3. Teil - OCULUS
3. Teil - OCULUS
3. Teil - OCULUS
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Videokeratometrie<br />
E. Bürki, Thun (Schweiz)<br />
Neue Möglichkeiten der Hornhautdiagnostik<br />
mit Hilfe der Videokeratometrie (<strong>3.</strong> <strong>Teil</strong>)<br />
Zernike-Polynome<br />
Grundsätzliches<br />
Jede beliebige dreidimensionale<br />
Fläche, die kreisförmig begrenzt ist,<br />
kann durch eine Summe von nach<br />
dem holländischen Physiker Frits Zernike<br />
(1888–1966) benannten Polynomen<br />
dargestellt werden. Im Gegensatz<br />
zur Fourier-Darstellung wird die<br />
Fläche dabei aber nicht zwei-, sondern<br />
dreidimensional beschrieben.<br />
Zernike-Polynome werden meist verwendet,<br />
um die Abbildungseigenschaften<br />
von Linsensystemen zu analysieren:<br />
die ideale Linse verformt eine<br />
ebene Lichtwellenfront zu konzentrischen<br />
Kugelschalen, deren Mittelpunkt<br />
der Brennpunkt ist. Jede Abweichung<br />
von der idealen Kugelwelle bewirkt<br />
einen bestimmten Fehler in der<br />
Abbildung. Zernike-Polynome beschreiben<br />
und klassifizieren nun die<br />
Abweichungen der tatsächlichen Wellenfronten<br />
von der idealen Kugelwelle.<br />
Sie tragen gleichzeitig den Namen des<br />
Abbildungsfehlers, den sie wiedergeben<br />
(z. B. Astigmatismus, Koma oder<br />
sphärische Aberration).<br />
In den letzten Jahren sind Zernike-Polynome<br />
auch eingesetzt worden um<br />
die Gestalt und die optischen Eigenschaften<br />
der Corneaoberfläche zu beschreiben<br />
[13, 17–19, 29–31]. Dabei<br />
ergaben sich eine Fülle neuer Erkenntnisse<br />
und eine wesentliche Erweiterung<br />
der diagnostischen Möglichkeiten<br />
zur Quantifizierung eines<br />
Keratokonus mit dem Videokeratographen<br />
[14, 28].<br />
Mathematisch sind die einzelnen Zernike-Polynome<br />
charakterisiert durch<br />
eine Potenzreihe in radiärer Richtung<br />
R und eine fourierähnliche Reihe in<br />
Richtung des Winkels U. In der allgemeinen<br />
Form Z n,±m gibt n die Ordnungszahl<br />
des Polynoms in radiärer<br />
Richtung an und m entspricht der Frequenz<br />
des Winkels U pro 360°. Polynome<br />
mit geradzahligem n und m = 0<br />
sind stets rotationssymmetrisch, alle<br />
übrigen winkelabhängig. Ein positives<br />
m stellt die Veränderung in x-Richtung,<br />
ein negatives m eine solche in y-<br />
Richtung dar.<br />
52<br />
Die ersten Polynome tragen folgende Bezeichnungen:<br />
Ordnungs- Z 8,0 Z 8, ±2 Z 8, ±4 Z 8, ±6 Z 8, ±8 ...usw.<br />
Zahl n Z 7, ±1 Z 7, ±3 Z 7, ±5 Z 7, ±7<br />
Z 6,0 Z 6, ±2 Z 6, ±4 Z 6, ±6<br />
Z 5, ±1 Z 5, ±3 Z 5, ±5<br />
Z 4,0 Z 4, ±2 Z 4, ±4<br />
Z 3,±1 Z 3,±3<br />
Z 2,0 Z 2,±2<br />
Z 1,±1<br />
Z 0,0<br />
Die dazu gehörigen Abbildungsfehler<br />
bis zur 6. Ordnung sind:<br />
Z 0,0 Höhenkonstante, mittlere<br />
Höhe der Fläche<br />
Z 1,±1 Verkippung (+1 in x-Richtung,<br />
–1 in y-Richtung)<br />
Z 2, 0 Focus, resp. Oberfläche in<br />
Form eines Kegelschnitts<br />
Z 2,±2 Astigmatismus<br />
Z 3,±1 Koma<br />
Z 3,±3 Dreiwelligkeit (Dreiblattfehler,<br />
trefoil)<br />
Z 4,0 sphärische Aberration<br />
Z 4, ±2 Astigmatismus höherer (4.)<br />
Ordnung<br />
Z 4, ±4 Vierwelligkeit (Vierblattfehler)<br />
Z 5, ±1 Koma höherer (5.) Ordnung<br />
Z 5, ±3 Dreiwelligkeit höherer (5.)<br />
Ordnung<br />
Z 5, ±5 Fünfwelligkeit (Fünfblattfehler)<br />
Z 6, 0 sphärische Aberration höherer<br />
