br />

S<strong>in</strong>us-Wassermantel und hohe L<strong>in</strong>erwandstärke (im Alum<strong>in</strong>ium)<br />

werden die Amplituden für die konzeptbed<strong>in</strong>gt auftretenden<br />

horizontalen Buchsenverformungen, vierte Ordnung<br />

durch Schraubenmontage und zweite Ordnung durch thermische<br />

Ausdehnung, ger<strong>in</strong>g gehalten. Dadurch ergeben sich auch<br />

relativ ebenmäßige vertikale Verformungskonturen. Durch zusätzliche<br />

Randstopperelemente im Bereich der Vorder- und<br />

Rückwand an der Zyl<strong>in</strong>derkopfdichtung werden ähnliche Buchsenverformungen<br />

für Rand- und Innenzyl<strong>in</strong>der erreicht.<br />

Bild 17: Temperaturbelastung zwischen den Zyl<strong>in</strong>derl<strong>in</strong>ern<br />

Bild 18: Eigenspannungen im Kurbelgehäuse<br />

75


GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011) HEFT 3/4<br />

Bild 19: Verschiedene Arten der Abkühlung<br />

Bild 20: Zugeigenspannungen aufgrund verschiedener Abkühlungsarten<br />

Kurbelgehäusewandtemperaturen<br />

während des<br />

Abschreckens analysiert,<br />

gekoppelt mit dem Kühlmittel.<br />

Verschiedene E<strong>in</strong>tauchrichtungen<br />

des Kurbelgehäuses<br />

<strong>in</strong> das Wasserbad<br />

wurden verglichen,<br />

um bestmögliche Füllung<br />

der Hohlräume (Wassermantel<br />

und Ölrückläufe)<br />

zu gewährleisten und um<br />

ungünstige Siedeeffekte<br />

ger<strong>in</strong>g zu halten (Bild 19).<br />

In den ersten Sekunden<br />

nach dem E<strong>in</strong>tauchen können<br />

bei ungünstigen Kühlverhältnissen<br />

starke plastische<br />

Verformungen auftreten.<br />

Auf Basis der Temperaturfelder<br />

wurden<br />

transiente Festigkeitsberechnungen<br />

durchgeführt,<br />

wobei noch zusätzliche<br />

Lastfälle def<strong>in</strong>iert wurden,<br />

um das Anlassen und die<br />

Bearbeitung (Entfernen<br />

von Material, um von der<br />

Geometrie des Gussrohteils<br />

zum fertigbearbeiteten<br />

Bauteil zu gelangen) zu<br />

simulieren (Bild 20). Für<br />

das Anlassen wird dabei<br />

e<strong>in</strong> annähernd homogenes<br />

Aufheizen und Abkühlen<br />

angenommen. An zahlreichen<br />

Stellen treten Druckeigenspannungen<br />

auf, aber<br />

an e<strong>in</strong>igen Querschnittsübergängen<br />

wurden Zugeigenspannungen<br />

ermittelt.<br />

In diesen Bereichen wurde<br />

die Formgebung verändert.<br />

Nennenswerte Zugeigenspannungen<br />

treten am<br />

Ende der Optimierung nur<br />

noch durch die Materialkomb<strong>in</strong>ation<br />

mit den<br />

Graugussl<strong>in</strong>ern auf. Diese<br />

s<strong>in</strong>ken beim Anlassen und<br />

durch die Reduktion der<br />

Wandstärke der Graugussl<strong>in</strong>er<br />

auf e<strong>in</strong> akzeptables<br />

Niveau.<br />

Eigenspannungsanalysen<br />

Im Bedplate treten durch die E<strong>in</strong>legeteile aus Grauguss im Alum<strong>in</strong>ium<br />

wegen der doppelt so hohen Wärmeausdehnung durch<br />

den Herstellungsprozeß hohe Eigenspannungen mit Spitzen im<br />

plastischen Bereich auf. Die Eigenspannungen durch die Materialkomb<strong>in</strong>ation<br />

und die Bearbeitung des Gussrohteils werden<br />

bei der Hauptlagerwandberechnung vere<strong>in</strong>facht berücksichtigt.<br />

„Vere<strong>in</strong>facht“ im H<strong>in</strong>blick darauf, dass e<strong>in</strong>e homogene Abkühlung<br />

nach dem Giessen angenommen wird. Da das Bedplate als<br />

Standard-Druckgussteil ausgelegt ist, kann e<strong>in</strong> optimierter Gießprozess<br />

vorausgesetzt werden, bei dem ke<strong>in</strong>e zusätzlichen wesentlichen<br />

Eigenspannungen durch Erstarrung und <strong>in</strong>homogene<br />

Abkühlung auftreten.<br />

Für das Kurbelgehäuse wurden detaillierte Berechnungen im<br />

H<strong>in</strong>blick auf Eigenspannungen durchgeführt. Dabei wurden<br />

Temperaturen und Spannungen während der Wärmebehandlung<br />

simuliert. Mit der CFD-Software AVL-FIRE wurden die<br />

Akustik-Struktursimulation<br />

Für den Motor (Motor-Getriebe-Verband) wurde e<strong>in</strong>e gekoppelte<br />

