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War das schon alles? Männer in der Lebensmitte - Ehe-, Familien ...

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getan hätte“. Nach vielen Streits<br />

mit se<strong>in</strong>er <strong>Ehe</strong>frau g<strong>in</strong>ge man sich<br />

mittlerweile aus dem Weg. Sie sei ihm<br />

mittlerweile häufig gleichgültig. Zur<br />

Zeit halte er an <strong>der</strong> <strong>Ehe</strong> nur <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

wegen fest. In Gegenwart se<strong>in</strong>er Frau<br />

fühle er sich „wie e<strong>in</strong> großer Junge“,<br />

letztlich e<strong>in</strong>sam und deprimiert.<br />

Außerdem verspüre er seit etwa<br />

e<strong>in</strong>em Jahr ke<strong>in</strong>e Motivation mehr,<br />

sich beruflich weiter zu engagieren, so<br />

wie er <strong>das</strong> all die Jahre zuvor gemacht<br />

habe. In se<strong>in</strong>em Beruf als Geschäftsführer<br />

habe er „fast <strong>alles</strong> erreicht“ und<br />

viel Geld verdient. Dennoch plage<br />

ihn oft <strong>der</strong> unerträgliche Gedanke,<br />

<strong>in</strong>sgesamt betrachtet wenig <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Leben erreicht zu haben. Nur noch<br />

rituell se<strong>in</strong>e Pflicht erfüllend, fühle er<br />

sich ausgebrannt und empf<strong>in</strong>de Zweifel<br />

und Orientierungslosigkeit. Das<br />

starke Abfallen se<strong>in</strong>er Leistungskraft<br />

und die Zunahme von Gefühlen <strong>der</strong><br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>wertigkeit und Überfor<strong>der</strong>ung<br />

bereite ihm Angst. Er fühle sich völlig<br />

unvorbereitet auf diese neue Situation<br />

und spüre e<strong>in</strong>e Leere <strong>in</strong> sich. Im<br />

„grauen Alltag“ erlebe er Phasen von<br />

Hilf- und Machtlosigkeit, was ihn sehr<br />

erschrecken würde und ihn phlegmatisch<br />

mache.<br />

Obwohl die Midlife Crisis nicht als psychische Störung def<strong>in</strong>iert ist, sollte<br />

man die Schwere und <strong>das</strong> Symptombild <strong>der</strong> Midlife Crisis nicht unterschätzen.<br />

Es kann sich nämlich bei länger anhalten<strong>der</strong> Symptomatik e<strong>in</strong>e psychische<br />

Störung manifestieren – meist handelt es sich dann um e<strong>in</strong>e Depression. Hier<br />

ist die Suizidgefahr beson<strong>der</strong>s zu beachten, da die Suizidrate <strong>in</strong> Deutschland<br />

bei <strong>Männer</strong>n höheren Lebensalters (über 45 J.) am höchsten ist. Nicht je<strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong> sich <strong>das</strong> Leben nimmt, ist zuvor <strong>in</strong> psychiatrischer o<strong>der</strong> psychotherapeutischer<br />

Behandlung gewesen.<br />

Im Verlauf des Beratungsprozesses<br />

wurde immer deutlicher, <strong>das</strong>s <strong>der</strong><br />

Selbstwert von Hr. K. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em entscheidenden<br />

Maße von äußerer Anerkennung<br />

und Erfolg abhängig war. In<br />

dem Moment, als e<strong>in</strong> wichtiger Kunde<br />

absprang, reagierte Hr. K. mit übergroßem<br />

Zweifel und Unsicherheiten. In<br />

ihm verstärkte sich die Wahrnehmung,<br />

<strong>der</strong> Verlust des Kunden sei nie wie<strong>der</strong><br />

gut zu machen. Auch verstrickte er<br />

sich <strong>in</strong> die Idee, er selbst habe diesen<br />

Verlust durch eigene Fehler bewirkt<br />

und sei damit schuldig an <strong>der</strong> Misere.<br />

Außerdem wurde <strong>in</strong> den Beratungsgesprächen<br />

offensichtlich, <strong>das</strong>s Hr. K.<br />

sich den Wünschen se<strong>in</strong>er Frau über<br />

viele Jahre h<strong>in</strong>weg ohne Reflexion und<br />

Klage anpasste, um von se<strong>in</strong>er Frau<br />

gemocht und anerkannt zu werden.<br />

Um sich se<strong>in</strong>er Bezugspersonen (u.a.<br />

se<strong>in</strong>e Kunden, se<strong>in</strong>e <strong>Ehe</strong>frau) sicher zu<br />