(6.) Ordnung<br />
Z 6, ±2 Astigmatismus höherer (6.)<br />
Ordnung<br />
Z 6, ±4 Vierwelligkeit höherer (6.)<br />
Ordnung<br />
Z 6, ±6 Sechswelligkeit (Sechsblattfehler)<br />
etc.<br />
Je größer die Gesamtaberration des<br />
optischen Systems ist, umso mehr Polynome<br />
werden zur exakten Darstellung<br />
erforderlich. Im Prinzip können<br />
dies unendlich viele sein; zur Annäherung<br />
einer normalen Cornea reichen<br />
aber meist 4–6 Ordnungen. Zur Charakterisierung<br />
einer Keratokonusoberfläche<br />
sind jedoch mindestens 8–12<br />
Ordnungen erforderlich.<br />
Das Menü „Zernike-Analyse“<br />
Winkelfrequenz m<br />
In Abb. 21 finden sich oben, rechts der<br />
Mitte, die Zernike Fit Parameter. Hier<br />
kann gewählt werden, ob die Höhendaten<br />
komplett in Zernike Polynome<br />
umzuwandeln sind oder ob hierfür nur<br />
die Differenz der Hornhaut zu einem<br />
Referenzkörper (ähnlich der Höhendarstellung)<br />
zu verwenden ist. Ohne<br />
Referenzkörper übertrifft das Polynom<br />
Z 2,0 alle übrigen um einen Faktor<br />
100. Es muss deshalb bei der Analyse<br />
der Höhendaten ausgeschaltet werden,<br />
wodurch aber seine Veränderungen<br />
nicht mehr ausgewertet werden<br />
können. Bei Verwendung eines Referenzkörpers<br />
werden die rotationssymmetrischen<br />
Anteile wie Aberrationsfehler<br />
behandelt und in die Berechnung<br />
einbezogen, da sie größenmäßig<br />
nicht mehr so stark überwiegen. Der<br />
Exzentrizitätswert von 0,751 entspricht<br />
dem idealen Corneaellipsoid, das eine<br />
theoretisch einwandfreie Abbildung<br />
erlaubt [19].<br />
Mit dem Schalter „Ändern“ können die<br />
Fit Parameter verändert werden, anschließend<br />
wird neu gerechnet. Die<br />
gewählten Einstellungen können auch<br />
gespeichert werden („Einst. speichern“),<br />
um sie beim nächsten Start<br />
automatisch zu verwenden.<br />
Oben rechts in Abb. 21 wird das Feld<br />
Zernike Koeffizienten angezeigt. Hier<br />
kann in der Darstellungsart zwischen<br />
„Z Einzelwerte“ und „|Z| Betragswerte“<br />
gewechselt werden. „Einzelwerte“<br />
zeigt alle einzelnen Koeffizienten, es<br />
existiert also z. B. ein Koeffizient Z 1,–1<br />
und Z 1,+1. „Betragswerte“ fasst die<br />
zusammengehörigen Koeffizienten zu<br />
NOJ 12/2001
Abb. 21: Das Menü „Zernike-Analyse“<br />
einem Wert zusammen, also |Z|1,1. Zusammengehörig<br />
sind jeweils die Terme,<br />
die bis auf SIN bzw. COS gleich<br />
sind. Diese beschreiben immer gemeinsam<br />
eine Komponente. Mit Hilfe<br />
der Schalter „Alle Aus“ und „Alle An“<br />
können alle Z-Koeffizienten ein- bzw.<br />
ausgeschaltet werden.<br />
Rechts sind alle berechneten Zernike<br />
Koeffizienten in einer mit dem Rollbalken<br />
verschiebbaren Liste aufgeführt.<br />
Sie können einzeln ein- und ausgeschaltet<br />
werden; die 3D-Darstellung<br />
(unten links) aktualisiert sich daraufhin<br />
automatisch. Falls ein Referenzkörper<br />
verwendet wurde kann dieser<br />
ebenfalls ein-/ausgeschaltet werden.<br />
Ebenso kann in diesem Feld die Darstellung<br />
der Differenz aller Zernike Polynome<br />
zur Messung ein oder ausgeschaltet<br />
werden. Im Feld „Diff. =“ wird<br />
der quadratische Mittelwert sämtlicher<br />
Differenzen (topographische Höhendaten<br />
zu Zernike Daten) angezeigt.<br />
Dieser Wert ist ein Maß für die Qualität<br />
des Zernike-Fits und liegt normalerweise<br />
unter 0,0001.<br />