F<strong>in</strong>ite Elemente (FEM)/Mehrkörpersimulations(MKS)-Akustik(NVH)-Berechnung<br />

mit der Software AVL-EXCITE durchgeführt,<br />

um e<strong>in</strong> hochfrequent (im H<strong>in</strong>blick auf Schallabstrahlung)<br />

und tieffrequent (im H<strong>in</strong>blick auf Fahrzeug<strong>in</strong>nengeräusch) optimiertes<br />

Schw<strong>in</strong>gungsverhalten sicherzustellen (Bild 21). Das<br />

Bedplate-Konzept ermöglicht e<strong>in</strong>e stabile Anb<strong>in</strong>dung des Kurbelgehäuses<br />

zum Getriebe und bietet e<strong>in</strong>e schw<strong>in</strong>gungsarme Basis<br />

für die Ölwanne. Die Ölrückläufe an beiden Seiten des<br />

Blocks und die Anb<strong>in</strong>dung zum Bedplate vermeiden akustisch<br />

ungünstige Schürzenschw<strong>in</strong>gungen. Die Ölrückläufe bieten<br />

auch e<strong>in</strong>e stabile Basis für die Längsrippen an den Blockseitenwänden<br />

und Schürzen, die lokale hochfrequente Resonanzen<br />

vermeiden. Durch die ger<strong>in</strong>ge L<strong>in</strong>erverformung kommt es auch<br />

zu ke<strong>in</strong>en starken Kolbensekundärbewegungen und damit ke<strong>in</strong>em<br />

auffälligen Kolbengeräusch.<br />

76


HEFT 3/4 GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011)<br />

Prototyp-Erprobung<br />

Im Anschluss an die CAE-unterstützte<br />

Konstruktionsphase<br />

wurden Prototypblöcke im<br />

Druckgießverfahren hergestellt<br />

und am Komponentenprüfstand<br />

sowie im gefeuerten<br />

Vollmotor am Prüfstand untersucht.<br />

Die Verfügbarkeit der<br />

Druckgussblöcke bereits <strong>in</strong><br />

der Generation 1 Erprobung<br />

führt zu e<strong>in</strong>er deutlich höheren<br />

Aussagekraft der Testergebnisse<br />

im Vergleich zur Erprobung<br />

mit re<strong>in</strong>en Prototypen<br />

aus Sandguss.<br />

Im folgenden Abschnitt<br />

werden Ergebnisse als Auszug<br />

aus den umfangreichen Gesamtmotoruntersuchungen,<br />

die Bohrungsverformung sowie<br />

der Kurbelgehäuse Hydropulstest<br />

vorgestellt.<br />

Bild 21: Geschw<strong>in</strong>digkeiten auf der Kurbelgehäuseoberfläche<br />

Bohrungsverformungen<br />

Die Büchsenverformungen, gemessen mit verschraubtem Zyl<strong>in</strong>derkopf<br />

und Bedplate, zeigten e<strong>in</strong>e sehr gute Form (Bild 22).<br />

Vorraussetzung dafür war e<strong>in</strong>e Honung mit Brille (e<strong>in</strong>facher Al<br />

Bild 22: Büchsenverformungskontur<br />

Block) und Zyl<strong>in</strong>derkopfdichtung. Diese wurde später durch<br />

e<strong>in</strong>e speziell entwickelte Honbrille ersetzt, dabei konnte die<br />

Verwendung der Zyl<strong>in</strong>derkopfdichtung entfallen.<br />

Speziell die h<strong>in</strong>sichtlich Ölverbrauch<br />

und Blow-by empf<strong>in</strong>dliche<br />

4. Ordnung zeigte hier extrem<br />

niedrige Werte (Bild 23), was sich<br />

später im Motorenversuch positiv<br />

auswirkte [3].<br />

Kurbelgehäuse Puls-Test<br />

Das Kurbelgehäuse wurde mit e<strong>in</strong>er<br />

aus der Simulation ermittelten<br />

Belastung mit entsprechender<br />

Überhöhung gepulst (Bild 24). In<br />

diesem Prüfverfahren wird hauptsächlich<br />

der Bereich um die<br />

Bild 23: Maximale harmonische Ordnung<br />

77


GIESSEREI-RUNDSCHAU 58 (2011) HEFT 3/4<br />

Bild 24: Versuchsaufbau des Puls-Tests<br />

Hauptlagerstühle beansprucht. Ziel s<strong>in</strong>d 4x10 6 Zyklen<br />

(30Hz/R=0) ohne Risse, um die Dauerfestigkeit der Blöcke für<br />

Zyl<strong>in</strong>derdrücke von 180 bar zu bestätigen.<br />

Die Proben absolvierten das Programm als Durchläufer ohne<br />

Risse (Bild 25). Diese sehr positiven Ergebnisse wurden wiederum<br />

im Motorenversuch bestätigt.<br />

Ausblick<br />

E<strong>in</strong>e aktuelle Fragestellung an die Technik ist die Darstellung<br />

von Fahrspaß und Verbrauchsreduktion gleichzeitig – mit möglichst<br />

ger<strong>in</strong>gen Zusatzkosten. Der heute feststellbare Trend zu<br />

Downsiz<strong>in</strong>g-Konzepten wird sich fortsetzen, weil der Ansatz<br />

e<strong>in</strong>e sehr <strong>in</strong>teressante Antwort auf diese Frage anbietet [4].<br />

