impuls - Soziale Arbeit - Berner Fachhochschule
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SoZIALE INTERVENTIoN<br />
<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> und Stadt –<br />
<strong>Arbeit</strong> im mehrdimensionalen Sozialraum<br />
obgleich die <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> unter anderem aus den Settlement-Bewegungen als «Antwort<br />
auf die sozialen Probleme der Stadtentwicklung» entstanden ist, kommt die Stadt innerhalb<br />
der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> nicht systematisch vor. Der Begriff des <strong>Soziale</strong>n Raums hingegen<br />
hat seit Mitte der 90er-Jahre in vielen Bereichen der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> Karriere gemacht.<br />
Prof. Jan Zychlinski<br />
Dozent<br />
jan.zychlinski@bfh.ch<br />
Sei es im Theoriediskurs oder in den praktischen<br />
Konzepten zum Thema: Der Sozialraum<br />
scheint allgegenwärtig. Für die einen<br />
ist er ein reiner Modebegriff, der als Label<br />
für scheinbar neue, im Kern jedoch bereits<br />
längst praktizierte Handlungsansätze in<br />
der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> fungiert. Für andere<br />
verbindet sich damit ein Paradigmenwechsel<br />
vom Einzelfall- und Problembezug hin<br />
zu einer entwicklungsorientierten, sich zu<br />
anderen Disziplinen hin öffnenden <strong>Soziale</strong>n<br />
<strong>Arbeit</strong>. Daneben wird der Begriff häufig<br />
pragmatisch dann verwendet, wenn es um<br />
<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> in einem bestimmten Territorium<br />
geht, wenn gemeinschaftliche bzw.<br />
zivilgesellschaftliche Ressourcen erschlossen<br />
werden sollen, wenn die Betroffenenperspektive<br />
oder Lebenswelt in den Fokus<br />
14<br />
<strong>impuls</strong> Januar 2012<br />
geraten. Vor allem die territoriale-institutionelle<br />
Dimension einerseits und die Lebensweltperspektive<br />
andererseits (vgl. Schönig<br />
2008: 16ff) beherrschen die Diskussionen<br />
von der Sozialpolitik über die Verwaltung<br />
bis hin zur sozialarbeiterischen Praxis.<br />
«Strukturen zu schaffen, die das über<br />
den Fall hinausgehende Wissen der Fachkräfte<br />
im Jugend- und Sozialamt so<br />
bündeln, dass dieses Wissen für andere<br />
Fälle nutzbar gemacht werden kann» (Hinte<br />
2004: 18), dabei Kompetenzen, «zur<br />
Erschliessung von Sozialraumressourcen,<br />
... zur ... Erkundung von unterschiedlichen<br />
Lebenswelten sowie ... zur Entwicklung<br />
flexibler Hilfen» (Lüttringhaus 2010: 2) zu<br />
erwerben und «unterschiedliche soziale<br />
Räume mit ihren jeweiligen Strukturen und<br />
Ressourcen» für die Lösung von sozialen<br />
Problemen «im Sinne einer Gemeinschaftsverantwortung<br />
zu aktivieren» (Kleve 2010:<br />
23) sind beispielhafte Statements unterschiedlichster<br />
Praxiskonzepte. Ihnen stehen<br />
eher theoretische, raumsoziologisch<br />
sowie sozialpädagogisch begründete Konzepte<br />
gegenüber (z.B. Kessl & Reutlinger<br />
2010). Deren Sozialraumbegriff bezeichnet<br />
«die von den handelnden Akteuren permanent<br />
(re)produzierte Räumlichkeit»,<br />
welche wiederum auf das Akteurshandeln<br />
zurückwirkt (ebd.: 250) und dessen Bear-<br />
beitung eine «reflexive räumliche Haltung»<br />
erfordert (vgl. Kessl, Reutlinger & Deinet<br />
2007). Diese müssen sich allerdings immer<br />
wieder den Vorwurf gefallen lassen, für<br />
die Institutionen <strong>Soziale</strong>r <strong>Arbeit</strong> nicht praxistauglich<br />
zu sein.<br />
Sozialraumorientierung<br />
oder <strong>Arbeit</strong> im Sozialraum –<br />
(k)eine Wortklauberei?<br />
Bei genauerem Hinschauen lässt sich feststellen,<br />
dass die Unterscheidung von Sozialraumorientierung<br />
(SRO) und Sozialraum<br />
in der Praxis kaum gemacht wird, so dass<br />
der <strong>Soziale</strong> Raum oft lediglich als eine<br />
spezielle Dimension innerhalb der <strong>Soziale</strong>n<br />
<strong>Arbeit</strong> erscheint. SRO bedeutet meist im<br />
buchstäblichen Sinne «Orientierung» der<br />
<strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> auf einen je unterschiedlich<br />
definierten Raum, so etwa in der Jugend-<br />
oder Familienhilfe. <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> «im»<br />
Sozialraum hingegen bedeutet, dass sie<br />
sich in eine gesellschaftliche, gebaute und<br />
natürliche Umwelt, die in ihrer Gesamtheit<br />
den <strong>Soziale</strong>n Raum darstellt, hinein begibt<br />
und als ein Bestandteil dieser Umwelt<br />
aktiv wird. Sie sollte nicht nur als «praktische<br />
Sozialpolitik» (Schönig 2008: 16)<br />
verstanden werden sondern ihre eigene<br />
Konstruktion aus sozialen Problemen,<br />
Lösungsansätzen, Aufträgen und Klienten-