Die 3D-Darstellung kann manuell in<br />
Richtung der optischen Achse vergrößert<br />
werden, um die Effekte besser<br />
sichtbar zu machen. Hierfür wird der<br />
Schieberegler „Überhöhung“ verwendet.<br />
Mit Hilfe des Schalters „Skalieren“<br />
wird eine Einstellung der Überhöhung<br />
berechnet, mit welcher die 3D-Darstellung<br />
gut sichtbar wird. Außerdem<br />
wird beim Skalieren noch die optimale<br />
Farbskala ermittelt und verwendet. Die<br />
farbige Codierung der 3D-Darstellung<br />
zeigt die Höhenwerte. Nach der Zernike<br />
Analyse wird automatisch skaliert.<br />
Wenn die Z-Komponenten jedoch einzeln<br />
an-/ausgeschaltet werden, wird<br />
nicht automatisch skaliert, um die Darstellung<br />
vorher/nachher besser vergleichen<br />
zu können. „Skalieren“ kann<br />
dann manuell ausgeführt werden,<br />
wenn die 3D-Darstellung nicht mehr<br />
optimal sichtbar ist.<br />
Der Schalter „Drehen“ versetzt die 3D-<br />
Darstellung in Rotation, wodurch geringe<br />
Veränderungen oft besser auffallen.<br />
Die Betrachtungsposition der<br />
Graphik kann auch in Einzelschritten<br />
manuell verändert werden. Der Schalter<br />
„O“ stellt den Originalzustand wieder<br />
her.<br />
Graphische Darstellung der einzelnen<br />
Zernike-Polynome<br />
Die graphische Darstellung der einzelnen<br />
Zernike-Polynome liefert interessante<br />
und auch ästhetisch ansprechende<br />
Gebilde. Dies soll am Beispiel<br />
einer Corneaoberfläche bei Keratokonus<br />
im Vergleich zu einem Normalauge<br />
gezeigt werden (Abb. 22 bis 27).<br />
Vorteile der Zernike-Darstellung:<br />
• Die einzelnen Polynomkomponenten<br />
können direkt bestimmten cornealen<br />
Aberrationen (z. B. Koma)<br />
zugeordnet und quantifiziert werden.<br />
Klinisch kann dies bei der Suche<br />
nach den Ursachen einer optisch<br />
nicht mehr voll korrigierbaren Visusreduktion<br />
hilfreich sein.<br />
• Pathologische Anteile des Höhenprofils<br />
können extrahiert und in dieser<br />
Form besser dargestellt werden.<br />
Klinisch lässt sich so ein Keratokonus<br />
mit Hilfe der Videokeratoskopie<br />
nicht nur besser diagnostizieren,<br />
sondern auch in punkto Höhe, Ausdehnung,<br />
Volumen und genauer Position<br />
des Apex exakter bestimmen.<br />
Videokeratometrie<br />
• Die Auswirkungen einer laserchirurgischen<br />
Behandlung oder einer<br />
radiären Keratotomie auf die Corneaoberfläche<br />
lassen sich so detaillierter<br />
sichtbar machen. Subjektive<br />
Visusstörungen beim Sehen mit<br />
weiter Pupille in der Nacht lassen<br />
sich quantifizieren und finden eine<br />
plausible Erklärung.<br />
• Fixationsartefakte (sichtbar in Z<br />
1,±1) lassen sich gezielt ausschalten.<br />
Klinisch ist dies bei der Abgrenzung<br />
eines echten von einem Pseudokeratokonus<br />
von Bedeutung.<br />
• Astigmatismus lässt sich in punkto<br />
Stärke und Achsenlage genauer erfassen<br />
und stimmt besser mit der<br />
subjektiven Refraktion überein als<br />
dies mit den bisherigen Darstellungsarten<br />
der Fall ist. Nicht senkrecht<br />
aufeinander stehende Achsenlagen<br />
bei der Messung mit dem<br />
Ophthalmometer finden eine Erklärung<br />
(z. B. erhöhter Dreiblattfehler).<br />
• Unregelmäßigkeiten der Hornhautoberfläche<br />
können nach Differenzbildung<br />
zur gewünschten Form gezielt<br />
mit dem Excimer-Laser korrigiert<br />
werden.<br />
• Erste Kontaktlinsen, deren Rückfläche<br />
