impuls - Soziale Arbeit - Berner Fachhochschule
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ALTER<br />
Der Gerontologe urs Kalbermatten<br />
geht in Pension<br />
Mit dem Konzept «Lebensgestaltung im Alter» hat urs Kalbermatten wesentliche Beiträge<br />
zur Gerontologie geleistet. An der <strong>Berner</strong> <strong>Fachhochschule</strong> hat er den Master of Advanced<br />
Studies in Gerontologie aufgebaut und über zehn Jahre erfolgreich geführt. Mit der<br />
Pensionierung beginnt für ihn nun ein neuer Lebensabschnitt. Zeit für eine Würdigung.<br />
Prof. Dr. Martin Wild-Näf<br />
Abteilungsleiter und Dozent<br />
martin.wild@bfh.ch<br />
Mit dem Älter- und Altwerden tun wir uns<br />
schwer. Alter wird mit Einschränkung,<br />
Abbau und schliesslich Tod in Verbindung<br />
gesetzt. Solchem Denken hat sich Urs<br />
Kalbermatten bereits widersetzt, als gemeinhin<br />
noch nicht von den «jungen Alten»<br />
die Rede war. Mit dem Konzept der «Lebensgestaltung<br />
im Alter» hat er der pessimistischen<br />
eine optimistische Sicht auf das<br />
Alter entgegengesetzt. Nun geht der weit<br />
herum bekannte Gerontologe nach einer<br />
bemerkenswerten Karriere in Pension.<br />
Stationen einer Karriere<br />
Urs Kalbermatten hat seine Laufbahn an<br />
der Universität Bern begonnen. Zuerst als<br />
Forschungsassistent und später als<br />
Oberassistent und Lektor am Psychologischen<br />
Institut hat er sich in Zusammenarbeit<br />
mit seinem Doktorvater Mario von<br />
Cranach in den 1970er- und 1980er-Jahren<br />
mit Fragen der Handlungstheorie und ihrer<br />
systemischen Erweiterung beschäftigt.<br />
1989 wechselte Urs Kalbermatten als Abteilungsleiter<br />
für Bildung zur Pro Senectute<br />
Schweiz in Zürich. Er war als Dozent für<br />
Gerontologie an verschiedenen Bildungsinstitutionen<br />
tätig und hat in den 1990er-<br />
Jahren die Fachschule für Angewandte<br />
Gerontologie aufgebaut. Besondere öffentliche<br />
Aufmerksamkeit bekam die Durchführung<br />
von drei Alterssessionen im Bundeshaus.<br />
Im Jahr 2000 konzipierte Urs<br />
Kalbermatten im Auftrag der <strong>Berner</strong> <strong>Fachhochschule</strong><br />
einen Master of Advanced<br />
Studies Gerontologie: Altern – Lebensgestaltung<br />
50+ und übernahm 2001 die Studienleitung.<br />
Seither wird der Studiengang<br />
jährlich erfolgreich durchgeführt. In Zusammenarbeit<br />
mit Pro Senectute initiierte<br />
er die jährliche Ausschreibung und Verleihung<br />
des nationalen Forschungspreises<br />
40<br />
<strong>impuls</strong> Januar 2012<br />
für Diplomarbeiten in Gerontologie sowie<br />
die jährliche Durchführung einer Sommerakademie.<br />
Das Konzept<br />
der Lebensgestaltung<br />
Insbesondere die Auseinandersetzung<br />
Urs Kalbermattens mit Handlungs- und<br />
Systemtheorien führte zu den charakteristischen<br />
Merkmalen seines Ansatzes der<br />
Lebensgestaltung. Das Konzept der<br />
Lebensgestaltung lässt sich zwar auf alle<br />
Lebensphasen beziehen, die konkreten<br />
Lebensaufgaben sowie die jeweiligen<br />
Herausforderungen wandeln sich jedoch<br />
von Phase zu Phase. In der Jugend heisst<br />
Lebensgestaltung sich von den Eltern zu<br />
lösen, eigenständige Beziehungen aufzubauen,<br />
sich auszubilden und einen Beruf<br />
zu erwerben. Im Alter verbinden sich damit<br />
Aufgaben wie der Übertritt vom Berufs-<br />
ins Pensioniertenleben, die Neugestaltung<br />
der familiären Beziehungen oder auch<br />
der Wohnsituation. In seinen Forschungsprojekten<br />
und Publikationen setzte sich<br />
Urs Kalbermatten deshalb mit so verschiedenen<br />
Themen wie Paarbeziehungen,<br />
Wohnbedürfnissen und Bildung im Alter<br />
aus einander.<br />
Entwicklungsmöglichkeiten<br />
– auch im Alter<br />
Über alle verschiedenen Themen hinweg<br />
prägt und durchdringt ein humanistisches<br />
Menschenbild Urs Kalbermattens Werk. Er<br />
sieht den Menschen, auch den älter wer-<br />
denden Menschen, als aktives, nach sinnerfülltem<br />
Leben suchendes Wesen. Damit<br />
macht er den Blick frei, nicht nur die Defizite,<br />
sondern in erster Linie die Potenziale<br />
und Ressourcen eines Menschen zu sehen<br />
und nach Mitteln und Wegen zu suchen,<br />
diese zu aktivieren und zur Entfaltung zu<br />
bringen. Kalbermatten betont damit zugleich<br />
die Individualität auch der älteren<br />
Menschen: Alter tritt nicht als eine einzige<br />
Erscheinungsform auf, sondern hat viele<br />
Facetten mit ihren je spezifischen Merkmalen<br />
und Bedingungen. Last but not least<br />
gesteht dieses Menschenbild auch dem<br />
alten Menschen Entwicklung und Veränderung<br />
zu. Altern ist nicht nur ein Prozess<br />
zum Tode hin. Lernen, Veränderung und<br />
positive Entwicklung sind immer möglich.<br />
Dieses Menschenbild ist für Urs Kalbermatten<br />
nicht einfach eine wissenschaftliche<br />
Position. Es ist zugleich der Hebel, der<br />
die praktische Bedeutsamkeit und Wirksamkeit<br />
dieses Ansatzes ausmacht. Es ist<br />
das «ceterum censeo» von Urs Kalbermatten,<br />
dass auch alte Menschen handlungsleitende<br />
Visionen brauchen, sich mit ihren<br />
Vorstellungen vom Alter auseinandersetzen<br />
und ihre Spielräume erkennen können.<br />
Die Gestaltung des eigenen Lebensabends<br />
hängt massgeblich davon ab, was man<br />
sich und seinem Alter zutraut, welche Freiheitsgrade<br />
man für sich entdeckt und wie<br />
man sie zu nutzen bereit ist. Im Sinne dieses<br />
auch heute noch visionären Blicks auf<br />
das Alter wünschen wir Dir, lieber Urs, alles<br />
Gute für Deinen neuen Lebensabschnitt!<br />
urs Kalbermatten