se<strong>in</strong>, musste er die eigenen Bedürfnisse<br />

verleugnen, die durch se<strong>in</strong> angepasstes<br />

Verhalten überdeckt wurden.<br />

Für ihn stand an erster und wichtigster<br />

Stelle „gebraucht zu werden“. Se<strong>in</strong>e<br />

Rolle als „Erfüller“ gab ihm se<strong>in</strong>en<br />

Lebenss<strong>in</strong>n. Der Preis hierfür war, <strong>das</strong>s<br />

Hr. K. den Zugang zu se<strong>in</strong>en eigenen<br />

Bedürfnissen und Gefühlen verlor. Erst<br />

im Beratungsprozess wurde Herrn K.<br />

bewusst, wie sehr er sich selbst überschätzte,<br />

und welch` hohe Ansprüche<br />

er an sich im Beruf und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie<br />

stellte. Dies allmählich wahrnehmend,<br />

konnte <strong>der</strong> Klient se<strong>in</strong>e Neigung<br />

zu depressiven Selbstzweifeln und<br />

Selbstverurteilungen, aber auch se<strong>in</strong>e<br />

leichte Kränkbarkeit besser verstehen.<br />

Hr. K. sah es als notwendig an, für<br />

sich neue Perspektiven e<strong>in</strong>es s<strong>in</strong>nvollen<br />

Lebens zu entwickeln. Beispielsweise<br />

wurde es für Hr. K. wichtig, se<strong>in</strong>e<br />

beruflichen Ziele neu zu def<strong>in</strong>ieren<br />

und e<strong>in</strong>e Neubewertung se<strong>in</strong>er beruflichen<br />

Arbeit vorzunehmen. Am Ende<br />

<strong>der</strong> Beratung hatte sich die Lebenssituation<br />

von Hr. K. deutlich gebessert.<br />

In se<strong>in</strong>em Beruf hatte er nun schneller<br />

<strong>das</strong> sichere und befriedigen<strong>der</strong>e<br />

Gefühl, genügend Arbeit geleistet zu<br />

haben. In <strong>der</strong> Partnerschaft g<strong>in</strong>g er<br />

dazu über, sich von den Ansprüchen<br />

se<strong>in</strong>er Frau zu distanzieren und se<strong>in</strong>e<br />

Kraft mehr auf die eigene Freizeitgestaltung<br />

zu lenken.<br />

Hr. K. formulierte <strong>das</strong> so: „Ich<br />

glaubte, ich hätte die D<strong>in</strong>ge irgendwie<br />

immer im Griff. Das war e<strong>in</strong> Irrglaube,<br />

genauso wie <strong>der</strong> Mythos vom starken<br />

Mann. Ich will mich weniger darstellen<br />

müssen, son<strong>der</strong>n mich mehr spüren,<br />

auch körperlich. Indem ich mich auf<br />

mich selbst konzentriere, kann ich<br />

auch me<strong>in</strong>e Frau besser so akzeptieren<br />

wie sie ist. Mal sehen, wie weit <strong>das</strong><br />

mich und uns beide tragen wird“.<br />

Worum geht es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Beratung<br />

Akzeptanz <strong>der</strong> Unvollkommenheit<br />

In <strong>der</strong> Beratung geht es zunächst<br />

e<strong>in</strong>mal darum, e<strong>in</strong>e Beziehung zwischen<br />

Berater und Klient zu erarbeiten,<br />

die es dem Klienten gestattet, „sich<br />

<strong>alles</strong> von <strong>der</strong> Seele reden zu können“<br />

ohne Angst vor e<strong>in</strong>er negativen<br />

Bewertung und weiterer Beschämung.<br />

Die Empathie „als e<strong>in</strong>e Beobachtungsmethode,<br />

die auf <strong>das</strong> <strong>in</strong>nere<br />

© Katholische Beratungsstelle für <strong>Ehe</strong>-, <strong>Familien</strong>- und Lebensfragen • Ste<strong>in</strong>weg 12 • 50667 Köln • www.elf-koeln.de

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