aufgrund von Zernike-Polynomen<br />
auf CNC-Maschinen gefertigt<br />
wurden, existieren bereits. Möglicherweise<br />
werden in nicht allzu ferner<br />
Zukunft die Corneaparameter<br />
dem Linsenhersteller direkt online<br />
übermittelt und zur Fertigung „maßgeschneiderter“<br />
Kontaktlinsen verwendet.<br />
Nachteile:<br />
• Die für den Neuling ungewohnte<br />
Darstellungsart bedarf einer gewissen<br />
Einarbeitung in die Materie.<br />
• Zur Berechnung ist ein großer mathematischer<br />
Aufwand erforderlich.<br />
• Zur Zeit ist nur ein einziges Gerät<br />
kommerziell erhältlich, das eine<br />
Auswertung mit Hilfe der Zernike-<br />
Polynome gestattet.<br />
NOJ 12/2001 53
Videokeratometrie<br />
Abb. 22: Normalauge 0.-8. Ordnung Abb. 23: Keratokonus 0.-8. Ordnung<br />
Abb. 24: Z 1,±1 Normalauge Abb. 25: Z 1,±1 Keratokonus<br />
Abb. 26: Z 2, 0 Normalauge Abb. 27: Z 2, 0 Keratokonus<br />
Abb. 28: Z 2,±2 Abb. 29: Z 3, +1 Abb. 30: Z 3,±3<br />
54<br />
Abb. 22 zeigt die aus sämtlichen Polynomen<br />
bis zur 8. Ordnung zusammengesetzte<br />
Oberfläche einer normalen<br />
Cornea (zur besseren Darstellung<br />
der Unterschiede vertikal leicht überhöht).<br />
Abb. 23 zeigt dasselbe für einen<br />
Keratokonus <strong>3.</strong> Grades. Man beachte<br />
die spitzere Form und die Verkippung<br />
der Basis, wie sie für einen Keratokonus<br />
typisch ist.<br />
Abb. 24 und 25 enthalten nur die Verkippungskomponente<br />
(Z 1,±1) des<br />
normalen bzw. des Keratokonusauges.<br />
Man beachte die unterschiedliche<br />
Skalierung: der Verkippungseffekt<br />
ist beim Keratokonus etwa 20mal<br />
ausgeprägter!<br />
Abb. 26 und 27 stellen die alleinige<br />
Focus-(Paraboloid-)Komponente für<br />
das Normal- bzw. Keratokonusauge<br />
dar. Die für einen Keratokonus typische<br />
höhere Exzentrizität ist offensichtlich.<br />
Abb. 28 zeigt den isolierten regulären<br />
Astigmatismus (Z 2,±2), Abb. 29 die<br />
Koma in horizontaler Richtung (Z<br />
3,+1) und Abb. 30 die Dreiwelligkeit (Z<br />
3,±3). Im Vergleich zur Focus-Komponente<br />
sind diese Anteile nur sehr klein<br />
und liegen im Bereich von einigen<br />
Prozenten.<br />
Abb. 31–36 illustrieren weitere Komponenten.<br />
Sie stammen allesamt von<br />
Keratokonusaugen, da ihre Amplitude<br />
bei einer gesunden Cornea wesentlich<br />
geringer ist.<br />
Bei jeder höheren Ordnung kommt<br />
gegenüber der Basis- bzw. der vorhergehenden<br />
Ordnung eine zusätzliche<br />
Wellenbewegung in entgegengesetzter<br />
Richtung dazu. Im Vergleich<br />
zur Focus-Komponente werden diese<br />
Anteile mit zunehmender Ordnungszahl<br />
immer kleiner, erreichen aber<br />
beim Keratokonus immer noch einige<br />
wenige Prozente der Gesamtaberration.<br />
NOJ 12/2001
Abb. 31: Z 4,0 sphär. Aberration Abb. 32: Z 4, ±2 Astigmatismus höherer Ordnung Abb. 33: Z 4, ±4 Vierwelligkeit<br />
Abb. 34: Z 5, ±1 Koma höherer Ordnung Abb. 35: Z 5, ±3 Dreiwelligkeit höherer Ordnung Abb. 36: Z 5, ±5 Fünfwelligkeit<br />
Praktischer Nutzen in der Diagnose<br />
von Keratokoni<br />
Zernike-Polynome bieten neue und<br />
bisher kaum genutzte diagnostische<br />
Möglichkeiten zur Erkennung und<br />
Quantifizierung von Keratokoni [13, 14,<br />
30]. Vier Beispiele sollen das illustrieren:<br />
Abb. 37a zeigt sämtliche Polynome<br />
2.–8. Ordnung (abzüglich Astigmatismus<br />
Z 2,±2) einer normalen Cornea.<br />
