Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
An <strong>de</strong>r Harvard University<br />
vergleichen Wissenschaftler die<br />
Hirnfunktionen von beson<strong>de</strong>rs<br />
kreativen Menschen mit <strong>de</strong>nen<br />
weniger kreativer Menschen<br />
<strong>Genie</strong> und Kreativität<br />
Ist ein kreatives Hirn an<strong>de</strong>rs?<br />
Ein <strong>Genie</strong> hat I<strong>de</strong>en, die keiner vorher hatte. Mit an<strong>de</strong>ren<br />
Worten: Ein <strong>Genie</strong> ist kreativ. Mitte <strong>de</strong>r neunziger Jahre<br />
äußerte <strong>de</strong>r Psychologe Hans Eysenck die Vermutung,<br />
kreative Leistungen könnten zusammenhängen mit einer<br />
beson<strong>de</strong>rs schwachen Reizfilterung im Gehirn. Diese<br />
Filterfunktion im Gehirn hilft <strong>de</strong>m Menschen normalerweise,<br />
aus einer Fülle von Eindrücken die relevanten herauszupicken,<br />
Unwichtiges von Wichtigem zu unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Ist dieser Filter beson<strong>de</strong>rs durchlässig, kann das eine<br />
Voraussetzung für ungewöhnliche Assoziationen sein – ein<br />
typisches Merkmal für Kreativität. Zum ersten Mal hat jetzt<br />
eine US-Wissenschaftlerin versucht, diese Vermutung mit<br />
einem Experiment nachzuweisen. Und sie hatte Erfolg.<br />
Kreative sind leichter abzulenken<br />
Shelly Carson von <strong>de</strong>r Harvard University in <strong>de</strong>n USA hat<br />
die Gehirnfunktion bei beson<strong>de</strong>rs kreativen und weniger<br />
kreativen Menschen verglichen. Dabei mussten die<br />
Versuchspersonen verschie<strong>de</strong>ne Aufgaben lösen, zum<br />
Beispiel diese: ihnen wur<strong>de</strong>n per Kopfhörer nacheinan<strong>de</strong>r<br />
Phantasiewörter vorgespielt. Sie sollten sich auf eines<br />
davon konzentrieren und mitzählen, wie oft es innerhalb<br />
eines abgesteckten Zeitraums vorkam. Aber das war noch<br />
nicht alles: Auf <strong>de</strong>m Kopfhörer waren nicht nur die<br />
Phantasiewörter, son<strong>de</strong>rn auch Hintergrundgeräusche zu<br />
hören. Das wur<strong>de</strong> ihnen vorher nicht angekündigt. Die<br />
Hintergrundgeräusche sollten die Versuchsperson ablenken.<br />
Ergebnis: Die Kreativen haben sich stärker ablenken lassen<br />
als die weniger Kreativen. Carsons Erklärung: Bei<br />
Kreativen ist eine bestimmte Filterfunktion im Gehirn<br />
weniger ausgeprägt, die so genannte latente Hemmung.<br />
8<br />
Mehr Chaos im Kopf<br />
Das be<strong>de</strong>utet: Kreative Köpfe sind beson<strong>de</strong>rs offen für<br />
Sinnesreize. Die Fülle von Informationen könnte eine<br />
Erklärung für originelle Verknüpfungen o<strong>de</strong>r innovative<br />
I<strong>de</strong>en sein. Ganz beson<strong>de</strong>rs kreativ macht diese reduzierte<br />
Filterfunktion übrigens in Verbindung mit einem hohen<br />
IQ. Der garantiert nämlich, dass aus <strong>de</strong>r Fülle von Informationen<br />
tatsächlich nur die weiterverwertet wer<strong>de</strong>n, die<br />
aktuell gebraucht wer<strong>de</strong>n. Es gibt aber auch Menschen,<br />
bei <strong>de</strong>nen eine reduzierte Filterfunktion im Gehirn krankhafte<br />
Ausmaße annimmt. Bei schizophrenen Patienten ist<br />
ebenfalls die so genannte latente Hemmung beeinträchtigt.<br />
Die Reizüberflutung im Gehirn führt bei ihnen zu<br />
Halluzinationen. Sitzt hier <strong>de</strong>r vielbeschworene Zusammenhang<br />
von <strong>Genie</strong> und Wahnsinn? Hat ein gestörtes Hirn<br />
beson<strong>de</strong>rs große kreative Fähigkeiten und ist umgekehrt<br />
das Gehirn kreativer Menschen beson<strong>de</strong>rs prä<strong>de</strong>stiniert<br />
für psychische Störungen?<br />
<strong>Genie</strong> und Wahnsinn – stimmt das alte Vorurteil?<br />
In vielen Studien haben Forscher Tagebücher, Briefe und<br />
Autobiographien von berühmten Persönlichkeiten durchforstet.<br />
Ergebnis: Große Geister scheinen tatsächlich<br />
überdurchschnittlich oft psychisch auffällig zu sein. Am<br />
häufigsten trifft es die Schriftsteller, und unter <strong>de</strong>nen ganz<br />
beson<strong>de</strong>rs die Lyriker. Sie lei<strong>de</strong>n vor allem unter Depressionen.<br />
Meistens bremst die psychische Krankheit das<br />
kreative Potential. Bei Schizophrenie zum Beispiel zerfällt<br />
häufig die Sprache – das behin<strong>de</strong>rt die Dichtkunst. Dafür<br />
können einige <strong>de</strong>r Patienten sehr gut malen. Die Kreativität<br />
kann durch die Krankheit auch angeregt wer<strong>de</strong>n. Die<br />
Tatsache, dass Manisch-Depressive zu Reimen, Alliterationen<br />
und ungewöhnlichen Wortschöpfungen neigen,<br />
kann ihre schriftstellerische Produktivität beflügeln.<br />
9<br />
Große Geister scheinen tatsächlich<br />
überdurchschnittlich oft psychisch<br />
auffällig zu sein. Am häufigsten<br />
trifft es die Lyriker