Downsiz<strong>in</strong>g führt naturgemäß zu erhöhter mechanischer sowie<br />

thermischer Belastung der Motorstruktur. Darüber h<strong>in</strong>aus fordert<br />

der verstärkte E<strong>in</strong>satz von alternativen Kraftstoffen, wie<br />

Erdgas oder Ethanol, e<strong>in</strong>e weitere Erhöhung der Zyl<strong>in</strong>derdrücke,<br />

um das Potential h<strong>in</strong>sichtlich Wirkungsgrad auszuschöpfen.<br />

Die <strong>in</strong> diesem Projekt erzielten Ergebnisse bestätigen das<br />

hohe Potenzial von Alum<strong>in</strong>ium-Druckguss für die Herstellung<br />

von Motorblöcken. Das dargestellte Zyl<strong>in</strong>derdruckpotential<br />

schließt sogar den Bereich der <strong>Hochleistungsdiesel</strong>motoren e<strong>in</strong>,<br />

der aktuell weitestgehend e<strong>in</strong>e Domäne von Alum<strong>in</strong>ium-Kernpaketverfahren<br />

oder hochfesten Gusseisenlegierungen ist.<br />

Mit der Erweiterung des Druckgusse<strong>in</strong>satzes zu höheren Belastungsgrenzen<br />

wird e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung für die Auslegung<br />

neuer Motorfamilien geschaffen. So ist es zum Beispiel<br />

möglich, e<strong>in</strong>e Motorfamilie mit e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichem ZKG aus<br />

dem Leichtbauwerkstoff Alum<strong>in</strong>ium auszulegen, das sowohl<br />

kostengünstige Volumenvarianten mit Fokus auf niedrigsten<br />

Verbrauch, als auch Hochleistungsvarianten anbietet. E<strong>in</strong>e Verblockung<br />

der Benz<strong>in</strong>- und Dieselvarianten auf e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Motorarchitektur bietet die Chance von Kostenreduktion<br />

durch erhöhte Gesamtstückzahlen, sowie e<strong>in</strong>e flexiblere Gestaltung<br />

des zukünftigen Produkt-Mix.<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

[1] Schöffmann, W.; Beste, F.; Atzwanger, M.; Sorger, H.; Feikus, F.J.;<br />

„Magnesium Kurbelgehäuse am Leichtbau-Dieselmotor – Erfahrungen<br />

aus der Sicht der Fahrzeugerprobung“, VDI-Berichte Nr. 1830,<br />

2005, VDI Verlag GmbH, Düsseldorf<br />

[2] Sorger, H.; Howlett, M.F.; Schnider, W.; Ausserhofer, N.; Bartsch, P.;<br />

Weißbäck, M.; Soustelle, O.; Ragot, P.; Mallet, P.: „Herausforderung<br />

CO 2 : Aggressives Downsiz<strong>in</strong>g am Dieselantrieb – Motorkonzeptdef<strong>in</strong>ition“,<br />

Wien, 31. Internationales Wiener Motorensymposium,<br />

2010<br />

[3] Schöffmann, W.; Howlett, M.; Schnider, W.; Ausserhofer, N.; Gröger,<br />

M. – AVL List GmbH, „Grundmotor-Reibungsoptimierungsmaßnahmen<br />

an e<strong>in</strong>em „Downsized“ <strong>Hochleistungsdiesel</strong>motor“,<br />

Tribologietagung 2010, Györ, Sep. 2010<br />

[4] Weißbäck, M.; Sorger, H.; Zieher, F.; Howlett, M.; Krapf, S.; Gutmann,<br />

P.: „Der Dieselmotor der Zukunft: Auslegung und Ergebnisse.“<br />

Aachen, 19. Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik,<br />

2010<br />

[5] Schöffmann, W.; Howlett, M.; Weihrauch, K.; Berger, R.; Pramberger,<br />

H.; Zieher, F.; Sorger, H. – AVL List GmbH, „<strong>Hochleistungsdiesel</strong>-Kurbelgehäuseentwicklung<br />

<strong>in</strong> Alum<strong>in</strong>ium – Druckguss-Kurbelgehäuse<br />

für 180bar Zünddruck“, VDI-Berichte Nr. 2122, 2011, VDI<br />

Verlag GmbH, Düsseldorf<br />

Kontaktadresse:<br />

AVL-List GmbH<br />

Abtlg. Motorenkonstruktion<br />

Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g & Technik<br />

Antriebssysteme<br />

A-8020 Graz<br />

Hans-List-Platz 1<br />

Tel.: +43 (0)316 787 340<br />

E-Mail:<br />

Wolfgang.Schoeffmann@avl.com<br />

www.avl.com<br />

Bild 25: Zerstörungsfreie Schadensanalyse<br />

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