Abb. 37b enthält dieselben Daten für<br />
einen Keratokonus 1. Grades (beachte<br />
die andere Skalierung gegenüber<br />
Abb. 37a!). Auch für einen Laien ist die<br />
Vorwölbung der Cornea im unteren<br />
Bereich schon beim gering ausge-<br />
prägten Keratokonus offensichtlich.<br />
Bei der konventionellen 3D-Darstellung<br />
ist das weniger deutlich (Abb.<br />
37c).<br />
Abb. 38a zeigt die Sagittalradien-Darstellung<br />
eines Keratokonus mit starker<br />
astigmatischer Komponente. Oder<br />
handelt es sich am Ende doch „nur“<br />
um einen Astigmatismus? Wenn es<br />
sich aber um einen Keratokonus handelt,<br />
wo liegt dann sein Apex?<br />
Abb. 38b zeigt nach Zernike-Analyse<br />
(2.–8. Ordnung) klar einen Keratokonus<br />
mit Apex unterhalb der Hornhautmitte,<br />
was in Abb. 38c (Ansicht der<br />
Abb. 38b von oben) noch deutlicher<br />
zum Ausdruck kommt.<br />
Videokeratometrie<br />
Abb. 37a: Normale Cornea Abb. 37b: Keratokonus 1° Zernike-Darstellung Abb. 37c: Keratokonus 1° Konventionelle 3D-Darstellung<br />
Hier gestattet die Zernike Analyse im<br />
Gegensatz zur konventionellen Darstellung<br />
eine klare Aussage, dass es<br />
sich erstens wirklich um einen Keratokonus<br />
handelt und zweitens, wo sein<br />
Apex liegt.<br />
Die übliche Darstellung der Hornhautoberfläche<br />
mittels Sagittal- oder Tangentialradien<br />
zeigt nicht selten bei der<br />
Lokalisation des Konusapex Diskrepanzen<br />
zum Fluobild und zur Betrachtung<br />
der Cornea im regredienten Licht.<br />
Die Analyse mittels Zernike-Polynomen<br />
stimmt in diesen Fällen mit der<br />
Klinik praktisch immer überein.<br />
NOJ 12/2001 55
Videokeratometrie<br />
Abb. 38a Abb. 38b Abb. 38c<br />
Abb. 39a Abb. 39b<br />
Abb. 39c Abb. 39d<br />
56<br />
Die Sagittalradien-Darstellung eines<br />
rechten Keratokonusauges zeigt in<br />
Abb. 39a eine fast zentrale Vorwölbung.<br />
Nach Zernike-Analyse wird aber<br />
ersichtlich, dass der Apex deutlich<br />
nach temporal unten dezentriert ist<br />
(Abb. 39b und 39c), was auch das<br />
Fluobild (Abb. 39d) bestätigt.<br />
Auch die Abbildungen 40a–40c illustrieren,<br />
wie die herkömmliche Sagittalradien-Darstellung<br />
den Apex eines<br />
Keratokonus falsch wiedergeben<br />
kann.<br />
Als Konsequenz aus der Zernike-Analyse<br />
ergibt sich, dass die bisher übliche<br />
Klassierung der einzelnen Keratokonus-Typen<br />
anhand der Sagittalradiendarstellung<br />
neu überdacht werden<br />
muss. Die aktuellen Möglichkeiten<br />
zur Keratokonus-Visualisierung zeigen<br />
zusammen mit den klinischen Befunden<br />
eindeutig, dass hier früher vielfach<br />
falsch interpretiert wurde.<br />
Literatur<br />
Abb. 40a Abb. 40b Abb. 40c<br />
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[33] Szczotka LB/Thomas J: Comparison of Axial<br />
and Instantaneous Videokeratographic Data<br />
in Keratoconus and Utility in Contact Lens<br />
Curvature Prediction. CLAO J. (1998), 24:22-<br />
28<br />
Danksagung:<br />
Der Autor dankt dem Entwickler der<br />
Software, Herrn A. Steinmüller von der<br />
Firma Oculus, für den anregenden<br />
Gedankenaustausch und für seine<br />
unermüdliche Mithilfe bei der Realisierung<br />
eines praxisgerechten Programms.<br />
Meinem Sohn Christian verdanke ich<br />
die Erstellung der Fourier-Graphik.<br />
Dr. med. Ernst Bürki<br />
Bahnhofstrasse 12<br />
CH-3600 Thun/Schweiz<br />
NOJ 12/2001 57