Studienführer 2011 - 2012 - Hochschule für katholische ...
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Förderung Hochbegabter<br />
Die Förderung von begabten Kindern und Jugendlichen<br />
an der <strong>Hochschule</strong> für <strong>katholische</strong><br />
Kirchenmusik und Musikpädagogik Regensburg,<br />
die sich in vielen Jahren bewährt und als eine<br />
Bereicherung erwiesen hat, ist die Fortsetzung<br />
einer jahrhundertelangen Tradition der musikalische<br />
Früherziehung gerade in <strong>katholische</strong>n<br />
Einrichtungen. Bereits im 14. Jahrhundert waren<br />
zum Beispiel in Italien Häuser für Findlinge,<br />
Waisen und außereheliche Kinder gegründet<br />
worden.<br />
In Venedig nannte man solche Einrichtungen<br />
Ospedali, sie wurden durch die Republik Venedig<br />
finanziert und ausschließlich Mädchen vorbehalten.<br />
(Dagegen nahmen Conservatorien in<br />
Neapel ausschließlich Knaben auf). So beherbergten<br />
Anfang des 18. Jahrhunderts die vier<br />
venezianischen Ospedali etwa 6.000 Mädchen.<br />
Und viele dieser Mädchen genossen eine musikalische<br />
Ausbildung. Hochprofessionelle Musiker<br />
waren dort als Lehrer engagiert.<br />
Der Unterricht fand an Wochentagen täglich<br />
statt und dauerte mehrere Stunden. Die Zöglinge<br />
gestalteten sowohl Gottesdienste wie auch<br />
öffentliche Konzerte, und das Niveau des Musizierens<br />
war so hoch, dass diese konzertanten<br />
Darbietungen bald in ganz Europa bekannt wurden.<br />
Ein Reisender, Joachim Christoph Nemeitz<br />
schreibt in seinem Bericht „Nachlese besonderer<br />
Nachrichten aus Italien“ 1726: „Die Music<br />
in den Kirchen bey den 4. Hospitälern versäumt<br />
man nicht gerne zu hören. Sie wird alle Samstag,<br />
Sonn- und Festtage gemacht. Unter denen<br />
ist nun das Hospital la Pieta wohl das considerabelste...<br />
„<br />
Ein jedes von diesen Hospitälern hat seinen eigenen<br />
Capellmeister, welcher von der Republik<br />
besoldet wird; und hat sich der berühmte Vivaldi<br />
nicht geschämet, noch vor einigen Jahren<br />
einen Capellmeister della Pieta abzugeben.“ Da<br />
die meisten Kinder keine Nachnamen hatten,<br />
so brachte man ihre Vornamen in Verbindung<br />
mit den jeweiligen Instrumenten, und Nemeitz<br />
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führt fort: „Sonderlich sind dermahlen wegen<br />
des Singens daselbst berühmt die Polonia und<br />
Gertrut, auf der Orgel la Tonina, auf der Tiorbe<br />
la Prudenza, und auf der Violin die Anna Maria,<br />
als welche auf diesem so schweren und delicaten<br />
Instrumenten, auch von Virtuosen unsers<br />
Geschlechts wenig ihres gleichen hat.“<br />
Von der Letzteren ist außerdem überliefert, dass<br />
sie nicht nur Violine, sondern auch Violoncello,<br />
Theorbe, Laute, Mandoline, Cembalo, Oboe<br />
und Viola d‘amore beherrschte. Johann Caspar<br />
Goethe, der Vater des Dichters, berichtet: „ Diese<br />
Mädchen leben nach strengen Regeln, legen<br />
aber kein Gelübde ab, da sie das Recht haben,<br />
sich zu verheiraten... „<br />
Wenn diese Mädchen nun musizieren, kann<br />
man sie nicht sehen, denn sie bleiben hinter Gittern<br />
versteckt, und wenn man nicht wüsste, dass<br />
es sich um Frauen handelte, würde man sie für<br />
die besten Männer in diesem Fach halten. Man<br />
kann sich leicht vorstellen, dass sich dort zahllose<br />
Musikliebhaber versammeln, um etwas so<br />
Göttliches zu hören... “<br />
Wie in einem Kloster durften Frauen in einer<br />
Ospedale auch lebenslang bleiben. Und so konnte<br />
es vorkommen, dass die jüngste Musikerin im<br />
Orchester 11 Jahre alt war, die älteste hingegen<br />
bereits 75! Dem französischen Diplomaten und<br />
Philosophen Jean-Jacques Rousseau war dieser<br />
Umstand offenbar nicht bekannt, und er wollte<br />
auf das Optische keineswegs verzichten: „Eine<br />
Musik, die für mich alle Opern übertrifft und weder<br />
in Italien noch in der ganzen übrigen Welt<br />
ihresgleichen hat, ist die Musik der Scuole.<br />
Die Scuole sind Armenhäuser, Erziehungsanstalten<br />
für mittellose junge Mädchen... Unter<br />
den Talenten, die an diesen jungen Mädchen<br />
gepflegt werden, steht die Musik obenan... Mich<br />
ärgerten nur diese verdammten Gitter, die zwar<br />
die Töne durchließen, meinen Augen aber die<br />
Engel der Schönheit verbargen...“<br />
Nun standen solche Hindernisse bei den zahlreichen<br />
Vorspielen in der <strong>Hochschule</strong> für <strong>katholische</strong><br />
Kirchenmusik und Musikpädagogik<br />
Regensburg sicher nicht im Wege, und es gab<br />
viele Anlässe, Jungstudierende unserer Frühför-<br />
derklasse auch im vergangenen Studienjahr zu<br />
sehen und zu hören.<br />
Jewgeni Kerschner<br />
Jewgeni Kerschner und<br />
Jungstudierende der Frühförderklasse<br />
Musiktheorie<br />
In der Musikausbildung früherer Zeiten,<br />
wie sie eingangs beschrieben wurde, waren<br />
theoretische Unterweisungen fester Bestandteil<br />
des Musikunterrichts. In der professionellen<br />
Musikausbildung hat sich daran bis heute<br />
nichts geändert und so gehört auch der<br />
Musiktheorieunterricht zum festen Fächerkanon<br />
in der Frühförderklasse und trägt zu einer<br />
umfassenden musikalischen Ausbildung bei.<br />
Der Unterricht umfasst - aufbauend auf den<br />
musikalischen Grundlagen - viele Teilgebiete,<br />
u.a. Gehörbildung, Akkordlehre, Satzlehre,<br />
Akustik.<br />
Zum Musiktheorieunterricht gibt es ein Internet-<br />
Portal: www.mtfk.arnheiter-m.de<br />
Dort stehen Informationen und ergänzende<br />
(Übungs-)Materialien zum Unterricht zur<br />
Verfügung. Der Zugang wird im Unterricht<br />
bekanntgegeben.<br />
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